Leuchtinfusorien verschaffte, mit denen er experimentirte. War ihre Fähigkeit, Funken zu sprühen, erloschen, so erwachte sie zu neuer Stärke, sobald die Thiere durch zugegossene Säure oder durch Alkohol gereizt wurden. Als hauptsächliche Lichterzeuger fand er die sogenannten Kranzthierchen, kugel-, stab- oder ampel­förmige Infusorien mit einem Wimperkranz, dessen Flimmer bewegung das Thierchen forttreibt.( Siehe Figur 1-3 und Figur 7.) Ferner eine von dem Entdecker Photocharis( wörtlich

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Licht- Anmuth") genannte Art, von welcher er berichtet: Wenn man das Thier reizt, so entsteht an jedem einzelnen Rankenfaden desselben ein Flimmern und Aufglühen einzelner Funken, die an Stärke zunehmen und den ganzen Faden erleuchten; zuletzt läuft das lebendige Feuer auch über den Rücken des Thierchens hin, so daß dieses unter dem Mikroskop wie ein brennender Schwefel­faden unter grüngelbem Lichte erscheint. Die Größe dieser In­fusorien variirt von 10 bis 100 Linie.( Schluß folgt.)

Modern- russische Bustände.

( Schluß.)

Für den Geist der Armeeorganisation nur die eine für sich selbst sprechende Thatsache: Subalternchargen sind von kassirten österreichischen und deutschen Offizieren mit Leichtigkeit zu haben. Zur allseitigen Charakterisirung des Geistes und Charakters der russischen Regierung haben wir vornehmlich noch zweier Dinge zu gedenken, die ja allbekannt und vielverrufen, dennoch nicht richtig gekannt sind: das Regiment in Polen und Sibirien . Bevor er nicht auch hierüber genaue Kunde hat, glaube niemand die russische Regierung wirklich zu kennen.

" Sentimentalen Bewunderern russischer Politik" gibt der Ver­fasser den Rath, erst einmal in Russisch- Polen sich gründlich umzusehen, dann mögen sie daraus einen Schluß ziehen auf das Glück, das slavische Provinzen, die unter russische Botmäßig keit kommen, zu erwarten haben. Die russische Grausamkeit ist bisjetzt nur trübe wie durch einen Nebel geschaut worden, denn Polen ist weit entfernt, und die Gelegenheiten, sich über seine Lage zu unterrichten, sind dürftig. Es gibt ja absolut keine un­abhängige polnische Presse! Ein Pole, der, in Volen, für west­europäische Blätter schriebe, würde, bald entdeckt, nach Sibirien wandern. Nach der polnischen Erhebung von 1863-64 unter nahm man es, das nationale Element vollständig auszurotten. Jedes Grundbesitzers Liegenschaften, der nicht aktiven Antheil am Kampfe gegen die Insurgenten genommen hatte, wurden fon­fiszirt, er selbst verbannt; die Kämpfer wurden natürlich nach Sibirien geschickt. Dasselbe geschah mit ganzen Dörfern in mißvergnügten Gegenden, und mit raffinirter Grausamkeit" dürfen diese politischen Verbrecher" mit ihren Angehörigen nicht forre­spondiren, so daß sie von der Welt völlig abgeschnitten sind. Bis auf den heutigen Tag fragen polnische Flüchtlinge, in Eng­land aufhältlich, bei der russischen Regierung nach dem Schicksal ihrer Eltern, Geschwister 2c. nur ganz vergebens an und ebenso wenig kommen je Geldsendungen in ihre Hände." Veröffent lichungen in polnischer Sprache sind strafbar, polnische Werke in Privatbibliotheken sind längst beschlagnahmt worden. Die Preß zensur, in Rußland ( wie wir gesehen) leicht umgehbar, ist un­erbittlich in Polen . Nach Polen reisenden Fremden wird an der Grenze jeder Streifen bedrucktes Papier, selbst Umschlag- und Backpapier, abgenommen und erst wieder bei Verlassung des Landes zurückgestellt. Polnische Frauen dürfen keine Trauer tragen, weil sie solche an nationalen Jahrestagen anlegten. Jede Zusammenstellung von Scharlach und Weiß( die Landes­farben) in ihrer Toilette wird ihnen gleichfalls verhängnißvoll. Auf der Universität( Warschau ) wird den Studenten höhnend vordozirt, daß ihre patriotischen Heldenväter Räuber" gewesen. Jedem Polen , der nicht zum politischen und religiösen Renegaten wird, ist jeder Gewerbebetrieb verschlossen. Durch diese unver­söhnliche Tyrannei ist der öffentliche Geist in Polen ausgetreten worden", und selbst völlige Resignation schützt vor Verfolgung und Cujonirung nicht trotzdem bleibt der Pole immer ein Pole." Verschwörungen" werden oft aus einem trotzigen Worte eines unschuldigen Kindes gemacht natürlich wird es den Eltern angerechnet. Es ist namentlich die geistige Ueberlegen heit des Polen über den Russen, die diesem mit dem unglaublichst infernalischen Hasse gegen jenen beseelt.... Rußland hat sich vorgesezt, Polen auf einen geographischen Begriff zu reduziren und wird damit fortfahren, es müßten ihm denn irgendwelche unvorhergesehene Ereignisse Einhalt auf dieser Bahn gebieten." Die Todesstrafe ist in Rußland , damit es vom Auslande kein barbarisches Land genannt werden solle, abgeschafft worden, dafür steht Sibirien in um so größerem Flor. Die Deportation nach Sibirien erfolgt entweder durch Urtheilsspruch oder speziellen kaiserlichen Befehl durch das Polizeiministerium: das nennt man Sr. Majestät Belieben erwarten". Dieser Aft bleibt in tiefste

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Verschwiegenheit gehüllt. Auf einmal ist der Mann verschwunden und nichts ist von ihm wieder zu erfahren, es sei denn durch ' einen mitleidigen Polizeibeamten. Was einen hierbei irritirt, ist weniger der erbarmungslose Despotismus, als die heuchlerische Maske der Humanität, die uns in Rußland auf Schritt und Tritt begegnet und Fremde glauben machen will, derlei Recht­losigkeiten gehörten einer längstverschollenen Zeit an." Nach Aus­sage der Russen haben willkürliche Deportationen längst aufgehört; wird aber der Russe erst zutraulich, dann zeigt es sich, daß fast jedem Fälle von Transportationen aus mysteriösen Gründen bekannt sind. Die stereotype Bemäntelung lautet: es handle sich um ein Verbrechen, das, vor die Deffentlichkeit gebracht, zu viel Skandal erregen würde; aber die Regierung schreckt doch nie vor dem Skandal eines öffentlichen Nihilistenprozesses zurück, selbst wenn Personen hohen Ranges darin verwickelt sind." Fast alle nach Sibirien Verurtheilten sollen die Gerechtigkeit ihrer Bestrafung zugeben- natürlich! kann ihnen doch nur ein volles, schriftliches Geständniß ihrer Schuld" etwaige Begnadigung erwirken.( Dies hat den kleinen Vortheil, daß das berüchtigte Sibirien zu einem der gerechtesten Strafinstitute der Welt wird!) Es gibt drei Kategorien von Sträflingen. Sich selbst Beköstigende, die ihre Familien mitnehmen dürfen; von der Regierung Unterstützte, die als Diener oder Gewerbsleute sich des weiteren forthelfen müssen, und die zu schwerer Arbeit, namentlich in den Minen, Ver­urtheilten. Der Transport erfolgt stets im Frühjahre, karavanen­weise, durchweg zu Fuße, denn auf die hinterdrein fahrenden elenden Starren werden nur die durch die Strapazen gänzlich Erschöpften geladen, eskortirt von waffenstarrenden Kosaken mit mächtigen Peitschen. Stets geht's in der Nacht fort, und Städte werden nur Nachts passirt. Die verschiedenartigsten, besten und allerverworfensten Elemente, kunterbunt durcheinander, hintennach die Frauen, im raschesten Tempo, aber mäuschenstille, der grau­sigen Peitschen halber. Niemand darf dem Zuge nahen, oder er macht mit diesen Bekanntschaft. Jeden Augenblick wird der Boden abgesucht, ob nicht Briefe fallen gelassen wurden. In der ersten Kirche am Wege hören die Sträflinge die Messe und eine Predigt, in der die Milde des Czars gepriesen wird." Außer­halb der Städte aber darf halb der Städte aber darf gesungen, auch geweint werden! Hat sich das Gerücht von einem nahenden Zuge verbreitet, so eilt Sie Bauernschaft das Mitleiden mit den Deportirten ist all­gemein mit Speise und Trank herbei, stellt sie an den Straßen­rand und zieht sich wieder zurück, denn Sprechen mit den Ge­fangenen ist verboten. Selbst der Kosak fühlt ein menschlich Rühren er läßt das zu, macht auch von der Peitsche nur im Falle des Ungehorsams Gebrauch. Unglücklicherweise wird oft das Fieberdelirium, dem zarter konstruirte Individuen durch die übermäßigen Anstrengungen verfallen( von Petersburg bis zum Ural sechs Wochen, für viele dann noch verschiedene weitere Wochen!) für Ungehorsam" gehalten und dann wird mit der Beitsche ein Erempel statuirt." Lange vor Erreichung der sibi­rischen Grenze sind auch die Robustesten auf's äußerste mit­genommen. Wer indessen genügend bemittelt ist, einen Tschi­novnik vernünftig honoriren zu können, kann privatim reiſen etwas kostspielig zwar, da er 5-10 Mann Bedeckung mit einem Offizier ebenfalls zu bestreiten hat. Eine Glanzseite russischer Frauen ist ihre Opferwilligkeit, ihren Männern nach Sibirien zu folgen, wenn sie die Erlaubniß erhalten. Selbst solche, die ein " fashionables" Leben führten, sind dann oft wie umgewandelt und werden zu ächten Weibern. Die sich dessen weigern, ver­fallen in die Gesellschaftsacht. Der sibirische Sträfling ist bürger­lich todt, seine Frau kann sich scheiden lassen und wieder heirathen, was aber selten geschieht und wenn doch, so raunt man sich zu, sie habe hauptsächlich bei der Deportation ihres Mannes die

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