getheilte, ungepflegte Vollbart, ja selbst der bequeme Flausrock mit den breiten Aermeln täuschend ähnlich im Schnitt, nur die Flecken fehlen. Auch die fettglänzende Weste und die am Knie geflickten Beinkleider hat man für die Nachwelt idealisirt. Gestützt auf einen Marmorblock hält die Linke den Meißel und die Rechte schwingt schlagbereit den Schlägel.

Als ich mich an dem lieben, guten Kameraden satt gesehen hatte, eilte ich in's Kaffeehaus, um nähere Erkundigungen einzu ziehen. Daß mir die Inschrift am Sockel dieselben hätte erzählen können, hatte ich in der Aufregung vergessen.

Die Tarock und Billardspieler sahen mich groß an, als ich wie eine Bombe hereinplatte und dem hungrigsten Zeitungskrokodil sein Futter, die Lektüre, entriß, um mir von ihm die Entstehungs­geschichte des Denkmals erzählen zu lassen.

Mein Landsmann Zanetti brachte mich mit seiner Ruhe zur Verzweiflung. Zuerst setzte er sich auf die Zeitung, damit sie ja niemand vor ihm lesen solle, dann puzte er einige Minuten sein Binocle und begann: Waren Sie denn mit Bayer und Weiprecht am Nordpol  , daß Sie das nicht wissen?" Ich wußte nicht, ob ich mich schämen oder ärgern sollte, doch zog ich das letztere vor und apostrophirte meinen Freund mit den Worten: Schießen Sie endlich los in drei Teufelsnamen."

Wenn Sie mich mit so mächtigen Alliirten bedrohen, so muß ich wohl."

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Um mich auf die Folter zu spannen, begann der Mensch sich eine Cigarette zu drehen, und nachdem er sie in aller Gemächlich­keit angezündet hatte, fuhr er fort:" So hören Sie denn. Ein furchtbares Verhängniß hat den armen Hans Gasser wie ein Blizz aus heitrem Himmel ereilt. Ein Steinsplitter drang ihm während der Arbeit unter den Daumen der rechten Hand. Er beachtete die Wunde nicht, bis sie brandig wurde. Die Aerzte stellten ihm die fürchterliche Alternative: Amputation der Hand oder Tod. Er überlegte nicht einen Augenblick und wählte den Tod. Die Gemeinde von Villach   ehrte das Andenken ihres Mit­bürgers durch ein Denkmal."

" Der Ring des Polykrates," murmelte ich. Was wird wohl aus Kraßnigg geworden sein?"

Das kann ich Ihnen ganz genau sagen," warf Zanetti ein. " Kannten Sie ihn denn?" fragte ich erstaunt.

" Nein, aber ich habe in dem Augenblick, als sie so freundlich waren, mich zu stören, im, Wiener Tageblatt seine Beerdigung gelesen."

,, Und wie hat er geendet?"

" In Noth und Elend!"

In Wien   erfuhr ich, daß der biedere Rumäne Bucimulu im Zuchthaus saß und daß Baron Ormay, nachdem der Krach sein Vermögen verschlungen hatte, spurlos von Wien   verschwunden war. Das ist der Lauf der Welt.

Dr. Mar Transil.

Weltausstellungsbriefe.

V.

( Schluß.)

Die Vereinigten Staaten   von Nordamerika   haben eine Unmasse von Nähmaschinen ausgestellt, fast alle nach verschiedenen Systemen fonstruirt, und außerdem eine Anzahl Werkzeugmaschinen, die dem frischen Erfindungsgeiste jenseits des Ozeans große Ehre machen. Be­sondere Aufmerksamkeit erregen eine Schreibmaschine, die die Form eines Klaviers hat, auf dessen Tasten die verschiedenen Buchstaben an­gegeben sind, und eine ganz neue, aber höchst einfach konstruirte, biegsame und bewegliche Wellenleitung, welche von einem Arbeiter bequem und leicht nach jeder Richtung hingeführt werden kann. Abgesehen von diesen kleinen Maschinen und neuen mechanischen Vorrichtungen, welche die Handarbeit erleichtern oder ersetzen, ist die diesmalige Ausstellung Amerikas   im Vergleich mit Wien   und Philadelphia   nur außerordentlich gering und klein. Einige Dampfpumpen, die fortwährend große Quanti täten Wassers aufsaugen, ausschütten und wieder aufsaugen, landwirth­schaftliche und Holzbearbeitungsmaschinen, sowie ein großer, langer Eisen­bahnwagen mit acht Rädern, der auf doppelten Federn ruht, die das Schwanken nach allen vier Richtungen hin verhindern, sind unter den größeren Maschinen noch besonders bemerkenswerth. Das praktische Amerika   scheint zu der Einsicht gelangt zu sein, daß ein allzuhäufiges Beschicken der Weltausstellungen nicht von großem Werthe ist, und hat sich deshalb die Kosten, welche ein Transport zahlreicher großer Maschinen erfordert, wohlweislich erspart.

Dagegen hat England kaum Platz für die vielen Maschinen ge­funden, welche es herübergeschickt hat, obgleich diesem Lande der Raum, welcher Deutschland   zuertheilt war, zuertheilt worden ist. Es ist un­möglich, hier auch nur eine Uebersicht der englischen Fabrikate zu geben. Was man sich an Maschinen denken kann, ist sicherlich in einem oder in mehreren Exemplaren bei England zu finden. Da sind Maschinen zu großartigem Ackerbaubetrieb von J. Fowler   in Leeds  : Dampfpflüge, Lokomobilen, Straßenlokomotiven 2c., wie bekannt in der prächtigsten Ausführung, Dampfhämmer, hydraulische Maschinen für den Bau von Brüden und Dampftesseln, zum Nieten und Lochen der Bleche, Drud­pressen, Bumpmaschinen für Bergwerke und Pulsometer, Spinnmaschinen, Vor- und Feinspinnstühle, Karden, Webstühle, Mäh, Wollkämm- und Holzbearbeitungsmaschinen, die alle in Thätigkeit sind, ferner Schleif­maschinen mit fünstlichen Schmirgelschleifsteinen, und als Spezialität einige Gasmaschinen, die durch fortwährende kleinere Explosionen von Gas in Betrieb gesezt werden, endlich auch Feuersprißen, Lokomotiven, Eisenbahnwagen und Taucherapparate.

Fast alle die Maschinen, welche sich in den fremdländischen Abthei­lungen befinden, sind auch in der französischen   vertreten, einige besser, andere weniger gut konstruirt, durchweg aber eleganter in der Form. Um Wiederholungen zu vermeiden, sehe ich von einer neuen Aufzählung ab, obgleich Frankreich   zweimal soviel Maschinen aufgestellt hat, als alle andern Völker zusammen. Man würde allein Wochen und Monate brauchen, wenn man die Objekte, welche diese weiten Hallen enthalten, genau studiren wollte, an eine Beschreibung derselben ist garnicht zu denken, dieselbe würde möglichenfalls hundert Bände anfüllen. Der freundliche Leser muß es mir also auf's Wort glauben, wenn ich kurz­weg der allgemeinen Meinung Ausdruck verleihe, daß die französische  Maschinenindustrie fast nach allen Richtungen hin auf der Höhe der Zeit steht und bereitwilligst die neuesten Erfindungen und Konstruktionen

der fremden. Länder, besonders Nordamerikas  , sich einverleibt hat. Ich will aber doch wenigstens einige Andeutungen geben. Wenn man von Osten in die französische   Maschinenhalle eintritt, so passirt man zuerst die Kolossalaufstellung in Pyramidenform des Kupferwerkes Lavessière mit seinen langen Röhren und Platten. Dann folgen die Druckerei­maschinen in schöner Auswahl. Hier werden tausende von Exemplaren des in Paris   viel gelesenen Journal illustré" vor den Augen des Publikums abgezogen; hierauf die Stempel- und Papiermaschinen. Letztere verrichten die komplizirtesten Arbeiten des Faltens, Brechens, Schneidens, Ordnens und Häufens der Drucksachen mit großer Schnellig­keit und Eraktheit. Es folgen die Stick-, Webe, Spinnerei- und Wirk­maschinen, die viele glänzende Proben zutage fördern, wel.he sofort gekauft werden können.

Diesen kleineren Maschinen sind die großen, durch Dampf und komprimirte Luft getriebenen Ungeheuer benachbart, welche bei Tunnel­bauten und Bergwerken gebraucht werden, unter ihnen Gesteinsbohrer und Stoßmaschinen, welche die belgischen an Größe noch übertreffen. Nicht zu überschlagen sind auch die Hochöfen und Pochwerkmodelle, welche durch ihre graziösen Formen auch den Laien interessiren. Elek­trische Leuchtthurmapparate, Dampfnebelsignale, die, an der Meeres­küste aufgestellt, zehn Meilen weit hörbar sind, fehlen nicht. Plötzlich Er kommt stoßweise aus einem weht uns ein eiskalter Hauch an. 30 Centimeter breiten Rohr, welches von einer Eiskruste umkleidet ist, troß der herrschenden Hize. Wir stehen an einer Luftühlungsmaschine nach dem System Giffard, welche durch komprimirte Luft in Bewegung gesetzt wird. Nun beginnen die Doppelreihen der großen Dampf­maschinen, die unaufhörlich klappern, hämmern, zischen und brausen. Die gewaltigen Schwungräder erzeugen einen immerwährenden Luftzug, in dem man sich erkälten kann. Zwischen diesen befindet sich, einen ruhigen Mittelpunkt bildend, die Ausstellung der Eisen- und Zinkgießerei von L. Grados in Paris  , welche hauptsächlich architektonische Zierathen für Kirchen, Paläste und Häuser herstellt. Nun wieder Maschinen und wieder Maschinen. Unabsehbar ist ihre Anzahl. Unter ihnen große Werkzeugmaschinen, Drehbänke, Dampfhebel, Fräsermaschinen, die dicke Eisenplatten wie Butterschnitten durchschneiden, Stempel-, Bau- und Dachziegelpressen, Diamantschleifereien, Stempelschneidemaschinen, die nach einem beliebig großen Muster Münzen, Medaillen 2c. in jeder Größe fabriziren, ohne daß der Arbeiter mehr zu thun hätte, als ein paar Schrauben auf und zuzudrehen. Zucker-, Chokoladen- und Del­fabriken finden hier alle Maschinen und Apparate, die zu ihren Ein­richtungen nöthig sind, und zwar meistens in so großen Exemplaren, daß sie fast die Höhe der 20 Meter hohen Halle erreichen. Den Be­schluß machen endlich Hausstandsmaschinen, und im nordwestlichen Pavillon des Industriepalastes der imposante Aufbau der Thiebaut'schen Bronzegießerei. Dieser Aufbau ruht auf Porphyrsäulen, welche den Sockel eines großen Reiterstandbildes Karls des Großen tragen. Der ächtdeutsche Kaiser wird hier Charlemagne   genannt und als erster fran­zösischer König verehrt. Zahlreiche andere Statuen in verschiedener Größe, und alle aus Bronze gegossen, umgeben das imposante Monu­ment. Eine ähnliche Sammlung von Statuen hat auch das Eisenguß­werk Val d'Osne auf die Ausstellung geschickt, doch stehen diese mehr vereinzelt in allen Theilen des Industriepalastes und der Gärten.

Frankreich   hat überhaupt, was Maschinen, Eisenbahnen, Agrikultur­und Weinproduzirungsapparate anbetrifft, mannichfaltig und im größten Maßstabe ausgestellt. Es gibt noch sehr viele einzelnstehende Häuser und Pavillons, welche derartige Ausstellungsgegenstände beherbergen.