Margretha fühlte ihre Knie sinken bei diesen Worten, in Gegenwart dieser finstern, feuchten Mauern, wo fein Sonnenstrahl ein Atom von Leben und Hoffnung hervorrufen konnte.
Während sie wartete, ging ein Mann bei ihnen vorüber, der aus dem Innern des Gefängnisses zu kommen schien; er hatte ein trocknes und unverschämtes Aussehen, und:
„ Ah, ah! Der Bürger Barrère!" rief er mit dreiſtem Tone von weitem, als er diesen erblickte.
" Sie sind es, Fouquier! Wo gehen Sie denn hin?" " Ich bringe die Listen der Gefangenen, welche vor dem Gericht erscheinen müssen."
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„ Um verurtheilt zu werden!... Lassen Sie mich doch sehen." Er nahm das Papier und las einen Augenblick." Liron!" rief er plöglich aus." Es war Zeit! Was hat denn dieser Mann gethan?" fragte Barrère, indem er sich zu dem Fremden wandte. Dieser war kein anderer, als Fouquier- Tinville, der öffentliche Ankläger.
" Verdächtig!" antwortete dieser.
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nehmen Sie Sich in
,, Und wenn ich für ihn gutsprechen würde?" " Das hieße die Republik bestehlen, acht!"- Dann sprachen Sie leise mit einander. ( Schluß folgt.)
Ein Ein Traum.
Des Traumgotts Fittig hob mich sanft empor Aus feuchtem Moderstaub der dumpfen Grüfte Hin zu des Jenseits räthselhaftem Thor. Die Erde sant und ihrer Wälder Düfte, Der buntbeschwingten Sänger Jubelchor,
Der Menschen Leid verschlangen rasch die Lüfte, Im blauen Aether badend seine Schwinge, Zog mein Begleiter steigend seine Ringe.
Es war ein unvergleichlich schönes Bild, Als ich im Fluge ein Asyl gefunden;
Das Meer glich einem glattgeschliffnen Schild, Die Ferne schien vor meinem Aug' entschwunden, Berstreut wie Spielzeug Städte im Gefild, Die Hochgebirge, glitzernd, steilgewunden, Blauduftumwoben schienen Riesenflossen, Vom Sonnenpurpur glühend übergossen.
Der helle Süden spielte tausend Farben, Getrennt vom Norden durch die Alpenwand,
Wo sich mit Waldgrün mengt das Gold der Garben, Bis unter Frost, troz Heklas Lavabrand, Im Schneegewand die warmen Töne starben. Bornmüthig wies des Zauberboten Hand Das Weltgetriebe mir vom Dzean Die Pyrenäen entlang bis zum Balkan.
Die Freiheit drohte Rom im Frankenland Mit goldnem Weihrauchsfasse zu erschlagen, Vom Harz zur schneegefurchten Alpenwand Hört' ich die unverdrossnen Deutschen klagen, Der Größenwahn mißbrauche ihre Hand Zu seines Aberwißes tollem Wagen. Die Sieger tanzten um das goldne Kalb Und schwangen ihrer Feinde blut'gen Stalp.
Bewirthet von dem Vampyr Ruhmeswahn Schmaust Wurm und Rabe bei der Leichenfeier Am wälderreichen Fuße des Balkan, Ein Tiger rang mit einem Lämmergeier. Dem Bürger wahrt ein Panther freie Bahn, Zwei Adler sekundirten dem ,, Befreier"; Im Hinterhalte lauert beutelüftern
Das Frettchen und der Wolf mit blut'gen Nüstern.
Die abgetönte Farbenpracht der Auen Ist mit der Sonne in das Meer getaucht, In Dämmerung die Gletscher sanft verblauen, Vom Alpenglühen rosig angehaucht.
Als ihr Gewand die Nacht entrollt mit Grauen Und Blut vom Schipkapaß zum Himmel raucht, Wallt auf der Nebel wie ein Hungertuch Und ferner Donner grollt der Völker Fluch.
Zu Wolken ballten sich die heißen Thränen, Auf Samums Flügeln naht die schwarze Pest, Das Firneis floß geschmolzen durch Moränen, Die Vögel flattern freischend aus dem Nest Und Herden fliehn mit Wölfen und Hyänen, Gescheucht vom Blizz im prasselnden Geäst, Erdbeben hebt und stürzt die Felsenwände Und lauer Regen strömt und strömt ohn' Ende.
Aus seinen Ufern tritt das Meer, der Strom Verschlingt die Saat, den Mammon und die Waare; Tyrannenmacht zerstiebt wie ein Phantom, Dem Wüstling wird das Lotterbett zur Bahre; Vergeblich wankt der feiste Pfaff zum Dom, Zum Fluche wird sein Segen am Altare. Der Reiche wie der Bettler, Filz und Prasser, Sie ringen alle hülflos mit dem Wasser.
Hier treibt ein Prinz auf einer Häringstonne, Ein Sträfling dort auf goldverziertem Thron, Umschlungen hält die Freudenmaid die Nonne, Der strenge Vater den verstoßnen Sohn; Der stille Gram, die traute Liebeswonne, Verzweiflung, Stolz und Demuth, Wahn und Hohn, Sie alle zittern auf der schwanken Planke, Umkrallt von des Gethieres blut'ger Pranke.
Mit langen Beinen kämpft im Vatikan
Den letzten Strauß die kreuzgeschmückte Spinne, Dem Adlerkleeblatt wie auch Galliens Hahn Raubt Müdigkeit die siegerprobten Sinne. Nur Einer lacht im sturmgewiegten Kahn, Denn das Verderben wird ihm zum Gewinne. Ihn Ahasverbekümmert nicht die Noth, Erlöst winkt ihm der längstersehnte Tod.
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Den ew'gen Juden treibt der Fluth Gewalt Zum höchsten Firn. Der matte Lebensfunken Verglimmt in seiner riesigen Gestalt. Die leßte Handvoll Erde ist versunken, Des Weltgerichtes Donnerwort verhallt Und alles, was da athmete ertrunken. Im öden Weltraum treibt, erleuchtet karg, Der fluthumhüllte Ball ein leerer Sarg.
Da bleichet um des Tages goldne Pforte Der Sterne Demantkranz im Morgenroth. Der Weltgeist rief aus Himmelshöh'n die Worte: ,, Des Daseins Räthsel löset nur der Tod! Die Freiheit jüngt im letzten Zufluchtsorte Der Menschheit beste Lehrerin, die Noth!" Die Sündfluth unerbittlich strenger Zeit Verrauschte in dem Strom der Ewigkeit.
Ein Strahlenpfeil die Dämmerung durchbricht Und zündet goldumloht der Berge Spizen; Durch Nebeldampf, der wallend sie umflicht, Wie Weihaltäre ihre Gletscher blißen. Des Lebens Trieb erwacht im Sonnenlicht Und frisches Grün sprießt in den Felsenrißen. Wohl tausendstimmig steigt zum Himmelsdom Des Waldes neubelebter Liederstrom.
Erstanden ist Deukalions Geschlecht,
Zur Pflugschar wird der Schild, das Schwert zum Spaten; Gewalt geht seinen Lenkern nicht vor Recht,
Und seiner Henker unheilvolle Thaten
Krönt nicht des Lorbeers blutiges Geflecht,
Ich sehe weder Zöllner noch Soldaten.
Da klirrt ein Schlüsselbund vor meiner Schwelle Und ich erwachte in der Kerkerzelle.
Max Traufil.