der Naturforscher, nicht der Mathematiker, den ersten Ansah, und gleichviel, ob er ihn in mathematischer oder einfach sprachlicher Formel ausdrückt, sind die mathematisch und logisch entwickelten Schlüsse gleich richtig, wenn eben der erste Ansatz richtig war. Betrachtet man die Physik als Unterrichts- und Erziehungsmittel, so liegt grade in dieser Uebung und Entwicklung des logischen Denkvermögens mindestens zur Hälfte ihr hervorragender Werth. Nach der Stellung, welche wir diesem Zweig der Naturwissenschaft im Volksunterricht angewiesen sehen, vermögen wir auf die Absicht zu schließen, wieviel Logik man im Volt verbreitet zu sehen gewillt ist!
Kehren wir nach dieser, für die Absicht der Aufgabe, die wir uns gestellt, immerhin nicht fernliegenden Abschweifung zur Formulirung der Fallgeseze zurück, nachdem wir die dabei stattfindenden Vorgänge bereits speziell betrachtet haben.
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Der erste und zugleich Fundamentalsatz für die Lehre vom freien Fall der irdischen Massen ist der schon erwähnte, daß die erlangten Geschwindigkeiten sich wie die Fallzeiten verhalten, d. i. entsprechend der Zeit zunehmen. Bewiesen kann und braucht dieser Satz nicht zu werden; er geht als selbstverständlich aus den Thatsachen hervor, daß jede Bewegung fortdauern muß, und daß der den Fall verursachende Antrieb in jedem Augenblick gleichmäßig wirkt. Die Beschleunigung folgt also daraus, daß zu der andauernden Bewegung in gleichen Zeiten gleich viele, gleich starke, neue Anstöße kommen, welche sich der vorhandenen Bewegung addiren. Die Geschwindigkeiten müssen also gerade so wachsen, wie die Summe der Anstöße, die eben von der Zeit abhängen.
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Die Größe des Antriebs gegen die Erde können wir nur mittelbar, durch ihre Wirkung messen. Wir bezeichnen sie nach der Größe des Fallraums in einer bestimmten Zeit und zwar nehmen wir den Fallraum unsrer Zeiteinheit, der Sekunde oder nach der in der ersten Zeiteinheit erlangten Endgeschwindigfeit, worunter wir den Weg verstehen, den der Körper in der nächsten Sekunde zurücklegen würde, wenn er sich nun unbeeinflußt durch den Antrieb weiter bewegte. Diese Größe ist durch Versuche bestimmt worden, sie beträgt für die Erde 9,801 Meter oder 31% preuß. Fuß.
Nach obigem muß, da der Körper am Anfang der ersten Sekunde und der Bewegung keine Geschwindigkeit hat und diese bis zum Ende derselben auf 314 Fuß gewachsen ist, ein gleicher Zuwachs bis zum Ende der zweiten Sekunde sich hinzufügen, die Endgeschwindigkeit dann 2 mal 314 oder 622 Fuß betragen; nach 10 Sekunden 312% Fuß u. f. f. Diese gleichmäßig in jeder Sekunde zutretende Größe von 314 Fuß nennt man auch die Beschleunigung im Fall.
Der Fallraum in der ersten Sekunde ergibt sich nach folgender Ueberlegung. Nach der ersten Hälfte der Zeit, nach einer halben Sekunde, muß die Endgeschwindigkeit 15% Fuß sein, und da sie von diesem Zeitpunkt ab betrachtet, bis zum Ende der ersten Sekunde um ebensoviel zugenommen hat, als sie bis zum Beginn derselben in gleichmäßiger Abnahme geringer gewesen ist, so ist der Weg eines fallenden Körpers in der ersten Sekunde offenbar so groß, als ob er ihn in einer gleichmäßigen Geschwindigkeit von 154 Fuß zurückgelegt hätte. Der Fallraum der ersten Sekunde ist also gleich der halben Endgeschwindigkeit derselben oder 1534 Fuß.
In derselben Weise läßt sich der Fallraum berechnen, wenn die Anzahl der Zeiteinheiten bekannt ist, während welcher der Körper gefallen ist. Die Beschleunigung in der Sekunde ist bekannt, gleich 31% Fuß; mit der ganzen Sekundenanzahl multiplizirt, ergibt sie die Endgeschwindigkeit am Ende der beobachteten Fallzeit. Da sie wegen der Gleichmäßigkeit des Zuwachses von der Mitte der Zeit ab bis an das Ende ebensoviel an Bewegung gewonnen hat als sie gegen den Anfang hin geringer war, so muß der ganze Fallraum so groß sein, als ob der Körper mit dieser mittleren Geschwindigkeit in jeder Sekunde gleichmäßig gefallen wäre. Der ganze Weg ist also diese mittlere Geschwindigkeit mal der Sekundenzahl.
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Die Fallzeit läßt sich hinwiederum berechnen, wenn die Endgeschwindigkeit irgend eines Körpers durch Beobachtung gefunden ist. Man erhält sie durch Theilen der Endgeschwindigkeit mit der bekannten Beschleunigung( 31 Fuß) in Sekunden ausgedrückt. Es ist das nur die Umkehrung der Berechnung der Endgeschwindigkett durch die Zeit.
Kommt also zum Beispiel eine senkrecht nach oben abgeschossne Flintenkugel mit der Endgeschwindigkeit von 1872 Fuß wieder unten an, so erfahren wir durch Theilung dieser Zahl mit der Beschleunigung 314 die Fallzeit, nämlich 6 Sekunden.
Aus derselben Größe( der Endgeschwindigkeit) läßt sich auch der Weg berechnen, den der Körper im Fallen zurückgelegt hat.- Ohne einen Rechenfehler zu begehen, können wir wieder annehmen, der Körper sei, anstatt durch beständige Beschleunigung zu seiner Endgeschwindigkeit gelangt zu sein, mit der Hälfte derselben als mittlerer Geschwindigkeit gleichmäßig in Bewegung gewesen. Die Zahl Sekunden, welche der Fall dauerte, berechnen wir, wie soeben zuvor angegeben; und diese mit der mittlern Geschwindigkeit vervielfältigt, ergibt den ganzen Fallraum oder Weg.
Nehmen wir das vorige Beispiel, so ist bei einer Endgeschwindigkeit von 1872 Fuß die mittlere 933/4; die Fallzeit war 6 Sekunden, also ist die Fallhöhe( und Steighöhe) der Flintenkugel 5562 Fuß gewesen.
Ein senkrecht in die Höhe geworfener Körper kommt zur Ruhe, indem der in entgegengesetzter Richtung gleichmäßig verzögernd wirkende Antrieb oder die Schwere eine gleichmäßige Abnahme seiner Geschwindigkeit verursacht. Im Moment, wo dieselbe gleich Null geworden ist, kehrt er um und hat bei Rückkunft an der Stelle, von wo er aufgeworfen wurde, genau dieselbe Geschwindigkeit, mit der er seine Bahn begann. Das Maß der Bewegung für den aufgeworfenen Körper ist die Steighöhe mal seinem Gewicht; das Maß für die Massenbewegung im freien Fall( also gleichzeitig auch für die Größe des in solche umgesetzten sphärischen Antriebs) ist die Fallhöhe mal dem Gewicht des Körpers. Für dieselbe Last sind beide Größen ganz gleich: man sieht also, wenn in der Mechanik Kräfte gemessen werden durch die Bewegungsgröße, die sie hervorbringen und diese durch Hubshöhe mal Gewicht( durch eine bestimmte Zahl Kilogramm auf eine bestimmte Zahl Meter gehoben), so besteht die Messen wesentlich in einem Vergleichen mit dem sphärischen Antrieb.
Dieses Urmaß ist darum das einzig rationelle, weil es einmal ein absolutes, durch keinen Einfluß für uns auf der Erde veränderliches ist und dann, weil durch Anlegung desselben allein ein erschöpfender Begriff einer Kraft und der Bewegungsgröße, als Arbeitsleistung derselben, gegeben wird*).
In einem wunderlichen Konservativismus( Beharrungsvermögen oder Trägheit) findet man in namhaften physikalischen Lehrbüchern neben dem von uns entwickelten noch den Ausdruck, Masse mal Geschwindigkeit" für Bewegungsgröße, auch Bewegungsmoment genannt, beibehalten. Von Cartesius aufgestellt, ist er schon durch Leibniz widerlegt worden. Er würde höchstens nur mehrere ewig unerschöpflich zu denkende Kräfte, oder ewig gleichmäßige Bewegungen zu vergleichen gestatten, da er aus der ganzen Bewegungsdauer ein willkürliches Zeittheilchen heraushebt; um aber die ganze Arbeitsleistung endlicher Kräfte zu erfahren, oder diejenige, welche eine bewegte Masse von einem bestimmten Moment ab liefern fann, ist er ganz unbrauchbar. Die Arbeitsleistung muß in Kilogrammmetern oder Fußpfund ausgedrückt werden können, und zu dem Zweck müssen wir den ganzen Weg kennen, nach dessen Zurücklegung die Kraft verausgabt ist.
Wollen wir zum Beispiel die Arbeitsleistung erfahren, die ein Centner Steinkohle liefern kann, dessen Verbrennungswärme in einer Lokomotive in Dampfspannung und dann in Bewegung der Maschine umgesetzt wird, so können wir sie keineswegs berechnen, wenn uns die Masse der Lokomotive auf 400 Centner und deren Geschwindigkeit auf 100 Fuß in der Sekunde angegeben wird. Wir erhalten nicht einmal einen Vergleich mit der Arbeitsleistung eines Centner Kohle von einer andern Sorte, wenn wir auch erfahren, daß dieselbe Maschine sich bei Verbrennen dieser mit zum Beispiel 70 Fuß Geschwindigkeit bewegt. Wir müssen in jedem Falle den ganzen Weg kennen!
Wäre zum Beispiel durch Beobachtung festgestellt, daß ein Stein beim Fallen von einem Thurm bis zum Aufschlagen auf den Erdboden 4 Sekunden gebraucht hat, so tommt er mit einer Endgeschwindigkeit von 125 Fuß unten an; seine mittlere Ge*) Es ist hierbei nicht gemeint, daß die Zahl für die Beschleuschwindigkeit ist also 62% Fuß, und da er 4 Sekunden in Benigung, welche allen Berechnungen zugrunde liegt, absolut richtig oder wegung war, so ist die Fallhöhe das vierfache derselben, nämlich unveränderlich sei; jedenfalls ist sie es annähernder als unsre auch ratio230 Fuß.( Der verzögernde Einfluß des Luftwiderstandes ist nelle Einheit für das Längenmaß, das Meter, wirklich gleich dem zehndabei allerdings nicht berücksichtigt.) millionten Theil eines Erdmeridianquadranten ist.