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( 15,000 Abonnenten) 2c., die größte Zahl bewegt sich aber unter 1000 und die Hälfte der Wochenblätter sogar unter 500 Abonnenten, nicht zu gedenken, daß einige sogar kaum das erste Hundert überschreiten.
Die Existenz einer großen Anzahl von Zeitungen ist somit eine äußerst ärmliche, und je größer die Noth, desto dürftiger auch meistens der Inhalt, da schließlich in der gegenwärtigen Zeit nur mit Geld, wenigstens im allgemeinen, tüchtige Redaktions- und Mitarbeiterkräfte sich anwerben lassen. Jedes Städtchen, jeder Ort fast gefällt sich darin, ein eigenes Lokalorgan zu besigen, welches schließlich auch in der lokalen Kirchthurmpolitik versumpft. Anstatt, daß das größere, besser redigirte Provinzialblatt gelesen wird, greifen die Menschen zu dem unvermeidlichen Wurstblättchen des Heimathsorts, in welchem sie alles das lesen, was sie schon längst wissen. Daß ein solches Lesen sehr bequem ist wer möchte das leugnen? Will man aber um jeden Preis Lokalblätter lesen, muß man es theilweise der Anzeigen halber, so steht und besonders den ausgeprägten Parteiblättern doch nichts im Wege, daß sie in der Druckerei der betreffenden Provinzialzeitung hergestellt und ihnen zu dem übrigen allgemeinen Inhalt dieses Blattes die Lokalnotizen und die Anzeigen hinzugefügt werden. Durch solche Ergänzung würde dem viel gediegeneren Inhalt der größeren Zeitung eine bessere Verbreitung zutheil, der Leser würde weniger Schund vor die Augen bekommen und seine ihm so theure Kirchthurmpolitik würde auch noch eine genügende Berücksichtigung erhalten können.-
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Wir bekommen nun im weiteren Verlaufe der Berechnungen Aufschluß über die Vertheilung der politischen Zeitungen auf die einzelnen Staaten in Deuschland.
Bei dem Umstande, daß die politischen Zeitungen zumeist lokal konsumirt", d. h. dort gekauft werden, wo sie erscheinen, also die preußischen Zeitungen in Preußen, die bayerischen in Bayern , und der Austausch zwischen Land und Land sich so ziemlich die Wage halten wird, so ist es ganz gut möglich, die einzelnen Länder nach ihrer Zeitungskonsumtion zu betrachten. Es stößt uns da vor allem das Faktum auf, daß in den Ländern mit vorwiegend katholischer Bevölkerung bedeutend mehr gelesen wird, als in jenen, wo die- protestantische Bevölkerung vorherrscht, daß Süddeutschland mehr und gelesenere Blätter zählt, als Norddeutschland, wie aus der nachstehenden, auf Grund der angeführten Daten angestellten Berechnung hervorgeht, wobei nur zu bemerken ist, daß die hohe Zahl der Abonnenten bei den ,, freien Städten" sich nicht sowohl aus dem dort herrschenden Wohlstande, als auch daraus erklärt, daß nur ein kleines Landgebiet denselben zugehört, also die immer größere Leserzahl der Städte nicht durch das wenig lesende flache Land herabgedrückt wird, wie dies bei ganzen und besonders bei den größeren Ländergebieten der Fall ist. Es entfallen nämlich auf je 1000 Einwohner:
" 1
"
,, Sachsen- Altenburg
"
" Hessen- Darmstadt
,, Württemberg
322 Zeitungsabonnenten
280
"
240
"
150
.
•
"
140
"
138
"
"
"
Bayern
136
"
" 1 Baden.
Sachsen
131
123
"
" 1
"
98
"
" Preußen.
92
"
"
Anhalt.
88
"
81
"
" 1
Sachsen- Weimar
80
"
"
67
" 1
"
63
"
35
"
" 1
"
"
Bieten uns diese Zahlen ein Bild großer und bestimmt charakteristischer Verschiedenheit, so ist dagegen die Zahl der erscheinenden Blätter, nach der Bevölkerung berechnet, annähernd bei allen Ländern gleich, b. h. auf je 100,000 Einwohner 5 politische Zeitungen, woraus hervorgeht, daß dort, wo weniger gelesen wird, wohl eine gleiche Zahl von Beitungen, jedoch mit geringerer Abonnentenzahl, und umgekehrt, wo viel gelesen wird, gleich viele Zeitungen, aber mit größerer Abonnentenzahl erscheinen.
Für die einzelnen Provinzen Preußens ergeben sich nachfolgende Biffern: auf je 1000 Einwohner entfallen Abonnenten in Brandenburg 180, Hessen- Nassau 122, Rheinpreußen 111, Westfalen 105, Sachsen 95, Schleswig- Holstein - Lauenburg 85, Hannover 77, Schlesien 75, Pom mern 72, Hohenzollern 70, Preußen 46, Posen 30.
Daß in Elsaß- Lothringen so wenig deutsche Zeitungen gelesen werden, das hat seine Ursache in dem besondern polizeilichen Drucke, der dort auf der Presse ruht. Das nichts weniger als freisinnige deutsche Preßgesetz ist dort noch nicht eingeführt; der Oberpräsident verfügt ganz nach Willkür darüber, ob ein Blatt gedruckt werden darf, ob es eingeführt werden darf oder nicht. Die elsaß - lothringische Bevölkerung ist im allgemeinen recht lesebedürftig, und zur Zeit, als dieses Land noch französisch war, tamen auf je 1000 Einwohner circa 110 Zeitungs
abonnenten.
Daß das Königreich Preußen unter der Durchschnittsziffer von 103 sich befindet, das hat es seinen östlichen Provinzen zu verdanken,
deren eine sogar unter Elsaß- Lothringen herabsinkt. Doch mögen auch dort die nationalen Verhältnisse in etwas Schuld tragen.
Uebrigens kann man den sogenannten Reichsfeinden nicht nachsagen, daß sie auf das Zeitungslesen einen ungünstigen Einfluß ausübten. In den freien Städten, in Altenburg , Sachsen , Hessen und Branden burg sind zahlreiche Sozialisten; in der preußischen Rheinprovinz , West falen , Bayern und Baden sehen wir die schwarze Schaar der Klerikalen einhermaschiren. In einem zweiten Artikel wollen wir nun die belletristische und Fachzeitungsliteratur unseren Lesern vorführen.
―r.
Reinecke im Kampf mit seinen Erbfeinden.( S. 592.) Keines der vielgestaltigen Wesen, die sich nach Darwins Selektionstheorie aus der einfachen Zelle des Urschleims bis zu dem hirngewaltigen Zweihänder, Mensch genannt, auf unserem Planeten entwickelt haben, ist mit so großer Vorliebe von der Feder und dem Pinsel verherrlicht worden wie Meister Reinecke Fuchs. Bei allen Völkern und zu allen Zeiten hat der Sage sein verbrecherisches Treiben zum Vorwand allegorischer Schönfärberei gedient. Ein russisches Sprüchwort charakterisirt dieses Urbild der von der Schlauheit vervielfältigten Kraft mit folgenden Worten:„ Wenn der Fuchs schläft, zählt er im Traume die Hühner." In einem im 12. Jahrhundert entstandenen uiederdeutschen Epos( erzählende Dichtung), welches Altmeister Göthe ebenso genial ins Hochdeutsch übertragen, wie es Kaulbach meisterlich illustrirt hat, und worin den sprechenden Thieren menschliche Denkweise beigelegt wird, spielt Reinecke Fuchs neben König Nobel, dem Löwen, die Hauptrolle und führt alle Thiere, den königlichen Löwen mit inbegriffen, an der Nase herum. Die genaue Kenntniß seiner wohlberechneten Tücken verdanken wir seiner ausgesprochenen Vorliebe für Hausgeflügel, die er mit dem Marder, seinem Vetter, theilt, welche beide genäschige Patrone zwingt, sich in der Nähe der Bauerngehöfte aufzuhalten. Wenn sein Belz so werthlos wäre wie sein Fleisch, das sogar die Hunde, seine Erbfeinde, verschmähen, so würde es niemand der Mühe werth halten, ihn tod schlagen, was aber zum Unglück für den frechen Hühnerdieb nicht der Fall ist. Der Chef der größten Leipziger Rauchwaarenhandlung, Heinrich Lomer, veranschlagt die jährliche Pelzproduktion nur in Deutschland allein auf 120,000 Fuchsfelle. Davon liefern Bayern circa 30,000, Steiermark und Tirol 20,000, Würtemberg und Baden 16,000, Schle sien, Böhmen , Sachsen , Hannover und die Landestheile bis zum Rhein 18,000, Mecklenburg und Holstein 16,000, Preußen und Pommern circa 22,000 Stück. Daraus ersieht man, daß der kämpfende Held unseres Bildes troß der starken Verfolgung nicht sobald wie die Gemse, der Steinbock, der Auerochs und das Elennthier auf dem Aussterbeetat figuriren wird, denn er ist vom Aequator bis zu den Polen in unzähligen Varietäten verbreitet. Vom Kohlfuchs, einer in Würtemberg ziemlich oft vorkommenden Spielart, welche an der untern Seite statt weiß, schwärzlich, oder fast ganz schwarz gefärbt ist, bis zum Polar- oder Blaufuchs, dem Bewohner von Nowaja Zemblia und Spißbergen, dessen Rückenseite silbern schimmert, sind alle Farbennüancen auf seinem Fell vertreten. Auf unserm Bilde von Guido von Maffei sehen wir, daß er dieses sein kostbares Fell ziemlich theuer verkauft. Nachdem der Schlaumeier zwei seiner Gegner kampfunfähig in den Sand gestreckt, stellt er sich von dem dritten scheinbar überwunden, um im nächsten Augenblick sein Heil in schneller Flucht zu Dr. M. T. versuchen.
Eine Negertrauung.( S. 593.) Wenn ein Gott dort oben im Himmel lebt, wie die heiligen Männer sagen, und wir Alle seine Wesen sind, o! beim Heiland, zu dem wir beten sollen, warum duldet er, daß meine schwarze Haut verachtet wird von meinen Brüdern? Warum, du Gott der weißen Herren, verlangst du unsere Liebe, wenn du uns nicht schüßen kannst? Bin ich nicht auch dein Geschöpf; sind meine Glieder nicht start; ist mein Blick nicht durchdringend; beseelt mich nicht Kühnheit und Muth? Habe ich nicht Ehrgeiz und Vertrauen auf meine Kraft? Warum bin ich ein Hund, verflucht und geschlagen, zur Arbeit verdammt, von der Sonne gebraten, mit verdorrten Lungen, und dort im fühlen Hause sißen sie und lachen, wenn ich weine. Lache nicht, weißer Mann, meine Brüder sind start, ihr Athem wird dich verzehren." Mit diesen Worten leitete am Ausgang des 18. Jahrhunderts der Negersflave Toussaint L'Ouverture die Proklamation ein, welche er den Kolonisten der Insel San Domingo als Fehdehandschuh hinwarf, und das Resultat seines blutigen Ringens war die Befreiung von Hayti. Eine unanfechtbare Großthat der Gesetzgebung der französischen Revolution war der Code des Noirs, die Verleihung gleicher Menschenrechte allen Sterblichen ohne Unterschied der Hautfarbe." Und doch hat es in dem ,, freien" Amerika noch über ein halbes Jahrhundert gedauert, bis die Gesetzgeber in dem weißen Hause zu Washington zur Einsicht gekommen sind, daß der Mensch mit der schwarzen Hautfarbe kein Lastthier ist. Und gerade die Priester aller Sekten, die seinsollenden Apostel der Nächstenliebe, agitirten am eifrigsten für Beibehaltung der Sklaverei und stüßten ihre Argumentation mit wurmstichigen Bibel- Citaten. Endlich nach unsagbarer Qual schlug auch in den Vereinigten Staaten Nord amerika's die Stunde der Erlösung für die Neger. Leider hat die Kugel des Mörders Edwin Booth den edlen Abraham Lincoln verhindert, die Früchte seiner segensreichen Saat zu ernten. Die jahrhundertlang unter