worfenheit des weiblichen Geschlechts geht doch weit. Ich hatte bald einen Ekel an diesem Flitter, an diesem Glanz, an diesem Freudenthum. Die Haut schaudert mir bei dem Gedanken an die Tiefe, die sich gähnend vor mir aufthat.
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Auf meinem Wege zum Bureau komme ich dann und wann an der Universität vorüber. Die Studenten ergehen sich paar und truppweise in dem Vorgarten. Wie beneide ich diese glück lichen Menschen, die ganz ihrem Studium leben dürfen! Und ich? D, ich werde mit jedem Tage bitterer gegen ein Geschick, das mich zum Handlanger bestimmt zu haben scheint. Ich bin nun zwar definitiv angestellter Beamter, und mein Gehalt ist auch ein höheres geworden, aber ich habe keine rechte innerliche Freude daran. Mein erstes Salair steckte ich mit einer Gleich gültigkeit zu mir, als ob ich schon jahrelang Geld verdient hätte. Das Geld hat für mich geringen Werth, so wenig ich davon besize. Bedauerlich die, welche in der Jagd nach dem Thaler ihren einzigen Lebenszweck sehen. Wie öde und verlassen muß deren Inneres trotz Gold, Puz und Bequemlichkeit sein! Seit einigen Tage quäle ich mich vergebens mit einem Gedichte ab. Mein Kopf ist wie vernagelt! Die Reime finden sich nicht und das Fertige hat ganz das steife, unbeholfene Wesen einer Verfügung aus dem Bureau. Ich sluche im stillen wie ein Kutscher und je unwilliger ich mit mir selber werde, je frucht loser ist jegliche Anstrengung. Dann greife ich nach einem Buch, um noch empfindlicher meine völlige Ohnmacht zu erkennen. Gestern war ich eben im Begriffe, einen Band der Klassiker in einen Winkel meines Zimmers zu schleudern, als es an meiner Thür pochte. Eine junge Frau trat ein und stellte sich mir als die Frau Trosten vor. Es war die Milchhändlerin von unten. Die Person schaute mich sonderbar an, daß ich roth wurde, und als sie meine Verlegenheit merkte, machte sie mich gleich mit dem Zweck ihres Besuches bekannt. Sie habe von Zimmers fo heißt meine Wirthingehört, daß ich auch Unterricht gebe und da wollte sie fragen, ob ich mich ihrer Tochter annehmen wollte. Das Mädchen sei der Nachhilfe um so mehr bedürftig, weil sich niemand recht um das Kind kümmern fönnte; sie sei erbötig, meine Unterstützung anständig zu lohnen, sagte sie und legte fünf Thaler auf den Tisch, die ich eine Weile mehr überrascht als fremdartig betrachtete. Nehmen Sie nur das Geld, bei uns geht es nicht armselig her, und wenn Sie sich mit dem Kinde bekannt machen wollen, so lade ich Sie auf morgen zu einem kleinen Abendessen ein, daß ich zu Ehren meines Geburtstages gebe. Ich erwiderte etwas, aber sie schnitt meine Interpellation direkt ab, indem sie fortfuhr: Sie machen ein ehrliches Gesicht, da muß man Ihnen schon glauben, aber Ihre Bescheidenheit ist unprak tisch; und ein paar Augenblicke werden Sie schon abends für meine Tochter finden. Ich mußte willenlos das Geld nehmen und den Unterricht versprechen. Beim Fortgehen kam sie noch mals auf den Geldpunkt zurück, merkte aber doch, daß mich dieses Thema unangenehm berührt hatte. So bin ich zu einem Nebenverdienst gekommen! Bei Tage im Bureau, abends Unterricht und dann mein Studium! Armes Studium! 3 Tage später. Unser Inspektor ist ein aufgeblasener Geck, ein Trinker. Und das Schlimmste ist, er soll seine Frau mißhandeln. Und vor einem solchen Menschen soll man Achtung empfinden! Er hat
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mich wegen eines Schreibfehlers angefahren, als wäre ich ein Rekrut auf dem Kasernenhofe. Bei der Menge Arbeit kann das schon einmal unterlaufen, sagte ich mich entschuldigend. Sie sind ein Raisonneur, Sie politisiren, was nicht Ihres Amtes iſt. Sie vertuschen die Fehler der Verladebeamten und machen sich mit ihnen familiär. In meiner Aufregung wagte ich die Frage, ob diese Leute denn Menschen, die nicht eines Grußes oder der Achtung würdig wären, ob meine Unterhaltung mit diesem oder jenem denn für das Bureau einen Nachtheil brächte, worauf er mit unzweideutiger Geberde auf die Thür wies und sich ein für allemal auflehnendes Benehmen seitens der Expeditionsbeamten verbat. Mit der Drohung, mich zu denunziren, war ich entlassen, kehrte an meinen Platz zurück und studirte bei dieser Gelegenheit aus den schadenfrohen Gesichtern meiner Kollegen deren wahren Charakter. Sie tragen Masken, die Herren, und es findet sich selten Gelegenheit, sie unverhüllt zu belauschen. Mein Glaube an das Mitgefühl der Menschen will einfrieren. Der Heldentenor und der Gutsbesizer suchten meinen Aerger mit Späßen vergessen zu machen, ich aber ging ernst und verstimmt heim. Noch niemals dachte ich so sehnsuchtsvoll nach meinem elterlichen Hause, wie heute. Das Leben ist verteufelt ernst. Ich begreife jezt, woher die große Zahl verkommener mißgünstiger Menschen kommt. Wer nicht energisch und selbstlos genug ist, die Fußtritte Niederträchtiger mit gleicher Münze heimzuzahlen, wird Kriecher und Heuchler; was aber schlimmer ist, er läßt die erlittenen Ungerechtigkeiten andere, die von ihm abhängig werden, wieder fühlen. So bekommt diese traurige Schule immer neue Zöglinge. Ich habe nicht Lust zu Trosten hinunter zu gehen. Aber eben, wo ich diesen Gedanken niederschreibe, ladet man mich wiederholt dazu ein. Mitternacht.
Bei Trosten gewesen. Der Mensch unterhielt sich mit mir von seiner Milch und setzte dieses nahrhafte Thema- ich bin wißig solange fort, bis ich mich verabschiedete. Dabei habe ich mich aufmerksam umgeschaut. Die Bäckersfrau überreichte dem Geburtstagskind ein prachtvolles Theeservice und begleitete die Uebergabe mit einer geheimen Augensprache, die mir diese Aufmerksamkeit sehr verdächtig erscheinen ließ. Die beiden Frauen scheinen mir locker in ihren Sitten zu sein. Werde mich informiren. Meinen Unterricht fange ich morgen an.
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Ich frug meine Wirthin am Kaffeetisch, was sie von der Bädersfrau und von der Frau Trosten hielte. Nichts!" antwor tete sie. Das ist wenig, oder weniger als nichts," gab ich zurück und erzählte die Geschichte mit dem Service.- Sehr einfach," rief lachend die Wirthin. Frau Trosten hat das Geld dafür ihrem Manne gestohlen, Frau Weinberg hat ihr das Service gekauft, das sie sich schon längst gewünscht, aber von ihrem Filz von Ehegemahl nicht erhalten konnte und so bleibt der Friede im Hause." Ich fuhr erschreckt und zornig vom Stuhle auf und rief: Beweise!" Die habe ich nicht, aber ich denke, daß die Sache sich so verhält."-, Und auf bloße Gedanken hin äußern Sie diesen schändlichen Verdacht?" Meine Wirthin war von diesen Worten durchaus nicht beschämt, sondern lachte. Sie lachte! Ist das nicht der Beleg für die eigene Schlechtigkeit des Anklägers? ( Fortsetzung folgt.)
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Afrifa und seine Erforschung.
Geschichtliche Zusammenstellung von Dr. Mar Traufil.
( Fortsetzung.)
Den Schlagenwindungen des Zambesi folgend, setzte Livingstone seine Reise zu Fuß fort und erreichte den 650 Meter hoch gelegenen See Schirwa. Ueber den Wasserfällen nahm er noch in demselben Jahre die Fahri auf dem Schire auf und erreichte auf die Weise den 15,000 QuadratKilometer großen Nyassa- See, dessen Ausfluß der Schire ist. Im Jahre 1860 fuhr der unermüdliche Livingstone mit Kiok von Tebe den Zambesi aufwärts bis in das Land der Makololo, wo er auf Ladislaus Magyar's Spuren traf und dessen Forschungen wesentlich berichtigte und erweiterte. Noch zweimal brang er vom Osten auf dem Flusse Rufuma gegen den See Nyassa vor, durchquerte denselben und erforschte die westlich von ihm liegenden Länder, bevor er eine zeitlang ( 1864) in England ausruhte. Zwei Jahre später suchte er schon wieder die Mündung des Rufuma auf, erreichte, von einem freundschaftlich gesinnten Regerhäuptling unterstüßt, auf dem kürzesten Wege zum vierten Male den Nyassa und setzte auf dessen westliches Ufer über. Hier war es, wo er treulos von seinen eingeborenen Begleitern verlassen wurde,
die nach ihrer Rückkehr nach Kiloa( Hafenort am indischen Ozean unter dem 11. Grad südlicher Breite) das allgemein geglaubte Gerücht von Livingstone's Ermordung durch die räuberischen Masiku verbreiteten. In Folge der allgemeinen Theilnahme für den verschollenen Livingstone wurde von Seiten Englands unter Young's Leitung 1868 eine Expedition nach dem Nyassasee gesandt, welche an Ort und Stelle die Unwahrheit jener Aussage darthat. Der kühne Livingstone war ohne jegliche Begleitung und aller Mittel beraubt weiter nach Nord- Westen gewandert und befand sich bald auf völlig jungfräulichem Boden, der vor ihm noch von keinem Weißen betreten worden war. Erst nach wochenlanger Wanderung erreichte er die Stadt Lunda und somit die Spuren portugiesischer Elfenbeinhändler. Im Jahre 1798 besuchte der Portugiese Lacerda den Negerkönig Muata Cazembe in Lunda . Auch Livingstone fand bei seinen Nachkommen gastfreundliche Aufnahme und einen Stügpunkt für seine ferneren, die Jahre 1867-71 ausfüllenden Reisen, auf denen er zwischen dem 2. und 12. Grad südlicher Breite ein zusammenhängendes System von Seen und Flüssen entdeckte, welche mit dem Taganjita in keinem Zusammenhange stehen und von ihm, wohl fälschlich, für den oberen Lauf des Nil angesehen wurden. Diese Seen sind der Bangweolo, Moero, Krimlaondo und ein noch unbekannter