Damit war die stückweise Umschiffung der alten Welt vom Nordkap Skandinaviens bis zum Ostkap Sibiriens an der Beringsstraße vollendet und die Küstenaufnahme des europäischen und asiatischen Polarfestlandes durchgeführt. Jezt handelte es sich nur um die im nördlichen Polarmeer zerstreut liegenden Inseln, doch auch die Lage dieser wurde festgestellt.
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Im Gebiet zwischen den Flüssen Lena und Indigirka handelnd, hörte der Kaufmann Liakow von Land im Norden, sah auch Rennthiere von dort nach dem Festland wandern und entdeckte 1770, Swiat Christos mit Schlitten ausgehend, die nach ihm benannte Insel, drei Jahre später auch Maloi und sah noch nördlicher anderes Land, Kotelnoi. Ihm folgte 1815 Sannikow und entdeckte Fadejnoskoj; 1806 fand Sirowatskoj die Insel Neusibirien. Lieutenant Anjou bestimmte 1823 die Lage und Größe dieser neusibirischen Inseln genauer, während Wrangell 1820-23 mit Schlitten von verschiedenen Küstenpunkten aus über das gefrorene Meer fuhr, um im Auftrag der russischen Regierung ein sagenhaftes Land im Norden zu suchen. Seine äußerste Polhöhe von 72 Grad erreichte er unter dem 166. Grad westlicher Länge( von Greenwich ) und befand sich zu weit westlich von dem später entdeckten und nach ihm benannten Land, an dessen Existenz er nicht glaubte.
Der berühmte Seefahrer Cook, der im Jahre 1778 durch die Beringsstraße segelte und bis zum 70. Grad nördlicher Breite vordrang, sowie Kozebue, welchen der Dichter Chamisso begleitete ( 1816-17), hielten von der Beringsstraße aus eine Nordwestpassage ( gleichbedeutend mit einer nordöstlichen Durchfahrt von Europa aus) wegen des Eises für unausführbar.
Wie große weltbewegende Erfindungen in der Regel nicht der Initiative eines Forschers zu danken sind, sondern sich als das Endresultat einer langen Reihe mühevoller Untersuchungen und Experimente vieler darstellen, so bildet jede Polarexpedition nur ein Glied in der langen Kette kühner Unternehmungen, deren Schauplatz sich immer weiter ausdehnt. Hunderte von kühnen Männern mußten an den Küsten von Nowaja- Semlja zu Grunde gehen, bis es der österreichisch ungarischen Expedition unter Führung von Wieprecht und Payer gelang, nördlich von Nowaja- Semlja um das neuentdeckte FranzJosephsland unter dem 82. Grad nördlicher Breite ein offenes Polarmeer zu befahren und dadurch die von dem englischen Geographen Barrow aufgestellte Hypothese einer offenen See um den Nordpol herum zu bekräftigen. Im Jahre 1872 segelte die österreichisch- ungarische Expedition, Weyprecht und Payer, im Dampfer Tegethoff nach Nowaja- Semlja, trieb von dort mit dem Eise nach Norden und erfannte Kaiser- Franz- Josephs- Land als eine vergletscherte Inselgruppe von großer Ausdehnung.
Um unsern Lesern eine Probe von der Großartigkeit der nordischen Alpenwelt zu geben, greifen wir zur Erklärung unseres Bildes, Das Teufelsschloß im Franz- Josephs- Fjord"( Seite 209), in die an der Ostküste von Grönland ( 1870) gefüllte Mappe des berühmten Alpensteigers und Polarfahrers Payer.
,, Wir waren," erzählt er ,,, in einem Kessel angelangt, dessen Ufer Felsen bildeten, wie ich sie in herrlicheren Formen und Farben noch nie gesehen hatte. Die Eigenthümlichkeiten der alpinen Welt: ungeheuere Wände, tiefe Erosionsspalten, wilde Hochspizen, gewaltige und zerrissene Gletscher, tobende Abflüsse und Wasserfälle, welche bei uns in so ausgezeichneter Weise nur vereinzelt vorzukommen pflegen- alle Es diese Bilder wilder Pracht umfaßte hier ein einziger Blick. ist mir noch heute erinnerlich, daß der unmittelbare Eindruck dieses von den bizarrsten und großartigften, 1500 bis 2500 Meter hoch aufragenden Felsburgen umgebenen Bassins märchenhaft war. Ein fubischer Felskoloß streckt sich hier auf schmaler Basis als Landzunge weit hinaus in den Fjord. Unmittelbar aus dem blauen Wasserspiegel erhebt sich diese Masse gegen 1500 Meter hoch; regelmäßige rothgelbe, schwarze und lichtere Streifen zeigen die Schichtung seines Gesteins. Die Erfern und Thürmchen ähnlichen Vorsprünge an seinen Kanten verleihen ihm eine gewisse Aehnlichkeit mit einer zerfallenen Burg. Wir nannten ihn auch daher das Teufelsschloß. Einen Anblick von nur annähernder Großartigkeit erinnere ich mich nicht jemals in den Alpen gehabt zu haben. Ein kleines Matterhorn ragt hier aus den Fluthen empor; hier entströmten einem Gletscherthor ungeheure Wassermassen, um sich über die Riesenwand herab in den unbewegten klaren Spiegel tief unten zu stürzen."
Die Verhältnisse des Felsenkolosses werden uns aber erst recht klar, wenn wir auf unserer Abbildung denselben mit dem Dampfer vergleichen, dessen Maschinengetöse und Kielwasserrauschen die einzigen Töne in der feierlichen Stille dieser jungfräulichen Natur waren. Aber wehe, wenn die Reifriesen losgekettet sind, wie unsere Vorfahren zu sagen pflegten; dann überbrüllt der Sturm die krachende Wetterschlacht
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und die lebendig gewordenen Eisberge drücken das Schiff wie eine Nußschale zusammen. Auch Bayer und Weyprecht wissen von dieser Donnersymphonie zu erzählen. Die rasenden Elemente zwangen sie, den ,, Tegetthof" zu verlassen( 1874). Nach einem schwierigen Rückzug von russischen Fangschiffern gerettet, fehrten sie über Norwegen in die Heimath zurück. Die mit bewunderungswerther Ausdauer ebenso vortrefflich als vielseitig durchgeführten Beobachtungen haben die Wissenschaft im höchsten Maß bereichert, aber die Frage über die Möglichkeit einer nordöstlichen Durchfahrt nicht gelöst.( Fortseßung folgt.)
Ein Rieseninsekt aus Neuguinea. ( Bild Seite 208.) Das absonderlich gestaltete Insekt, das einem geflügelten Fernrohr nicht unähnlich sieht, ist ein Bewohner des tropischen Urwaldes und zwar des blätterreichen Unterholzes desselben. Nur wenige Familien der Insekten, speziell der Geradflügler( Orthopteren), dürften an originellem Habitus dieser Gespensterheuschrecke gleichkommen. Eine auffällige Kürze des ersten Körperabschnittes( Prothorax), im Gegensatz dazu eine enorme Verlängerung des zweiten Abschnittes( Mesothorax) und endlich ein übermäßig langer gegliederter Hinterleib bilden die wesentlichen Charaktere dieser Familie, welche man Phasmiden nennt. Als nächtliche, von Pflanzen sich nährende Thiere verbringen sie den Tag in träger Ruhe, dem Auge ihrer Feinde fast unkenntlich durch die frappante Aehnlichkeit, welche sie mit ihrer Umgebung erkennen lassen. Mittels der Anpassung der Körperform an die jeweilig zum ständigen Aufenthalt gewählten Pflanzen züchtete die Natur unter den Gespensterheuschrecken höchst bizarre, oft abenteuerliche Formen. Die einen gleichen wandelnden Blättern, insofern nicht nur der Hinterleib, sondern auch die Schenkelglieder der Beine blattartig verbreitert sind und das Netzwerk der Hinterflügel täuschend das Geäder eines trockenen Blattes nachahmt; die andern dagegen sind kaum von einem dürren Aft zu unterscheiden wegen der stabförmigen, fast knorrigen Form des Hinterleibs und der langen dürren Beine. Die hier abgebildete Art, Keraocrana Papuana, hat ihren Namen von zwei hornartigen Auswüchsen am Kopfe erhalten. Sie ist ein wahrer Riese unter den Insekten, denn sie erreicht eine Größe von mehr als zwanzig Centimetern, und hat zwei Paar Flügel, von denen das erste Paar außerordentlich verkümmert, das zweite dagegen um so mächtiger entwickelt ist. Die drei Fußpaare sind lang, schlank und gezähnelt; dasjenige des Mittelkörpers vermag sowohl nach vorwärts wie nach rückwärts gerade ausgestreckt zu werden und erhöht durch diese Stellung die Absonderlichkeit der Körperform. Leider wissen wir über die Lebens- und Ernährungsweise der Gespensterheuschrecken von Neuguinea ebensowenig, wie über die von ihnen mit Vorliebe bewohnten Pflanzen. Nicht nur die Vögel, sondern auch die Menschen stellen eifrig der Gespensterheuschrecke nach. Die Eingeborenen von Neuguinea zerreiben die Heuschrecken, um sie als wohlschmeckenden Brei Dr. M. T. zu verspeisen.
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Literarische Umschau.
,, Die Krankheiten des Mundes und der Zähne. Populär dargestellt von Dr. J. Wilpert, praft. Arzt und Zahnarzt in Riga . Mit 26 in den Text gedruckten Holzschnitten." Riga , Verlag von Alexander Stida, 1879.( Preis 2 M.) Nachdem der Verfasser in der Einleitung die Anatomie des Mundes behandelt, über die allgemeinen Symptome der Mund- und Zahnkrankheiten Rechenschaft gegeben, ferner die zweckmäßigste allgemeine Behandlungsweise und endlich die nothwendige Zahnpflege dargelegt hat, geht er über auf die speziellen Krankheitserscheinungen der Mundhöhle: die Entzündung, die Geschwüre und den Brand der Mundschleimhaut, die Entzündung der Zunge, die angeborne Gaumenspatte, die Entzündung der Mandeln, den Rachencroup oder die Diphtheritis; weiterhin behandelt er die Milchzähne, das schwere Bahnen, den Zahnwechsel, verbreitet sich über die Abweichungen in der Durchbruchszeit der Zähne und in ihrer Zahl, über Stellungs-, Form- und Substanzabweichungen der Zähne, dann über deren Abnutzung und Bruch, über den Zahnstein und die Zahnfäule, über die Zerreißung der Pulpa oder des Zahunervs, über Bildung von Zahnbeinkörperchen in der Pulpa, über die Entzündung derselben, über das Plombiren, über Zahnpolypen, Wurzelhautentzündung, Zahnfleischentzündung und Vereiterung, über Ader- und Gefäßgeschwülste, über Zahnfisteln, Kieferknochenveränderungen, Affektionen der Empfindungsund Bewegungsnerven, veranlaßt durch Zahnleiden, und beschließt seine Ausführungen mit einigen Bemerkungen über künstliche Zähne". Das Ganze ist so gemeinverständlich als möglich gehalten, ohne im mindesten breit zu werden oder zu wiederholen; daher erscheint das Schriftchen durchaus geeignet, größere Voltskreise über das wichtige Gebiet der Gesundheitspflege, das es berührt, zu belehren.
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Der Geheimmittelschwindel, von Emanuel W. Inhalt. Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph von B......( Fortsetzung). Irrfahrten, von L. Rosenberg( Fortsetzung). Die Backhefe und ihre faule ,, Selbstgährung". Von Dr. H. Didtmann, Arzt in Linnich . Boetische Aehrenlese: Die Schifffahrt, von Overbeck. Forschungsfahrten im nördlichen Polargebiet. Geschichtliche Zusammenstellung von Dr. M. Traufil( mit Illustration). Ein Rieseninsekt aus Neuguinea ( mit Illustration). Literarische Umschau.
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