nur in der Leichtgläubigkeit, sondern hauptsächlich in der Schen des Bartbedürftigen, sein Verlangen einem Arzte zu klagen. Lez tere Ursache fordert auch ihre Opfer unter jungen und alten Damen, welche an dem entgegengesetzten Uebel leiden, nämlich jenen kleinen, unverschämten, schwarzen Härchen unter der Nase, die zwar dem Gesicht einen sehr energischen Ausdruck verleihen, wahrscheinlich aber gerade deswegen als abschreckend für ehe­lustige junge Leute vom weiblichen Geschlecht tief gehaßt und weggezwidt werden. Von Edm. Bühligen in Leipzig wird hiergegen ein Enthaarungsmittel, Busma oder Rusma, empfohlen, vor dessen Gebrauch wir dringend warnen müssen; es besteht nach Hager und Jakobsen aus 3 Theilen Auripigment ( Schwefelarsen) und 15 Theilen Aezkalt und entfernt zwar die Haare, kann aber eine Hautentzündung hervorrufen. Uebrigens wurde und wird dasselbe im Orient vielfach angewandt. Ratio­neller wirkt eine auf Leinewand gestrichene Harzmischung, welche mit den Härchen fest verklebt und beim Abnehmen die Wurzeln auszieht.

Das Ergrauen der Haare, welches eine Fluth von Heilwässern bekämpfen will, kann durch zweierlei Ursachen hervorgerufen werden; entweder bildet sich in den Haarzellen kein Farbstoff mehr, oder in dem noch farbstoffhaltigen Haar treten zahlreiche kleine Luftbläschen auf. Letzteres ist gewöhnlich beim plöglichen Ergrauen durch heftige Nervenerschütterung der Fall. Eine Heilung kann die Medizin nicht versprechen; der Geheimmittel schwindel weiß dagegen um so mehr von glücklichen Kuren zu erzählen und preist seine Erzeugnisse in der übertriebensten Weise an.

Zum Färben ist als unschädlich die Anwendung von frisch gepreßtem Wallnußschalensaft, auch humussaures Ammoniak und Byrogallsäure zu empfehlen. Vor Bleiwässern ist entschieden zu warnen, da sie auf die Kopfhaut schädlich wirken, auch der Ge­brauch von Höllensteinlösungen( salpetersaurem Silber) ist mit Vorsicht aufzunehmen. Vorzügliche Dienste leistet das über­manganſaure Kali, wenn dasselbe auf das, behufs Entfettung vorher mit einer sehr schwachen Salmiakgeistlösung( 1 Theil käufl. Salmiakgeist auf 50 Theile Wasser) gewaschene Haar mit einer weichen, furzhaarigen Bürste in dünner Lösung mehreremal gleich mäßig aufgetragen wird. Der Nußölextrakt von H. Müller in Leipzig , parfümirtes Mandelöl, das über getrockneten grünen Wallnußschalen eine zeitlang gestanden hat, sowie der Nuß­schalen- Extrakt von A. Hube in Stettin haben, wie Witt stein angibt, keine haarfärbenden Eigenschaften. Der Wallnuß­schalen- Auszug von J. F. Schwarzlose Söhne in Berlin enthält keine Spur von Wallnüssen, sondern besteht aus chrom­saurem Kupfer und salpetersaurem Silber.

Silberhaltige Färbemittel sind; Der Hiawatha - Haar­balsam von Hoyt, Melanogène von Diquemare in Rouen , Eau de Mont Blanc, Eau d'Afrique, Eau Lajeune aus Paris .

Die weitaus meisten sind bleihaltig, also auf jeden Fall schädlich. Wittstein führt als solche an:' Eau capillaine von Dr. R. Brimmayer in Echternach ( Luxemburg ), das an­geblich unschädliche Eau de Capille von Kamprath und Schwarze in Leipzig , Eau de Cythère, Eau de fée von Lattte in Riel, Eau des fées von Sarah Felix in Paris , Eau de Floride von Gaislein und Comp. in Paris , Eau de Bahama, Ostindischer Haarbalsam von Dr. Ayer, die Gerbstoffpommade von Filliol und Andaque in Paris , ohne jede Spur von Gerbstoff, der vegetabilische Haar balsam von A. Marquardt in Leipzig , ohne jede Spur von Vegetabilien, der merikanische Haar- Erneurer von

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H. C. Callup in London , Haarfärbe- Kraftpommade von E. Hikisch und C. Ruß in Wien , Haarfärbewasser von M. Richter in Berlin , Haar- Naturalisir- Präparat von Lattke in Kiel , Aqua amarella, Teinture de Venus von Dr. L. Bonnot, Haar- Regenerator von Rosetter, Haar­Restorer von Apotheker Fr. Brabender in Cleve, Ostindisches Haarwasser von Emil London, Sele­nite perfectionné aus Paris und eine große Reihe englischer Färbemittel, Hair- Regulator von Tebet in Manchester , Hair- Renewer von Hall in Nashua , Hair- Restorative von Simonds, ferner dasselbe von Singer in New- York , von Wood und O. Brien in New- Yorf, Hair- Tonique von Knittel in New- York und Hair- Vigor von Ayer in Lowel. Fürwahr, eine nette Blumenlese betrügerischer Spekulanten. Kiti von Pelser- Berensberg, auch Haaröl der Kleo­ patra genannt, von Witte in Berlin verfertigt, besteht aus 72 Theilen parfümirtem Ricinusöl und 24 Theilen starkem Spi­ritus, der mit Anilin blau gefärbt ist. Das Loth enthal tende Glas kostet 12 Mt., kann aber in jeder Apotheke für 50 Pf. hergestellt werden. Der Name Kiti ist von der griechischen Benennung der Ricinusstaude hergenommen; das Ricinusöl ist ein empfehlenswerthes Mittel zur Reinigung der Kopfhaut, wenn es auch nicht, wie der Verfertiger obigen Haaröles angibt, die Haarwurzeln kräftigt. Auf jeden Fall ist die Preisforderung Witte's eine zu hohe. Huil de Floride von Gaislein und Comp. ist nichts als parfümirtes Baumöl, der vegetabilische Haarbalsam von Hutter und Comp. in Berlin , auch unter dem Namen Esprit des cheveux ist verdünnter hoffmann­scher Balsam; der Mailänder Haarbalsam von Kreller in Nürnberg enthält etwas Ehinin, ist darum aber nicht werth­voller als seine Vorgänger. Das Antipsilothron von Hege­wald in Berlin besteht aus Galläpfelertraft mit Spiritus; J. F. Schwarzlose Söhne in Berlin wenden Kanthariden an, ebenso Waterson in London . Das Haarfärbemittel von Berger in Paris nimmt zur Abwechslung statt Blei Kupfer und Nickel, wahrscheinlich einen in Schwefelsäure und Sal­petersäure gelösten Reichsfünfpfennig. Physittrom von Dr. J. Lamatsch in Wien besteht aus einer Vorbereitungsstüssig= feit, welche Aleynatron enthält, das Haar also angreift, und sal­petersaurem Wismuth mit Glycerin. Das Glycerin- Haar­wasser mit Chininextrakt von A. Heinrich in Leipzig enthält nicht eine Spur von Chinin, sondern besteht aus Peru­balsam, Ricinusöl, Rum und Wasser, kostet 2 Mt. und ist 50 Pf. werth. Ebenso läßt sich in der Aricin- Pommade von Jul. Bittner in Gloggniß keine Spur von Aricin( ein Be­standtheil der Cusco - Chinarinde) nachweisen. Das vegetabi­lische Haarfärbemittel von Dr. 2. Beringnier ist Eisen­chlorid und Brenzgallussäure, foftet 10 Mt., wäre aber mit 80 Pf. reichlich bezahlt. Der Bartfreund Royer in Berlin fann auch Haare färben und gibt Eichenrindenabkochung mit etwas Soda, wenigstens ein ungefährlicher Scherz. Der Haarspiri­tus von Apotheker R. Woesch in Nürnberg enthält Kupfer­vitriol, aber feinen Spiritus.

Und so ließe sich bogenlang das Sündenregister der gewissen­losen Spekulanten fortführen. Manche der angeführten Mittel sind, nachdem sie eine zeitlang durch große Reklame starken Absaz gefunden hatten, wieder verschwunden, um an einem anderen Orte unter neuem Namen wieder aufzutauchen. Für den In­seratentheil der diesen Lenten willfährigen Presse paßte recht gut als Motto das bekannte Wort: non olet- Geld riecht nicht, denn in Geldsachen hört die Gemüthlichkeit auf."

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( Fortseßung folgt.)

Die Backhefe und ihre faule Selbstgährung".

Von Dr. H. Oidtmann, Arzt in Linnich . ( Fortseßung und Schluß.)

Die Gefahr für die Hefe beginnt also mit ihrem Ruhezustand, mit dem Aufhören ihrer Gährarbeit. Die Hefe verdirbt am ehesten bei lange anhaltender Unthätigkeit. In dem Maße, wie die Sproßzellen ihre Thätigkeit einstellen, bekommen entweder die Schimmelpilze oder die Spaltpilze das Uebergewicht und leben von den todten Sproßhefezellen. Prof. v. Nägeli hat diese sehr

interessanten zymotischen Vorgänge in der Hefe eingehend studirt. Er schreibt hierüber auf Seite 77:

Bei den zahlreichen Versuchen mit Aussaat von verschiedenen Hefepilzen in das nämliche Glas bekam ich in der Regel Resultate, die den Erwartungen nicht entsprachen. Anfänglich zwar ver­mehren sich die verschiedenen Keime, jeder nach Maßgabe seiner