Winternacht mit Tänzen und Freudenliedern feiern, nicht minder von der wunderlichen Sitte der öffentlichen Gesangduelle, die bestimmt sind, bei großen Beleidigungen dem Getränkten womöglich die Gelegenheit zu glänzender Revanche zu verschaffen, sofern er es versteht, die Schwächen und Fehler des brüsten Beleidigers scharf zu beleuchten und lächerlich zu machen. Der Herausforderer beginnt vor einer eigens dazu eingeladenen Versammlung ein Spottlied auf den Gegner; ihm sekundiren seine Freunde, die, was er etwa noch vergessen, gewandt vorbringen und ausbeuten. Dem Herausgeforderten ist Geistesgegen wart und Kaltblütigkeit unentbehrlich, will er die lange vorbereiteten Angriffe seiner Feinde geschickt abwehren. Gelingt ihm dies nach dem Urtheil des Auditoriums nicht, so wird der Sieg dem Herausforderer zugesprochen und mit ihm das Recht, sich das Beste vom Eigenthum der Besiegten anzueignen. Selbstverständlich fehlt es auch nicht an Fällen, in denen der Angriff matt und ohne Wit dann müssen sowohl der Kläger als auch seine Genossen mit Schimpf und Schande abziehen. Wir haben diese nachahmungswürdige Sitte des Zungenturniers ange­führt, um die Friedfertigkeit der Eskimos darzuthun, die nur dann in das Gegentheil umschlägt, wenn sie von den rohen Matrosen gereizt werden. Eine ausgesprochen feindselige Haltung bewahren die Eskimos nur den Indianern gegenüber. Die Fehde zwischen den Rothhäuten und den gelben Eskimos ist uralt und hat zur Vertreibung der letz­teren aus der gemäßigten Zone Amerikas   wesentlich beigetragen.

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Zugleich mit den Dänen( 1607) versuchte im Auftrag der eng­lischen ,, Muskovy Kompany" Henry Hudson   die nördliche Durchfahrt. Zwischen Grönland   und Spißbergen vordringend, wurde er vom Eis aufgehalten und sichtete in 800 nördlicher Breite fernes Land. Von der holländisch- ostindischen Gesellschaft für die Nordostpassage ausge­rüstet, segelte Hudson im Jahre 1609 gegen den Willen seiner Auf­traggeber nach Westen, lief in den nach ihm benannten Fluß ein und verkehrte mit den Indianern auf der Insel, welche das heutige New- York  trägt. Zum drittenmale fuhr er im Fahre 1610 im Dienst englischer Kaufleute, abermals im Widerspruch mit seiner Instruktion, nach Westen, entdeckte die Hudsonsstraße und Hudsonsbay und überwinterte im süd­östlichen Theil derselben, in der Jamesbay. Von seiner Mannschaft mit acht andern in einem offenen Boote ausgeseßt, blieb er verschollen. Sein Schicksal aufzuklären, wurden 1612 von England Button und Ingram mit zwei Schiffen ausgesandt; dieselben umfuhren fast die ganze Hudsonsbay. 1615 rüsteten die Engländer Bylot aus, mit dem Baffin als Steuermann fuhr. Diese segelten in der Hudsonsstraße nach Nordwest, entdeckten die vielen dort befindlichen Inseln, folgten der Küste der Insel Southampton   im Süden des Forkanals bis zur Frozenstraße, wurden aber hier vom Eise zur Umkehr genöthigt. An der Westküste Grönlands   in der Baffinsbay vordringend, erreichten Bylot und Baffin 1616 Cap Digges( 76° 35' nördlicher Breite), den Wolstenholmsund und den Walsund( 77° 30' nördlicher Breite), ent­deckten die Hackluytinsel und den durch Eis verstopften Smithsund. Diese höchste von ihnen erreichte Breite ist seit jener Zeit an dieser Stelle nur sechsmal von den bestausgerüsteten, theilweise mit Dampf­frast versehenen Expeditionen überschritten worden. Sich westlich hal­tend, entdeckten Bylot und Baffin die Careyinseln( 76° 40' nördlicher Breite) und den Jones- und Lancastersund, konnten aber hier nicht ein­dringen. Die weiteren Unternehmungen zur See bis zu Ende des 18. Jahrhunderts haben in dieser Richtung nur geringe Erfolge auf­zuweisen. Die Hudsonsbay wurde genauer untersucht, aber fast alle dorthin gesandten Expeditionen fanden ein trauriges Ende. Der Wal­fischfang nahm in den neuerschlossenen Gewässern einen großartigen Aufschwung und die vielen dabei beschäftigten Seeleute verbreiteten eine allgemeinere Kenntniß des Strandgebietes der Polarregion. Aber auch das Binnenland wurde durch ein neues Institut allmälich bekannt. In den nördlich und westlich von Canada   liegenden, an die Hudsonsbay gränzenden Ländern mit einem Umfange von 148 000 Quadratmeilen besteht seit dem Jahre 1670 eine durch den pfälzischen Prinzen Rupert ,, ins Leben gerufene" Hudsonsbaykompagnie, welche wie die weiland ostindische Kompagnie dort nicht nur ausschließliche Handelsprivilegien besißt, sondern auch bis heute das Recht der politischen Oberherrschaft daselbst ausübt. Im größten Theile dieser ungeheuren Länderstrecken ist jedoch das echte polare Klima, so daß den größten Theil des Jahres Schnee und Eis den Boden bedeckt und diesen zur unwirthlichen Dede macht. Selbst in dem tiefergelegenen, in Westkaledonien und dem eigentlichen Hudsonsbayterritorium oder Rupertsland, ist die aus eini­gen Indianerstämmen( den Irokesen und Tschippeways) bestehende Be­völkerung so schwach, daß man tagelang reisen muß, um ein Dorf anzutreffen. Acht Monate des Jahres herrscht ein strenger Winter, der Frühling ist kühl und der Sommer so furz und heiß, daß an Bodenkultur nicht gedacht werden kann. Außer dem wilden Mais hat die indianische Bevölkerung nichts zur Nahrung, als das erlegte Wild, und die Jagd ist daher ihre ausschließliche Beschäftigung. Diese nor dischen Regionen stroßen von Bibern, Bären, Mardern, Füchsen und Dachsen, Wölfen, Elenthieren, Ottern und Eichhörnchen, deren Felle die Indianer an die Hudsonsbaykompagnie, in neuerer Zeit auch an die amerikanische Nordwestkompagnie und die dänische Grönlandskom­pagnie verkaufen. Wie belangreich dieser Handel ist, geht daraus her­vor, daß die erstgenannte Kompagnie in einem Jahre durchschnittlich die Felle von 98-100 000 Bibern, 690 000 Bisamratten, 7000 Bären, 1000-1200 Dachsen, 500 Hermelinthieren, 10 000 Füchsen, 15 000

Luchsen, 64-66 000 Mardern, 50 000 Ottern( Lutra phocula und Lutra canadensis), 9000 Wölfen kauft, und einzelne Pelziäger in dem­selben Zeitraume circa 20 000 Biber erlegen. Die letterwähnten Thiere sind wegen ihrer kostbaren Belze ganz besonders den Nachstellungen der Jäger ausgesetzt. Während der Polarhase, welcher wie der Wolf bis in die unwirthbarsten Deden der Eskimo vordringt, und wie im Fluge über Felskämme und Klippen des Urgebirges streifend, sich dem Schusse entzieht, zwingt die hochgradige Kälte den amerikanischen Hirsch ( Cervus canadensis), das flüchtige aschgraue und gestreifte Eich­hörnchen, den blutgierigen Cuguar( felis concolor) und selbst den Waschbär das Rupertsland zu verlassen, um in Kanada  , Pennsylvanien  und Kalifornien   Obdach und Nahrung zu suchen. Nur der Biber ver­mag der Kälte und dem Hunger zu widerstehen und läuft dem Trapper in die Schlinge, der ihn bald auf den Aussterbeetat setzen wird. Die menschlichen Bewohner dieser Eis- und Schneegefilde, die schon oben erwähnten Indianer, vergraben sich in Erdhöhlen mit dicker Mauer­einfassung und unaufhörlich brennendem Feuer, dessen Rauchfang das einzige Fenster bildet. Bevor sie ihre Höhlen verlassen, untersuchne sie vorsichtig die Luft und beim leisesten Winde wagen sie keinen Schritt vor die Thüre. Nur wenn es windstille ist, gehen sie, in Pelze ge­hüllt, auf die Jagd nach Schneehühnern, Bibern und Bären, oder fragen das Moos von Steinen und Baumstämmen, um es als Gallerte gekocht zu verzehren. Fisch und Seehundsfleisch wird für sie erst dann zur rechten Delikatesse, wenn es monatelang durchfault ist. Den aus wärmeren Zonen gekommenen Fremden kann weder das Bett noch das Feuer schüßen. Und doch vermag der furchtbare Frost den Pulsschlag der Schöpfung nicht zu lähmen. In der kurzen Jahreszeit, welche hier nur uneigentlich Sommer genannt werden kann, befleißigt sich die Natur, das Versäumte einzubringen. Mit überraschender Schnelligkeit grünen die Birken und Weiden; Heidelbeeren und Brombeeren über­ranken den aufgethauten Boden, und das in der Arzneikunde gegen den Skorbut so gerühmte Löffelkraut zaubert mit seinen millionen Büscheln die grünen Wiesen hervor, welche den Namen ,, Grönland  " veranlaßt haben. Flüchtige Berghasen, Kaninchen, weiße und schwarze Füchse, Wolfshunde und Rennthiere bevölkern das Land. Eider- und Rothgänse, Schwäne und Habichte wandeln, Beute suchend, an den Küsten; Sperber und Nußhäher lassen im Walde ihr Geschrei ertönen.

Diese Schilderungen verdanken wir zwei kühnen Männern, welche auf Landreisen diese unwirthbaren Strecken des amerikanischen   Kontinents erschlossen hatten. 1770 erforschte Hearne, ein Mitglied der Hudsons­bayfompagnie, das Gebiet des Artillery und Aylmeersees, erreichte den Kupferminenfluß und verfolgte ihn bis zu seiner Mündung. Ein Beamter der Nordwestkompagnie, Makenzie, erforschte, vom Atha­pasiasee ausgehend, 1789 weite Strecken des unbekannten Westens und entdeckte den nach ihm benannten Fluß, den er bis zum Meer befuhr, ( 690 nördlicher Breite). 1792-93 ging er direkt westwärts bis zum Stillen Ozean; er war der erste Europäer, welcher die Felsengebirge überschritt und den Kontinent im Norden kreuzte. Den Reisenden Lapeyrouse, Vancouwer und Krusenstern( 1786-1803) ver­danken wir die karthographische Aufnahme der Nordwestküste Amerikas  und den Seefahrern Bering und Cook die Kenntniß des maritimen Verbindungsweges zwischen dem Großen Ozean und dem nördlichen Eismeer. ( Fortsetzung folgt.)

Der Einsturz der Taybrücke in Schottland.  ( Schluß.) Im Jahre 1879 wiederholte sich am 11. Januar bei Adrianopel   die rostower Katastrophe. Die über die Arda führende Brücke brach unter einem russischen Militärzuge zusammen. Ein General, mehrere Offiziere und 200 Mann ertranken. Zur selben Zeit stießen auf der Warschau  - Petersburger Bahn bei der Station Glatschina zwei Züge zusammen, wobei 15 Personen verlegt wurden. Am 19. ist schon wieder eine Entgleisung bei Brüssel und drei Todte zu vermelden. Am 4. Februar wiederholte sich derselbe Unfall bei Hannoversch- Minden mit demselben Menschenverlust. Am 19. Februar zerstörte bei Thorn  die hoch angeschwollene Weichsel   den Rangirbahnhof der Oberschlesischen Bahn. Der Monat Februar schloß mit einer Entgleisung zwischen Bremen   und Hannover  , und der Monat März begann mit zwei Ent gleisungen bei Zduny   und Freienwalde  . In den ersten Tagen des Aprit sind zwei Entgleisungen, bei Mecheln   und Pleschen  , zu registriren. Am 9. stürzte der Moskau- Brest- Litewski- Zug den Bahndamm hinab; alle Wagen zertrümmert, die Anzahl der Todten, wie gewöhnlich, un­bekannt. Am 1. Mai explodirte in Toronto  ( Kanada  ) die Dynamit ladung eines Eisenbahnwagens und tödtete zwei Bremser. Am 10. iſt ein Eisenbahnunfall, der sechs Menschen das Leben kostete, aus Kadir ( Spanien  ) zu melden. Ein ähnliches Unglück ereignete sich am 19. bei Bittau. Nach zweimonatlicher Bause ereignete sich am 4. August zwischen Nancy   und Bezelise in Frankreich   ein grauenvolles Eisenbahn­unglück. Durch falsche Weichenstellung geriethen 22 Waggons auf ein abgezweigtes Schienengleis, das nach einer Fabrik führte. An der Rampe dieses Etablissements thürmten sich die Wagen übereinander, bevor sie krachend zusammenstürzten. Unter ihren Trümmern lagen 12 Todte und 33 Verwundete. Am 15. fand bei Hof und am 16. bei Flers   im Departement der Orne   ein Zusammenstoß von Eisenbahn­zügen mit blutigem Ausgang statt. Am 20. September verunglückte auf dem durch einen Wolfenbruch unterwaschenen Damm zwischen Gogolin und Loschniß der Güterzug der Oberschlesischen Bahn. Fahr