die holde Gestalt, das waren die blauen Augen, das war sie, die ich so lange gesucht, so lange vermißt. Ich war starr. All' mein Blut stieg mir zu Kopf. Meine Füße waren schwer wie Blei, ich zog meinen Hut, ich stammelte ein paar Worte, ich glaube, es waren recht dumme, einfältige Worte, und in dem selben Augenblick kamen die übrigen hinzu. Da ward ich wieder ruhig und ich konnte mit Muße mich von meiner Starrheit er­holen und das liebe Gesicht betrachten, recht oft und recht lange!- Das war ein Tag!- Elisabeth heißt sie. Und nnn ist all' meine Mißstimmung fort und ein Heldenmuth hat mich erfaßt. Der kleine Weise sagte lachend: Sie sind heute überaus lustig

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Forschungsfahrten im nördlichen Polargebiet. Geschichtliche Zusammenstellung von Dr. M. Traufil.

( Fortsetzung.)

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Den Schluß unserer geschichtlichen Zusammenstellung soll die Schil­derung jener Schritte bilden, welche die Deutschen   gethan haben, um der Sphing, Nordpol   genannt, beizukommen. Die Kunde von den Vin­landsfahrten der Normänner soll schon im Jahre 1040 mehrere edle Friesen zu einer Reise von der Weser aus nach Norden bewogen ha­ben; sie brachten fabelhafte Berichte zurück, welche uns Adam von Bremen  ( 1076) im Geschmack seines Zeitalters sagenhaft verschnörkelt überliefert hat. Zwei Jahrzehnte nach dieser ersten deutschen   Nord­fahrt begleitete ein Häuflein von Deutschen   den norwegischen König Harald den Dritten nach Grönland  . Ihre Entdeckungen mögen wohl nicht sonderlich belangreich gewesen sein, weil es die Chronisten nicht der Mühe werth hielten, sie aufzuzeichnen. 1170 segelte Madoc  , Brinz von Wales, mit deutschen   Matrosen nach Nordwest und erreichte ein unbekanntes Land; von einer zweiten Reise mit zehn Schiffen kehrte er nicht zurück. Während der Blüthezeit der Hansa   nahm der Wal­fischfang in den neuerschlossenen Gewässern des nördlichen Eismeeres einen großartigen Aufschwung; von wissenschaftlichen Errungenschaften der Hanseaten weiß die Fama so viel wie gar nichts zu berichten. Erst der rastlosen Thätigkeit des Geographen Petermann war es vor­behalten, erfolgreich auch in Deutschland   zu Polarforschungen anzu­regen. Aller Anfang ist schwer. Die erste deutsche   Expedition unter Werner( 1865) erlitt schon beim Aussegeln Havarie. Die zweite deutsche Nordpolfahrt fand im Jahre 1869 statt. Am 15. Juni dieses Jahres segelten zwei Fahrzeuge von Bremerhafen   zu diesem Zwecke ab und zwar das Dampfboot ,, Germania  " unter den Befehlen des Kapitäns Karl Koldeway und das Segelboot ,, Hansa  "( Kapitän Hegemann). Auch dieses Unternehmen hatte nicht sonderlich Glück. Der Landungsversuch an der vulkanischen Insel Jan Mayen   mißglückte und somit auch die wissenschaftliche Ausbeute der Untersuchungen unter dem 71. Grad nörd­licher Breite. In nordöstlicher Richtung setzten die Schiffe ihre Fahrt fort, um unter dem 75. Grad n. Br. durch das Eis nach Grönlands  Küste vorzubringen. Jezt beginnt der Kampf mit dem wilden Element. Noch hat sich bisher das Segelschiff Hansa  " an der Seite der durch Dampfkraft begünstigten ,, Germania  " gehalten bis am 20. Juli ein Mißverständniß beide trennen sollte. Im Eise arbeitend, empfing Ka­pitän Hegemann von Coldeway das Signal: ,, Kommen Sie auf Rufweite heran"; er verstand aber: Segeln Sie weiter nach Westen" und dieses Mißverständniß wurde verhängnißvoll. Nie sollten sich die Schiffe wiedersehen. Es beginnt jene an Abenteuern überreiche, durch Gefahren und Mißgeschick aller Art, aber auch durch Muth und Stand­haftigkeit aller Art ausgezeichnete Fahrt, von der man noch reden wird in den spätesten Tagen. Während nun die ,, Germania  " bald glücklich Grönlands   Küste erreichte und dort ihre Arbeiten und Entdeckungen vollführte, setzte die ,, Hansa  " den Kampf mit dem Eise fort. Aber so nahe sie auch der Ostküste Grönlands   kam, die der Instruktion gemäß er­reicht werden sollte, so wenig gelang die Landung. In tragischer Weise schildert Kapitän Hegemann den Kampf, den sein immer tiefer ins Eis hineingerathendes Schiff zu bestehen hatte, wie die freien Wasserstellen fleiner und fleiner werden, wie das Eis sich bildet und wie die Macht der Menschen gegenüber den Elementen erlahmt und endlich am 15. September die ,, Hansa  ", ein bewegungsloser Klop, fest eingefroren war. Jeßt erfolgte der Bau des Hauses aus Kohlen auf der Eisscholle, wie wir es bei den Duldern der Polaris" geschildert haben, die umsich tige Einrichtung für alle kommenden Gefahren. Das Eis preßte in­dessen fort, das Schiff wurde gehoben, seine Fugen krachten, man sah ein, daß es verloren war, und rettete aus demselben auf die Scholle, was zu retten war. In Eis und Schnee, fürchterlich von Kälte lei­dend, zusammengedrängt in das enge Kohlenhaus, vom arktischen Strom unaufhaltsam gen Süden getrieben, haben die Hansamänner immer noch Zeit gefunden, so viel sie vermochten, der Wissenschaft zu dienen und Beobachtungen anzustellen. Sie messen die Temperatur, zeichnen die Küste, wo sie ihr nahe kommen, firiren die phantastisch gestalteten Eis­berge, an denen sie vorübertreiben, und auch ihr altes Haus, die ,, Hansa  ", die als elendes Wrack an der Scholle klebt. In einer Nacht ist auch das Wrack fast lautlaus in den Meeresgrund gesunken, und nur die Boote blieben den Hansaleuten übrig, auf denen sie endlich nach zwei­

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und gesprächig, und ich habe lange nicht so viel Schönes von Ihnen gehört." Ich hatte aber auch dozirt, als hätte ich reinen Sauerstoff geathmet und stände vor den Pforten des Elysiums. Elisabeth ist aus Süddeutschland  . Sie bleibt noch einige Wochen hier und dann kehrt sie zu ihren Bergen und zu ihren Lieben zurück! Ach, könnte ich auch dorthin, wo die Poesie wohnt und den Menschen in die Wiege gelegt wird! Seit dieser Stunde begegnen wir uns oft, ich sorge schon dafür, daß wir teine stummen Figuranten sind. O, das Menschenherz ist erfinderisch.

( Fortsetzung folgt.)

hunderttägiger Fahrt ihre Rettung veranstalten sollten. Am 19. Of­tober war die ,, Hansa  " unter dem 71. Grad nördlicher Breite gänzlich untergegangen, Weihnachten feierte man zwischen dem 67. und 68. Grad; als man den 66. Grad erreicht hatte, zerbrach am 15. Januar 1870 die Scholle; am 7. Mai verließ man unter dem 61. Grad den Rest der Scholle, und am 15. Juni liefen die Boote, mit der deutschen  Flagge geschmückt, in der Missionsstation Friedrichsthal   ein. Das andere Schiff der zweiten deutschen   Nordpolexpedition, die ,, Germania  ", fuhr an der Küste bis zu 750 31' nördlicher Breite und überwinterte an der Sabineinsel. Auf Schlitten wurde die Küste bis 770 nördlicher Breite untersucht, der Franz- Joseph- Fiord und alpenreiche Gebirge ent­deckt und außerordentlich werthvolles Material für die Wissenschaft ge­sammelt. 1870 tehrte die Expedition glücklich zurück. Die Schicksale der im Jahre 1872 absegelnden österreichisch- ungarischen Expedition unter Weyprecht und Payer haben wir bereits im ersten Kapitel geschildert."

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Die letzte und bestausgerüstete Expedition statteten die Engländer aus. 1875 segelten die Dampfer Alert" und Discovery" unter Nares und Stephenson durch den Smithsund und Kennedykanal; Discovery" überwinterte an der Westküste, am Eingang des Robeson­fanals, unter 81° 45' ,,, Alert" jenseits desselben, unter 82° 27' nörd­licher Breite. Dort breitete sich nordwärts ein mit sehr schwerem Eis bedecktes Meer aus. Auf Schlittenreisen wurde der nördlichste Punkt unter 83° 20' erreicht, ein Theil der Westküste Grönlands   aufgenommen und im Nordosten Kap Britannia( circa 820 54) gesichtet und Grant­land Westen hin untersucht, sein nördlichster Punkt, Kap Kolumbia, zu 830 7' nördlicher Breite und 700 30 westlicher Länge von Greenwich  bestimmt. Weiter westlich tritt die Küfte zurück und biegt endlich nach Südwest ab. Nach schwieriger Eisfahrt kehrte die Expedition 1876 nach England zurück. Nares ist der Ansicht, daß der Nordpol   auf diesem Wege nicht zu erreichen ist. Hören wir, wie der gewiegte Nordpolfahrer Weyprecht   darüber denkt: 3u allen Zeiten und bei allen Völkern hat das Geheimnißvolle, das Räthselhafte stets die größte Anziehung auf die Menschen ausgeübt, und sie oft dahin gebracht, daß sie ihren Besiz, ihre Gesundheit, ja ihr Leben daran seßten, den Schleier von dem verborgenen Schaße zu heben, den sie in den Tiefen der Erde oder auf den Gipfeln der Berge, im Stein der Weisen oder in irgend­einer sinnreich konstruirten Maschine entdeckt zu haben glaubten. Nicht das helle Licht, das die ächte wissenschaftliche Forschung über die Dinge und ihre physikalischen und chemischen Beziehungen zu einander ausstrahlt, lockt und reizt die Neugier, sondern es ist grade der ungewisse Dämmer­schein noch unreifer Spekulationen, das Flimmern und Leuchten aus der Nacht gänzlich unerforschter Gebiete heraus, was immer und immer wieder die Gemüther der Menschen bis zu wahnsinniger Begeisterung erhigt, tollkühne Thaten erzeugt, zahllose kostbare Opfer fordert." Nur von diesem Gesichtspunkt aus vermag sich der ruhige, vor­urtheilsfreie Beobachter die Entstehung und die Wirkung der Nordpol­expeditionen zu erklären, die früher namentlich von England, im letzten Dezennium aber wesentlich von Deutschland  , Schweden  , Rußland   und Nordamerika   ausgesandt worden sind, alle zu dem mehr oder weniger scharf ausgesprochenen Zwecke: wenn irgend möglich eine höhere Breite, als die Vorgänger, ja den Nordpol   selbst zu erreichen. Was hofften denn die Menschen, mußte man sich jedesmal wieder fragen, so un­geheuer Wichtiges und Erstrebenswerthes in jenen eisumstarrten Ge­filden zu finden? Ist es denn nicht längst ausgemacht, daß der geographische Pol weder mit dem magnetischen noch mit dem Isothermen Pol zusammenfällt, daß jener überhaupt an sich für die Menschheit durchaus keine höhere Bedeutung hat, als irgendein anderer Punkt in hohen Breiten? Ebenso ist ja die lang gesuchte nordwestliche oder nordöstliche Durchfahrt nach dem Stillen Ozean längst aufgegeben, und daß für kaufmännische Interessen dort so gut wie nichts zu holen ist, davon hat man sich nach vielen schlimmen Erfahrungen endlich auch überzeugt.

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,, Aber die reine, interesselose Wissenschaft," erhielt man gewöhnlich zur Antwort, wenn man nach den Zielen dieser Bestrebungen fragte, der Forschungstrieb der Menschen ist es, in deren Dienste jene tapferen Männer Gesundheit und Leben wagen, für welche Regierungen und Private in regem Wetteifer pekuniäre Opfer bringen!" Sehr schön und lobenswerth; und wenn sich's zunächst darum handelt, ob sich denn die Wissenschaft im ganzen von der genauen Erforschung der Polargegenden großen Gewinn versprechen könne, so sind wir die ersten, diese Frage