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im Wesen meines Sohnes sprach, ob ich nicht auch seines Herzens Vertrauter sei. Damals wußte ich nichts, er hatte kaum etwas zu vertrauen, Träume, Chimären der Jugend birgt Jugend gern in eigner Brust. Aber als ich ihn so ganz ein anderer werden sah, als bisher, so muthlos, so verzagt, so unstät, bald Pläne fassend, bald verwerfend, als ich, in der Meinung, ihm bange, rasch genug eine ehrenvolle, gesicherte Zukunft zu erringen, Ihren Namen nannte, von Ihrem Anerbieten zu reden begann, und ihn erbleichen sah, aufwallen in unwillkürlicher Leidenschaft, da war mir seiner Seele Zustand klar. Er liebt Melanie von der Hellen mit erster, unentweihter Gluth der Jugend. Sie war sein Stern, sie sein Ideal, das ihn begeisterte, für das er denken, ringen, schaffen wollte. Wie sie sich des Strebenden Erfolge gefreut, hoffte er um ihretwillen zum Meister zu werden in seinem Fach, im Fluge wollte er einen Namen erringen, eine Zukunft, beide dann zu ihren Füßen legen, gewiß, nicht zurückgestoßen zu werden. Lächeln Sie nicht so ungläubig, Mann. Zu Hohem schon hat edle Leidenschaft, der beste Sporn des Genies, begeistert.

Sie sprechen in der ganzen Schwäche eines liebenden Vaters," erwiderte ich. Hat denn" die Stimme drohte mir zu ver­sagen die Baronesse Melanie je diese phantastischen Hoff nungen ermuthigt oder sie getheilt?"

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Ich bin Ihnen Wahrheit schuldig. Gleiche Frage richtete ich an Oswald. Nein, Waldenau, von der Aussicht auf Vereinigung war nie die Rede zwischen ihnen. Und doch, Dewald fühlt es in seiner Seele Tiefen, doch waltet ein sympathisches Band zwischen ihm und Melanie von der Hellen. Er ist gewiß, daß seine Liebe getheilt wird und"

,, Er lügt!" Meine Leidenschaft, die unselige, übermannte mich.

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Herr Waldenau, es ist mein Sohn!" ,, Und meine Ehre. Ich bin im Begriff, noch heute um Melanie von der Hellens Hand zu werben."

Ehrenfried, Freund, bedenke, was du thust!"

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Ich verbitte mir Ihre Moral. Mein Weg ist beschlossen. Vielleicht triumphiren Sie, und der alte Freier trägt einen Korb heim, der bereits in trauter Schäferstunde für ihn von Melanie und Ihrem Sohn geflochten. Täuscht mich aber meine Hoffnung nicht, war jene Neigung, von der Sie reden, nichts als eine dann Tändelei der müssigen Stunde eines jungen Mädchens, nehme ich es, der Fünfziger, mit allen Rivalen der Welt auf. Auch mit Ihrem Sohn. Liebt er Melanie, wie er vorgibt, muß er, entsagend, eigenes Glück in dem Glücke finden, das, meinem Reichthum dank, ihr Liebe zu bereiten vermag. Das sagen Sie ihm, und daß ich bereit bin, ihm alles zu gewähren, den kühnsten Träumen seines Talents entgegenzustreben."

Nicht eines, noch das andere. Ich wiederhole, mein Weg zu Ihnen ist ihm ein Geheimniß, soll es bleiben. Ich scheide schweren Herzens- seinet, Ihretwillen. Unglücklicher Mann, denken Sie dieser Stunde. Nimmer werden Sie Glück bereiten, nimmer selber glücklich sein. Noch keiner verging sich ungestraft wider die Natur. Kurz ist des Rausches schwindelhafter Traum, und das Erwachen Elend, Reue. Leben Sie wohl!"

Er wandte sich und verließ das Zimmer. Hinter ihm sprang ich auf; das nach dem Hofe führende Fenster öffnend, rief ich laut hinaus meine Stimme mußte noch sein Ohr erreichen: Das Pferd gesattelt augenblicklich! Fällt etwas vor, Bericht nach Wolfshagen  !"

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( Fortsetzung folgt.)

Die Verirrungen modernster Naturwissenschaft, eine Wiedergeburt der Monadenlehre Giordano Bruno's  .

Von H. W. Fabian.

Bruno   war Italiener  , sein Leben fällt in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts( 1548-1600), seine Philosophie büßte er am 17. Febr. 1600 mit dem Feuertode. Angesichts des Scheiter­haufens wies er mit finsterer Miene das Kruzifig zurück.

Ihr dürftet mit größerer Furcht das Urtheil sprechen, als ich es empfange." Dies sollen die einzigen Worte gewesen sein, die er nach der Ceremonie der Urtheilsverlesung vor der Ver­sammlung von Kardinälen, gelehrten Theologen, römischen Stadt­magistraten und dergleichen drohend aussprach, nachdem er sich zuvor aus der knieenden Stellung, zu der er gezwungen war, stolz aufgerichtet hatte.( Vergl Dürings Geschichte der Philosophie). Bruno kennzeichnete die ganze Natur, nach Art der antiken Vorstellungsart, als ein großes gewissermaßen lebendes Wesen, so suchte er auch da, wo Demokrit seine Atome hatte spielen Lassen, eine Art Lebendigkeit, er machte den Versuch, das, was wir in uns als Empfindung kennen, in einer Analogie auf das sonst als Unbelebtes Vorgestellte zu übertragen. So konnte jedes Kleinste in der Natnr nach der Analogie des Jch aufgefaßt wer den. Dieselbe Einheit, die Bruno unter dem Eindrucke der astro­nomisch erweiterten Weltvorstellung im Großen fand, diese selbe Einheit( monas) legte er auch dem Kleinsten zu Grunde.

Jedes Theilchen des Seienden erhielt hiernach eine Art Sub­jektivität zugetheilt, welche nach der Weise menschlichen Empfin­dens und Strebens vorgestellt werden sollte.

So hat Bruno versucht, die Brücke vom Kleinsten zum Größ ten zu schlagen, und das Universum, von dessen Vorstellung er ausgegangen war, durch ein zweites Universum, welches er sich als in der Weise eines Punktes existirend vorstellte, dem Ver­ständnisse näher zu bringen. Der Gegensatz der kleinsten selbst ständigen, atomistischen Existenz( Monade) und des gesammten Universums wird aufgelöst in die Vorstellung des Hervorgehens des Größten aus dem Kleinsten. Das eleatische Problem der Einheit und Vielheit, d. h. die Forderung einer zutreffenden Vor­stellung des einheitlichen Bandes in der Mannichfaltigkeit und der mannichfaltigen Selbstständigkeiten in der Totalität, erfuhr bei Bruno eine neue Lösung.

Den Ausdruck Monas gebraucht der Philosoph in seinen Schriften vorherrschend für das große Ganze, die letzten Einheiten nennt er aber Minima. Das Minimum ist bei Bruno dem Uni­versum in gewisser, sagen wir wesentlicher Beziehung ebenbürtig, von einer Schöpfung im theologischen Sinne kann daher füglich

nicht die Rede sein. Er denkt sich alles Leben als eine Aus­dehnung und allen Tod als eine Zusammenziehung. Expansion und Kontraktion der elementaren Lebensursachen ist das Einzige, was er anerkennt, der Tod berührt dieser Vorstellungsart ent­sprechend das eigentliche Wesen von Mensch und Thier nicht. Die Unvergänglichkeit des Gegenstandes der Seelenvorstellung folgert Bruno aus der Einfachheit, mithin Unzerstörlichkeit der Monade.

Ein Jahrhundert später wurde diese Bruno'sche Philosophie von Leibnitz  ( 1646-1716) neu erfaßt. Dühring, dem diese Dar­stellung der Bruno'schen Lehre sich anschließt, nennt die Gestal­tung der Bruno'schen Ideen von Seiten Leibniz   eine Verun­staltung, indem er mit seinen theologisirenden Beimischungen das, was er bei Bruno   in rein philosophischer Haltung gefunden haben sollte, zu einem den Verstand foppenden Gebilde umwan­delte. Schopenhauer   machte ironisch darauf aufmerksam, daß es ihm nicht gelungen sei, die Leibniz  'schen Monaden, die zugleich dreierlei, nämlich mathematische Punkte, außerdem Körper und endlich sogar Seele sein sollten, zu begreifen.

Der Verfasser dieser Abhandlung kann den Bruno'schen Ideen nicht die Bedeutung beilegen, welche ihnen Dühring zuspricht und die Ergänzung seines Systemes von Seiten Leibniz ist er nur im Stande als eine weitere Konsequenz der eigentlichen Grundanschauung zu erkennen. Die Geistesprodukte der Gegen­wart, wie sie von Häckel, Zöllner, Caspari und anderen auf den literarischen Markt gebracht sind, können als direkte Wiedergeburt der Bruno'schen Monadenlehre betrachtet werden.

Zöllner vermag schon in seinem Kometenbuche das Phänomen der Empfindung nicht mit den Veränderungen der Körperwelt in ein Kausalverhältniß zu bringen, er sieht sich daher in die Alternative versezt: entweder auf die Begreiflichkeit der gedachten Erscheinungen für immer zu verzichten oder die allgemeinen Eigen­schaften der Materie hypothetisch um eine solche zu vermehren, welche die einfachsten und elementarsten Vorgänge der Natur unter einen gesetzmäßig damit verbundenen Empfindungsprozeß stellt.

Entgegengesetzt dem ,, Ignorabimus" Dubois Reymonds greift Prof. Zöllner zu der genannten Hypothese; dem Raume wird eine neue, eine dynamische Eigenschaft beigelegt und alle Arbeits­leistungen der Natur werden als mit Empfindungsprozessen ver­knüpft, angesehen.