willigung war, ihrem Vater nichts als eine Rente, keinen Heller Kapital zu sichern, und ihr selber für den Fall meines früheren Ablebens ein Jahreseinkommen, das ihr nicht mehr als eine bescheidene Existenz gewährt. Habgierig Melanie! Ich fühle nur die Steine, mit denen man ihre Reinheit zu bewerfen trachtet; die auf mich gerichteten Pfeile verfehlen ihr Ziel. Unter der lächelnden Maske der theilnehmenden Glückwünsche sehe ich ein hämisches Achselzucken hervorblicken; nur zu, nur zu, in fünf Wochen ist Melanie von der Hellen meine Gattin.
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da ich sie berge und verschließe im innersten Raum der Seele. - Ich habe der Natur getroßt, noch gebe ich den Kampf nicht verloren, und keiner Blöße, feiner Schwäche soll meine furchtbare Gegnerin mich zeihen. Ich führe Melanie in Gesellschaften, in distinguirte Cirkel, junge, elegante Kavaliere umdrängen sie, Offiziere in goldstrogenden Uniformen mehr als einer könnte dem Bildhauer als Apoll Modell stehen. Ich beobachte sie verstohlen, sie verleugnet nicht einen Moment das ernst- freundliche Wesen, das ihr eigen, die milde Heiterkeit, Licht und Wärme spendend, wie die junge Frühlingssonne. Ob diese Ruhe ihres Innern wahrster Ausdruck? Wer mir doch Bürgschaft gäbe, wer mich nur der Furcht entledigte, daß die Natur eines Tages an ihr rächen werde, was ich wider sie verbrach?
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Eine Welt möchte ich verschenken in meines Herzens Jubel. Was fümmert mich, ob Herbert, der kalte, gefühllose Egoist, mir zürnt, ob die Welt meiner spottet, ob selbst Jakob, der alte, bisher so treu ergebene, mir saure Mienen zeigt und fast widerwillig seinen Dienst verrichtet? So glücklich bin ich, daß ich in meines Herzens Freude befohlen habe, den gefürchteten schwarzen Wolf unbehelligt zu lassen, der erschöpft, gebrochen von seinen Streifzügen heimgekehrt und bei seiner Mutter Zuflucht gesucht. So ruhig bin ich, so leicht, so wohl, der Hölle fürchterlichſter Dämon, der seine Krallen in das zuckende Menschenherz schlägt, wich von mir: der Zweifel.
Ich erhalte einen anonymen Brief. Man bietet mir den Kauf eines Romanmanuskripts an, dessen Veröffentlichung mich peinlich berühren dürfte. Elende Krämer, die ihr des Menschen Höchstes, den Geist, zum Gegenstand gemeinster Spekulation erniedrigt! Ich würdigte den Skribler keiner Antwort. Darauf erhalte ich einen Auszug des Werkes. Ein Alter heirathet eine Junge, die ihn in eines andern Armen betrügt. So elend die Erfindung, so elend die Sprache. Ich werfe lächelnd die schmutzigen Blätter zur Seite, guter Autor, deine Hoffnung hat betrogen. Soeben sind wir auf Wolfshagen getraut, eine furze, ein fache Ceremonie. Nur die unerläßlichen Zeugen wohnten ihr bei. Melanie, im schlichten, weißen Kleide, im Haar den duftenden Myrthenkranz, sah bleich aus wie eine Todte, und doch so und doch so schön, so schön. Der Reisewagen hält vor der Thür. Ich mache mit Melanier einen Ausflug in die Schweiz . In vier Wochen denke ich zurück zu sein. Bis dahin hoffe ich, die Rosen ihrer Wangen neu erblüht zu sehen. Wenn sie bereute, wenn sie noch seiner gedächte, seit jenem Tage habe ich nichts von Vater noch Sohn gehört. Sie nannte seinen Namen nicht wieder, und ich bin glücklich. Sie kommt, sie lächelt, ja, ich bin's!
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Hained, September 187*.
Seit wenigen Tagen sind wir zurück, herrliches Wetter verschönte unsere Reise, Sonnenschein begrüßte uns, da wir durch das blumengeschmückte Thor unseres Hauses einzogen, wider meinen Willen von den Arbeitern und Beamten der Fabrik und des Guts feierlich begrüßt. Im Geschäft ist alles unverändert, das Glück ist mir treu geblieben, die Maschine wird als ein Wunder angestaunt, hohe Summen sind mir für die Erlaubniß der Vervielfältigung des Systems geboten; ich bewahre das Geheimniß für Oswald Frankenthal. Ich hoffe, bald, bald soweit zu sein, durch Melanies Einfluß ihn geneigt zu machen, mir seine Zukunft zu verdanken.
Noch kann, noch vermag ich's nicht. Kurz ist des Rausches Traum, und das Erwachen Elend, Reue!-
Ich habe dem Vater die Worte verziehen, ich kann sie nicht vergessen. Warum hallen sie in meinem Innern wieder und wieder, wenn ich Melanie als Mittelpunkt der Gesellschaft sehe, von Männern gehuldigt, die nicht den bloßen Vorzug der Jugend vor mir haben, denen auch Geist und edle Sitte nicht abzusprechen. Wie sich dann mein Herz zusammenkrampft, wie ich jedes ihr gespendete Kompliment, jeden allzuscharfen Blick als feindlichen Pfeil in der Brust fühle, nur für mich allein möchte ich das Kleinod hegen, das mir das Glück verlieh, wie der Geizhals seinen Schatz.
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Ob Melanie meiner Seele Zustand ahnt? Ihr Benehmen ist bewundernswerth. Ich weiß, sie liebt leidenschaftlich den Walzer, und doch vermag ich, der natürlich längst dem Tanz entsagt, sie nicht zu bereden, einer Aufforderung Folge zu leisten. Nichts weniger als der Liebe Empfindung, aber wahre Freundschaft, ein fast kindliches Vertrauen ist ihr Verhältniß zu mir, und ich bemühe mich, den Ton des väterlichen Freundes zu studiren; ich weiß, er ist ihr der liebste; ich bemühe mich, die Gluthen zu ersticken, die noch immer das Herz durchlohen,-willst du denn nimmer alt werden, du stürmisch pochendes?
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Das
is Rasino zu Rothenstein feierte geſtern einen Feſtabend, ich durfte mit meiner Gattin nicht fehlen. Melanie, einfach wie immer, in meergrüne Seide gekleidet, eine weiße Kamelie im reichen, dunkelblonden Haar, sah entzückend aus,- eine Bewegung ging durch den Saal, da wir eintraten.
Die Herrenwelt drängte sich hinzu, der Tanz sollte beginnen. In der Voraussetzung, daß meine Gattin an dem Balle theilnehme, hatte man mich als vierten der Ehrengäste zum Whisttisch bestimmt. Meine Partner waren dem höchsten Adel an gehörend, ein Prinz des königlichen Hauses unter ihnen. Ich konnte nicht abschlagen. Ein strauß'scher Walzer ertönte von der Gallerie, ich sah Melanies Wangen sich färben, ich bestand darauf, sie tanzen zu sehen, der Sohn meines Partners im Spiel, Prinz Heinrich, ein stattlicher Husarenoffizier, führte sie zum Reigen. In vertraulichem Gespräch nahm sein Vater meinen Arm, sich in das Spielzimmer zu begeben.
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Auf dem Wege dorthin bemerkte ich einen jungen Mann, dessen Züge mir bekannt vorkamen. Er hörte einem älteren Herrn, der eifrig etwas auseinander zu setzen schien, zu, aber seine Miene trug den Ausdruck der Zerstreutheit, und seine Blicke schweiften unablässig in den Hauptsaal. Näherkommend erkannte ich das Antlig, es schien mir sorgenvoll, abgespannt. Mein Herz krampfte sich zusammen. Es war Oswald Frankenthal.
Mühsam meine Erregung verbergend, seste ich mich an den Spieltisch. Während des ersten, ziemlich lange dauernden Robbers gelang es mir; den zweiten zu beginnen, war mir unmöglich. ich schützte heftiges Kopfweh vor, der zufällig durch das Zimmer kommende Polizeipräsident von Thal nahm meinen Blaz am Whisttisch ein, der Prinz, der ungern verlor, war sichtlich froh, einen minder zerstreuten Aiden gefunden zu haben.
Der Schmerz, dessen ich mich als Vorwand bedient, trat, eine Folge der Aufregung, ein. Ich blickte in den Spiegel des eben völlig leeren Konversationszimmers, das ich durchschritt,— so alt, so abgespannt erschien ich mir, in diesem Zustand mochte ich mich nicht im Saale zeigen.
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Ein frischer Lufthauch berührte kühlend meine Stirn, er that mir wohl.
Hinter einem Bosquet war das Fenster geöffnet, die Wärme der Zimmer zu mindern, doch schützten die zugezogenen schweren Vorhänge vor Bugwind. Ich schlug die Draperie zurück, sie bedeckte einen kleinen Balkon, und sie hinter mir zusammenfallen Lassend, trat ich auf einen Augenblick ins Freie. Es war ein
Ihr Herr Vater hat sich trefflich konservirt," hörte ich zu Montreux war es eine fremde Dame im Lauf der Unterkühler Abend, die sanfte Kühle that mir wohl, ich fühlte mich haltung zu Melanie sagen.
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Glühende Röthe überflog der Theuren Antlig, ihr Blick flog ängstlich fragend zu mir, ich that, als ob ich nichts ver nommen. Was sie antwortete, weiß ich nicht, aber ich weiß, daß sie mir an jenem Abend zuerst die Stirn zum Kusse bot, so warm, so innig, wie nie, ein gütiges Geschick segne sie.
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Nichts erschien mir lächerlicher, nichts verächtlicher, als Eifersucht eines alten Mannes, nun muß ich diese Qual selber tragen mit ihrer Pein der Verdammiten; um so schwerer, so härter,
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ruhiger, der physische Schmerz ließ nach. Meine Hand hob sich, die Vorhänge zurückzuschlagen, da zog sie sich plößlich zurück,- ich vernahm die Stimme meiner Gattin, sie nannte den Namen Frankenthal .
Alle meine Sinne gingen in einem auf, jeder Nerv in mir lauschte, jede Muskel war gespannt bis zum Springen. Ich lugte durch eine Riße der Vorhänge. Melanie und Oswald standen vor dem Bosquet im menschenleeren Zimmer. Ich konnte deutlich das Gespräch vernehmen. Es war nicht lang, jedes Wort habe ich in meines Herzens Tafeln gegraben.