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geographischen, astronomischen und religiösen Kenntnisse beschränkt. Per vida del demonio, mas sabe Usia que nosostros." Beim Leben des Teufels, Ihre Gnaden weiß mehr als wir," ist eine alltäg­

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ihre Trennung von der Columbischen Republik aus. Da Bolivar vor allem daran lag, die Zwietracht unter den einzelnen Staaten nicht weiter wuchern zu lassen, so erklärte er gleich bei der Eröffnung des Kongresses zu Bogota   am 20. Januar 1830, daß es nun sein aufrich- liche Form eines Komplimentes. Der große Fluch von Spanien   tann tiger Wunsch sei, seine Gewalt an einen anderen Präsidenten abzu­geben: ,, die Republik sei verloren, wenn man darauf bestehe, ihn wie­der zu wählen." Seine Anhänger erhoben lebhafte Einwendungen und der Kongreß sandte Abgeordnete nach Venezuela  , um einen Vergleich anzustreben. Die betreffenden Vorschläge wurden aber von Venezuela  zurückgewiesen, weshalb Bolivar am 27. April 1830 seine frühere Er­flärung wiederholte und Anstalten traf, sich nach Europa   einzuschiffen, um dadurch aufzuhören, der Mittelpunkt der streitenden Parteien zu sein. So selbstlos und nur im Interesse des Ganzen verstand er zu handeln. Seine Partei bemühte sich, ihn von seiner Absicht abzubringen. Die Entscheidung traf ein Mächtigerer als er, am 10 Dezbr. 1830 schon ereilte ihn auf seinem Landsize zu San Pedro der Tod. Die legten Worte, die er sprach, waren: Eintracht! Eintracht! sonst wird uns die Hyder der Zwietracht verderben!" Bekanntlich ist diese Mah­nung ungehört verhallt, wie die fortwährenden Streitigkeiten und poli­tischen Umwälzungen in fast allen südamerikanischen Staaten, welche die Geschichte des laufenden Jahrhunderts erzählt, beweisen. Bolivars Andenken ist aber in Ehren geblieben. Schon gleich nach seiner Amts­niederlegung hatte ihm der Kongreß von Bogota   im Namen der Co­lumbischen Nation deren Dank feierlich dargebracht und ihm ein Jahr geld von 30 000 Piastern( 1 Piaster= 4,33 M.) ausgesetzt; im Jahre 1842 ward auf Beschluß des Kongresses von Neu- Granada die Asche des edlen Befreiers unter großen Feierlichkeiten nach seiner Vaterstadt übergeführt und zu seinem Gedächtniß ein Triumphbogen daselbst er­richtet. ( Fortsetzung folgt.)

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Das Schimpfen und Fluchen.

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nicht leicht geschrieben noch ausgesprochen werden. In Wirklichkeit bildet er den Grundstoff der Sprache der niederen Klasse. Die spani­ schen   Flüche sind sowohl orientalischen, als christlichen Ursprungs, dabei meist höchst sinnlich und wollüstig. Flüche germanischen Ursprungs finden sich in der im vorigen Jahrhundert veröffentlichten Schrift des Franzosen Brantôme ,, Serment espagnol" nicht vor. Zu den größ­ten Fluchern der germanischen Völkerfamilie gehören wohl die Holländer. Karl Heinzen   hat in seiner ,, Reise nach Batavia" eine Sammlung holländischer Matrosenflüche gegeben, die in Kraft und Mannichfaltigkeit die höchste Virtuosität erreichen. Der Holländer" sagt Heinzen  kann die Stiefel nicht an- und ausziehen, nicht frühstücken, ehe ihn Gott   schon unzählige male verdammt hat. Gott   muß ihn verdammen, wenn er seine Frau füßt, sowie wenn er sie prügelt." Der Engländer ist, wie sein holländischer Vetter, ein guter Flucher, und Teufel, Hölle und Verdammniß spielen in seinen Flüchen die Hauptrolle. Im Flu­chen aber hat die höhere Schichte der englichen Gesellschaft eine merk­würdige Umwandlung erfahren. Es ist noch nicht lange her, daß der englische Gentleman einer der größten Flucher der Welt war. Er hieß in Frankreich   und Deutschland   nur ein Goddam". Erschien er auf der Bühne eines kontinentalen Theaters, so hatte er in der Regel fast nichts als ,, Goddam"( damn) zu sagen. Wie durch Strafen suchte man auch auf andere Weise dem Fluchen entgegenzuwirken. Im Jahre 1700 bildeten Personen von Rang eine Gesellschaft zur Verbesserung der Sitten in England. Vorlesungen und Predigten wurden zu diesem Zweck veranstaltet. ,, Dies" sagt John Evelyn   ,, fing bald an zu wirken, was das allgemeine Fluchen und Schwören im Munde des Volkes jeden Ranges betrifft." Jedenfalls war aber die Wirkung von furzer Dauer. Jm 18. Jahrhundert wurde noch viel geflucht, wie der Historiker Archenholz   zeigt, welcher ein sehr interessantes und wahrheits­getreues Wert über England geschrieben hat. Der deutsche Reisende Moritz, der 1782 England besuchte und eine Beschreibung der Reise herausgab, befand sich in Oxford   in einer Kneipe, genannt The Mitre, in Gesellschaft stark bechernder geistlicher Professoren. Als der Tag herannahte, rief einer von ihnen: Gott verdamm mich! Ich muß diesen Morgen in der Allerheiligenkirche die Gebete lesen." Dieser Ausruf, meint der liebenswürdige Morig, sei in England sehr unschul­dig und heiße eigentlich nicht mehr als: o Jemine! Im Grunde hatte der gute Mann recht, da sich der Fluchende beim ersten Ausrufe so wenig dachte als beim letzten. Verschwunden ist das Fluchen noch lange nicht, selbst in den besseren Klassen; aber es hat in hohem Grade ab­genommen, und in wirklich gebildeter Gesellschaft ist nur noch selten ein Fluchausdruck zu hören. Wenn man bedenkt, wie früher die Höch­sten im Staate sluchten, wie selbst die gestrenge Königin Elisabeth von England   fluchte und ihre Lieblingsflüche hatte, unter andern ,,' s death!" ( b. h. ,, God' s death", Gottes Tob), wie bei Shakespeare   schrecklich ge­flucht wird, so ist diese Umwandlung jedenfalls erstaunlich. Die meisten der älteren, jetzt veralteten und der modernen Flüche der Engländer sind christlich- religiösen Ursprungs und waren ehedem religiöse Betheue­rungen, die im Verlaufe der Zeit entstellt und zu profanen Flüchen wurden. In England waren die Strafen gegen das Fluchen sehr ver­schiedener Art. Die Strafen des Mittelalters waren oft streng, selbst grausam, doch auch sinnreich, ja komisch, besonders die gegen das Lä­stern, worauf Schandsteintragen gefeßt war. Eine sehr allgemein übliche Bestrafung war das Anbinden der Flucher an den Hintertheil eines Karrens und durchpeitschen durch den Büttel. Im vorigen Jahrhun­dert wurden nur Geldstrafen verhängt. Und diese Strafen für das Fluchen bestehen in England gefeßlich heute noch. Aber trotzdem die­selben fast in Vergessenheit gerathen sind, werden sie bisweilen auf­gefrischt. Ein Richter fann sich nicht weigern, eine Person zu strafen, wenn ein Kläger   beweist, daß sie der Strafe verfallen ist. Die Geld­strafe beträgt fünf Schilling für einen Gentleman und zwei Schilling für einen Mann von niederer Stellung. Der Deutsche   steht seinen ger manischen Vettern durchaus nicht nach. Allerdings hat auch er sich verfeinert, und wenn man die Zahl und Abscheulichkeit alter Flüche betrachtet, die vor zweihundert Jahren noch gebräuchlich waren, so hat er außerordentlich große Fortschritte in diesem Punkte gemacht. Viele der mittelalterlichen Flüche, die wir bei alten Autoren finden und von denen Geiler von Kaisersberg   in seiner Schrift ,, Sünden des Mundes" Beispiele anführt, lassen sich nicht einmal mehr anführen. Agricola und Johannes Weier führen arge Klage gegen die Fluchsucht ihrer Landsleute. Die alten Deutschen  , gerade wie andere Bölker, schrieben den Flüchen und Verwünschungen eine besondere Kraft zu. Die mittel­hochdeutschen Dichter sagten:, tiefe fluochen" ,,, swinde fluochen", zornfluoch". Ich brach des fluoches herten   Kiesel", deutet die Gewalt des Fluches an. Der nüchtern vernommene Fluch wirkte am heftigsten. Die Wildheit und Stärke des Fluchens wird durch ver­war." ,, Er hub ein Gefluch und Schelten an, daß kein Wunder, das Schloß wäre versunken." Fluchen, daß es Steine gegen Himmel sprengt." Er schwur, daß sich der Himmel möchte bücken." Fluchen, daß es donnern möchte, fluchen, daß die Balken krachen." ,, Schwören, daß die Kröten hüpfen.", Es regnet und schneit alles von Sakramenten und Flüchen." Er flucht dem Teufel ein Bein weg und das linke

Schimpfen und Fluchen sind Ausdrücke menschlicher Gemüths­bewegung, welche heutzutage aus der gesitteten Welt verbannt sind. Aber eine Geschichte des Schimpfens und Fluchens umschließt ein großes Stück der Kulturgeschichte. Die Zeit, in welcher am meisten und am abscheulichsten geflucht wurde, war das fromme Mittelalter. In den darauf folgenden Jahrhunderten hallte es kräftig nach und verhallt ist es noch lange nicht. Im Mittelalter fluchte alles, Mann, Weib und Kind, Hoch und Nieder, Geistlich wie Weltlich. Freilich das Mittel­alter konnte sich auf die Bibel berufen, welche ihm manches Vorbild schrecklicher Verfluchungen gegeben. Aus einer Blumenlese führen wir Psalm 137, 9 mit den schrecklichen Wünschen an: ,, Tochter Babel, wohl dem, der deine jungen Knaben nimmt und zerschmettert sie an einem Stein!" Auch Jeremias fleht zu Gott wider seine Mitbürger, die ihn wegen seines Dringens auf Unterwerfung unter Babel für einen Landes­verräther hielten, Kap. 18: So strafe nun ihre Kinder mit Hunger, und laß sie in das Schwert fallen, daß ihre Weiber ohne Kinder und Wittwen seien und ihre Männer zu Tode geschlagen und ihre Mann­schaft im Streit durch das Schwert erwürgt werde." Man darf jedoch nicht glauben, daß die Priester der Juden allein im Alterthume fluchten. Ueberall, wo Priesterkasten bestanden, deren Hauptziel die Erhaltung ihres Einflusses, ihrer Vorrechte war, wurde der Fluch als Waffe ge­braucht, um das Volk in Ergebenheit und Gehorsam zu erhalten. Die Verfluchungen der christlichen Kirche sind in der Form eine Nachahmung der jüdischen. Letzteres läßt sich allerdings nicht von einem merkwür­digen historischen Fluche sagen, der von der höchsten Person der christ­lichen Kirche ausging. Der alte Pauli berichtet ihn in seiner Schrift: ,, Schimpf und Ernst" schon vor 300 Jahren. Als im Jahre 1512 die Franzosen bei Ravenna   über die sogenannte heilige Liga gefiegt hatten, deren Urheber Papst Julius II.   war, rief letzterer unwillig aus, als er die Nachricht erhielt: Ei nun, Herrgott, so sei französisch in aller Teufel Namen!" Andererseits aber erklärte die Kirche sich auch gegen das Fluchen, Schwören und Lästern, und dasselbe that die weltliche Macht, aber ohne Erfolg. Mehrere Könige und Prälaten gaben strenge Geseze dagegen. Philipp August   von Frankreich   verfügte, daß der angeklagte Flucher den Armen zwanzig Schillinge bezahle oder ins Wasser geworfen werde. Ludwig IX.  , der Heilige, erweiterte nicht nur diese Bestimmungen, sondern befahl auch, daß sie in allen Städten und in allen Landschaften der Vasallen zur Anwendung kommen sollten, Nach einer Vorschrift des römisch- deutschen Kaisers Richard( 13. Jahrh.) mußte jeder, der sich durch Zorn zum Fluchen hinreißen ließ, einen Schilling Strafe bezahlen; im Wiederholungsfalle wurde er strenger, ja selbst körperlich gezüchtigt. Noch ernstlicher verfuhr man gegen die, welche Gott, Christum   oder die heilige Jungfrau lästerten. In Pavia  wurden solche in einen Weidenkorb gesteckt, der an einer langen Stange hing und in die Höhe gehoben und niedergelassen werden konnte wie ein Fischnet. Der Uebelthäter im Korbe wurde, je nach Maßgabe eines größeren oder geringeren Vergehens, mehr oder weniger oft von der Brücke in den Fluß getaucht. Wir wissen nicht, welchem wir unterschiedene derbe Wendungen ausgedrückt. Er fluchte, daß es grausam den fluchenden Völkern Europa's   die Palme geben sollen, neigen uns indessen dazu, den Magyaren diese zweifelhafte Ehre anzuthun. Ganz gewiß besißen diese die fürchterlichsten oder besser die abscheulichsten Flüche. Unter den nicht wenig fluchenden romanischen Nationen, den Italienern, Franzosen   und Spaniern, stehen letztere wohl in erster Reihe, und ihr Fluchen ist nur durch den Umfang ihrer anatomischen,