Hirten der Purin— der kalten Hochebenen in Peru— zu Hause. DieKnoten heißen Quipu— gleichbedeutend mit„knüpfen". Der berühmteReisende Tschudi hat in Peru viele solcher Schnüre ausgegraben undsich die Bedeutung der noch jetzt in Gebrauch befindlichen Quipn vonden Hirten erklären lassen. Er beschreibt dieselben in folgender Weise:Die Quipu bestehen aus einem Hauptstrang, an den verschiedene Zweigegeknüpft sind. Auf den ersten Zweig setzen sie gewöhnlich die Stiere(soll heißen: die Knoten, welche die Zahl der Stiere angeben), auf denzweiten die Kühe, diese theilen sie wieder in solche, die Milch geben,und in Kühe, die nicht gemelkt werden, die folgenden Zweige enthaltendie Kälber nach Art und Geschlecht, dann kommen die Schafe in meh-reren Unterabtheilungen, die Zahl der getödteten Füchse, die Mengedes verbrauchten Salzes und zuletzt das gesallene Vieh. Auf anderenQuipu steht der Ertrag der Heerden an Milch, Käse, Wolle u. s. s.Jede Rubrik wird durch eine eigene Farbe oder durch eine in beson-derer Weise gedrehte Schnur angezeigt. Auf die näniliche Weise wurdenin früheren Zeiten die Kriegsheere gezählt; auf eine Schnur wurdendie Soldaten mit Steinschleudern, auf eine andere die mit Speeren, aufeine dritte die Keulenträger mit ihren Ober- und Unteroffizieren gesetzt;ebenso wurden die Schlachtenberichte abgefaßt. Von den Farben galten:roth für Soldaten, gelb für Gold, weiß für Silber, Grün für Getreide.Jeder einfache Knoten bezeichnete zehn, jeder doppelt verschlungenehundert, jeder dreifache tausend; zwei einfache Knoten nebeneinanderbedeutete zwanzig. Die Entfernung der Knoten vom Stamme warvon größter Wichtigkeit, ebenso die Aufeinanderfolge der einzelnenZweige, denn die Hauptgegenständc wurden an die ersten Zweige undin die Nähe der Querschnur gesetzt, und so in absteigender Folge. Injeder Stadt waren einige eigens bestimmte Männer, um die Quipu zuzu knüpfen und zu erklären, sie hießen Knotenbeamte. So ungenügenddiese Schrift war, so hatten doch während der Blüthe des Jnkareichesdie bestellten Schriftsteller eine sehr große Fertigkeit im Enträthselnder Knoten, aber es gelang ihnen nur selten, einen Quipu ohne münd-lichen Kommentar zu lesen, es mußte immer, wenn er aus einer fernenProvinz kam, beigefügt werden, ob er sich auf Volkszählungen, Tribute,Kriege u. s. w. beziehe.— Als eng verwandt mit diesen Quipu führtFaulmann in seiner„illustrirten Geschichte der Schrift" die Muschel-gürtel der nordamerikanischen Indianer an. Dieselben bestehen ausverschiedenfarbigen und ebenso verschiedendeutigen Muschelschalen(Wam-pum), die in kleine oval geschliffene Stücke gespalten sind, und diean dünne Lederriemen, Draht oder an Faden angereiht wurden. DieStämme sendeten einander solche Wampumgürtel zu und gaben mit-tels derselben öffentliche Erklärungen ab, resp. beglaubigten damit dieWorte eines Abgesandten. Wie Wuttke in der„Geschichte der Schriftund des Schristthums" berichtet, wurden derartig geschliffene und zumZwecke des Aneinanderreihens durchbohrte Muschelschalen auch in demurweltlichen Boden Frankreichs ausgefunden, ein Beweis, daß solcheMuschelschnüre einst auch in Europa heimisch waren. Nicht unwahr-scheinlich, daß der Knoten, den noch heutzutage hier zu Lande derBauer in sein Taschentuch knüpft, wenn er an irgend einen Gegenstandsich erinnern will, mit den uralten geknüpften Schnüren in irgend einerVerbindung steht. Aehnlich verhält es sich vielleicht noch mit der Eni-stehung des Wortes„Richtschnur".-z-Sprechsaal für jedermann.Auch ein„Banern-Philosoph". Man möchte vermuthen, daßeine Erscheinung wie Conrad Deubler, dessen wohlgelungene Skizzirungdie Nrn. S— 12 dieser Zeitschrist brachten, als alleinstehende und einzigein ihrer Art, als Ausnahme zu betrachten ist. Dem ist aber nicht so.Dem Einsender ist in einem Dorfe des Harzes ein Landmann bekannt,welcher mit Deubler in geistiger Beziehung sehr nahe verwandt ist.Derselbe hat durchaus keine Schulbildung genossen, sich aber, von seinemWissensdrang getrieben, durch Selbstunterricht fast philosophisch durch-gebildet. Er ist, wie Deubler, Anhänger der monistischen Weltanschau-ung, die er aus verschiedenen Werken moderner Naturforscher undPhilosophen(Höckel, Darwin, Wislicenus) kennen und schätzen gelernthat. Den Grundsatz Madame de Staels:„Alles verstehen, heißt allesverzeihen", hat er, wie jener, auch zu dem seinigen gemacht; er besitzteinen festen Charakter, fürchtet nichts, erklärt sich die täglichen Erschei-nungen aus dem Nothwendigkeitsprinzip, dem„Kampf ums Dasein",„Zuchtwahl", kurz, er sucht und findet für alles natürliche Gründe undUrsachen. Es wird zwar von den Bewohnern seines Dorfes mancherleiüber ihn und seine Religion gefaselt, weil er die Kirche nicht besucht;aber er wird von ihnen, wie kein zweiter, wegen seiner liebreichenTugenden, geachtet und geehrt. In seinen landwirthschaftlichen Ein-j richtungen schließt er sich stets, was heute erst wenige Landbewohner! thun, den neuesten Forschungen der bezüglichen Wissenschaften an: diePhysik und(Agricultur-)Chemie betreibt er praktisch in Feld und Hausund steht sich wohl dabei. Dies beweist wiederum, daß„Bauer" und[„Philosophie" keine so unreimbaren Begriffe sind. Gerade durch dieVermählung der Theorie mit der Praxis im Leben und Treiben allerMenschen kann sich die Menschheit erst zu wahrhaft segensreichem Wirkenemporarbeiten. Siego Heil.Alls alle» Winkeln der Zeitliteratnr.Augenschädigung in Kindergärten und Schulen durchenge Halskragen. In einem Vortrage in der medicin.-chirurgischenGesellschaft des Kantons Zürich tadelte ein Arzt den massenhaften Ge-brauch von fein bemalten und gezeichneten Spielwaaren in der Kinder-stube, gleichwie das viel zu anhaltende Arbeiten in Elementarschulen undKindergärten, weil dadurch die Augen der Kinder übermäßig angestrengtund zu dem schädlichen Nahesehen veranlaßt würden. Zeichnen undStickerei sollte bei kleinen Kindern am liebsten ganz untersagt werden.— Eine andere Gefahr für die Augen bilden nach den vielfältigen Ersah-rungen des hochangesehenen breslauer Augenarztes Prof. Förster dieengen Halskragen, welche durch ihre störende Wirkung aus den Blut-kreislauf dauernden Druck in den Augen und gefährliche Entzündungenderselben veranlassen können. xz.Eine Hanptursache der Lungenschwindsucht bildet die fort-gesetzte Einathmung von Staub. Nach den statistischen Auszeichnungendes Prof. Hirth litten von 1000 erkrankten Arbeitern 553 an Lungenschwindsucht und von diesen waren 260 dauernd der Einathmung vonorganischem Staub, 170 der von unorganischem, nur 13 der vonKohlenstaub ausgesetzt gewesen, während 110 von Berufswegen garnicht Staub zu athmen hatten. Danach zeigt sich die Staubeinath-mung im allgemeinen als sehr schädlich, nur die des Kohlenstaubesdürfte der Lunge nicht schädlich sein, wenn nicht gar diejenigen rechthaben, welche Kohlenstaubinhalationen als nützlich für die Lungenkranken und schädlich für die Schwindsucht halten. xz.Warmes Wasser umsonst zu haben. Zwei kostenfreie Wärme-quellen, welche bis in neueste Zeit gar nicht und auch heute noch nichtzum hundertsten Theile so ausgebeutet werden, wie sie ausgebeutetwerden können, sind die Exkremente von Menschen und Thieren undder Rauch des Küchenfeuers. Die Exkremente entwickeln bei der Sah-rung eine so bedeutende Wärme, daß man sie z. B. zum Erhitzen vonWasser zu Bad- und Waschzwecken ausgezeichnet zu benutzen vermag.Während des Winters von 78 aus 79 hat man in französischen Kaval-leriekasernen mehrfache derartige Versuche gemacht. Man umgab eineAnzahl Glasballons, etwa wie sie zum Transport von Schwefelsäurebenutzt werden, auf allen Seiten mit Dünger und ließ nur den Ballon-hals frei. Vorher hatte man die Ballons, welche 100 Liter fassen,ganz mit Wasser gefüllt und mittels eines Stöpsels verschlossen, durchden ein mit einem Hahn verschließbares Kautschukrohr hindurchgesührtwar. 24 Stunden nach der Verhüllung der Ballons mit dem Düngerwar die Temperatur des Wassers auf+ 28—30 Grad Celsius gestiegen,4 Stunden später betrug sie 40—45 Grad, nach 3 Tagen 49—50Grad, nach 4 Tagen 56 Grad, nach 6 Tagen 65—70 Grad Celsius.12 bis 15 Tage lang lieferte ein und dasselbe Düngerquantum gc-nügende Wärme, dann mußte es durch ein frisches abegelöst werden.Bei dem 31. französischen Dragonerregiment gewann man auf dieseWeise täglich 500 Liter Wasser von 40 Grad Celsius. Die Versuchewerden in Kavalleriekasernen ausgeführt, weil dort nicht nur viel mehrDünger produzirt wird, sondern auch deswegen, weil die den Haupt-theil des Kavalleriekasernendüngers bildenden Pferdeexkremente bei derGährung mehr Wärme entwickeln, als andrer Dünger.— Nicht minderunbenutzt als die Düngerwärme ist bislang gemeinhin die Rauchwärmegeblieben. Man bringt unmittelbar in der Esse einen Wasserbehälteran, dessen Inhalt bei Bereitung einer jeden Mahlzeit von der sonstvöllig verlorengehenden Rauchwärme derart erhitzt wird, daß er z. B.zu warmen Bädern sehr gut zu gebrauchen ist. Mit Hülse geeigneterRohre kann man zu gleicher Zeit auch die Zimmcrlust zu angenehmerWohn- und Badetemperatur erwärmen. Versuche ergaben beim Ver-brauch von 20 Kilogr. Kohle ein Bad von 42 Grad Celsius. Manempfiehlt bei Neubauten solche Zimmer, welche sich zu Bade- und Kinder-stuben eignen sollen, an der Ofenwand der Küche anzulegen und indiese Wand ein Bassin zur Waffererwärmung einzulassen, welches danntäglich ein- oder mehreremale kostenfrei größere Quantitäten warmenWassers liefern würde. xz.Inhalt. Ein verlorner Mann, von Hermann Hirschseld(Fortsetzung).— Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph v. B......(Fortsetzung).— Betrachtungen über die Gesundheitspflege des Volkes, von Dr. Eduard Reich(V. Bekleidung und Betten).— Irrfahrten,von L. Rosenberg(Fortsetzung).— Die Republiken Südamerikas in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Historische Skizze von Dr. M. Vogler(Fortsetzung).— Das Schimpfen und Fluchen.— Ausstellung der Drechsler und Bildschnitzer Deutschlands und Oesterreich-Ungarns zuLeipzig. I.— Die letzten Grüße, Gedicht von M. Dittrich(mit Illustration).— Die Knotenschrist.— Sprechsaal für jedermann.— Ausallen Winkeln der Zeitliteratur.Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser in Leipzig(Südstraße 5).— Expedition: Färberstraße 1.2. II.Druck und Verlag der Genossepschastsbuchdruckerei zu Leipzig.