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zu dreihundert Mark, und für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu ver­urtheilen. Ueberdies kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in der Instanz, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten, und bei Uebertretungen nicht über die Zeit von sechs Wochen hinaus. Die Befugniß zu dieser Maßregel steht dem Untersuchungsrichter, dem Amtsrichter sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu. Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in demselben Verfahren oder in einem andern Ver­fahren, welches dieselbe That zum Gegenstande hat, nicht wieder holt werden.

Nach dem Schluß der Voruntersuchung übersendet der Unter­suchungsrichter die Akten an die Staatsanwaltschaft. Diese legt die Akten dem Gericht vor mit dem Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens. Dies geschieht durch Einreichung einer Anklage­schrift, welche die dem Angeschuldigten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des an­zuwendenden Strafgesezes zu bezeichnen, sowie die Beweismittel

und das Gericht, vor welchem die Hauptverhandlung stattfinden soll, anzugeben hat. Der Vorsitzende theilt diese Anklageschrift dem Angeschuldigten mit, mit der Aufforderung, binnen einer bestimmten Frist sich darauf zu erklären und seine Vertheidigungs­anträge zu stellen.

Das Gericht beschließt ohne Zuziehung des Staatsanwalts und des Vertheidigers die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn der Angeschuldigte nach den Ergebnissen des Vorverfahrens einer strafbaren Handlung hinreichend verdächtig erscheint. Ist dieser Verdacht nicht vorhanden, so ist der Angeschuldigte außer Ver­folgung zu seßen. In dem Beschlusse, durch welchen das Haupt­verfahren eröffnet wird, ist die dem Angeklagten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Strafgesezes, sowie das Gericht, vor welchem die Hauptverhandlung stattfinden soll, zu bezeichnen. Dieser Beschluß ist unanfechtbar. Gegen den Beschluß, durch welchen die Er­öffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, steht dem Staats­anwalt die sofortige Beschwerde zu.

( Schluß folgt.)

Verbrennung und Wärmeeffekt unserer Brennmaterialien").

Von Rothberg- Lindener.

Wenn man gegenwärtig einen Blick wirft nur auf die im eignen Lande veröffentlichten Patentlisten, so kann man als ersten Eindruck einen gewaltigen Respekt bekommen vor der Fruchtbar­feit eines jeden Tages an neuen Erfindungen, falls man deren Zahl mehr, als den Werth als maßgebend gelten lassen will. Bekannt ist, daß einerseits so manche neuen, werthvollen Ge­dankenkombinationen auf technischem und chemischem Gebiet aus hier nicht zu erörternden Gründen ohne Anspruch auf Paten­firtwerden zum allgemeinen Nußen praktisch verwerthet werden, andererseits aber auch sowohl patentirte als unpatentirte Erfin­dungen massenhaft dem Geschick der menschlichen Kindersterblich keit verfallen. Die Bearbeitung des kulturhistorisch interessanten Materials, und besonders die Aufsuchung der Ursachen des Ent­stehens und raschen Dahinsiechens der überwiegenden Zahl dieser Sprößlinge des menschlichen Verstandes dürfte recht lohnend sein und zu ebenso bemerkenswerthen Aufschlüssen führen, als die jetzt mit so großem Eifer bearbeitete Kindersterblichkeit.

Die Betrachtung der vermeintlichen Erfindungen auf dem von uns hier behandelten Gebiet der Brennstoffe zeigt die beachtens werthe Thatsache, daß mit Hartnäckigkeit immer wieder Neuerer auftreten, die mit Mischungen irgend einer unverbrennlichen Sub­stanz und eines Brennmaterials experimentiren. So wollte vor einigen Jahren ein Herr R. aus Hasselt   in Belgien   entdeckt haben, daß gewöhnliche Erde mit ein Sechstel Steinkohlen und einer Kleinigkeit Soda oder Kochsalz verseßt, nicht nur eben so gut, sondern sogar besser brenne, als reine Kohle. Die Er­findung" machte in engeren Kreisen Furore; Landleute fuhren vor die Stadt zu Herrn R. und holten sich Erde   karrenweis zum Brennen. Auch als Zusatz zu Petroleum   sollte ein gewisses Quantum Soda eine erstaunliche Ersparniß an Material herbei führen. Noch sei eines englischen ,, Erfinders" gedacht, der öffent­lich die Behauptung vertrat, daß 75 pCt. der jetzt verbrannten Kohlen dadurch gespart werden könnten, daß man sie mit dem entsprechenden Quantum Kreide mische. In Betreff der belgi­schen Erfindung stellte sich nachträglich heraus, daß es sich um eine Erde handelte, die sehr reich an organischen Ueberresten war. Wenn es also gelang, jene Mischung zum Theil zu ver­brennen, so war das außer dem Antheil Steinkoblen, der torfigen Substanz zu verdanken, nicht der eigentlichen Erde. Abgesehen von einem Theil lächerlicher Unkenntniß liegt diesen Thatsachen aber das weit verbreitete populäre Bewußtsein zu Grunde, daß wohl eine große Verschwendung von Brennmaterial, aber sehr ungenügende Ausnutzung stattfinden möge; nur daß es leider zu häufig zu der unklarsten Annahme verleitet, daß zu große Reinheit und Flüchtigkeit desselben die Ursache davon sei. Das beliebte Ueberschwemmen der Steinkohlen mit Wasser vor ihrem Verbrauch ist auch ein Zeugniß für diesen Glauben.

Eine Erläuterung des Wesens der Verbrennung fohlenstoff­

haltiger Verbindungen dürfte daher vor der vergleichenden Be­trachtung der Werthe unserer Brennstoffe von Nuzen sein. Nach der im ersten Theil gegebenen Darstellung des Her­kommens unserer Brennstoffe aus Zerlegung von Kohlensäure, unter Bindung von Sonnenwärme mittels der Pflanzenvegetation, ist leicht einzusehen, daß die künstliche Verbrennung nur in dem umgekehrten Vorgang, nämlich in der Bildung von Kohlensäure aus einem Kohle enthaltenden Körper, unter Eintritt von Sauer­stoff und Freiwerden eines genau gleichen Quantums   Wärme, bestehen könne. Ebenso wie aber der erstere Vorgang nicht ohne eine ganze Reihe von Zwischenstufen bis zur Bildung nahezu reiner Kohle geschieht, haben wir es auch bei der Verbrennung fast niemals mit einer einfachen Drydation von Kohle zu Kohlen­säure zu thun, sondern mit mehr und weniger komplizirten Zwischenvorgängen, deren Endresultat nur im günstigsten Falle reine Kohlensäure als Produkt und das mögliche, ganze Quan tum Wärme als freiwerdend ergibt. Wohl aber müssen wir die Erreichung dieses Zieles in der einfachsten und zweckmäßigsten Weise als erstrebenswerthe Aufgabe bei unseren Heizungsvor richtungen im Auge behalten.

Bei der theoretischen Erörterung der Verbrennung haben wir es zunächst mit den Modifikationen zu thun, die sie je nach der Natur des zu unserer Verfügung stehenden Brennstoffes, nach der quantitativen Zusammensetzung desselben aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Aschenbestandtheilen, sowie nach der physikalischen Beschaffenheit in Hinsicht der Dichte und Form ( Größe der Stücke, Porosität) der Brennstoffe aufweist.

Zur Einleitung der Verbrennung erfordern die Brennstoffe zuvörderst die Mittheilung einer je nach ihrer Zusammensetzung weniger oder mehr erhöhten Temperatur; sie müssen also erhizt werden, was gewöhnlich durch Berührung mit einem brennenden oder glühenden Körper geschieht. Bei einem brennenden Körper erhißen die brennenden Theile die zunächstliegenden, und so setzt fich die Verbrennung fort, dagegen verlischt ein brennender för per, wenn man ihm die nöthige Wärme entzieht, so z. B. ein Stück glühende Kohle, das man auf ein Metall, also einen guten Wärmeleiter legt. Auch glühende Gase werden durch gute Wärmeleiter so stark abgekühlt, daß die Verbrennung an der Berührungsstelle aufhört. Deshalb schlägt eine Flamme nicht durch ein feines Drahtneß, welche Eigenschaft in der bekannten Davy'schen Sicherheitslampe nugbar gemacht ist, welche bewirkt, daß ein explosives Gemisch von Sumpf-( Gruben-) Gas und Luft, wie es in Steinkohlengruben sich bildet, nur innerhalb der Lampe  verbrennt.

Am häufigsten bewirkt man die Abkühlung zum Erlöschen brennender Körper durch Uebergießen mit faltem Wasser. Den selben Zweck erreicht man aber auch durch Abhalten eines wei teren Zutritts von Sauerstoff( Bedecken mit Erde oder Asche),

*) Fortsetzung des Artikels ,, Brennstoffe und Wohnungsheizung".