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deutenden Einfluß auf die Staatsgeschäfte zu sichern. Und in der That schien in dieser Zeit das energische Auftreten eines flugen, thatkräftigen Mannes nöthig. Die dominikanische Republik   hatte sich freiwillig wieder unter die spanische Herrschaft gestellt, General Moreno von Ecuador  stand im Verdacht, seine Republik unter das Protektorat Frankreichs  bringen zu wollen; am 31. Oktober des Jahres 1861 war von drei europäischen   Staaten, England, Spanien   und Frankreich  , zu London  eine Konvention behufs gemeinsamer Intervention in Mexiko   unter­zeichnet worden, und schon am 8. Dezember des genannten Jahres traf ein spanisches Geschwader vor der merikanischen Stadt Veracruz  ein und forderte dieselbe nicht blos zur Uebergabe auf, sondern gelangte auch in ihren Besitz, es schien, daß man sich in Europa   die Ver­wirrung der ehemals spanischen Kolonien zunuze machen und die alte Herrschaft wieder aufrichten wollte. Solchen Bestrebungen wendete Castilla seine ganze Aufmerksamkeit und Gegenthätigkeit zu. Von ihm wurde in Lima   eine Gesellschaft der Vertheidiger der Unabhängigkeit" gegründet, und alle seine Bemühungen liefen darauf hinaus, sämmtliche amerikanische   Republiken zu einem Bunde mit dem Zweck zu vereinigen, die Doktrin Monroe's  ( 1. oben): Amerika   für die Amerikaner"( in diesem Wahlspruch hatte das sich mehr und mehr steigernde Selbst­gefühl der Bevölkerung der Meinung jenes fünften Präsidenten der nordamerikanischen   Union  , daß Amerika   keinerlei Einmischung Europas  in seine Angelegenheiten mehr dulden dürfe, Ausdruck verliehen) in ihrer vollen Tragweite auch für Südamerika   zur Geltung zu bringen. Bald entstand ein offener, direkter Konflikt zwischen Peru   und Spanien  , der seine Ursache darin hatte, daß eine aus bastischen Auswanderern bestehende Kolonie in Talambo gewaltsam angegriffen und mißhandelt worden war, ohne daß die peruanische Regierung gegen die Schuldigen eingeschritten wäre. Es erschien deshalb im März 1864 als ,, außer­ordentlicher Spezialkommissar der Königin" Salazar y Mazerrado in Lima   und forderte Genugthuung. Die peruanische Regierung arg­wohnte aber unter diesem veralteten Titel eine Erneuerung erloschener Ansprüche und weigerte sich, den Gesandten in dieser Eigenschaft an­zuerkennen, wollte ihn vielmehr nur als konfidentiellen Agenten" ( Vertrauensperson) empfangen. Die Folge davon war, daß der spa­nische Bevollmächtigte den Admiral des inzwischen in den chilenischen Gewässern kreuzenden spanischen   Geschwaders, Pinzon, veranlaßte, die guanoreichen peruanischen Chincha- Inseln als Unterpfand für die Entschädigungsforderungen in Besitz zu nehmen. Selbstverständlich bemächtigte sich der Peruaner größter Schrecken, und trotz der Wider­rede der sich für einen Seekrieg mit den Spaniern nicht tüchtig genug fühlenden Regierung wurde auf dem Kongreß, nachdem die Minister wegen Mißbrauchs ihrer Gewalt den Gerichten überwiesen worden waren, der Beschluß gefaßt, daß alle Mittel angewandt werden sollten, um die Chinchainseln den Spaniern zu entreißen, und daß, so lange sie daselbst stehen würden, in keine Unterhandlung mit ihnen eingegangen werden dürfe."

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Die Seele dieser Opposition war Ramon Castilla  . Der Prä­sident, Pezet, hielt sich jedoch reservirt und gewährte den Spaniern, nachdem ein Ausgleichungsversuch, den er unternommen hatte, ohne Erfolg gewesen, volle Entschädigung( 1865). Den Gesandten hatte er als ,, Spezialkommissarius" empfangen. Obgleich aber Castilla, der einen Boltsaufstand erregt hatte, überwunden und verbannt wurde, ließ sich doch die Ruhe im Lande nicht herstellen. Die Erbitterung gegen den Präsidenten Brezet war eine außerordentliche, und er wurde schließlich durch die immer mehr um sich greifende Insurrektion, der sich auch die in der Nähe der Hauptstadt gelagerten Truppen anschlossen, im Oktober als ,, Landesverräther" zur Flucht auf ein englisches Schiff genöthigt. Auch der Widerstand seiner Anhänger wurde gebrochen und in einer Voltsversammlung der Leiter des Aufstandes, Oberst Prado  , zum Dik­

tator ernannt.

Darauf schloß die Republik Peru   mit Chile   ein Schutz- und Truzbündniß und erklärte Spanien   den Krieg. Auch die Republiken Ecuador   und Bolivia   traten bald dem Bunde bei, wodurch der Krieg größere Dimensionen annahm. Admiral Nunez griff mit der spanischen  Flotille das chilenisch  - peruanische Geschwader in der Ancudbai an und fügte dann( März 1866) der wehrlosen Handelsstadt Valparaiso   durch ein mehrtägiges Bombardement großen Schaden bei, hatte aber, wie oben bemerkt, mit der Beschießung der Hafenstadt Callao am 2. Mai feinen Erfolg. Selbst verwundet, trat er mit seinen stark beschädigten Schiffen den Rückzug an, und damit hatte die Blockade der peruanisch­chilenischen Küste thatsächlich ihr Ende gefunden.( Fortsetzung folgt.)

Ueber den Einfluß von Fabrik- und Straßengeräuschen auf Menschen und Gebäude.( Schluß.) Jeder, der mit den Ge­sezzen der Physik einigermaßen vertraut ist, muß zugeben, daß Erschüt­terungen durch ihre naturgemäße Steigerung in den oberen Stockwerken auch das Gebäude beschädigen müssen, indem sie den Mörtel lockern, gegen die im Gebäude befindliche Spannung ankämpfen und demgemäß Sprünge hervorrufen.

Die beständigen Einwirkungen auf die Sinnesorgane, welche durch ,, Geräusche" und Erschütterungen" in großen Städten ausgeübt wer den, sind jetzt in höherem Grade in England gewürdigt worden als in und gewiß mit vollem Rechte! Deutschland  . Englische Aerzte haben in diesen Einwirkungen den Hauptgrund der größeren ,, Nervosität

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des Städters gegenüber dem Landbewohner erkennen zu müssen ge­glaubt; es unterliegt für jeden Denkenden keinem Zweifel, daß die Ar­beit des Dampfhammers ganz in der gleichen Richtung die Gesundheit benachtheiligt; nur noch in viel höherem Grade, als Straßengeräusche: weil das dabei erzeugte Geräusch stärker als diese ist, weil es zeit­weilig durch Ruhepausen unterbrochen wird, weil es aus einzelnen Schlägen besteht, die sich sehr schnell, nämlich 150 und mehr mal in der Minute auf einander folgen, weil es endlich von heftigen Er­schütterungen begleitet ist, denen man sich nicht zu entziehen vermag.

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Man vergegenwärtige sich nun den Einfluß eines Dampfhammers auf Kranke. Der Kranke besitzt weniger Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einwirkungen als der Gesunde. Alle Aerzte und die Aerzte aller Zeiten stimmen darin überein, daß möglichste Ruhe den Verlauf jeder Krankheit begünstigt, die Genesung befördert, während Unruhe, Störungen irgend einer Art den entgegengesezten Einfluß haben, also die Krankheit verlängern, die Genesung verzögern oder in Frage stellen. Es ist daher in der Krankenpflege an allen Orten und zu allen Zeiten vorgeschrieben worden, daß man in der Nähe des Kranken nicht laut sprechen dürfe, daß in der Krankenstube keine starken Gerüche vorkom­men sollen, das man lautes Auftreten, Zuwerfen der Thüren, Häm­mern u. s. w. in der Wohnung des Kranken zu vermeiden habe; vor dem Hause bedeckt man oft mit Stroh das Straßenpflaster, ja, selbst die Klingel pflegt bei jeder ernsteren Krankheit unterbunden zu werden, damit nicht ihr Schall den Kranken erschrecke und beun­ruhige. Was nußen aber derartige Vorsichtsmaßregeln in einer Woh­nung, welche dem tosenden Hämmern und den beständigen Erschütte­rungen eines im Gange befindlichen Dampfhammers ausgesetzt ist? Vergeblich sucht der Kranke nach schlafloser Nachtruhe. Im Augenblick, wo er einschlafen will, schreckt ihn das aufdringliche Geräusch des Dampf­hammers. Kranke, welche an sogenannten nervösen Krankheiten dar­niederliegen, sind dieser Schädlichkeit in höherem Grade ausgesezt. Wie werden die Fieberphantasien eines Typhuskranken durch den Dampf­hammer angeregt werden! Kinder, welche schreckhafter sind, als Er­wachsene, und deren Nervensystem einer sorgfältigeren Behütung bedarf, unterliegen diesen Nachtheilen am meisten; Wöchnerinnen werden von demselben gepeinigt, und um den ihnen so nothwendigen Schlaf gebracht.

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Die Ausführungen Prof. Reclams gipfeln in dem Schlußsaße:

Diese Geräusche und Erschütterungen sind so stark, daß sie nicht nur Nachbargebäude beschädigen, sondern auch Nachtheile für die Ge­sundheit der Bewohner, neben der Belästigung herbeizuführen geeig­net sind und dadurch den Miethwerth der Gebäude herabsetzen.

Auf Grund dieses Reclam  'schen Gutachtens wurde die Konzession zum Weiterbetriebe des Dampfhammers seitens der Behörde verweigert, und der Fabrikbesizer sah sich genöthigt, sein ganzes Etablissement auf das Terrain eines benachbarten Dorfes zu verlegen. Die Bedeutung dieser Kundgebung des rühmlichst bekannten Gelehrten reicht über den Spektakel, welchen die Bewegung bot, weit hinaus. Reclam selbst wünscht eine Reform der Baugesetzgebung, welche auf die Bestimmung hinauszulaufen hätte, daß ein Dampfhammer durch mindestens 12-15 Meter Gartenland von jedem bewohnten Grundstücke getrennt bleiben müsse. Aber das genügt nicht im entferntesten, auch abgesehen von dem Umstande, daß die 12-15 Meter weite Entfernung das starke Geräusch, welches ein Dampfhammer verursacht, nicht verhindern wird, den Nachbarn auf das höchste lästig zu fallen. Neben dem Dampf­hammerspektakel schreien noch hundert andere Geräusche aus den Fa­briken ohrzerreißend und nervenzerrüttend gen Himmel, und wenn ge­wisse Fabrikanlagen die Ohren und Nerven mit peinigenden Geräuschen verschonen, so malträtiren sie desto eifriger Nasen und Lungen mit üblen Gerüchen, gesundheitsschädlichen Gasausströmungen und lungen­fressendem Staube. Mit letzteren Attaken auf Gesundheit und Leben hatte nun freilich Prof. Reclam in vorliegendem Falle nichts zu schaf­fen; auf die abscheulichen Straßengeräusche, welche die bestgelaunten Menschen zeitweilig zum Griesgram, arbeitsame, denkfleißige Leute stunden- und tagelang arbeitsunlustig und denkschwerfällig machen, auf diese ist er selber eingegangen. Sie hatten ihm den Wunsch in die Feder diktirt, die städtischen Behörden Leipzigs   möchten allgemach für besseres Pflaster sorgen. Dieser Wunsch ist sehr bescheiden. Schreiber dieser Zeilen ist es weniger: er verlangt, daß mit dem System der auch all­landesüblichen Steinpflasterung überhaupt gebrochen und mählich, weil es nicht anders geht ein weniger spektakelfrohes Pflaster, Asphaltirung und Macadamisirung, wie in Paris   und anderwärts, be­Die Nervosität unserer städtischen Bevölkerung ist vorzugt werde. heutzutage schon ein entschieden krankhafte, sie hat schon manches Familien­glück zerstört, manche schlechte Kindererziehung auf dem Gewissen; sie hilft die Konflikte mit dem Strafgesetzbuch vermehren und die Gefäng­nisse übervölkern; sie raubt dem einzelnen ein gut Theil seiner Arbeits­kraft und seines Frohsinns und belästigt die Gesellschaft, wie ein Knüppel am Beine, bei ihrem Fortschreiten zu Wohlergehen und Gesittung. Ich meine, wir brauchen nicht erst des eingehenderen über jene in ihren Wirkungen unberechenbare, in ihren Aeußerungen peinlichste Nervosität sprechen, welche in den höheren Regionen der Gesellschaft wie gewitter­schwangere Elektrizität nicht nur wetterleuchtet und donnert, sondern oft genug eingeschlagen und Völkerbrände gestiftet hat. Gewißlich ist die Ursache solcher Nervenkrankheit nicht blos das Steinpflaster unserer

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