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führen, da die Heizröhren natürlich hinter irgend einer Ver-| same, rationelle Heizung einführen ließe! Man muß nur den kleidung anzubringen sind. durch viele Verhältnisse noch genährten Gedanken eines miß­verstandenen Egoismus aufgeben, daß mindestens jede Familie der nächsten feindlich sein und zu deren Schaden den eignen Vortheil fördern müsse. Und wenn man das Wasser so sehr als allgemeines Lebensbedürfniß ansieht, daß man sich verpflichtet hält, es auf allgemeine Kosten einem jeden wenigstens in die Nähe der Wohnung zu führen, so ist doch gewiß in unserm Klima während fünf Monaten als ein nicht minder dringendes Bedürfniß zu erachten die künstliche Erwärmung der Wohnung. Ein satter Mensch friert weniger leicht, aber auch umgekehrt braucht ein Mensch in angenehm durchwärmter Stube weniger Nahrung; er hat auch weniger Antrieb, seinen körperlichen Wärmebildungs­prozeß durch Schnapsgenuß zu vorübergehendem Aufflammen zu bringen und die fuseldunstige, aber geheizte Kneipe aufzusuchen, auch wenn ihn nicht das Verkehrsbedürfniß dahin treibt.

Daß es auch möglich ist, ganze Häuserviertel und Stadttheile von einem Centralpunkt aus zu heizen, dafür haben die Ameri­kaner uns den Beweis zu liefern begonnen durch die zuerst in Lockport, New- York , ferner in Auburn und Buffalo angelegte Centraldampfheizung. Der Dampf kann durch gut isolirte Röhren von geringem Querschnitt auch in horizontaler Richtung sehr weit geleitet werden. Wegen der latenten Wärme des Dampfes bei der Kondensation wirkt die Heizung rasch und kräftig; einzelne Räume lassen sich leicht aus und einschalten, dabei ist dieses Heizsystem auch für Kochanlagen anwendbar, und schließlich ist bei der disponiblen Dampfkraft eine gute Ventilation leicht damit zu verbinden. Nachtheile sind kaum zu nennen, außer, daß eben für ein­zelne, fleinere Gebäude die Centraldampfheizung in der Anlage ebenso zu theuer sein würde, als sie sich für einen größeren Komplex von Häusern billig und rationell stellt. In Lockport genügen für 210 Häuser zwei Dampfkessel. Nun bedenke man, daß zu deren Bedienung zwei Leute vollkommen genügen, daß diese die Feuerung in sachverständigster Weise besorgen und daher bei zweckmäßiger Anlage der Kesselfeuerung das Material so voll­ständig, als nur möglich, ausgenutzt wird, um den für die Zu­funft hierin liegenden Vortheil zu würdigen.

Die Einführung dieser genannten wesentlichen Verbesserungen in der Wohnungsheizung stellt aber vor allem an jeden einzelnen aus dem Volke eine große Anforderung als Vorbedingung, das ist, daß er das Bewußtsein der Solidarität aller zu gemein­samem Vortheil der Organisation in sich entwickle und zum Er­starken bringe. Wenn schon jetzt eine große Anzahl kommunaler Verbände für die Allgemeinheit die öffentliche Beleuchtung und auf Wunsch die private, sowie das nöthige Wasser für den häus­lichen Gebrauch besorgen, ohne daß für jeden einzelnen An­gehörigen der Konsum genau festzustellen oder ihm zu berechnen möglich wäre, so sollte man meinen, daß auch, wenn schrittweise vorgegangen werden soll, sich zunächst die etagenweis gemein­

Der

Eine gewisse Solidarität des Lebens und Leidens herrscht auch unfreiwillig zwischen den Bewohnern eines Hauses. stark Heizende der einen Etage wärmt seinem Ueberwohnenden den Fußboden; ist aber seine Wohnung nicht ventilirt und mit verpesteter Luft angefüllt, so bekommt der oben Wohnende sein reichlich Theil davon, denn leichter noch als durch Wand und Fenster dringt die erwärmte Luft durch die durchaus nicht dichte Zimmerdecke nach oben. Und schließlich würden bei durch­geführter Central( dampfheizung die so zahlreichen Vortheile nicht einmal durch Mehrkosten, weder für einzelne, noch für die All­gemeinheit des Volkes, erkauft werden, da wir uns eben jezt in dem Stadium der Verschwendung von Material, Zeit und Gesund­heit befinden.

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Dann, wenn dieser zu erstrebende Standpunkt erreicht ist, wird auch der ächte Menschenfreund, welcher jetzt, wenn er's kann, in wohlmeinender Absicht seine doch nur mangelhaft den Zweck erreichende Gabe zur Erwärmung des Bedürftigen gibt, sich noch stolzer fühlen können in dem Bewußtsein, daß die vereinte gesell­schaftliche Macht das erfolgsunsichere Wollen des einzelnen er­übrigt habe!

Dem Schicksal abgerungen.

Novelle von Rudolph von B...... ( Fortsetzung.)

Der Michel brummte etwas vor sich hin und trollte sich hübsch langsam zum Hofthor hinaus.

" Ist es Ihnen mit diesen Vorbereitungen wie auf eine Be­lagerung ernst, Herr Willisch?" fragte Friz Lauter.

"

" Und wie!" entgegnete jener. Glauben Sie, ich hätte Lust, mir so mir nichts, dir nichts die Bude über dem Kopfe ab­brennen oder demoliren zu lassen, und wenn's gut geht, in eigner Person mit einer Tracht Prügel stillvergnügt vorlieb zu nehmen? Na, da kennen Sie den Willisch doch verflucht schlecht, sag' ich Ihnen."

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" Mags aber kommen, wie es will Sie können doch un­möglich von Schießwaffen ernsten Gebrauch machen wollen?" " Das wollen wir abwarten, junger Freund. Wenn wir sehen, daß ein paar Dußend Kerle uns oder unserm Eigenthum ernst lich an den Kragen wollen, warum sollen wir dann nicht von dem Rechte der Nothwehr Gebrauch machen? Da, nebenan, Sie wissen ja, wohnt unser biederer Ortsvorsteher und der Gemeindediener; wenn's große Pelzwaschen losgeht, ziehen sie den beiden das Fell zuerst über die Ohren, denn die sind alle beide auf zehn Meilen in die Runde so verhaßt, daß kein Hund ein Stück Brot von ihnen mag. Die retiriren sofort, wenn's was gibt, hinter mich, und ich handle dann blos im Auftrage der hohen Obrigkeit, verstehn Sie, wenn ich einem Brand- oder Unruhstifter eine Ladung Schrot in die Beine jage. Na, übri­gens," setzte er begütigend hinzu, als er den tiefen Unwillen bemerkte, der sich auf Lauters Gesicht abspiegelte, damit's aber nicht soweit kommt, müssen wir eben bis an die Zähne bewaffnet sein. Die Kerle müssen wissen, daß sie sich bei uns nichts weiter holen können, als blutige Köpfe, da verden sie die Dummheiten wohl schließlich bleiben lassen."

Die tiefen Falten auf Friz Lauters Stirn glätteten sich ein

wenig.

Nun zu diesem Zwecke," sagte er, will ich meinetwegen auch so ein Ding in die Hand nehmen. Aber nur, um Unglück zu verhüten; im Nothfall ist mir eine Tracht Prügel, wie Sie sagen, auf dem eignen Buckel denn doch noch lieber, als eine Ladung Schrot in den Beinen eines andern." Willisch lachte etwas spöttisch. Sie sind na, wie nennt man das gleich? ein Philanthrop, nicht wahr? Auch' ne schöne Menschensorte. Vielleicht gibt's aber mehr als Prügel, Herr Philanthrop! Vorläufig kann's Ihnen jedenfalls nicht schaden, wenn Sie Sich täglich mit mir' ne Stunde im Schießen üben."

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Damit packte er seine Waffen wieder zusammen und ging ins Haus zurück. Fritz Lauter folgte ihm. Es war spät ge­worden und hohe Zeit, den ereignißvollen Tag durch ein kurzes Nachtmahl friedlich zu beschließen.

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In dem uns von früherher bekannten Separatzimmer im ersten Stock des Restaurant Weinhold saß am Abend eines regne­rischen Apriltages der Chefredakteur des Tageskorrespondenten" ganz allein hinter einer dickbemoosten Flasche feinem Bordeaux und entschädigte sich für die Anstrengungen seines Berufs mit gewohnter Gemüthsruhe durch den Genuß einer mächtigen Portion Hecht, der in Moselwein gekocht und mit Austernsauce servirt, auf dem silbernen Staatsgeschirr des alten Patrizierhauses Weinhold aufgetragen vor ihm stand.

Noch lagen ein paar Bissen auf dem Heller, als Herr Schweder sein Souper beendete, den Teller zurückschob und, auf den Knopf einer hellflingenden Glocke drückend, dem im Korridor seine Geschäftspromenade machenden Oberkellner das Zeichen gab, daß er abgeräumt zu sehen wünsche.

Der Oberkellner, eine stattliche Figur von sehr straffer Haltung, ungefähr wie ein Gardeoffizier in elegantestem Civilanzug, neben