vorher die Haare vorschriftsmäßig von meinem Friseur zurichten laffen. Es wird alles geebnet und geglättet, außen und später innen," sagte lachend der Mann.
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Das erste, was uns ein Unteroffizier einzubläuen suchte, war der Begriff„ Subordination und Gehorsam". Was der Vorgesetzte befiehlt, das müßt ihr ausführen, willig, fraglos, prompt und exakt. Ihr antwortet nur, wann ihr gefragt werdet und wer sich Widerreden herausnimmt, der kriegt spanische Fliegen hinter die Ohren gesezt. Verstanden?" So die Erklärung von Subordination und Gehorsam, und das fragende Wörtchen: Verstanden? das diesen inhaltsreichen Satz unter knarrendem Geräusch, wie von einer rostigen Hofthür, beendete, schien un erläßlich für den Eindruck der Rede zu sein. Verstanden oder
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nicht verstanden! Die Phrase ist eigentlich zum Lachen. Morgen sollen die ersten Marschirübungen gemacht werden. Heute haben wir noch Urlaub! ,, Um einhalb neun habt ihr euch in der Kaserne einzufinden und Sie, Einjähriger Morgenroth, haben Befehl, ihr Quartier ebenfalls in der Kaserne bis auf weiteres! Verstanden?" Damit war aufzuschlagen die Instruktion beendet. Diejenigen Rekruten, welche gut bei Gelde waren, luden den Herrn Unteroffizier und seine Kollegen zu einem Schoppen ein. Werde euch den Gefallen thun," sagte er herablassend und auf meine Frage: Wem ich wohl die Gnade, in der Kaserne kampiren zu müssen, verdanke," antwortete er ziemlich derb:„ Dem Hauptmann!" ( Fortsetzung folgt.)
An der Wiege des Christenthums.
Kulturhistorische Stizze von C. Lübeck. ( Fortsetzung.)
Troß ihrer Moral sind die Essäer doch keine Rebellen, im Gegentheil erfreuen sie sich des Ruhms, vom Könige mit Auszeich nung behandelt, seiner besonderen Achtung gewürdigt und wohl gar als leuchtendes Exempel für alle Unterthanen aufgestellt worden zu sein. Und wahrlich! fügsamere und für den Absolutismus reifere Unterthanen kann kein König sich wünschen.
Woran aber lag das? Was ist die Ursache, daß wir die Essäer vereinsamt, losgerissen von der Gesammtheit des Volkes sehen, daß kein Puls des öffentlichen Lebens hier zu fühlen, daß die Physiognomie dieser Menschen und Niederlassungen eine so düstere und Schwermuth statt Freude hier zu finden war?
Die Essäer wollten keine Freude, keine Behaglichkeit, sie suchten kein Lebensglück, waren blind und taub gegen ihre Umgebung und hatten kein anderes Sehnen, als den Austritt aus dem Leben, den Tod. Aehnlich wie bei den Pythagoräern, Brahmanen, Buddhisten und einzelnen griechischen Philosophen erschien ihnen der Körper nur als ein Kerker der Seele. Alles ist eitel, alles vergänglich auf Erden, ewig allein sei der Geist. Auf der Erde, auf allen Gestirnen, in der großen unbegrenzten Welt walte eine räthselhafte, unbegreifliche, unfaßbare Gottheit, zu der die menschliche Seele in innigster Beziehung stünde, mit der vereinigt zu werden, das denkbar höchste Glück sei.
Die menschliche Existenz fällt bei ihnen nur insoweit in Betracht, als sie von göttlichem Geiste beseelt wird. Man unter scheidet zwischen dem Reinmenschlichen und dem Geistigen. Das erstere, das Sinnliche und Böse, sucht auf Erden Genuß, das lettere aber, das Göttliche, kennt kein anderes Ziel, als die Vereinigung mit der Gottheit.
Das war die Grundidee der in der Erkenntniß fortgeschrittensten Essäer und sie besagt alles. Wo der Tod ersehnt wird, da besitzt das Leben kein Interesse, da ist wahrer Lebensgenuß, und was damit zusammenhängt, ein Uebel, ein Hinderniß auf dem Wege zum Zielpunkte des geistigen Ringens.
Aber die werkthätige Nächstenliebe! Sie ist zum theil eine Klugheitsmaßregel, zum theil eine Uebung in der Uneigennützigfeit, Selbstlosigkeit und Entsagung. Sie verheißt den Neulingen göttlichen Lohn, ist also verdienstvoll, sie befreundet die Menschen mit den Anschauungen der Essäer und stempelt sie wohl auch zu Humanisten, die sie im Grunde doch nicht waren.
Werfen wir des besseren Verständnisses wegen einen Blick auf die Entstehungsgeschichte dieser Essäer.
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In dem großen Schmelztiegel griechischer und orientalischer Wissenschaft, in Alexandrien , ist diese der nationaljüdischen direkt entgegenstehende Auffassung von der Weltgottheit entstanden. -Bei den Palästinensern herrschten im allgemeinen ziemlich anthropomorphische Ansichten von der Gottheit, so daß in den heiligen Büchern von der Größe und Gestalt Gottes die Rede war, während ihm zugleich-mit der Größenbestimmung im Widerspruch der Charakter der denkbar höchsten Vollkommenheit beigemessen wurde. Mit Staunen fanden die Alexandriner nun in den öffentlichen Vorträgen im alexandrinischen Museum bei den griechischen Philosophen die Gottesideen in einer Reinheit und Vollkommenheit entwickelt, daß der Jehova der heiligen Ueberlieferung weit überholt und verdunkelt erschien. Mit dieser Erkenntniß war ein Konflikt gegeben. Die Anerkennung der
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griechischen Gottesideen bedeutete die Trennung von der Religion des Mutterlandes. Man mußte einen Ausweg suchen und man fand ihn, indem man die Erklärungsweise aus dem Buchstaben der heiligen Bücher verließ, sie durch eine geistige allegorische ersetzte und so gewaltsam in die heiligen Bücher alles das hineintrug, was man bei den Griechen an entwickelteren Gottesideen fand. Das unerhörte Experiment, die griechischen Philosophen auf Moses zurückzuführen, alle Erkenntniß der griechischen Denker in den Aussprüchen des alten Gesetzgebers zu finden und so gewissermaßen die Griechen zu Schülern von Moses zu machen, das gelang wunderbarer Weise über Erwarten gut.
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Mit dem alten Jehova besaß die Gottheit, die man sich in Alexandrien gebildet, allerdings keine Aehnlichkeit mehr. Der Gott der Essäer der höchsten Stufe war das reine Sein", ein Ding, daß nur in seinen Wirkungen erkennbar, im übrigen aber über alles Erkennen erhaben, durchaus unbegreiflich und unfaßbar ist. Diese Gottheit war namenlos, da jeder Name, jedes Attribut eine Beschränkung ausdrückt der übliche Name Gott ist den Essäern in Wirklichkeit nur eine Verhältnißbezeichnung, die die Güte der Gottheit zu den erschaffenen Wesen darstellt.
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Auf dem Wege zu dieser Gottheit waren allerdings mancherlei Klippen zu überwinden gewesen. Wie war es z. B. möglich, das Unfaßbare mit dem nationalen Gotte in Verbindung zu bringen, der bei den verschiedensten Anlässen persönlich und direkt mit dem Volke und seinen Vertretern verhandelt hatte? Wie konnte sie, die Weltgottheit, zu gleicher Zeit eine speziell jüdische sein? Man tam indeß über alle Schwierigkeiten hinweg, indem man einmal Vermittler zwischen der Gottheit und der Menschheit schuf, die je nach dem Bildungsgrade und dem Grade des Erkenntnißvermögens der Menschen aus Engeln, Lichtstrahlen, Geistern und anderen mehr oder weniger vollkommenen, der Gottheit untergeordneten Phantasiegebilden bestanden, und, was hier gleich bemerkt sei, auch in den christlichen Religionsbüchern, den Evangelien, eine große Rolle spielen. In diesen tritt Gott nicht mehr persönlich auf, während er im alten Testamente fast immer direkt die Gestaltung der Verhältnisse beeinflußt. Auf diesem Wege wurde auch zwischen der Weltgottheit und der nationalen eine Brücke geschlagen und die in den heiligen Büchern vorgefundenen Aussprüche über göttliche Gerechtigkeit u. s. m. an der Hand der griechischen Philosophie erweitert.
Wo die heiligen Bücher nun vom Auftreten Gottes berichteten, ersetzte man es auf dem Wege der Allegorie durch Engel oder irgend ein anderes Mittel göttlicher Erleuchtung, und wo man die Weltgottheit pries, unterließ man es nie, zu gleicher Zeit die besondere Gnade zu betonen, mit der sie vor allen anderen dem jüdischen Volke sich offenbarte und es auf den Weg zur Erlösung, zum Himmelreich geleitet.
Dieser unfaßbaren Weltgottheit gegenüber mußte natürlich die menschliche Existenz in den Staub zurückſinken, im Zusammenhange mit dem Glauben an die Sündhaftigkeit des Fleisches ein düsterer Pessimismus Platz greifen, der sich nur in der Abwendung von der Welt und der Entsagung aller Lebensgenüsse äußern konnte. Wie nahe streiften die Essäer das Leben!
In Alexandrien hatte die jüdische Kolonie auch mit der grie