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wurde, weil diese Schazanweisungen vorher schon durchschnittlich auf die Hälfte entwerthet waren. Aber auch die neuen Staats­billets verloren trotz der versprochenen Verzinsung gleich anfangs 40, später 60 Prozent. Nun kam aber noch die Schändlichkeit hinzu, daß der Regent von den annullirten Anweisungen durch einen geheimen Machtspruch 50 Millionen zu Gunsten von Höf lingen, Offizieren und vornehmen Damen wiederherstellte. Nun­mehr erklärte man, die Gerechtigkeit fordere auch die Reduzirung der konsolidirten Staatsschuld, und sezte die Staatsrenten um 20 Mil­lionen Kapital und über 3 Millio­nen Zinsen herab. Die dritte Maßregel war die Einsetzung der Chambre ardente, eines außer ordentlichen Gerichtshofes, der die Veruntreuungen von Finanzbeam­ten, die Erpressungen von Staats­pächtern, den Wucher von Privat­Leuten untersuchen und mit Geld bestrafen sollte. Aber die Unter­suchung, welche bis 1689 zurück­gehen sollte, erschreckte alle Be­fizenden; die Flucht war bei Todes­strafe verboten, und wirklich wurden einige Flüchtlinge hingerichtet. Bald artete die Untersuchung in reine Plünderung aus, sodaß die Ver­brechen, die hier begangen wurden, ärger waren, als die, welche man bestrafen wollte. Sobald der Re­gent einmal sich schwach gezeigt, ver­wandelte sich seine ganze Umgebung, Prinzen und Prinzessinnen in Bitt­steller und Unterhändler; aber jeder hatte seinen Preis, auch die Richter und Kommissarien; eine maßlose Korruption riß ein, und zur allge­meinen Freude wurde die Chambre ardente anfangs 1717 aufgehoben, nachdem sie 1 200 000 2. gekostet und statt der erwarteten 220 Millio­nen kaum ein. Drittel davon ein­getragen hatte.

Was war nun das Resultat aller dieser Spoliationen? Man sprach das Wort Staatsbankerott nicht aus und steckte doch mitten drinne. Wer z. B. 10 000 L. zum Visa getragen und dort, was aller­dings der ungünstigste Fall war, nur 2000 2. in Staatsbillets er­halten hatte, der verlor auch an diesen jetzt, wegen ihrer Ent­werthung zwei Dritttheile, hatte also effektiv nur 670 2. Und, was die Hauptsache war, man stand noch immer vor der alten ungelösten und jetzt noch schwerer zu lösenden Frage, wie soll das Defizit beseitigt, die Staatsmaschine im Gang erhalten werden, Ver­trauen und Verkehr wieder auf­leben?

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an seine Stelle, das z. B. auf Grund und Boden basirt sein kann, so fallen alle diese Gefahren und Schwierigkeiten weg, und während man gegenwärtig auf alle Weise bemüht ist, die Summe des in einem Lande umlaufenden Geldes zu erhalten und zu vermehren, ohne dieses Ziel zu erreichen, geht das leicht und spielend mit der Zettelpresse. Wenn eine Privatbant, ohne Gefahr für ihre Solvenz, mehr Zettel ausgeben kann, als ihr Stamm­kapital beträgt, so muß das noch viel mehr der Fall sein bei

einer Staatsbank, deren Gesell­schaft die ganze Nation ist. Und, wenn ein Kaufmann mit 100 000 2. Kapital mittels seines Kredits für eine Million Geschäfte machen und damit den Ertrag seines Kapitals verzehnfachen kann, so geht das noch viel einfacher beim Staate. Das Beste wäre daher, wenn man einer solchen Bank alles Metall­geld anvertraute und nur soviel cirkuliren ließe, als der Verkehr zur Ausgleichung braucht. Mit dem Ueberschuß der Summe der Noten über die des deponirten Metallgeldes können dann groß­artige Unternehmungen begonnen werden, deren Folge der allgemeine Wohlstand sein wird. Man sieht aus dieser Stizze, wie so manches, was die spätere Zeit ent­wickelt hat, schon in Laws Kopfe gährte und arbeitete und wird sich wohl hüten, ihn ohne weiteres unter die Betrüger zu rechnen; man sieht aber auch, welch' un­geheure Gefahren und Irrthümer das System in seinem Schoße barg. Der Grundirrthum war, daß er über den Schattenseiten des Metallgeldes seine Haupt­eigenschaft übersah, den reellen Werth, die Kaufkraft in der ganzen civilisirten Welt; daß er eine will­türliche Vermehrung der Cirku­lationsmittel für eine Vermehrung des Nationalvermögens hielt, wäh­rend sie doch nur das Metallgeld aus dem Lande treiben und im Land alle Preise erhöhen mußte. Vollends aber in einem absolut regierten Land, wie Frankreich , war seine Nationalbank allen bru­talen Eingriffen einer gewissen­losen Regierung mit ihrem An­hang von Höflingen und Günst­lingen beiderlei Geschlechts schutz­los preisgegeben. Nachdem Law mit seinem Projekt vergeblich in Schottland und England an­zukommen versucht, kam er um 1707 nach Paris und hier als reicher Lebemann und Spieler gleich in die höchste, um nicht zu sagen beste Gesellschaft, auch in die des nachmaligen Regenten, des Herzogs von Orleans. Allein sein Spielglück und sein Aufwand machten ihn verdächtig, er wurde ausgewiesen und besuchte jetzt auch Deutschland und Italien , überall bemüht, seine Blane den Regierungen anzupreisen. In Wien fand er kein Gehör; beim Herzog von Savoyen aber, dem nachmaligen König Viktor Amadeus, erhielt er seine Abfertigung mit den Worten, der Herzog sei nicht mächtig genug, um sich zu ruiniren. Im Jahre 1714 gelang es ihm, die Erlaubniß zur Rückkehr nach Frankreich zu erhalten, und noch zu Lebzeiten Ludwigs XIV. wurden die Vorbereitungen zu einer Bank in seinem Sinne ge­troffen. Allein der Tod des Königs brachte alles wieder ins Stocken, und erst, als der Regent sich nicht mehr zu helfen wußte, kam man auf Laws Vorschläge zurück und untersuchte sie durch

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Leibnit.( Seite 514.)

Ein solcher Zustand war die Nacht, in der Laws Sterne leuchten zu können schienen. John Law , eines Goldschmieds Sohn aus Edinburg , geboren 1671, hatte das Bankgeschäft in Holland praktisch erlernt, hauptsächlich aber durch fabelhaftes Glück im Hazardspiel ein großes Ver­mögen sich erworben, ein Umstand, der seinem Rufe damals keineswegs Eintrag that. Schon 1705 war er als national­ökonomischer Schriftsteller aufgetreten und hatte eine Theorie des Wohlstandes für Fürsten und Völker entwickelt, die er bezeichnend genug das System nannte. Dieses System ist kurz folgendes: Das gemünzte Geld ist nach ihm ein sehr mangelhaftes Cirkulations­mittel, insofern es sich abnutzt, nur mit Risiko verschickbar und der willkürlichen Tarifirung durch Fürsten ausgesezt ist, auch eines konstanten Werthes entbehrt. Tritt dagegen ein Staatspapiergeld

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