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Beruhigung des Haudelsstands war ihr verboten, Handels- Assekuranz- und Kommissionsgeschäfte zu treiben, Darlehen zu machen und aufzunehmen. Später erhielt sie allerdings die Er- laubniß, Wechsel zu vier Prozent zu diskontiren. Zugleich war aber der Bank auferlegt worden, daß die Aktien nur zu Vt baar, zu 3U in jenen auf 40 Prozent des Nennwerths entwertheten Staatsbillets einbezahlt werden durften. In Wahrheit hatte also die Bank nur über 3 300000 L. Kapital zu verfügen, dagegen das Recht, Bankzettel zu 1000 und 10000 Bankthaler aus- zugeben, die sie jederzeit gegen Metall einzulösen hatte. Die Eröffnung der Bank wurde mit Hohn aufgenommen, da leicht berechnet werden konnte, daß ihr Gewinn lächerlich gering sein mußte, selbst wenn sie ihr ganzes nominelles Kapital täglich um- setzte. Allein Law verwaltete seine Bank musterhaft und konnte nach sechs Monaten in der ersten Generalversammlung eine Divi- dende von 7 V, Prozent ankündigen. So bescheiden der Anfang war, so ließ sich doch der wohlthätige Einfluß der Bank auf die Geschäfte nicht verkennen. Aber auch jetzt fehlte wieder die Geduld; man konnte, man wollte nicht warten, und namentlich ließen die 250 Millionen Staatsbillets, die in ihrer Entwerthung eine stete Beschämung für die Regierung waren, den Regenten nicht schlafen. Es war schon eine große Unvorsichtigkeit von Law gewesen, daß er sich dazu verstanden hatte, 3U seines Baarkapitals in diesen Staatsbillets anzunehmen, um wenigstens einen Theil derselben dem Verkehr zu entziehen; aber was waren 4'/, Millionen gegen 250? Keine 2 Prozent. Law aber hatte versprochen, die ganze Schuld wegzuschaffen und Hos und Regierung in Ueberfluß zu versetzen, und das sollte er jetzt leisten'. Den äußeren Anlaß
dazu bot der Umstand, daß ein reicher Kaufmann, namens Crozat, der ein Handelsprivileginm nach Louisiana   erhalten hatte, als ihm die Chambre ardente eine Summe abpressen wollte, sein Privilegium und seine Schiffe der Regierung zur Verfügung stellte, um nicht weiter behelligt zu werden. Was sollte man mit beidem anfangen? Der Herzog von Noailles, ein erbitterter Gegner Laws, glaubte jetzt, cme Gelegenheit gefunden zu haben, einerseits der Regierung eine große Summe der fatalen Staats- billets vom Halse zu schaffen, andrerseits dem Schotten eine Schlinge zu legen, und wandte sich an Law, der zwar die Falle merkte, aber im Vertrauen auf sein System doch hineinging. So kam der Plan derCompagnie d'Occident" zustande, einer Handelsgesellschaft nach Louisiana   mit 100 Millionen Kapital, die man in Staatsbillets sollte einbezahlen dürfen. Es waren 200000 Aktien, a 500 L. Das Louisiana   aber, welches die Kompagnie zu eigen erhielt, ist nicht der kleine Unionsstaat unserer heutigen Karten, sondern umfaßte den ungeheuren Raum zwischen Florida   und Neuengland   im Osten und den Felsen- gebirgen im Westen, zwischen Mexiko   und dem Golfe im Süden und den kanadischen Seen im Norden, ungefähr die Hälfte des gegenwärtigen riesigen Gebiets der Vereinigten Staaten  . Aber es war zu deutlich, daß die ganze Geschichte nur darauf berechnet war, der Regierung 100 Millionen ihrer Staatsbillets abzunehmen, daß also die Gesellschaft in Wahrheit gar kein Kapital, höchstens eine Reserve hatte: daher begegnete die Zeichnung der Aktien einem unüberwindlichen Mißtrauen und es dauerte fast ein Jahr, bis sie vollendet war. (Fortsetzung folgt.)
Ein Wort über Töchtererziehung.
Wer die Geschichte der Frau schreiben wollte, müßte damit anfangen, die Geschichte der Töchtererziehung gründlich zu studiren, um so sich in den Stand gesetzt zu sehen, die vielen dunklen Punkte in der Geschichte des Weibes und dessen Stellung in der Gesell- schaft zu klären und aufzuhellen. Inwieweit jene Schranken, welche wir noch heutzutage gegen die Gleichstellung der Frau mit dem Manne aufgerichtet sehen, natürliche oder künstliche Schranken sind, darüber läßt sich nach Herzenslust streiten; das eine ist nur gewiß, daß unsere heutige Töchtererziehung trotz allen Verbesserungen, die sie erfahren, nicht allein nicht alles thut, was sie könnte, um diese hemmenden Schranken zu ent- fernen, sondern in ihren falschen Seiten dieselben Schranken eher festigt und verstärkt. Es ist eine von den bedeutendsten Pädagogen und Aerzten getheilte Meinung, daß es unsre Töchter- erziehung nicht sowohl die körperliche, als die geistige ist, welche einen großen Theil der heutigen Frauen unfähig zur Erfüllung selbst ihres natürlichsten Berufs, des der Mutter, macht, und es muß dem noch hinzugefügt werden, daß jede radi- kale Verbesserung in der sozialen Lage der Frau in gewissen falschen Seiten unserer Töchtererziehung einen geheimen, deshalb aber nicht weniger entschiedenen Hemmschuh findet. In einem durch denDeutschen Jugendschatz" seinerzeit ver- öffentlichten Artikel des Verfassers überHäusliche Erziehung" wurde die Hand der Eltern nur flüchtig auf die klaffcndste Wunde der Töchtererziehung gelegt, nämlich auf die künstlich gesteigerte und begünstigte Ueberwucherung des Gemüthes und die gänzlich falsch verstandene Pflege desselben bei jungen Mädchen.   Der Gegen- stand ist von der größten Wichtigkeit und die Töchtererziehung eine Angelegenheit, die, weit über ihren Rahmen hinaus, in das Geschick der kommenden Generationen mächtig eingreift; und so sei es mir denn noch einmal vergönnt, darauf zurückzukommen, die Bestrebungen einer falschen Richtung in ihren Resultaten zu beleuchten und dann über Zwecke und Mittel einer zeitgemäßen Töchtererziehung zu sprechen. Die Erziehung überhaupt ist nichts in sich Abgeschlossenes und Vollendetes; sie muß vielmehr, wie jede andere Wissenschaft, in jeder neuen Epoche ihre Wiedergeburt bsgehen. Es ist wahr, daß sie ihre Aufgabe darin findet, den Menschen zu bilden, aber nicht einen beliebigen, sondern grade denjenigen, welchen die treibenden Gedanken, die bestehenden Verhältnisse, die erkennbaren Strebungen und Ziele der Zeit erfordern. Und so wenig sich vom Schreibtisch ans eine Welt oder ein Reich regieren lassen,
ist es möglich, nach alten verblaßten Schablonen und hohlen Theorien unsere Kinder zu nützlichen und glücklichen Weltbürgern zu erziehen. Unabsehbare Gebiete haben sich dem menschlichen Geiste erschlossen, selbst die längst bekannten Dinge sprechen eine ganz neue Sprache zu uns, die geistige Substanz der Menschheit, die Ansprüche, Wünsche und Bestrebungen derselben und damit die Vorstellung von dem Ideale, das der einzelne in sich möglichst verwirklichen soll, haben sich verändert, bereichert, gesteigert. Erziehung und Bildung müssen in dem Boden ihrer Zeit keimen und blühen, und wahrhaft gebildet ist nur der, welcher im stände ist, gleichermaßen seinem natürlichen Berufe nachzukommen wie die Ideen seiner Zeit zu verstehen und an den Aufgaben der mit- lebenden Menschheit mit bewußter Einsicht mitzuarbeiten. Schlecht erzogen und ungebildet ist der, dem jedes Verständniß für die Forderungen seiner Zeit fehlt und der sich allein und nicht auch der Gesammtheit anzugehören glaubt. Und erfüllt unsere heutige Töchtererziehung auch alles, was man von ihr fordern kann? Hat sie gleichen Schritt mit den Anforderungen der Zeit und des Geschlechts gehalten? Nein. Groß sind in der That die Veränderungen und Verbesserungen, welche die Töchtererziehung in unseren Tagen erfuhr, aber die- selben können nicht wirken und helfen, solange zuhause einer Erziehungsmethode gehuldigt wird, der zufolge eben das Weib sich durch Jahrtausende im Kampf um das Dasein geschwächt und gelähmt fühlte, einer Erziehungsmethode, die in zwei Worten ihr Programm entwickelt: Tödtung des Verstandes, Herrschaft des Gemüthes. Uebermacht des Gemüthes heißt Ueberreizung der Nerven. Je mehr wir uns den Empfindungen des Augenblicks hingeben, die ja nichts anderes als wechselnde Nervenaffekte sind, desto geringer wird der Einfluß des Verstandes auf uns, desto leichter werden wir zu Sklaven der wechselnden Nervenstimmungen, der Leidenschaften werden. Je kräftiger die Nerven, um destoweniger werden sie die Herrschaft über uns an sich zu reißen suchen; je kräftiger der Verstand, um destoweniger wird er sich geneigt zeigen, seine Herrschaft über uns den Nerven abzutreten. Kräftigung des Verstandes, Kräftigung der Nerven, das heißt Beschränkung der Gemüthsherrschaft, sollte also das Ziel jeder vernünftigen und speziell der Töchtererziehung sein. Aber man entgegnet darauf: Bei den Frauen wird immer das Gemüth vorherrschen und den Verstand zurückdrängen; dies liegt in der Natur des Weibes und gegen die Natur kann auch die Erziehung nichts ausrichten____ Als ob die Natur und nicht viel eher die