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zelnen mit allen übrigen macht, daß jede Monade sich auf alle andern bezieht, und daß sie mithin ein lebendiger und beständiger Spiegel des Universums ist. Die Monade ist aber ein lebendes Individuum, welches nicht durch äußern Einfluß diese Vorstellung empfängt, sondern aus sich selbst, dieser ihr Begriff seßt die Existenz ähnlicher Wesen voraus, mithin kann sie auch nicht allein gedacht, vorgestellt werden. Eine Monade, weil sie im Zusammenhang mit allen in der Welt eri­stirenden steht, stellt alle übrigen vor, sie ist also ein Mikrokosmos, d. h. die Welt im kleinen. Liegt im Begriff der Individualität zugleich die Verschiedenheit aller Wesen, so auch deren Ungleichheit. Ist jedes Individuum ein Mikrokosmos, so kann es auch nur das Weltall ent­sprechend seiner Kraft und seiner Anlage vorstellen. Je höher es organisirt ist, desto flarer diese Vorstellung, je niedriger, desto unflarer. Im Menschen läßt sich deshalb das Ganze besser erkennen, als in der Pflanze und im Thier. Ganz klar ist jedoch der Makrokosmos in feinem Wesen vorgestellt, da alle noch beschränkt sind. Alle Monaden streben verworren nach dem Unendlichen, nach dem Ganzen," sie müssen streben, weil sie kräftige Naturen sind, daher die Entwicklung und die klare Vorstellung, daher niedere und höhere Wesen. Wie es nach Leibniz in der Entwicklung keine Sprünge, so gibt es in der Stufenreihe der zahllosen Lebewesen keine Lücke, sondern ein allmäliches Aufsteigen. ( Schluß folgt.)

Eine Urwaldlandschaft mit Bewohnern.( Bild S. 420-21.) Wir führen die Leser in das waldreiche Tiefland Venezuelas ( Süd­ amerika ) und lassen sie einen Blick in das tropische Thier- und Pflanzen­leben thun. Unsere Abbildung veranschaulicht eine Urwaldszene an den Ufern des Rio Eskalante, eines Flusses, welcher auf den Kordilleren von Merida entspringt, die Zuliaebene durchströmt und in den See von Maracaibo mündet. Die Ueppigkeit und Großartigkeit der Vege­tation spottet jeder Beschreibung. In der nur von wenigen Verkehrs­wegen durchschnittenen Urwaldswildniß haben tausende von verschiedenen Thierarten ihre Heimat. In den ersten Morgenstunden, wenn der sich durch den mauerartig dichten Urwald windende Rio Estalante noch in tiefem Schatten liegt, zeigt sich eine so bewegte Szenerie, daß man kaum weiß, wohin man zuerst die staunenden Blicke wenden soll. Bei jeder Flußkrümmung bieten sich dem Auge neue, prachtvolle Pflanzen­gruppen und neue Thiere. Jeder Baum scheint belebt zu sein und ein unnachahmliches Thierkonzert ertönt ringsumher; das Geschrei der Araras und anderer kleinerer Papageiarten, welche emsig in den Kronen der Bäume Nahrung suchen oder in Gesellschaften den Fluß freuzen, mischt sich ohrenzerreißend in die verschiedenartigsten Stimmen einer Menge anderer Vögel. Zuweilen erschallt das dumpf im Wald widerhallende Gehämmer verschiedener Spechtarten, und aus dem Schilf ertönt die eigenthümliche Stimme des Trompetervogels wie trommelndes Geräusch zu uns herüber; dazwischen vernehmen wir den lauten, lang= gezogenen Schrei der Wehrvögel, die paarweise über dem Wald kreisen. Das Schilf und andere Wasserpflanzen sind belebt von verschiedenen Arten von Wasserhühnern, Rallen und anderen Sumpfvögeln. Eine reizende, immer wieder anziehende Unterhaltung bieten die ungemein häufigen Jassunas, Sporenflügler, die blißschnell über die großen schwimmenden Blätter der Wasserpflanzen dahinlaufen und dabei un­aufhörlich schreien. Das angenehmere, fast singende Pfeifen der Hoffo­vögel im tiefen Waldesdunkel erregt die Jagdlust, denn die fast truthahn­großen Hokkos liefern einen vorzüglichen Braten, was man von den wenigsten Bewohnern des tropischen Urwaldes behaupten kann. Vor uns im Wasser erblicken wir einen riesigen Baumstamm, der ein wahres Gewirr von Schling- und anderen Pflanzen mit sich führt, wie eine schwimmende Insel dahertreibend und besezt von einer großen Anzahl weißer Silberreiher, welche sich von dem dunklen Hintergrund ungemein effektvoll abheben. Eine Gesellschaft rosafarbener Löffler zieht plöglich über den Wasserweg hinweg und fesselt unsere Blicke, solange wir den Zug verfolgen können. Von der Sonne beschienen, hebt sich der rosa­farbene Streifen, welchen der Zug bildet, prachtvoll von dem tiefblauen Himmel ab. Nicht gar weit von uns zeigen sich mehrere dunkle Punkte, welche scheinbar wie Baumstümpfe aus dem Wasser ragen; es sind die hier häufigen Kaimans( amerikanische Krokodile). Sobald wir näher kommen, verschwinden sie unter dem Wasser. Plößlich werden wir vom andern Ufer her durch einen dumpfen Fall ins Wasser, dem schnell hintereinander noch mehrere folgen, fast erschreckt; es sind sogenannte Wasserschweine, Capybaras, die größten Nagethiere, welche sich wahr scheinlich vor dem Angriff einer Ünze ins Wasser retteten. Die Unzen selbst bekommt man nur sehr selten zu Gesicht, obgleich sie neben mehreren anderen kleineren Kazenarten ziemlich zahlreich in diesen Wäldern hausen. Auch der nicht sehr seltene Tapir entzieht sich meist den Blicken des Reisenden. Nicht nur die Formen und Töne, sondern auch die Farben dieser vielgestaltigen Pflanzen- und Thierwelt sind es, welche den Reisen­

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den immer und immer wieder anregen. Ungemein groß ist die Zahl der grellfarbigen Vögel, unter denen besonders der schwarz- und gelbgefärbte Arrendajo durch sein lebhaftes Wesen und durch das unaufhörliche Pfeifen und Zwitschern sich auszeichnet. Er hat seine großen, beutelförmigen Nester an den äußersten Enden der über den Fluß sich neigenden Aeste befestigt und scheint mit seinen Gesellschaftern in immerwährendem Streit zu liegen. An den Orchideen und Bromelien und an den ran­kenden Gewächsen, welche, um Lianen gewunden, bis auf die Wasser­fläche herabhängende herrliche Guirlanden bilden, treiben die Juwelen unter den Vögeln, die Kolibris, ihr graziöses Spiel; gedankenschnell schwippen sie von einer Blüthe zur andern, kleine Insekten erhaschend. Zuweilen entdeckt das geübte Auge des Waidmanns einen ruhig im Gezweig sizenden goldgrün glänzenden Trogon, oder großschnäbelige Pfefferfresser lassen ihren lauten Ruf Dios te ertönen. Selbstver­ständlich fehlt es bei dieser Schöpfungsfülle nicht an Stegreifrittern, an großen und kleinen Raubvögeln. Sie sind die Regulatoren im Haushalt der Natur. Dort auf dem Gipfel eines Urwaldriesen, eines breitästigen Akajoubaumes, thront der größte und stärkste aller befie­derten Räuber, die stolze Harpyie; wahrscheinlich hat sie ein in der Nähe befindliches Faulthier auf dem Korn, das, an einem Ast des Yagrumo hängend, durch sein Klagegeheul den unersättlichen Würger herbeilockte. Wir haben nicht Zeit, Verfolgung und Kampf zu beobach­ten, weil sich plößlich unsere Aufmerksamkeit einem neuen interessanten Schauspiel, den Klettervirtuosen unseres Bildes zuwendet. In dem Ge­zweig eines gigantischen Tamarindenbaumes, den der letzte Tornado ( Aequinoktialsturm) gespalten, erblicken wir eine Gesellschaft rothbrauner Brüllaffen, die sich an Lianen schaukeln, oder auf den Aesten tauern, oder langsam auf- und abklettern. Diese Vierhänder bilden mit dem Menschen die erste Ordnung der Säugethiere. Diese Anordnung ist nicht etwa die Folge der neuen darwinistischen Naturanschauung, sondern rührt bereits von den Naturforschern Buffon und Linné her, weil die Affen( Simiae) durch die Verhältnisse des Körpers, die Form des Kopfes und der Extremitäten die menschenähnlichsten Thiere darstellen. Wir müssen uns selbstverständlich nur auf die Schilderung der vor­liegenden Brüllaffenfamilie beschränken. Der Schädel dieser Spezies ist rundlich, und zwar überwiegt der Hirntheil den Kiefertheil und ist daher seine Form um so menschenähnlicher, je jünger das Thier, wel­chen Beweis das Aeffchen im Arme seiner Mutter im Vordergrunde unseres Bildes liefert. Der Hals ist kurz, dünn und rund; der Rumpf ist gestreckt und wie der des Menschen von oben nach unten zusammen­gedrückt, auch an der Brust mit zwei Zigen versehen, aber in der Gegend der Weichen stark eingeschnürt. ( Schluß folgt.)

Wissenschaftlicher Rathgeber.

Rothenburg . F. Mit Ihrer Erbittrung auf die Ameisen in Ihrem Garten gehen Sie durchaus fehl. 8war gehen die geschäftigen Thierchen hin und wieder auch an süßes Obst, wie sie den Honigsaft mancher Pflanzen, Bucker, Syrup u. dgl. nicht grade verschmähen. Dafür speisen sie aber auch Regenwürmer, Raupen und allerlei anderes schädliche Kleinvieh, dem Sie im Garten mit mehr Recht gram sind. Daß Sie die Ameisen an den Obstbäumen gefunden haben, deutet auf Bevölkerung dieser Bäume mit Ungeziefer, wahrscheinlich mit Blattläufen oder den noch gefährlicheren Blut- und Schild­läusen hin, eine Sippe, welche sich außerordentlich rasch vermehrt, aber von den Ameisen grimmig verfolgt wird. Die Läuse werden von des Ameisen gewissermaßen gemolten und zwar thun diese das oft bis zum Tode ihres Melkviehs. Freilich, wenn Sie ein Ameisennest an der Wurzel eines Baumes angelegt finden, so werden Sie gut thun, es zu zerstören, weil durch die Thätigkeit der Ameisen alsdann meist die Saugwurzeln des Baumes blosgelegt und dadurch an der Aufnahme der nothwendigen Nahrung ver hindert werden. Berjagen können Sie die Ameisen, wo es eben durchaus unumgänglich ist, durch stinkende Fische oder Kerbel, Tabaksblätter, Petersilie, Wermuth, Theer, Thran, frische oder getrocknete Hollunderblüten, Kampher, Ruß u. s. w. Wollen Sie einen Bernichtungskampf führen, so graben Sie die Nester um und gießen dann heiße Lauge auf die Stelle.

Berlin . Frau A. B. Ein bequemes Mittel zur Untersuchung des Wassers auf seine Brauchbarkeit als Trinkwasser, wie es in jeder Haushaltung an= gewendet werden kann, gibt Dr. Koller in der würzburger ,, Gemeinnüßigen Wochen­schrift" an; danach bereite man sich eine Lösung von einem Theile Tannin, wie Sie es in jeder Apotheke erhalten, in einem Theile Weingeist und vier Theilen Wasser und filtrire die nicht flare Lösung. Von der filtrirten Lösung sege man einen Eßlöffel voll zu einem gewöhnlichen Trinkglase voll des zur Untersuchung bestimmten Wassers. Jede sogleich oder nach einigem Stehen eintretende Trübung weist auf die mehr oder weniger reichliche Anwesenheit von organischen Stoffen im Wasser hin, welche seine Benugung als Genußmittel unzulässig oder schädlich machen.

Eisenach . W. S. Die sogenannten Holzböcke sind allerdings höchst lästige Schmaroger; aber so grausam gegen Sich selber brauchen Sie doch nicht zu sein, wenn Sie ein Insekt, das sich irgendwo an Ihrem Körper festgesaugt hat, wieder los sein wollen. Der Holzbod oder die Bede ist eine ziemlich große glatte Milbe mit einem hornigen Rückenschilde auf dem Borderleib und einem meist faltig erscheinenden, un­gemein ausdehnbaren Hinterleibe. Das Festsaugen findet statt mit einem Rüssel, mittels dessen er sich so voll Blut saugt, daß das ursprünglich nur ein bis zwei Linien lange Insekt bis zur Größe einer Bohne oder Haselnuß anschwellen kann. In keinem Falle hat man nöthig, diese frechen Blutsauger, wie Sie ,,, buchstäblich aus dem Fleisch heraus­zugraben"; ebensowenig darf man sie gewaltsam losreißen wollen, weil dann der Kopf

häufig fißen bleibt und Eiterungen hervorruft. Dagegen fann man sie mit Del, Salz­wasser, Tabaksaft und Branntwein zum Loslassen zwingen und durch Benzin augen­blicklich tödten.

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Snhalt. Idealisten, von Rudolf Lavant ( Fortseßung). Ueber die Lösung eines zweihundertjährigen physikalischen Problems, von Rothberg- Lindener. Der Heros des Gründerthums, von Dr. A. Mülberger( Fortseßung). Irrfahrten, von 2. Rosenberg( Fortsetzung).- Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph v. B......( Fortsetzung). Gottfried Wilhelm von Leibniz ( Fortsetzung). Eine Urwald­landschaft mit Bewohnern( mit Illustration). Wissenschaftlicher Rathgeber.

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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser in Leipzig ( Südstraße 5).- Expedition: Färberstraße 12. II. in Leipzig . Druck und Verlag von W. Fink in Leipzig .