Aus den 273 Seiten, welche Zöllner im ersten Bande seiner wissenschaftlichen Abhandlungen den„ Wirkungen in die Ferne" widmet, ist zwar seine eigne Ansicht über die Gravitation nirgend positiv ausgesprochen, sondern er zitirt nur diejenigen anderer, aber mit der ihm eignen Geschicklichkeit, die einfachsten Dinge zu verwirren, spitt er die Frage auf einen Gegensatz zu dem alten scholastischen Saße zu: corpus ibi agere non potest, ubi non est( ein Körper kann nicht dort eine Wirkung ausüben, wo er nicht ist), indem er an Stelle der letzten Worte sezt: ubi est ( also: ein Körper kann nicht dort wirken, wo er ist). Er findet nun den Kern in der Beantwortung der Frage: wo existirt ein Körper? und gibt uns darauf die wortklauberische und orakelhafte Antwort: ein Körper existirt dort, wo unser Verstand einen Theil der von ihm erzeugten und an uns oder andern Körpern wahrgenommenen Wirkungen hinverseßt". Wir hingegen erWir hingegen er lauben uns, sowohl die alte scholastische These, als auch Zöllners Antithese für eitles Staubwirbeln zu erklären und bemerken, daß wir durch unsere gesunden( nicht an Hallucinationen leidenden) Sinne den Ort eines Körpers in der Nähe ganz genau zu bestimmen verstehen, und daß für größere und größte Entfernungen
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die Herren Geometer und Astronomen das Geschäft mit aller wünschenswerthen Annäherung an Genauigkeit besorgen. Demnächst beantworten wir im nüchtern naturwissenschaftlichen Sinne die den wahren Kern bildende Frage: was ist unter Ausüben von Wirkung" durch einen Körper zu verstehen? dahin, daß es gleichbedeutend sei mit übertragen von eigner Bewegung( Energie) auf einen andern Körper. Es ergibt sich, daß diese Wirkung eines Körpers bei Berührung auf einen benachbarten ausgeübt wird, sowie daß durch weitere Vermittlung von Nachbar zu Nachbar diese Wirkung in die Entfernung übertragen werden kann. Wird nun durch die vermittelnden Körper oder die vermittelnde Materie( das Medium) die Bewegung in unveränderter Form bis auf einen solchen Körper fortgeleitet, wo sie eine qualitative oder Formveränderung erfährt( oder Arbeit leistet), so können wir auch in strikt wissenschaftlichem Sinne von einer Fernwirkung zwischen dem ersten und letzten Körper in dieser Reihe reden. Und indem wir uns daran halten, hoffen wir, uns auch ferner des Sonnenscheins auf unserer Erde erfreuen zu können, ohne Besorgniß, daß unser Denken in Verwirrung gerathe! ( Fortsetzung folgt.)
Der Heros des Gründerthums.
Von Dr. A. Mülberger. ( Schluß.)
Schon bei seinem Eintritt ins Ministerium konnte sich Law feine Illusionen mehr darüber machen, ob das System zu halten sei. Aber noch war es Zeit, einen vorsichtigen Rückzug anzutreten und die unvermeidlichen Verluste wenigstens in bescheidene Grenzen einzuschränken dadurch, daß er die Kompagnie ihrem Schicksal überließ und für die Sicherheit der Bankzettel sorgte, für die der Staatskredit verpfändet war und deren bis zum 1. Januar 1720 wenigstens offiziell nicht mehr als für 1000 mill. 2. ausgegeben waren. Aber hier trug der Schwindler und verzweifelte Spieler den Sieg davon über den besonnenen Mann, und indem er die Kompagnie retten wollte, riß er beide, Kom pagnie und Staatskredit, in den gähnenden Abgrund. Nicht weniger als 1669 mill. Bankzettel wurden noch im Laufe des Jahres 1720 freirt, ungerechnet weitere 374 Mill., die heimlich und ungesetzlicherweise in Umlauf gesetzt worden waren, wahr scheinlich, um dem Hof gefällig zu sein und seiner Verschwendung Vorschub zu leisten. Der fabelhafte Kurs der Aktien von 20 000 2. konnte natürlich feinen Tag über die Bekanntmachung der Dividende aufrecht erhalten werden; doch sanken sie verhältnißmäßig langsam und wurden noch Mitte Januar zu 11-12 000 2. gehandelt. Aber gleichzeitig setzte sich die ungeheure Masse der Bankzettel in Bewegung, um bei der Bank gegen Metall umgetauscht zu werden. Diese Bewegung versuchte man anfangs durch kleine Mittel zu verlangsamen und als diese nicht verfingen, kamen die gewaltthätigen Erlasse gegen den Besitz von Metallgeld und ungemünztem Edelmetall, von denen schon die Rede war. Am 5. Mai 1720 sette ein Regierungsbefehl die Aktien der Kompagnie auf 9000 2. fest und verwandelte alle Quittungsbogen, Prämien und Effekten derselben auf den Fuß von 9000 L.: das Publikum sollte sich gewöhnen, die Aktien bei Zahlungen als Geld zu gebrauchen; das erleichterte allerdings ihre Cirku lation, vermehrte aber die ohnehin schon ungeheure Masse der Papiere noch um mehrere Milliarden. Am 21. Mai erschien Am 21. Mai erschien der verhängnißvolle Erlaß, der die Aktien auf 8000 2. herabsezte, die sich monatlich um 500 2. vermindern sollten, so daß man am 1. Dezbr. auf 5000 2. angelangt wäre. Ebenso sollten auch die Bankzettel von 10000 2. auf 5000 reduzirt werden. Die Wirkung dieses Erlasses war so erschreckend, daß die Regierung ihn, von ihren eignen Organen bestürmt, nach 6 Tagen zurücknahm, Law verhaften und die Bücher der Kompagnie untersuchen ließ. Allein man fand alles in schönster Ordnung und der verhaftete Law war im stande, aus dem Kopfe eine klare Uebersicht über die Situation und die einzuschlagenden Wege abzufassen. Selbst seine Feinde waren voll Bewundernng für den glänzenden und reichen Geist des Mannes. Er legte das Finanzministerium nieder, blieb aber Direktor der Bank und der Kompagnie. Auf seinen Vorschlag berief der Regent den alten verbannten Kanzler Agnesseau, der beim Volke beliebt war, wieder an die Spitze der Geschäfte und Law eilte selbst an den Verban
nungsort, um ihn zur Uebernahme der Siegel zu bewegen. Agnesseau ließ sich bereit finden, falls man keine gewaltsamen Finanzmaßregeln vornähme. Als er aber unterwegs über den Ruin so vieler Familien jammerte, bot ihm jener sein Vermögen. und 100 Millionen an, die der Staat nach Gutdünken für die Bedrängten verwenden sollte. Allein die brutalen Finanzedikte konnten nicht aufhören. Das gegen die Bankzettel einmal rege gewordene Weißtrauen wucherte fort, theils in der Entwerthung derselben, theils in den verzweifelten Versuchen, etwas Solides dafür zu kaufen: man warf sich auf Edelsteine und Perlen und als die Regierung das Tragen und den Besitz derselben verbot, kaufte man Landgüter zum drei- und vierfachen Preis, um nur etwas zu haben; man drängte sich mit Lebensgefahr an die Kassen der Bank, die seit Mitte Juli nur noch die 10- Livresscheine einlöste, um wenigstens diese ausgewechselt zu erhalten. Am 17. Juli blieben in einem solchen Gedränge drei Menschen todt auf dem Platz; es entstand ein Auflauf; Law flüchtete zum Regenten und das Volk, das seinen Wagen vor dem Portal erkannte, zertrümmerte diesen. Von da an nahm er keinen Antheil mehr an den Geschäften; jetzt hatte die alte Finanz wieder die Oberhand, in deren Maßregeln auch das schärfste Auge nichts anderes entdecken kann, als das Bestreben, auf dem schnellsten Wege wieder zu den Räubereien und Kniffen der Periode vor Law zurückzukehren. Was die Gegenwart erlebte, war so entsetzlich, daß der frühere verzweifelte Zustand noch als ein Glück erschien und das hat so lange nachgewirkt, daß noch 1771 Ludwig XV. in einem Finanzedikt sich und dem Lande Glück wünschte, daß jede Theorie und jedes System aus seinen Finanzen verbannt sei.
Alles übrige erregt geringeres Interesse. Die Regierung kaufte die kleinen Zettel von 10 Livres unter Hand auf, um das ärmere Volk nicht zur Verzweiflung zu bringen und reduzirte die großen. Man bekam z. B. für einen Zettel von 1000 2. nur 7 zu 100, und für einen Hunderter nur 7 Zehner; und wollte man endlich Baargeld sehen, so bekam man 2 L. für einen Zehner, hatte also schließlich 98 2. in Metall für 1000. Daneben schuf man eine 2/ 2- prozentige Staatsrente, indem man das reduzirte, unverzinsliche Papiergeld in eine niederzinsende Staatsschuld umwandelte, womit man am 10. Juni 1720 mit 1000 Millionen Kapital und 25 Millionen Rente den Anfang machte; später wurden noch 2- prozentige Staatsrenten und 4- prozentige lebenslängliche Renten geschaffen. Am 10. Oftober wurde die Unterdrückung sämmtlicher Bankzettel auf den 1. November festgesetzt. Endlich beschloß man noch einen tüchtigen Raub zu begehen, indem man wieder eine Visakommission einsetzte, welche im Durchschnitt ein Drittel der Bankzettel kassirte, und indem man eine Liste von 180 der sogenannten Mississipiens anfertigte, welche zusammen mit 188 mill. L. sich auslösen sollten dafür, daß sie im Börsenspiel so viel gewonnen hatten. Hätte man nun diesen Raub doch wenigstens dem Staatsschatz zugewandt! So aber