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Gelehrte an seinen Hof, sammelte Bibliotheken und gründete allenthalben Schulen; besonders liebte er Poesie und Architektur. Letzterer Liebhaberei verdanken wir die Erbauung der Gräber- oder Diamanten stadt Golkonda im Gebiete des Nizam( Fürst) von Haidarabad. Golfonda ist jetzt eine Ruinenstätte mit einer starken, wohlerhaltenen Festung auf einem granitischen Felsrücken, der als Gefängnißort und als Niederlage der Schäße des Nizams scharf bewacht wird. Wie einst die Schäße des Großmoguls Aurengzib an das Märchenhafte grenzten und in der ganzen Welt sprüchwörtlich geworden sind, so haben auch seine Nachkommen, die Nizams von Haidarabad, ihr Scherflein ins Trockne gebracht, worunter die Diamanten von Golkonda , die übrigens zu Partijal, einem verfallenen Ort an der Südgrenze, gefunden, und in Golkonda nur geschliffen werden, eine nicht unbedeutende, obwohl von den Reisebeschreibern oft übertriebene Rolle spielen. Achtzehnhun dert Fuß von dieser befestigten Schazkammer befindet sich in der Dede eine Gruppe von achtzehn großartigen Grabgebäuden der Könige aus der Kutab- Schahi- Dynastie, einer Seitenlinie der Aurengzibiden, die sich den bescheidenen Namen Alum Ghir( Ueberwinder der Welt) beilegten. Unter diesen stattlichen Kuppeln und Zinnen, die wie die meisten Baudenkmale im Orient stark zerfallen sind, ruhen die ,, Ueberwinder der Welt" von ihren Mezeleien und Haremsfreuden aus. Das Hauptmaterial, aus welchem diese Mausoleen aufgerichtet wurden, ist zumeist grauer Granit, hie und da Stuck und Porzellanziegel, auf deren blauem Grunde weißgestrichene Koransprüche angebracht sind. An jedes Mausoleum schließt sich eine Moschee an. Die frenelirte Mauer, welche die Königsgräber, die Schazkammer und das Gefängniß nmfaßt, hat 5 Kilometer im Umkreis und ist mit 84 Basteien versehen, wovon jede mit ein bis drei Kanonen beehrt ist, darunter einige von erstaunlicher Größe mit Rohren bis zu 8,74 Meter( 29 englische Fuß) Länge. Trotz der vermeintlichen Uneinnehmbarkeit dieser Veste wurde sie 1843 von den Engländern genommen und nur diesem Umstande verdanken wir die Kenntniß von Golkonda , dessen Betreten bis dahin jedem Giaur ( Ungläubiger) bei Todesstrafe verboten war. Der englische Afrikareisende Burton nennt diese Gräberstadt einen der interessantesten Ueberreste mohamedanischen Glanzes. Den Baustil der Grabdenkmäler in Golkonda kennzeichnet eine dekorative Ueberladung und gleich vielen anderen Moscheen enthalten sie Theile, die nicht zum Gebrauche bestimmt waren, sondern nur zum Gepränge angefügt sind. Auf einem länglichen oder viereckigen Unterbau ist die Kuppel aufgesetzt, beide Theile aus grauem Granit aufgeführt. Die Form der Kuppel wechselt von der Zwiebel bis zum Halbkreis. Der Ausaz an dem Unterbau ist jederzeit reich verziert. Der Unterbau ist einstöckig bei kleineren, zweistöckig bei größeren Mausoleen; er schließt nach oben bald glatt ab, bald ist er bekleidet mit speerähnlichen Binnen, viele sind auch mit Geländern in den verschiedenartigsten Mustern verziert, zuweilen verunziert. Im unteren Theile des Gebäudes ist regelmäßig ein Säulen gang angebracht, in Spizbogen auf einer quadratischen Basis, zu welcher bis zu vier Stufen emporführen. Die Wände sind weiß getüncht, zuweilen grün gemustert. Jedes größere Grab hatte seine Moschee oder eine Mussalla( Kapelle) und besteht meist aus einer gegen Osten sich öffnenden Halle mit einer Mihrab oder Gebetnische gegen Westen und einem Minaret( Gebetruferthurm) auf jeder Seite. Diese Minarete sind durchgehends von gleicher Bauart; Kuppel und Halsstück sind stets eine Moschee im kleinen, der Schaft ist entweder rund oder vielfantig und von einer oder zwei Galerien unterbrochen; viele dieser Minarets sind Spielzeuge des Baumeisters und waren niemals zum Gebrauche der Gebetrufer mit Treppen versehen. Die schönsten dieser Mausoleen sind das Grabdenkmal des Sultan Abdallah Kutb Schah, in der Mitte und zwar im Hintergrunde unseres Bildes gelegen. Von ähnlich großartig schönen Bauverhältnissen zeigt das Grabmal seiner Mutter Fatinah, links im Hintergrunde unseres Bildes. Das Grabmal in der Mitte des Vordergartens, welches außerhalb der Umfassungsmauern steht, und die Gebeine des Erbauers von Haidarabad ( Löwenstadt) birgt, zeichnet sich durch edle Einfachheit aus; andere sind überladen mit Stuck oder mehr gekünftelt als künstlerisch. Diese drei Mausoleen sind auch der orientalischen Sitte zuwider nicht verfallen, sondern Maurer bessern die Vierung aus, eine Sorgfalt, welche Haidarabad mit andern mohamedanischen Staaten nicht theilt. Das Innere der Grabdenkmäler ist mit sich schneidenden Bogen in unendlicher Mannichfaltigkeit ausgeführt und erinnert an die Gräber der Mameluken vor dem Siegesthore in Kairo ( Aegypten).( Schluß folgt.)
Eine Urwaldlandschaft mit Bewohnern.( Schluß.) Ein wesent liches Merkmal aller Affen, das sie von den Menschen scheidet, liegt in der Bildung der Hände und Füße. An ihren Hinterfüßen finden sich nämlich fünf Zehen, von welchen vier in gleicher Linie stehen,
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während die innerste einen den übrigen Zehen entgegenseßbaren Daumen bildet, welcher stets mit plattem Kuppennagel versehen ist, wogegen die anderen Zehen zuweilen Krallen tragen. Auch die Vorderfüße enden in eine ebenso gebildete Hand. Die vorderen Extremitäten sind länger als die hinteren, welche ebenso wie das Becken und die Wirbelsäule bei keinem Affen, wie beim Menschen, zum aufrechten Gange eingerichtet find. Die Schenkel sind zu dünn und ihre Muskulatur ist zu schwach, als daß sie für sich allein und auf die Dauer den Körper zu tragen vermöchten, wie dies zum Aufrechtgehen erforderlich ist. Daher nimmt der Affe nur, wenn er dazu gezwungen wird, eine aufrechte Stellung an und vermag sich dann nur mit Hülfe eines Stockes darin zu erhalten. Seine natürlichste Ortsbewegung ist das Klettern, worin er faum von einem anderen Thiere übertroffen werden dürfte. Diese Geschicklichkeit beruht aber nicht nur auf der oben beschriebenen Einrichtung seiner Extremitäten, sondern auch in der Zuhülfenahme eines Wickel- oder Greifschwanzes. Mittels dieser feinbehaarten und sehr beweglichen Rückgratsverlängerung hängt sich der vierhändige Turner im Hintergrunde unseres Bildes an einem Baumaste auf und bringt sich durch Schaukeln in einen Schwung, der groß genug ist, um ihn, nachdem er sich losgelassen, über einen ziemlich großen Zwischenraum hinweg auf einen andern Baum gelangen zu lassen. Das graubraune Haarkleid, welches am Unterleib ins bläuliche und grünliche hinüberspielt, bedeckt den ganzen Körper, mit Ausnahme einzelner Stellen des Gesichtes, der inneren Handfläche und häufig des Gesäßes. Den Schluß der Affencharakteristik möge dasjenige Organ bilden, welches dem Brüllaffen nicht nur den Namen gegeben hat, sondern ihn auch zu einer wahrhaften Landplage stempelt. Besagtes Brüllorgan ist eine weite Knochenblase an dem Zungenbein, die von dem sehr hohen Unterkiefer beschützt wird, mit dem Kehlkopf in Verbindung steht und die Stimme ungemein verstärkt. Da alle Mitglieder einer Brüllaffenfamilie sich an dem Konzert betheiligen, so kann man sich das schauerliche Geheul dieser eigenthümlichen, unheimlichen und menschenscheuen Geschöpfe vorstellen, das man in der Nähe nur dann belauschen kann, wenn man sich schlau heranschleicht. Das nächtliche Miauen unserer Kaßen ist eine Orgelsonate gegen dieses pfauchende und zugleich zischende Heulen der jungen Brüllaffen, welches von dem Brummen und Grunzen der Alten begleitet wird. Sie scheinen alle Töne von der sehnsüchtigen Schwermuth bis zur rasenden Verzweiflung in ihr Register aufgenommen zu haben. Wie unsere Kazen bei den nächtlichen Zusammenkünften, schweigen auch die Brüllaffen zuweilen plößlich wie auf Kommando, dann hört man wieder, wie als Einleitung, kurze dumpfe Töne wie u, u, u, endlich fällt die ganze Gesellschaft, den heulenden Derwischen nicht unähnlich, mit kräftigem Gebrüll ein, daß es trommelnd und donnernd in den Urwald hineinschallt.
Gleichwie sich die Brüllaffen von ihren munteren Stammverwandten durch einen eigenthümlichen Ernst unterscheiden, mit dem sie ihre Konzerte aufführen, ebenso verschieden sind sie in Bezug auf Schnelligkeit der Bewegung. Wenn die ausgestellten Posten keine Gefahr wittern, klettert die vierhändige Konzertgesellschaft während ihrer Brüllproduktion langsam anf und nieder, zieht sich aber bei jeder feindlichen Annäherung vorsichtig in das Innere des Waldes zurück. Gleicher Vorsicht befleißen sich auch die Ameisenfresser, Beutelthiere, Waschbären und Wickelbären. Diese Schilderung paßt, wie schon oben angedeutet wurde, nur für die Morgenstunden. In den heißen Mittagsstunden herrscht eine fast unheimliche Stille, ja, man reitet weite Strecken, ohne einen Vogel oder ein Säugethier zu erblicken. Um so zahlreicher ist um diese Zeit der Weg von Insekten belebt, besonders von grellfarbigen Schmetterlingen, welche zu vielen tausenden umherfliegen und die feuchten Stellen am Wege aufsuchen. Es gewährt einen seltsamen Anblick, wenn man durch eine solche von unzähligen Schmetterlingen bedeckte Stelle reitet, die dann, aufgestört, den Reiter in eine wahre Wolfe hüllen. Es gehört auch nicht zu den seltenen Unannehmlichkeiten, daß das Pferd vor einer auf der Straße in der Sonne zusammengeringelten Schlange erschrickt und, plößlich aufbäumend, den Reiter abwirft. Wenn die Sonne sinkt und schwarze Nacht sich über den Urwald breitet, wiederholen sich dieselben Szenen, wie am frühen Morgen. Dann beginnt das nächtliche Thierleben, und erst in voller Dunkelheit meldet sich die schrecklichste Plage der paradiesischen Tropen, die Wolke der blutgierigen Mosquitos, vor deren Biß weder der Rauch der Lagerfeuer, noch die dichteste kleidung zu schützen vermag. Wenn wir schließlich noch die fieberathmenden Sümpfe des tropischen Urwaldes mit ihrem scheußlichen Gewürm in Betracht ziehen, so gelangen wir zu der tröstlichen Erkenntniß, daß der Aufenthalt in den harzduftenden Fichten- und Tannenwaldungen der gemäßigten Bone für die Menschen ersprießlicher ist. Sänger unserer lauschigen Haine entschädigen uns troß ihrer unscheinbaren Farbe und Gestalt für alle Farbenpracht und Formenfülle der Dr. M. T. Tropen.
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Inhalt. Idealisten, von Rudolf Lavant ( Fortsetzung).- Ueber die Lösung eines zweihundertjährigen physikalischen Problems, von Rothberg- Lindener( Fortseßung). Der Heros des Gründerthums, von Dr. A. Mülberger( Schluß). Irrfahrten, von L. Rosenberg( FortStilistischer Unsinn auf dem Gebiete unserer segung). Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph von B......( Fortsetzung). Kunstindustrie( mit Illustration).- Gräberstadt in Golkonda ( mit Illustration). Eine Urwaldlandschaft mit Bewohnern( Schluß).
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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser in Leipzig ( Südstraße 5). Expedition: Färberstraße 12. II. in Leipzig .
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