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wohl mit diesem Faktor rechnen. Wenn nicht jetzt, so wäre ich doch später und vielleicht dann in viel unangenehmerer Weise für meine Entwicklung mit diesem Punkte in Berührung gekomUnd begegnet solches nicht allen Menschen? Allerdings kann ich mich mit der Menge nicht vergleichen und denen nicht nachahmen, welche weder Scharfsinn noch Moral genug besigen, um die Folgen eines Schrittes zu berechnen, zu dem sie nichts weiter als der sinnliche rohe Trieb treibt. Der Mehrzahl der Menschen, die bei den wichtigsten Dingen leicht sinnig genug ist, kann ich also nicht folgen, ohne Selbstmord zu begehen und nicht ewig dazustehen als ein Sünder, der sich stündlich selbst verdammt und bei dem Anblick seiner leichtfertigen Thaten die Schamröthe in seine Wangen steigen fühlt!
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D, ich werde schon alles ins klare bringen. Nur Zeit, nur Geduld! Vorläufig vermag ich es also nicht, an meinen Empfindungen eine Henkerarbeit zu verrichten, und wollte ich es, ich tönnte es einfach nicht. Tadele mich nicht und sei nachsichtig mit seinen Schwächen! Sind sie nicht menschlich? Du denkst vielleicht, daß ich in meinen Studien, nun innehalte und darum rückwärts gehe!? Nichts von alledem, mein Freund; ich arbeitete noch nie so eifrig und erfolgreich wie in dieser Zeit; noch nie bin ich so mit mir und meinen Fortschritten zufrieden gewesen, wie jetzt, wo mich der Gedanke beglückt, zu lieben und wiedergeliebt zu werden. Mein Auffassungsvermögen ist schärfer, exakter, eindringlicher, mein Schlußvermögen bei den wissenschaftlichen Arbeiten schneller und sicherer als früher. Und alles das verdanke ich diesen Gefühlen, die mich so mächtig ergriffen haben. Das alles verdanke ich Elisabeth! Wir hatten uns neulich, in der Abenddämmerung, noch in den Promenaden etwas ergangen. Sie kam von einer Freundin, vor deren Hause ich sie erwartete. Sie erzählte mir in bewegtem Tone von einer unglücklichen Familie, die sie habe kennen lernen. Der Mann war in einer Fabrik zu Schaden gekommen und nach einem Krankenhause geschafft worden; die Frau lag schwerleidend zu Bette, während die vier Kinder, hungernd und entblößt von dem Nöthigen, sich selbst überlassen waren. Das Elend ist groß," sagte sie zu mir; ,, die arme darniederliegende Frau fühlt das Schreckliche dieses häuslichen Elends und kann nicht helfen, nicht einmal aufstehen, um zu sorgen. Ich werde diesen Blick nicht vergessen, den sie mir schenkte, als ich an ihr Lager trat und sie nach Kräften zu trösten suchte, ihr Hülfe anbot und meine fernere Fürsorge versprach. Es lag in diesem dankenden Blicke eine ganze Geschichte voll Unglück, Verzweiflung, Entsagung, und ich konnte mich nicht enthalten zu weinen." Was fonnte ich hierauf sagen?- Ich sagte nachdenklich: " Ja, solcher Bilder findet man aller Enden, wenn man nur Augen hat, sie zu sehen. Ich kenne diese düsteren Gemälde, welche das Herz zerstechen und das Auge weinen machen. Aber wo liegt der Grund zu all' diesem Uebel? Kann man heilen, ohne zu wissen, wo die Krankheit entstanden?-D! Das ist kein Arzt, der Pflaster auf Wunden legt, wenn die Ursache die Krankheit innerer Theile ist. Das ist ein blöder Unwissender, der Ursache mit Wirkung vertauscht und zu helfen meint, während er das Uebel mit seinen verkehrten Medizinen verlängert. Wo liegt also der Grund?". Elisabeth bat mich weiter zu sprechen. ,, Der letzte Grund," fuhr ich fort, liegt in der Thorheit. Jugendmuthig, ohne Ziele und ohne Sorge schreitet der Mensch in das Leben hinein. Auf seine Kräfte wie auf Felsen bauend, verlacht er die Stimme des Alters, welche mahnt, langsam zu gehen und hauszuhalten mit dem Vorrath der Kraft. Denn auch den härtesten Stein höhlt der Tropfen. Es kommt ein Tag, wo man fizzt und klagt und das menschliche Mitleid zur Hülfe ruft. Die Jugend aber lacht und spottet; sie empfindet nur die Lust ihres sinnlichen Triebes und sieht die Glückseligkeit in deren Befriedigung. Jedes Menschen Streben ist nun wohl auf seine Glückseligkeit gerichtet, aber jeder Mensch
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sollte wissen, was die dauernde Glückseligkeit ausmacht; er sollte wissen, daß die Wonne eines Augenblickes oder weniger Augenblicke nur trügerisch sein kann, die, wenn sie bindend und folgenreich ist, das ganze Guthaben des Menschen an die Zukunft quittirt. So begibt sich die Menge, die von Tag zu Tag nur zu sorgen vermag, die weiter nichts besitzt, als vielleicht einen kräftigen Arm, einen guten Willen und einen fröhlichen Muth, unbesonnen in den Ehestand, unbekümmert, ob nicht eines Tages das Nothwendigste fehlt, der kräftig schaffende Arm erschlafft und unfähig wird, sich je wieder für die Seinen zu regen. Der Mensch lebt dann dahin, gebrochen, zerknickt, nun jeder guten Hoffnung beraubt und hat seine Thorheit zu büßen von einem Morgen bis zum andern Morgen, endlich zermalmt von der Wucht der Sorgen und verzehrt von dem gefräßigen Ungeheuer: Noth! Das sind die Existenzen, von denen du eine soeben hast kennen lernen, deren Geschick du soeben beweintest und denen du gefällig Trost und Hilfsmittel gespendet hast." ,, Est ist wohl Thorheit," entgegnete Elisabeth, die den Menschen in das Elend führt, aber es ist eine menschliche Thorheit. Ich finde nicht so schweren Tadel daran. Ich bedaure die Armen, ich bemitleide sie. Was haben sie denn Gutes vom Leben, als ihr Familienglück, als das Streben, sich einen Herd zu bauen und sich in Liebe zu vereinigen. Beruht in dem Streben nach Besitz eines geliebten Gegenstandes, in dem Bestreben, für denselben zu sorgen und ihn zu hüten, nicht die eigentlichste Glückseligkeit?- Nicht alle sind wie du nnd darum darfst du sie nicht mit dir vergleichen. Urtheile menschlich! Daß nur wenige auscheinend Glückseligkeit genießen, daß die meisten schon nach einem kurzen Trunk aus dem Becher des Glückes zu Boden sinken und auf den ferneren Genuß Verzicht leisten müssen, das ist bedauernswerth, ein böses Geschick!" Die Dunkelheit des Abends hatte Elisabeth den Muth, verliehen, so mit mir zu sprechen. Ich sah ihr Antlig nicht recht, aber ich merkte an dem Ton der Stimme ihre ganze Theilnahme. Ich war seltsam bewegt von ihren Worten, und erst nach einigen Augenblicken fand ich das Wort wieder: " Du hast recht, aber ich hatte meine Gedanken noch nicht völlig zum Ausdruck gebracht. Ein böses Geschick? Was ist ein böses Geschick? Die Folge einer That nicht berechnen, auf gutes Glück nur seine Zukunft bauen! das sind die Ursachen. Wir haben somit nur einen andern Ausdruck für Thorheit, aber einen Ausdruck, der den Grund verhüllt, denn der Mensch lebt unter Menschen, er ist von ihnen abhängig, er ist dem großen Ganzen unterthan! Was ihn beherrscht, sind die Verhältnisse seiner Umgebung und der Allgemeinheit; diesen Rechnung zu tragen macht ihn flug, diese in ihre Ursachen und einzelnen Fattoren zu zerlegen, sie zu erkennen, anderer Bedürfnisse sich nutzbar machen, das ist Weisheit. Und der ist ein Thor, welcher die aufgestellten friedlichen oder feindlichen Schranken, nur seiner eigenen Natur folgend, durchbricht! Es soll der Staat allen seinen Bürgern die Pfade zur Glückseligkeit ebnen helfen und denen eine Schranke entgegensezen, welche dieses oberste Prinzip alles Menschenthums verleugnen. In einem echten wohlgegründeten Staate sollte die Glückseligkeit des Einzelnen die Bedingung zum Bestande des Ganzen sein. Und heute? Und wie war es seither? Ist es der Menschennatur inneres Bedürfniß, jene geschlechtliche Ergänzung, so erfüllt unser heutiger Staat seine Pflicht schlecht, wenn er von den Bedingungen und Anforderungen dieses Bündnisses zwischen Mann und Weib, von denen Harmonie, Gesundheit und Wohlergehen des ganzen künftigen Geschlechts abhängt, sich abwendet, wenn es ihm gleichgültig ist, wie die junge Bürgerschaft sich entwickelt, heranwächst und in die Reihen der Kämpfer eintritt. Auf die Bedürfnisse der Menschen nur sollte der Staat gegründet sein, aber er ist es nicht! Er rottet nicht aus den Egoismus, das Laster, alle jene Leidenschaften, die der wahrhafte Mensch als der Menschheit verderblich verkündet!" ( Fortseßung folgt.)
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Dem Schicksal abgerungen. Novelle von Rudolph von B...... ( Fortsetzung.)
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es ist wahr, " Wahrhaftig nein, es ist doch ganz unmöglich, das kann doch nur so aussehen, da müßte ja in einer Viertelstunde schon ganz Unterwaltersdorf unter Wasser sein, - das ist ja furchtbar!" so klang es nach den
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Worten des Inspektors wirr durcheinander aus dem Munde der Männer. " Zweifeln wir nicht länger, Leute, der Harnisch und der Inspektor haben recht, das Wasser steigt in einer wirklich