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Europäer gefährlich werden kann und nur in der Machtentwicklung der Bulus im Süden von Afrika   ihres gleichen findet. Was die gegenwärtige Verbreitung der Fan- Neger betrifft, so bildet im allgemeinen das rechte Ufer des Ogoweflusses die südliche Grenze ihres Gebietes. Nach Westen hin haben sie die Küste des atlantischen Ozeans bereits erreicht, nach Norden dehnen sich ihre Wohnsiße bis zum 4. oder 5. Grad nörd­licher Breite aus, während sich in östlicher oder richtiger nordöstlicher Richtung hin keine Grenze angeben läßt. Der deutsche Afrikareisende Lenz, der die drei Fan- Neger bei der Schmiedearbeit gezeichnet hat, erzählt, daß sie ihre rindengedeckten Hütten mitten im dichtesten Wald, entfernt von den in jenen Gegenden einzigen Verkehrsstraßen, den Flüssen, errichten und schildert sie selbst als tapfer, ehrlich und nüchtern. Wer denkt nicht bei dieser Schilderung an die Germanen in der Auf­fassung des römischen Schriftstellers Tacitus  ! Die Schneiderrechnung macht den Fan- Negern nicht viel Sorgen. Als Bekleidung tragen die Männer nur ein kurzes Stück Zeug, das aus Baumrinde verfertigt wird. Die Kleidung der Frauen ist auch nicht sehr umständlich. Der hintere Theil des Körpers wird durch ein kleines Affenfell bedeckt, und ein kleines schmales Stück des erwähnten Rindenzeuges, oft auch nur einige Blätter, werden vorn umgehängt, sodaß Hüften und Schenkel völlig unbedeckt bleiben. Wie die Mehrzahl der Naturvölker verwenden auch die Fan- Neger, Männer wie Frauen, große Sorgfalt auf die Pflege des Haupthaares. Gewöhnlich sieht man rings um den Kopf der Frauen herum kleine dicke Zöpfe gedreht, von denen jeder einzelne mit dünnem Messingdraht umwickelt oder mit Glasperlen behängt ist; diese letzteren sowie Kaurischnecken( im Fanlande als Scheidemünze verwendet) werden vielfach in symmetrischen Reihen am Kopf befestigt; auch bildet man aus beiden Gegenständen Schnüre, die um den Leib getragen werden. Die Männer, kräftig und schlank gebaut, geben den Frauen an Eitelkeit nichts nach; die Haare, durch Einflechten von Thier­haaren vermehrt, werden von ihnen zu Zöpfen geflochten und auch die Kinnbärte künstlich verlängert. Sehr eigenthümlich ist dem ganzen Stamme der starre, stierende Blick, dessen Wildheit noch durch das Aus­reißen der Augenlider erhöht wird. Da der Fan- Neger keine Kleider trägt, kann er sich auch keinen Orden ins Knopfloch stecken. Um nun den Grad äußerlich zur Anschauung zu bringen, den man in der Gesellschaft einnimmt, werden verschiedene Einschnitte, die später ver­narben und mit Farben bepinselt werden, an der Brust, an den Armen und am Unterleib angebracht. Besondere Sorgfalt verwenden sie auch auf die Reinlichkeit der spißgefeilten Vorderzähne. Außer Kupfer- und Messingspangen, die beide Geschlechter an den Armen und Beinen tragen, sind bei den Frauen 5 bis 6 Zoll lange hölzerne Stäbchen als Schmuck beliebt, die sie in der durchlöcherten Nasenscheidewand sowie in den Ohrläppchen tragen. Die Hauptbeschäftigung der Fan- Neger ist, wie fchon eingangs bei der Vergleichung mit den alten Germanen erwähnt burde, Krieg und Jagd. Ihre Bewaffnung besteht zum großen Theil aus Feuersteingewehren, die von den französischen   und portugiesischen Faktoreien an der Mündung des Ogowe durch Tausch von einem Volk zum andern bis tief in das Innere von Afrika   gelangen. Messer und S hwerter, Streitärte und Speere verfertigen sie selbst und zwar nicht nur in dauerhafter, sondern auch in zierlicher Weise, denn die Schmiede­arbeiten der Fan- Neger stehen auf einer höheren Stufe, wie bei den übrigen Negerſtämmen. Die Küstenbewohner erhandeln das Eisen von den europäischen Kauffahrern, die im Innern des Landes wohnenden wissen es aus einem überall massenhaft vorkommenden thonigen Brauneisenstein herzigstellen. Der sinnreich geformte Blasebalg und Ambos auf unserem Bilde erinnern an dieselben Instrumente der rumänischen Zigeuner. Die Afrikaforscher Lenz, Magyar und Sansterre sprechen ihr Erstaunen darüber aus, bei Fan- Negern, die noch nie mit Europäern in Be­rührung gekommen waren, Holzkohlen, aus hartem Holze hergestellt, beim Einschmelzen der Metalle verwendet zu sehen. Das Schmiede handwerk steht bei allen Fan- Stämmen in hohen Ehren; gewöhnlich gibt es in einem Komplex von mehreren Dörfern nur einen Schmied, ber auch gleichzeitig Schmied und Medizinmann ist. Unser Gewährs mann Lanz erzählt, daß er den Blasebalg der Fan- Neger auch bei den Galloa- und Jeinga- Negern, die doch nichts von der Bearbeitung des Eisens verstehen, gefunden habe, in deren Fetischhäusern er unter aller­hand andern Gegenständen, wie Laternen, Gipsfiguren und blechernen Trichtern, gleich einem verehrungswerthen Gebilde aufgehangen war. Vor ndern Erzeugnissen der Kunst und Industrie findet man bei den Fan- Negern aus Holz, Knochen und Elfenbein zierlich geschnitte Löffel, ferner sinnreich fonstruirte Armbrüste, wemit sie kleine vergiftete Pfeile auf bedeutende Entfernung und mit großer Sicherheit schießen können, und sogar ein Musikinstrument, bestehend aus einem 4 Fuß langen Schaft, 4 aus einer Liane hergestellten Saiten und einer als Resonanz

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dienenden Calabasſe. Zu ihrem Ruhme müssen wir noch anführen, daß sie das einflußreichste Civilisationsmittel der europäischen Kauf­leute", den Rum, verschmähen. Sie haben kein irgendwie berauschendes Getränk, sie trinken nur Wasser, sehr selten Palmwein, und der ist im frischen, ungegohrenen Zustand und ohne Zusaz berauschender Stoffe völlig unschädlich. Damit haben wir die guten Eigenschaften der Er­oberer vom centralen Westafrika   erschöpft und müssen uns auch die Kehrseite ihrer Lebensgewohnheiten und sozialen Einrichtungen ansehen. Darunter gehört die Vielweiberei in erster Linie. Jeder Fan- Neger kauft sich so viele Weiber, als er eben bezahlen kann; als Kaufpreis dienen europäische Waaren, Knöpfe, Spiegel und Zündhölzchen  , und wenn es hoch hergeht, Schießpulver, Gewehre, Elephantenzähne und das für den Wilden sehr werthvolle Salz. Die Hochzeitsseierlichkeit beschränkt sich auf einen Tanz. Alles, was nur einigermaßen an Fleisch erinnert, vom Elephanten bis zur Ameise, wird von den Fan- Negern Flußpferde, Krokodile, Affen und Schlangen gelten als gegessen. Leckerbissen. Was aber diese Bewohner der üppigen Tropenzone in besonderen Verruf gebracht hat, ist die bis auf den heutigen Tag noch bestehende Sitte, ihre gefangenen und getödteten Feinde aufzufressen. Es ist durchaus nicht Mangel an Nahrung, welcher die Fan- Neger zu dieser greulichen Sitte oder Unsitte veranlaßt, sondern lediglich Wuth und eine gewisse grausame Lust, ihre Feinde so vollständig als möglich zu vertilgen. Schließlich wollen wir noch bemerken, daß die Hautfarbe dieser Menschenfresser durchschnittlich viel heller ist und manchmal stark ins gelbliche spielt, während die übrigen Neger des Dgowegebietes durchgängig eine dunkelchokoladenbraune Haut besißen. Dieser Umstand veranlaßt die Afrikaforscher zu der Annahme, daß die Fan- Neger aus den nordöstlichen Nilländern Afrikas  , vielleicht aus Nubien  , nach dem centralen Westafrika   eingewandert sind, und liefert den Beweis, daß der Hunger die Menschen nicht nur in Asien  , Europa   und Amerika  , sondern auch in Afrika  , dem Lauf der Sonne folgend, nach Westen treibt. Der Hunger, die Haupttriebfeder der menschlichen Thätigkeit, folglich auch der Kultur, der einst die Arier, Semiten und Mongolen nach Westen trieb und heute noch die Europäer zur Auswanderung nach Amerika   treibt, war auch die traurige Veranlassung des Sklaven­handels, welcher die Neger gegen ihren Willen von Afrika   nach Amerika  brachte. Vielleicht treibt der hohläugige Geselle mit der nimmermüden Geißel die Menschen dereinst aus dem übervölkerten Amerika   über den Stillen Ozean nach dem Urheim der Menschheit, nach der nördlichen Abdachung des Himalaya  , um die Rundfahrt von neuem zu beginnen. Immer nach Westen!

Dr. M. T.

Auf falscher Fährte.( Bild Seite 569.) Die Schule ist beendet. Kaum hat der gestrenge Herr Bakulus den Rücken gewendet, um im Schoße seiner Familie die Sorgen des Schultyrannen abzuschütteln, so wälzt sich die hoffnungsvolle Dorfjugend gleich einem gestauten Strom, der seine Dämme durchbrochen, auf die Straße hinaus, um durch Balgerei für körperliche Ausbildung zu sorgen. Im Widerspiel der Kräfte entwickeln sich die Charaktere der fünftigen Patrizier und Ple­bejer. Hiesel und Sepp, obzwar Brüder, führen die beiden Parteien zum Kampfe. Die fleine Lisi, ihr Schwesterchen, möchte gerne den Frieden vermitteln, aber sie riskirt für ihre diplomatische Intervention einen Buckel voll Schläge und so zieht sie denn neutrales Schweigen vor. Schon ist die Wahlstatt mit zerbrochenen Schiefertafeln und zer­riffenen Schreibheften besäet und mancher Schopf in Unordnung ge­bracht, da erscheint der Schulmeister auf dem Kampfplatz und sein zor­niger Zuruf treibt die Buben wie gescheuchtes Hühnervolk auseinander. Sepp, Hiesel und Lisi haben sich auf wilder Flucht im Hofe der Dorf­schenke zusammengefunden. Leider hat sie der Kobold Zufall auf eine falsche Fährte gelockt. Alwin Klekser, ein junger Maler aus der Resi­benz, hat hier seine Staffelei aufgestellt, um die in Wald und Flur gesammelten Landschaftskizzen auf der Leinwand zu fixiren, doch auch er ist auf falscher Fährte, denn wie jeder männiglich auf unserem Bilde sehen kann, tritt er statt in Raphaels, in Don Juans Fußstapfen und hält statt dem Pinsel das Kinn der drallen Kellnerin in der Hand. Die drei Kinder stehen einen Augenblick vor dem Bilde, im nächsten o Grauen die Wolken grün zu ergreift Sepp den Binsel, um bekleksen und dem saftigen Rasen eine blaue Schattirung zu geben. Hiesel und Lisi sehen dem kecken Beginnen sprachlos zu, bis alle drei ein kräftiger Fluch des Malers aufschreckt. Mit einem Satz stürzt Herr Klekser in den Hof und greift nach dem in der Ecke stehenden Riesenpinsel, den man im gewöhnlichen Leben Besen nennt, um die Uebelthäter für die Verunglimpfung seines Bildes zu züchtigen, aber trotz seiner Schnelligkeit hat er doch nur das leere Nachsehen.

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Dr. M. T.

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Bäume,

Ueber die Lösung eines zweihundertjährigen physikalischen Problems, von Inhalt. Idealisten, von Rudolf Lavant  ( Fortsetzung). Rothberg- Lindener( Fortseßung). Betrachtung über die Gesundheitspflege des Volkes, von Dr. Eduard Reich( VI. Pflege der Muskeln). Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph von B......( Fortseßung). Irrfahrten, von Ludw. Rosenberg( Fortsetzung). die in den Himmel wachsen wollten. Ein zeitgemäß' Wörtlein in der Blüthenepoche des Größenwahns, von Theodor Drobisch  ( Schluß). Fan- Neger bei der Schmiedearbeit( mit Illustration). Auf falscher Fährte( mit Illustration). Der XI. deutsche Feuerwehrtag in Dresden  .

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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Südstraße 5). Expedition: Färberstraße 12. II. in Leipzig  . Druck und Verlag von W. Fink in Leipzig  .