einer kleinen Wohnung herabgelassen, wo die Gattin des Schau­spielers Lorging der Stunde entgegensah, die einem Kindlein das Leben schenken sollte.

Mit einem innigen Kuß nahm der Gatte auf ein paar Stunden Abschied von seinem lieben Weibchen, er mußte fort in das Theater, er mußte Komödie spielen. Als er zurückkehrte, begrüßte ihn die Kindsfrau mit den Worten: Ein Junge, ein prächtiger Junge!" Ihm war ein Sohn geboren worden, an dessen Wiege unsichtbar die komische Muse und der Genius der Ton­kunst standen, die ihn hold anlächelten.

Von seinen Eltern frühzeitig zur Musik angehalten, genoß der junge Lorking den ersten Unterricht bei Rungenhagen, wo er schon in seinem zehnten Jahre die Bürgschaft" von Schiller  für Singstimme und Pianoforte komponirte. Sein späteres Schaffen brachte Lieder, Tänze und Klavierstücke, der Drang zur Bühne aber, wo er schon sein Talent in Dar­stellung von Kinder­rollen bewährte, trat immer mäch­tiger hervor. Un­terstützt von einer schönen, schlanken Figur, einem edeln, freundlichen Antlig, aus dem ein Paar Augen von seltener Schönheit glänzten, begabt mit reichen Stimmmitteln, war er gleichsam von der Natur zum Schauspieler

schaffen.

ge­

Gleich den mei­sten der großen Darsteller jener Zeit, fing er so­zusagen von der Bike an, und es war ergöglich für alle Hörer, wenn er in trautem Kreise irgend so einen Schwank aus jenem Wanderleben er= zählte. So ließ ihn einmal während feines Engage­ments am Hof­theater zu Detmold  wegen eines klei­nen, aber gerechten Widerspruchs der Intendant bei Ab­haltung einer Thea­terprobe arretiren.

20H11.00.

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erstes Auftreten als Carl Ruf in Schachmaschine" war von einem ganz außerordentlichen Erfolg begleitet. Einen solchen Bonvivant, welcher zugleich als Tenorbuffo in der Oper wirkte, im Schau- und Lustspiel, wie in der Posse stets des Beifalls sicher war, hatte man lange nicht gesehen.

Das musikalische Leipzig   war nun ganz der Ort für Lorgings weiteres Schaffen, zumal in einer Zeit, in der von Politik keine Rede war, in der man sich nicht in den Strom der Welt, sondern in den Strom der Harmonien versenkte. Im Besitz einer Jahres­gage von eintausend Thalern, die sich, als er noch das Amt als Opernregisseur übernahm, auf zwölfhundert Thaler steigerte, lebte er heiter mit den Seinigen in dem kleinen Hänschen auf der großen Funkenburg, das dicht an den Teich grenzte und von einem Gärtchen umgeben war. Hier entstanden im Lauf von

Albert Lorking.

Bierundzwanzig Stunden Arrest!" donnerte der Gewaltige.| Zwei Soldaten mit aufgepflanztem Bayonnet erschienen. Lorging warf seinen weißen, mit rothem Sammet gefütterten Mantel um die Schultern, fommandirte: Vorwärts, marsch!" und im Tragödienschritt, wie der König unterm Thronhimmel in der Jungfrau von Orleans", ging der Weg nach der Hauptwache. Die halbe Einwohnerschaft von Detmold   steckte die Köpfe zu­sammen, was ihr Theaterliebling wohl verbrochen haben möge. Am andern Tage wurde er mit Triumph von der Wache ab­geholt, und die Gunst, welche ihm bereits in Düsseldorf   und Köln  vom Publikum zutheil geworden, befestigte sich nur noch mehr. Hier, in Detmold  , war es, wo er sein Liederspiel: Der Pole und sein Kind" sowie das Oratorium Die Himmelfahrt Christi  " schrieb. Im Jahr 1833 berief ihn der Direktor Ringelhardt   an das Stadttheater nach Leipzig  , was für ihn um so erfreulicher war, als daselbst sein Vater als erster Kassirer und seine Mutter für das Fach der komischen Alten" Anstellung gefunden. Lorgings

mehr als fünfzehn Jahren die Opern, welche vielfach noch das Repertoire der Bühnen schmücken. Vereint mit Kollegen, denen Chikanen und In­triguen fern lagen, umgeben von Dich­tern und Schrift­stellern, wie Hein­ rich Laube  , Robert Heller  , Hermann Marggraff  , Her­ Loßsohn  , Gustav Kühne   u. a., die in ihren Kritiken den Ernst mit der Milde paarten, täg­liches Spiel vor einem akademischen Parterre und einem Publikum, das sich amüsiren und nicht rezensiren wollte,

dies alles regte den immer heiteren und liebenswürdigen Künstler an, sein schönes Talent für die komische Oper zu verwerthen.

So entstand sein erstes, größeres Werk in diesem Genre: ,, Die bei­den Schüßen", welches zuerst in Leipzig   am 20. Fe­bruar 1837 in Szene ging und worinnen er den Peter spielte. Er­muthigt durch den Erfolg, ging der

Komponist, trotz seiner vielfachen Beschäftigung als Schauspieler, Sänger und Regisseur, sofort an ein neues Werk, wozu er das alte hermannsche Schauspiel: ,, Der Bürgermeister von Saardam" benutzte und sich das Textbuch zu seinem Czar und Zimmer­mann" schuf.

In einer Zeit, in der wir in Betreff der Oper unser musika­lisches Brot aus Paris   holen mußten, war das Erscheinen einer deutschen Oper ein Ereigniß, namentlich einer komischen Oper. Man muß die Freude, den Jubel mit erlebt haben, als in Leipzig  am 22. Dezember 1837,, Czar und Zimmermann" zum ersten­mal in Szene ging. Aber auch wie trefflich besetzt! Berthold gab den Bürgermeister, Richter den Czar, Fräulein Günther die Maria, Lorking den Iwanow und seine Mutter die Zimmer­mannsivittwe. Das Orchester unter Stegmayers Leitung war an jenem Abend sozusagen eine Familie, und das Weihnachtsfest in jenem Jahr wohl das freudigste im Leben des Tondichters, der seine Musik nicht in Technik wickelte.