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Infusorien, Amöben und anderer einzelliger Organismen. Denn hier treffen wir bei den einzelnen, isolirt lebenden Zellen die selben Aeußerungen des Seelenlebens, Empfindung und Vorstellung, Willen und Bewegung, wie bei den höheren, aus vielen Zellen zusammengesezten Thieren! Nun ist aber ebensowohl bei diesen letzteren sozialen Bellen, wie bei jenen ersteren Einsiedlerzellen das Seelenleben der Belle an eine und dieselbe wichtige Bellsubstanz, an das Protoplasma, gebunden. Wir sehen sogar an den Moneren und anderen einfachsten Organismen, daß einzelne abgelöste Stückchen des Protoplasma ebenso Empfindung und Bewegung besigen, wie die ganzen Zellen. Danach müssen wir annehmen, daß die Zellseele selbst wieder zusammengesetzt ist, nämlich das Gesammtresultat aus den psychischen ( seelischen) Thätigkeiten der Protoplasma- Moleküle, die wir kurz Plastidule nennen. Die Plastidulseele wäre demnach der legte Faktor des organischen Seelenlebens."
Aber mit diesem letzten Faktor des organischen Seelenlebens hat die darwinistische Seelentheorie ihren lezten Trumpf noch nicht ausgespielt.
Im Gegentheil: die Hauptsache, der Saltomortale, das Nonplusultra der Entwicklungslehre kommt noch.
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Die neuere organische Chemie lehrt um streng nach Häckel fortzufahren, daß die eigenthümlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften eines Elements, des Kohlenstoffs, in seiner verwickelten Verbindung mit anderen Elementen es sind, welche die eigenthümlichen physiologischen Eigenschaften der organischen Verbindungen, und vor allen des Protoplasma bedingen. Die Moneren, blos aus Protoplasma bestehend, schlagen hier die Brücke über die tiefe Kluft zwischen organischer und anorganischer Natur. Sie zeigen uns, wie die einfachsten und ältesten Organismen ursprünglich aus anorganischen Kohlenstoffverbindungen entstanden sein müssen. Wenn somit bei der Urzeugung eine bestimmte Anzahl Kohlenstoff- Atome sich mit einer Anzahl Atome von Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel zu der Einheit eines Plastidules( oder Protoplasma- Molekules) verbinden, so müssen wir die Plastidulseele, d. h. die Gesammtsumme seiner Lebensthätigkeiten, als das nothwendige Produkt aus den Kräften jener vereinigten Atome betrachten. Die Spuren der zentralen Atomkräfte aber können wir in konsequent monistischem Sinne auch, Atomseele' nennen. Durch zufälliges Zusammentreffen und mannichfaltige Verbindung der konstanten unveränderlichen Atomseelen entstehen die mannichfaltigen höchst variabeln Plastidulseelen, die molekularen Faktoren des organischen Lebens. Angelangt an dieser äußersten Konsequenz unserer monistischen Entwicklungslehre begegnen wir uns mit jenen alten Vorstellungen von der Beseelung aller Materie, welche schon in der Philosophie des Demokritos, Spinoza , Bruno, Leibniz , Schopen hauer einen verschiedenartigen Ausdruck gefunden haben. Denn alles Seelenleben läßt sich schließlich auf die beiden Elementarfunktionen der Empfindung und Bewegung, auf ihre Wechselwirkung in der Reflerbewegung zurückführen. Die einfache Empfindung von Lust und Unlust, die einfache Bewegungsform von Anziehung und Abstoßung, das sind die wahren Elemente, aus denen sich in unendlich mannichfaltiger und verwickelter Verbindung alle Seelenthätigkeit aufbaut. Der, Atome Hassen und Lieben, Anziehung und Abstoßzung der Moleküle, Bewegung und Empfindung der Bellen und der aus Zellen zusammengesetzten Organismen, Gedankenbildung und Bewußtsein des Menschen
Falsche Erziehungsmethode und zu frühzeitige geistige Anstrengung. Dem aufmerksamen Beobachter, insbesondere demjenigen, der sich mit Gesundheitspflege beschäftigt, kann es nicht entgangen sein, daß trotz aller Bemühungen der Sanitätsbehörden um das Gemein wohl, der allgemeine Gesundheitsstand doch von Jahr zu Jahr mehr Anlaß zu gegründeter Besorgniß gibt. Und woher mag dies wohl kommen? Die Ursachen sind ebenso verschieden als zahlreich und sollen hier nur zwei der hauptsächlichsten angeführt, und, weil sie in ihren Konsequenzen von allergrößter Wichtigkeit, etwas näher beleuchtet werden. Es sind dies in erster Reihe: die fast allgemein falsche Erziehungsmethode, dann aber auch Ueberbürdung mit geistiger Arbeit schon in früher Jugend. Es ist in unseren Tagen zur förmlichen Manie geworden, aus jedem Staatsbürger, gleichviel ob männlichen, ob weiblichen Geschlechts, einen Gelehrten zu erziehen, und werden behufs Erreichung dieses Zieles die kleinen Köpfe bereits im zartesten Alter mit allem möglichen ,, Wust" beschwert, wovon ihnen meistens so dumm wird, als ging ihnen das bekannte Mühlrad im Kopf herum. Ich halte gute Schulen selbstverständlich für etwas ganz Unentbehrliches
das sind nur verschiedene Stufen des universalen, psychologischen Entwicklungsprozesses."
Die darwinistische Entwicklungslehre, also ausgereckt über alles, was da ist. und alles, was da wird, bildet eine Weltanschauung, welche bestimmenden und umgestaltenden Einfluß auf alle Wissenschaften auszuüben angethan ist und ihrem allumfassenden Charakter entsprechend auch die Schule- die Gesammtheit aller Bildungsanstalten als ihre eigenste Domäne ansprechen muß.
Häckel hat diese Konsequenz gezogen: er verlangte eine weitgreifende Reform des Unterrichts im Sinne der Entwicklungslehre und versprach ihr die schönsten Erfolge in intellektueller sowohl als ethischer( sittlicher) Beziehung.
Die bis zu den äußersten Konsequenzen vorgedrungene darwinistische Entwicklungslehre ist nicht blos oder schafft die einzig wahre Wissenschaft, sondern sie ist auch die einzige wahre Religion, die echte Naturreligion", als welche sie in dem sozialen Bestreben" der Thiere wurzelt und gleich dem Christenthum, mit dem sie sonst allerdings sehr wenig gemein hat, ihr höchstes Gebot in der Liebe findet, nach Häckel. In diesem Sinne begrüßt Häckel ,, die heutige, von Darwin neubegründete Entwicklungslehre als die wichtigste Förderung unserer reinen und angewandten Gesammtwissenschaft".
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Gegen den in einem einzigen tollkühnen Gedankenfluge von einem Ende der Welt bis zum andern stürmenden Heißsporn Häckel erhob sich, wie erwähnt, auf derselben Naturforscherversammlung, nur einige Tage später Herr Virchow in einer sowohl in der Form, wie in der Gedankenbildung aus dem Aermel geschüttelten Rede- eine jener oratorischen Leistungen, wie sie zur Erzielung glänzenden Augenblickserfolges sehr gut für eine moderne Volksversammlung, garnicht übel zu demselben Zwecke für eine unserer modernen Parlamentssignngen, herzlich schlecht zur Erringung dauernder Geltung für eine wissenschaftliche Zusammenkunft passe.
Der große Gelehrte Virchow zeigt, daß er mit dem berufenen Parlamentarier und Politiker ein Herz und eine Seele ist, nicht nur in der Art, wie er sprach, so nachlässig parlirend, so klug auf die Heiterkeit einer gedankenbequemen Zuhörerschaft spekulirend-, sondern auch in dem Inhalte dessen, was er sagte. Häckel hatte gesagt: wieweit die Grundzüge der allgemeinen Entwicklungslehre schon jetzt in die Schulen einzuführen sind, müssen wir den praktischen Pädagogen überlassen.
Virchow entgegnet: Menn die Deszendenzlehre so sicher ist, wie Herr Häckel meint, dann dürfen wir garnichts der Entscheidung der Pädagogen überlassen ,,, dann müssen wir verlangen, dann ist es eine strikte Forderung, daß sie in die Schule muß. Wie wäre es denkbar, daß eine Lehre von solcher Wichtigkeit, die so vollkommen revolutionirend eingreift in jedes Bewußtsein, die unmittelbar eine neue Religion schafft, nicht ganz in den Schulplan eingefügt würde?"
Und Virchow hat recht. Der Pädagoge mag bestimmen, wie gelehrt werden soll, was gelehrt werden soll, hat er in einer nach Wahrheit strebenden Menschengemeinschaft nicht zu bestimmen, denn er hat einfach die Wahrheit zu lehren, d. h. das, was die Repräsentanten der Wissenschaft, gestützt durch das Vertrauen ihres Volkes, für wahr halten und mit den ihrer Zeit zur Verfügung stehenden Mitteln des Erkennens und Begründens beweisen können. ( Schluß folgt.)
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-nur müssen sie ihr Hauptaugenmerk auf das wahrhaft Nüßliche und Heilsame richten und nicht durch zu vielerlei" verwirren und schaden, anstatt zu belehren und zu nüßen. Es ist ganz erstaunlich, was solch kleiner Kopf heutzutage alles erfassen und bewältigen soll. Da gesellen sich zu den Elementarfächern gar bald Geometrie, Physik, Chemie 2c., ferner alle möglichen alten und neuen Sprachen nach mög lichst schwülstigen und langweiligen Grammatiken. Um all' dieses„ Durch einander" nur momentan zu fassen von gründlichem Verdauen und Behalten kann gar nicht die Rede sein sind in der Regel täglich sechs Schulstunden und noch zwei bis drei Arbeitsstunden im Hause nöthig. Rechnet man noch eine Klavierstunde und ohne Klavier ist ja moderne Bildung nicht gut denkbar so ergeben sich zehn Stunden täglich für geistige Arbeit bei Kindern! Wo aber bleibt der Körper? Ist es wohl denkbar, daß bei solch ungleicher Vertheilung geistiger und körperlicher Arbeit das allgemeine Wohlbefinden gefördert werden kann? Nimmermehr! Die Nachtheile solchen Unterrichtssystems treten täglich klarer hervor; fast alle Aerzte bestätigen dies, ich selbst habe es an meinen Kindern
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