welche den Theatern Gewinn brachten, hat er nie eine Tantième bezogen, selbst nicht einmal von der berliner   Hofoper. Dennoch war Lorging überglücklich, als ihm der damalige General Intendant Graf Redern   für Buch und Partitur von Czar und Zimmermann" auf immer und alle Zeit hundert Dukaten zu kommen ließ.- Welch' ein Honorar gegen jetzt für eine Oper, an der, wie einmal Rellstab schrieb, die Berliner sich garnicht sattsehen konnten.

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Gastspiele an kleinen Bühnen. Von einem Gastspiel in Alten­burg, Gera   oder Greiz- Schleiz- Lobenstein kam er an einem eis­falten Winterabend ohne Mantel auf dem Dampfwagen dritter Klasse nach Leipzig   zurück, wo er sich in Bickerts Restauration im ,, Wintergarten  " fröstelnd in die Nähe des warmen Ofens

setzte.

Um die häuslichen Sorgen abzuwehren, hatte er in dieser traurigen Lage vier oder fünf Lieder komponirt, von denen er Das Hoftheater in München   ließ sich unter gleichen Be- sicher hoffte, daß sie Breitkopf und Härtel in Verlag nehmen dingungen zu einer Zahlung von hundert Thalern herbei, und würden, mit denen er früher in Verbindung gestanden, indem größere Provinztheater fürzten diese Summe meist bis zur Hälfte, diese reiche Musikalienhandlung den Klavierauszug von Czar wobei es oft noch lange Zeit währte, ehe das Geld kam. Ja, und Zimmermann" herausgegeben und damit ein glänzendes das Stadttheater zu Riga   zahlte für Czar und Zimmermann" Geschäft gemacht. als Totalsumme nur dreißig Thaler, die Lorging nicht einmal ganz bekam, denn zwölf Thaler hatte er für Papier und Rein schrift der Partitur zahlen müssen, und sechs Thaler zog das Theatergeschäftsbureau von Sturm und Koppe als Prozente ab. Sonach empfing er zwölf Thaler, die ihm der Laufbursche von der sauberen Theateragentur in die Restauration von Hering auf der Hainstraße brachte, wo Lorging ein Stündchen vor der Theatervorstellung im Verein mit etlichen seiner Kollegen für zwei Groschen einen Krug wernsgrüner Bier trank. Anfänglich war er über dieses so reduzirte Honorar verstimmt, sein Humor aber kehrte mit den Worten zurück: Bei so einer glänzenden Ein­nahme kann ich mir wohl noch einen Schnitt und eine kalte Brat wurst kommen lassen!"

Kurz darauf sollte er noch eine größere Täuschung erfahren. Von einer distinguirten Persönlichkeit war er angeregt worden, Partitur und Buch von Czar und Zimmermann" an die Kaiserin von Rußland   nach Petersburg   einzusenden. Lorging, der auch in solchen Dingen ein Naturkind war, ging auf den Vorschlag ein, und nach kurzer Frist ging die Partitur, prachtvoll in rothen Sammet gebunden und mit Emblemen verziert, was ihn vierzig Thaler kostete, an die Kaiserin ab und kam nach drei Wochen uneröffnet zurück.

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Auch über diese verfehlte Hoffnung wußte er sich zu trösten und scherzte wohl noch selbst mit, wenn der Komiker Ballmann die Bitte an ihn richtete, ihm doch den prachtvollen Brillantring zu zeigen, den ihm die Kaiserin von Rußland   geschickt habe. Die so schmuck eingebundene Partitur durfte nicht ohne Zweck liegen bleiben. Eingedenk des Grafen Redern in Berlin  , der das splendide Honorar von hundert Dukaten gesendet, ersuchte er selbigen in einem Begleitschreiben, die Partitur als ein Zeichen seiner Hochachtung und Verehrung hinzunehmen.

Der Herr Generalintendant revanchirte sich. Er schickte dem Er schickte dem Tondichter zwei große Porzellanvasen, die für den Schreiber dieser Zeilen, als er ihrer ansichtig wurde, keine Neuigkeiten waren, denn er hatte sie ein Jahr vorher im Vorsaal des Grafen auf einem Schranke stehen sehen.

Als im Jahre 1844 Ringelhardt die Direktion des leipziger Stadttheaters niederlegte und Dr. Schmidt die Verwaltung über­nahm, trat Lorging von der Bühne ab und wirkte als Kapell­meister bis zum Jahre 1845, wo er dann 1847 in gleicher Stellung mit seiner Familie und seiner Mutter nach Wien   an das Theater an der Wien   ging.

Hier war es, wo sich sein Lebenshimmel ernstlich zu trüben begann. Im Oktober 1848 mußte er die Schrecken der Belage­rung mit aushalten, und als sich Tausende anschickten, die immer mehr bedrohte Stadt zu verlassen, beschloß er, sich mit den Seinigen nach Baden zu begeben. Einen Wagen aufzutreiben war un­möglich, denn ein solcher wurde bis Baden mit sechzig bis achtzig Gulden bezahlt.

Also fort zu Fuße, bis sich eine Gelegenheit findet. So sah man denn den braven Lorging unter tausenden von flüchtigen Einwohnern, wie er auf seinem Rücken einen Korb voll Betten trägt: an der einen Hand die alte, gute Mutter, an der andern zwei von seinen Kindern, während sich die vier andern an die Mutter anklammerten.

Nach vielfach überstandener Trübsal kehrte er wieder nach Leipzig   zurück, wo er von dem Direktor Wirsing   als musikalischer Leiter an die Bühne berufen wurde. Vielfach mit Intriguen kämpfend, vielleicht auch im stillen die Ueberzeugung in sich tragend, daß ihm zum Dirigiren größerer Opern die Routine mangele, entsagte er dieser seiner Stellung.

Auf der Tauchaerstraße, dem Schützenhaus gegenüber, hatte er eine bescheidene Wohnung genommen und fristete sein Leben, sowie das seiner Gattin und der sechs unmündigen Kinder durch

Schon am andern Tag kam das Liedermanuskript an Lorzing mit einem sehr höflichen und den Werth der Lieder anerkennenden Briefe zurück, leider aber wären die Zeiten jetzt nicht dazu an­gethan, sich in neue Unternehmungen einzulassen u. s. w. Kurz, eine abschlägige Antwort für den Tondichter, dem hier mit zwanzig bis dreißig Thalern Hülfe geworden wäre.

Was ich hier sage, beruht auf voller Wahrheit, denn ich habe den Brief selbst gelesen.

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In solcher Bedrängniß war es als ein Glück zu betrachten, als man ihm den Dirigentenposten am Friedrich- Wilhelmstädtischen Theater zu Berlin   mit einem Jahresgehalt von sechshundert Thalern antrug. Er reiste von Leipzig   ab. Auf dem Dampf­wagen der dritten, damaligen letzten Klasse kam er in düsterer Abendstunde in Berlin   an. Er trug seinen schweren Reisesack und, um das Geld für eine Droschke zu ersparen, begab er sich zu Fuß in die Stadt, wo er beinahe von einer herrschaftlichen Equipage überfahren worden wäre, welche nach dem Opernhaus wollte, in dem an jenem Abend sein ,, Czar und Zimmermann" gegeben wurde.

Kurz nach Antritt seines Amtes empfing ich von ihm einen Brief, der folgende Stelle enthielt: Es geht mir hier nicht zum besten, ich speise hier mittags oft für zwei Groschen in einem Bumbskeller und muß abends elenden Possenschund dirigiren. So manches Papierchen aus guter Zeit hat leider schon in Wien  versilbert werden müssen, was Du vielleicht schon von Stegmayer oder von dem Dr. Schweizer erfahren hast, in dessen Hause der Professor Wuttke ja das Bombardement während der Oktober­tage mit ausgehalten hat."

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Mit schon gebrochener Kraft schrieb er noch das Musikstück zu dem Singspiel: Die berliner Grisette" und das Lied vom neunten Regiment". Wie ich am Eingang dieser Skizze erzählt, fügte in der Nacht zum 21. Januar 1851 ein Schlagfluß an sein schweres Leben ein leichtes Ende.

Weinend und thränenvoll standen die Seinigen an dem Bett. Mit Blizesschnelle verbreitete sich die Nachricht von seinem Tode durch Berlin  , durch die ganze musikalische Welt; jede Zeitung der Residenz brachte einen Nekrolog, man fühlte, was die un­dankbaren Zeitgenossen an ihm verschuldet. Die ahnungsvollen Worte aber, welche der Heimgegangene wenig Tage vor seinem Ende zu seiner Familie gesprochen: Wenn ich todt sein werde, kann es euch noch einmal besser gehen!" sie sollten keine Täuschung bleiben.

Der Redakteur Ernst Kossat und der Musikalienhändler Schlesinger ergriffen das Wort und forderten die Künstler der Residenz zur Mitwirkung an einem Konzerte auf, dessen Ertrag zum besten eines verzinslichen Fonds für die unversorgten Waisen und die Wittwe Lorgings angelegt wurde. Da wurde denn, so­zusagen, der Todte lebendig. Gar viele, die ihn im Leben weniger beachtet hatten, wurden rührig, aufmerksam, und der General­musikdirektor Meyerbeer  , immer voran, wo es die Unterstützung eines begabten Menschen galt, trat mit dem ganzen Gewicht seines Ansehens an die Spitze des Unternehmens. Er versammelte die Elite der künstlerischen Sphären Berlins   um sich, und so kamen Vertreter fast aller Nationen zusammen, dem Frühgeschiedenen zur Ehre und Liebe zu geigen, zu singen und zu deklamiren.

Da tam Frau Köster, geborne Schlegel, die königliche Kammersängerin, welche während ihres leipziger Engagements so oft auf der Bühne, vereint mit Lorging, in der Oper gewirkt hatte. Es bot sich außer Meyerbeer   der Hofkapellmeister Dorn zum Dirigiren an; es drängte sich der Pianist Anton v. Kontski herbei, der sich von Lißt die ungeheure Ausbildung der heroischen Technik und von Thalberg das Aristokratische der Manier und Haltung angeeignet."

Zu der Kammersängerin Herrenburger gesellten sich die