erhebt auf die Zustimmung der denkenden Menschheit. Wir wären nicht denkende, nicht selbständig und nur auf gute Gründe hin urtheilende Menschen, wenn wir uns von Gedankenrevolutionen mittels luftiger Hypothesen und bestechlicher Redewendungen fortreißen ließen. Und schenkten wir dennoch Häckel, Nägeli und Genossen diesen nirgends erbrachten Beweis, acceptirten wir unbesehen und unbekrittelt die Albeseelung, so hätten wir nichts gewonnen, als ein Wort, und noch dazu eines jener gefährlichen Worte, deren gähnende Leere das Bewußtsein von der Bedentung jener Unterschiede zwischen seelischen und nichtseelischen Vorgängen zu verschlingen drohte. Wir hätten also schließlich ein klangvolles Nichts eingetauscht gegen ein bedeutungsvolles Etwas.
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wissenschaftliche Lehrthätigkeit an einer andern Stelle seiner Rede in einem Sage zum Ausdruck bringt:
,, Wir müssen dem Lernenden jedesmal sagen, wenn wir weiter ( über die Grenzen des wissenschaftlich Festgestellten hinaus) gehen, dieses ist aber nicht bewiesen, sondern das ist meine Meinung, meine Vorstellung, meine Theorie, meine Spekulation." Gewiß! Nur bleibt solch' löbliches Vorhaben zumeist an einer nicht unbeträchtlichen Anzahl recht großer Haken hängen. Herr Virchow kennt diese Haken sehr gut. Einmal wird das System der wissenschaftlichen Thatsachen in tausend Adern und Aederchen durchsetzt und durchsickert von dem Gerinne des Vermutheten und Vermeintlichen, so zwar, daß oft selbst das schärfste Gelehrtenauge die Grenze zwischen dem als wahr Erwiesenen und dem als wahr Vermutheten nicht festzuhalten vermag. Virchow sagt selbst:„ Ich bekenne offen, daß es mir( als einem Manne, der mehr als dreißig Jahre seine Wissenschaft lehrt) nicht möglich ist, Wir werden daher auch Virchow völlig zustimmen müssen, mich ganz zu entsubjektiviren," d. h. persönliche Vermuthungen wenn er seine Behauptung, der Gelehrte hätte mit möglichster und Anschauungsweisen vollständig zu Gunsten des als wissenSchärfe zwischen dem wissenschaftlich Festgestellten und Unbestreitschaftliche Thatsache Erwiesenen abzustreifen. baren und dem Problematischen zu unterscheiden, mit Bezug auf die ( Schluß folgt.)
Wir müssen uns demnach hüten, die Albeseelung sammt den denkenden Zellen und den liebenden Atomen dankbar als pures Gold der Wissenschaft anzuerkennen.
Mein Freund, der Klopfgeist.
Eine Spiritistengeschichte aus dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts. Von H. E.
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( II. Was der Autor vorerst von dem Magnetiseur zu hören bekommt. Die Bekanntschaft mit Alloys Mezig, dem Raseur. Des Magnetiseurs Tochter sein Medium und die Kuren des Magnetiseurs.) Ungefähr vierzehn Tage wohnte ich bereits bei Chlodwig Cannabäus, dem Magnetiseur. És gefiel mir sehr gut in meiner neuen Wohnung. Meine beiden Zimmer waren elegant und geschmackvoll eingerichtet; meine beiden Zimmer getrost könnte ich sagen, meine drei Zimmer; denn die Kammer, welche mir als Schlafgemach diente, war geräumig genug und ganz so ausgestattet, wie man es von einem Zimmer nur verlangen kann. Daß ein Ofen darin nicht vorhanden, war für mich kein Fehler. So hatte ich denn Raum soviel, als ein unverheiratheter, kaum unter den Doktorhut gekommener Gelehrter nur brauchte. Das erste, zweifenstrige, große, mit Krystallkronleuchter geschmückte und mit kunstvoll geschnitten Nußbaummöbeln versehene Zimmer war mein Empfangssalon, und in dem zweiten, gleichfalls höchst komfortabel ausgestatteten, zwar einfenstrigen, aber nichts weniger als kleinen Zimmer studirte ich.
Zu meiner Behaglichkeit trug ungemein bei, daß mich mein Wirth und die Seinen garnicht störten. Ich wurde von einem sehr fleißigen, schweigsamen, auf jeden Wink sorgfältig auf merkenden, fünfzehnjährigen Burschen musterhaft bedient, und außer dem Burschen sah ich von des Wirthes Familie niemand. Ihm selbst hatte ich nur zweimal gegenübergestanden. Einmal, als ich die Wohnung miethete, das anderemal, als mir von meiner Mutter eine große Kiste zugeschickt worden, und diese grade zwei Minuten, ehe ich nachhause kam, in beschädigtem Zustande in dem Vorsaale der Wohnung des Magnetiseurs abgeladen war.
Beidemale hatte der Mann auf mich keinen antipathischen Eindruck gemacht. Er war groß, hager, ohne grade häßlich dürr zu sein, bleich, ohne fahl zu erscheinen, trug das schwarze Haar in langen, schlicht herabhängenden Schleifen, ebenso schlicht war sein mäßig langer, wohl noch schwärzerer Vollbart, seine Kleidung war ebenfalls schwarz, die Wäsche sehr sauber,- die gedie gesammte Erscheinung hatte etwas Bescheiden- Vornehmes und konnte ebenso gefallen, als imponiren. Die Art, wie er redete, vollendete die Harmonie seines Auftretens, gelassen höflich, kühl freundlich, aber ohne jeden Schatten gesuchter oder bewußter Ueberlegenheit. War der Mann so, wie er aussah, so mußte man ihm nicht geringen geistigen Werth zuerkennen. War er anders, so War er anders, so hatte man das Vergnügen, in ihm einen Meister- Schauspieler kennen zu lernen.
Meine Unterhaltungen mit ihm waren von lakonischer Gemessenheit gewesen.
Ich wünsche die hier zu vermiethenden Zimmer zu sehen." ,, Bitte!"
" Darf ich nach dem Preise fragen?"
Schn Thaler monatlich."
sophiae Hans Eckart. Am ersten August würde ich einziehen. Ich bin bereit, zu miethen. Mein Name ist Doctor philoBestimmen Sie gefälligst die Anzahlung!"
Darauf antworteten eine höfliche Bewegung des Kopfes und der rechten Hand und die Worte:
,, bitte!"
Ich wollte ihm meine Visitenkarte geben, fand jedoch, daß ich in der Eile mein Kartenetui hatte liegen lassen und bot deshalb noch einmal das Angeld.
Wieder eine höfliche Bewegung, diesmal nur mit dem Kopfe: Dante beides belanglos."
"
Ich empfahl mich. Der Magnetiseur verneigte sich in stummer Höflichkeit.
Bei der zweiten Begegnung war unsre Unterhaltung nicht länger.
Herr Cannabäus trat aus seinem Empfangszimmer, als ich durch die in beiden Flügeln geöffnete Vorsaalthür eintrat. Er verneigte sich, wiederum ohne eine Silbe vernehmen zu lassen, und warf einen Blick auf die mächtige Kiste.
" Sie ist beschädigt," sagte er." Haben Sie die Güte, zu verweilen, bis Kunz sie mit dem Hausmann in Ihr Zimmer geschafft hat."
Kunz, mein jugendlicher Aufwärter, der an der Vorsaalthür immer irgendwelcher Befehle gewärtig stand, brauchte kein weiteres Kommando, um sofort zu verschwinden.
Ich sah aber nicht ein, weshalb ich der Kiste Gesellschaft leisten sollte, und sagte:
,, Kunz und der Hausmann werden die Sache auch ohne mich besorgen."
Wenn werthvolle Sachen nicht darin sind, dann könnte allerdings die Fahrlässigkeit der Leute nicht die Schädigung vermehren."
Nun, ich weiß zwar nichts weiter, als daß ein zufällig sehr spät aufgefundener Rest der Papiere meines verstorbenen Baters darin enthalten ist, aber ich glaube mit Sicherheit voraussetzen zu können, daß kein einziges Dokument von größerer Bedeutung dabei ist."
Herr Cannabäus hatte schon wieder genug gesprochen. Er verneigte sich und schritt zur Vorfaalthür hinaus.
So hatte ich denn meinen Wirth persönlich nur äußerst oberflächlich kennen gelernt. Von seiner Familie würde ich weder etwas gehört, gesehen noch gewußt haben, wenn ich nicht einen Barbier gehabt hätte.
Mein Barbier hieß Aloys Mezig und war geschwäßig, wie selbst Barbiere nur selten sind, aber dabei auch gebildet, wie selten einer seines Zeichens. Er erzählte mir bei der Begrüßung von dem Wetter und den Ernteaussichten; während er mich einseifte und barbierte von der großen Politik von Bismarck und dem Sultan , von Kaiser Alexander und Gambetta . War er gelaunt,
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