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Wasserversorgung und Wafferreinigung.

Von Rothberg- Lindener.

Für die bis in die jüngste Zeit häufig und in größtem Maß-| stabe ausgeführte Wasserversorgung aus Flüssen sind vor allen andern die allerdings sehr gewichtigen Gründe der ohne Schwierig feit auszuführenden Wassergewinnung und eine fast absolute Sicher heit in Bezug auf die benöthigte Menge die ausschlaggebenden gewesen. In den Fällen, wo dieses Wasser ausschließlich nur zu Arbeitszwecken gebraucht wird, wäre auch dagegen garnichts einzuwenden. Es ist aber ein kostspieliges und unrationelles Verfahren, wenn das Trinkwasser daneben noch auf andrem Wege be= schafft werden soll. Soll indeß das Flußwasser gleich­zeitig mit als Trint­wasser benußt wer­den, so treten den angeführten Vor­theilen auch sehr er­hebliche Nachtheile gegenüber. nächst sind die Tem= peraturschwankun­gen eines Tag­wassers, das schon längere Zeit mit der freien Luft in Berührung war,

Zu­

und daher während des ganzen Jahres den Wärmeverän­derungen der Atmo­

sphäre folgt, im

Winter den Gefrier­punkt wenig über­schreitet, im Som­mer bis einige zwanzig Wärme­grade aufweist, für den menschlichen in­nerlichen Gebrauch eine höchst unan­genehme, oft grade­zu abschreckende Beigabe. Dazu kommt ferner, daß, wenn dieses Wasser infolge längerer Berührung mit der Luft das etwaige Uebermaß seines Gehaltes an kohlen­sauren Verbindun

( Schluß.)

ministerium, gestützt auf das Gutachten der wissenschaftlichen Deputation für Medizinalwesen die Einleitung der menschlichen Fäfalstoffe in Flüsse für unstatthaft im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege erklärte. Der deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege dagegen fand ein solches Verbot als höchst beunruhigend für eine große Zahl von Städten und sprach sich sowohl gegen die Nothwendigkeit als gegen die Möglichkeit einer strikten Durchführung dieser Verordnung aus. Er hält dafür, daß

Karl Lebrecht Immermann.( Seite 51.)

gen von Kalk und Magnesia verloren hat, dieses Weichsein doch oft bis zu solchem Grade fortgeschritten ist, daß es unserm Ge­schmack, dem eine größere Härte eher zusagt, widerstehen kann. Ueberhaupt aber ist der Gehalt an festen Stoffen ein häufig wechselnder, je nachdem dem Flusse durch Niederschläge in dieser oder jener Gegend seines Quell- oder Zuflußgebiets mit dem Wasserzugang gelöste sowohl, als suspendirte, von der Erd­oberfläche herrührende Substanzen zugeführt worden. Endlich tritt noch dazu die fast unvermeidliche Verunreinigung der Flüsse durch Abwässer aus an den Ufern liegenden Städten, die orga­nische und faulende oder fäulnißfähige Stoffe in Masse enthalten, sowie oft auch durch ganz fremde und schädliche chemische Sub­stanzen, die aus Fabriken herrühren.

Das Thema der Verunreinigung der Flüsse durch Abwässer aus größeren Städten hat in den letzten Jahren zu lebhaften Verhandlungen und Kontroversen zwischen Vereinen, städtischen und Staatsbehörden geführt. Bekannt ist der Fall anläßlich der beabsichtigten Kanalisirung von Köln , da das preußische Staats­

gesundheitsgefähr­liche Einwirkungen von verunreinigten Flüssen auf die Anwohnerschaft bis jetzt weder durch direkte Forschung noch durch die me dizinische Statistik nachgewiesen seien. Die Fäulnißpro­dukte sollen je nach der Größe Größe des Flusses durch die geschehende Ver­dünnung mehr oder weniger rasch ab­nehmen. Ferner sei die so gefürchtete Uebertragung von Krankheitsteimen, die durch städtische Kanäle ins Fluß­wasser gelangten und vielleicht an­derwärts getrunken würden, bis jetzt ganz hypothetisch. Die neuesten For­schungen von Pet­ tenkofer und Nägeli sprächen eher gegen als für die Ueber­tragung von In­fektionspilzen durch Wasser oder durch erkrementelle Massen. Ueberdies bildeten die un­gehindert in den städtischen Kanälen den Flüssen zuge­führten sonstigen flüssigen Schmutz­massen gegenüber den gefürchteten

festen Exkrementen( die zudem auch zu 5 aus Wasser beständen), so sehr das Uebergewicht, daß ein Unterschied von Kanalwasser mit oder ohne Exkremente kaum zu konstatiren sei.- Der letztere Punkt scheint uns den wesentlichen Einwand gegen das Genügen der Motivirung des ministeriellen Verbotes zu enthalten.

Aber, wenn auch zugegeben ist, daß der Beweis für die Ueber­tragung etwaiger ins Abwasser gelangter Keime gefürchteter in­fettiöser Krankheiten noch vollständig aussteht, so steht andrerseits doch die Schädlichkeit faulender organischer Substanzen überhaupt fest, und die Vorsicht und Abneigung gegen unmittelbaren Genuß von Wasser aus verunreinigten Flüssen sowohl als Brunnen ist eine ebensowohl gebotene als begründete, sodaß eine Bevölkerung die Annahme eines derartigen Wassers als Trinkwasser entschieden ablehnen wird und muß.

Unter diesen Umständen tritt die wirthschaftliche Seite der Frage in den Vordergrund. Die bereits von etlichen großen Städten mit äußerster Anspannung ihrer Finanzkräfte eingerichteten Anlagen zu anderweitiger Beseitigung der Fäkalstoffe enthaltenden