sich die Gespensterstimme wieder vernehmen,„ also werden auch diejenigen unter euch, welche heute für Lug und Trug halten, was sie schauen und hören, über ein kleines gläubiger sein, denn jeglicher von euch, und hingehen in alle Lande und predigen vom neuen Reiche, das sich dem Menschengeiste erschlossen hat."
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" Nanu wird's aber gut, Herr Doktor. Wir zwei beide Spiritistenprediger! Sie der Magnetiseur und ich wahrscheinlich Ihr Medium; au Donnerwetter, das kann schön werden-" Herr Mezig hatte zwar sehr leise gebrummt, aber der Klopfgeist mußte doch für nöthig halten, sich wieder etwas in Respekt zu setzen. Denn die letzten Worte meines Nachbars schnitt ein furchtbarer Donnerschlag ab, der die Frauen, mit Ausnahme des unbeweglich verharrenden Mediums, laut aufschreien und empor fahren machte. Gleichzeitig verdunkelte sich auf eine mir auch völlig unerklärliche Weise das Licht der Ampel für einen Augenblick und in demselben Moment flog etwas, wie es schien, schnurgrad von der Decke herunter, dicht an der Nase des ungläubigen Mezig vorbei auf den Fußboden.
Seine Wirkung verfehlte dieser Scherz des Klopfgeistes nicht. Die andern schauten sehr befriedigt drein, Herr Aloys Mezig dafür umso verdußter und ärgerlicher. Etwas zu sagen oder sich zu rühren, wagte er indeß vorläufig nicht. Vielmehr suchte er sich dadurch in die Gunst des Klopfgeistes zu setzen, daß er sich zwang, möglichst unschuldig und harmlos dreinzuschauen.
" Du, liebe Seele," wandte sich jetzt die Geisterstimme direkt an einen der Anwesenden, der mir sogleich als der alte Herr, welcher vorhin das Gespräch mit der alten Jungfer geführt hatte, erkenntlich war, hegtest den Wunsch, den seligen Geist deiner dahingeschiedenen Gattin wiederzusehen, nicht wahr, liebe Seele?" „ Es war mein innigster Wunsch," erwiderte der alte Mann mit leiser, zitternder Stimme.
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" Du wirst sie schauen, wie auch du, liebe Seele, das Thierchen, welches deinem zarten Gemüthe theuer war."
Die ältliche Jungfer stieß einen Seufzer des Entzückens aus. " Heute noch?" brachte sie ganz leise und schüchtern hervor.
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Wenn uns die Ungläubigen und Spötter die seligen Geister, die da an den Verkehr mit euch in der Erdenwelt Zurückgebliebenen nicht gewöhnt sind, nicht verscheuchen, dann sicherlich, liebe Seele." Aha, dachte ich. Der Raseur aber konnte eine schnöde Bemerfung länger nicht zurückhalten, und da ein allgemeines Räuspern des Unwillens durch die versammelten Gläubigen ging, so glaubte er es ungestraft thun zu können.
" Daß die beiden Seligen, die alte Schachtel und der Mops im Jenseits so schüchtern geworden sind, find' ich merkwürdig," sagte er. Aber er verstummte sofort, als sich das Räuspern legte, und schnitt zur Beruhigung des Klopfgeistes ein wirklich anerkennenswerth dummes Gesicht.
Milchwein oder Kumys.
Während es vielen Leuten schon als Anmaßlichkeit angerechnet wird, wenn sie Neigung zeigen, gleich anderen gut zu essen", nämlich berartig zubereitete Speisen, daß auch der Geschmacssinn angenehme Befriedigung bei der Magenfüllung findet, sowie wenn sie eine gewisse Abwechslung der Gerichte begehren, die sich doch auch nachweislich als dem Körper zuträglich erweist, wird nun gar das ,, Trinken ", worunter ganz allgemein der Genuß gegohrner oder alkoholischer Getränke verstanden werden soll, ganzen Bevölkerungstheilen als ein aus Unverstand und Uebermuth oder gar aus Bosheit begangenes Vergehen angerechnet. Schon der Umstand, daß die Bereitung und der Genuß derartiger Getränke so allgemein verbreitet ist bei civilisirten und roheren Völkern aller Erdtheile, sollte wohl zu bedenken geben, ob nicht eine physische Nöthigung dieser angeblichen Verirrung" der menschlichen Natur zugrunde liegen könne? Trotzdem hören wir, sobald unter gewissen Umständen und Zeitverhältnissen auf Straße und Markt die Beweise für den, ja unbedingt verwerflichen, übermäßigen Verbrauch von Alkohol zutage treten, von seiten jener Eiferer, unter Appell an den allgemeinen Widerwillen und Ekel vor der Trunksucht, eine Verschärfung nicht nur der bereits üblichen Maßregeln und Strafen gegen die Unmäßigen verlangen, sondern sogar die Anwendung des Prügels und allerhand Ausschank- und Konsumverbote. Daß sie damit nur im großen ganzen ein Scheingefecht gegen Symptome führen, wobei die eigentlichen Quellen der Neigung zum Trinken unverstopft bleiben, merken diese Leute nicht oder könnte man vielleicht mit mehr Recht sagen: sie wollen das nicht merken! Denn von gebildeten Leuten" kann man doch die Kenntniß der Klassischen Schriften unserer Zeit verlangen! Und zu diesen gehört an hervorragendster Stelle, nach Urtheil unseres Kultur- und Literarhisto
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" Du bist heut zum erstenmale hier erschienen, mein Freund," redete die Gespensterstimme weiter.
Allgemeine Sensation ging durch die Versammlung. ,, Mein Freund, sagt er, mein Freund, nicht, liebe Seele," murmelten sie." Welchen von beiden mag er meinen?"
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Der Raseur schaute mich an, ich ihn wir wußten es auch nicht. Der erstere sperrte schon den Mund auf zu einer Antwort, aber er traute sich doch nicht recht.
Du bist so jung noch, mein Freund," fuhr die Stimme fort. " So jung und doch schon ein Meister der Wissenschaft, der menschlichen Wissenschaft
" So furchtbar jung bin ich nu allerdings nicht," brummte Herr Mezig, der im übrigen gern bereit gewesen wäre, die schöne Schmeichelei einzustecken.
" Dein Vater aber wußte und konnte noch mehr als du, mein Freund, von euren Wissenschaften, und er glaubte bis an seinen Hingang aus eurer Welt nicht an ein Jenseits und ein Wiedersehen nach dem Tode, weißt du das, mein Freund?"
" So that er gleich mir," antwortete ich der direkten Frage laut und fest.
Wieder ging eine Bewegung- eine Bewegung des Entsetzens durch die Reihe der Anwesenden.
„ Er verscheucht uns die Seligen, was will er hier, hinaus mit ihm!" umzischelte und umraunte es mich.
Die Gespensterstimme aber fuhr unbeirrt fort:
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" Du thust recht, mein Freund, daß du sprichst, wie ich es in deiner Seele geschrieben sehe. Weißt du aber auch, daß dein verklärter Vater an meiner Seite weilt, er, der da jego weiß, was er dereinsten nicht geglaubt weißt du,"- die Stimme erklang jetzt lauter und tiefer als vorher, und wie Prophetenton schallte es über die Versammlung, daß dein Vater dich wiedersehen will, daß du ihn schauen wirst, gleich als ob er noch unter euch Menschen wandelte? Daß er dir sagen läßt durch mich, er wolle noch einmal mit dir thun, wie in der Mitternachtstunde des 30. Dezembers anno domini 1853 er gethan hat?"
„ Wenn der, welcher da spricht," erwiderte ich laut und fest, wie zuvor, meine Gedanken wirklich kennt, so muß er auch wissen, daß ich gekommen bin, ernst und mit allen Mitteln der Wissenschaft zu prüfen, was sich hier begibt, wenn es mir nicht verwehrt wird, und nicht blindlings für wahr zu nehmen, was hier gesprochen wird
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" Du thust unsrer heiligen Sache einen großen Dienst, mein Freund," schallte es zurück.„ Du bist kein Spötter. Du sollst die Finger legen wie der ungläubige Thomas sie legen durfte in die Nägelmale des Herrn, durfte in die Nägelmale des Herrn, in die Hände deines Vaters und seinen Mund fühlen auf deinem. Nun über ein kleines wirst du der besten einer sein von den unseren. Segen über dich."- ( Fortsetzung folgt.)
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rikers Scherr, das Chemische Briefe " betitelte Werk des hinlänglich berühmten Verfassers. Nun lesen wir aber im 32. Briefe über das Trinken Folgendes:
,, Man hat die Verarmung und das Elend in vielen Gegenden dem überhand nehmenden Genuß von Branntwein zugeschrieben; dies ist ein Irrthum.
Der Branntweingenuß ist nicht die Ursache, sondern eine Folge von der Noth. Es ist eine Ausnahme von der Regel, wenn ein gut genährter Mann zum Branntweintrinker wird. Wenn hingegen der Arbeiter durch seine Arbeit weniger verdient, als er zur Erwerbung der ihm nothwendigen Speise bedarf, durch welche seine Arbeitskraft völlig wieder hergestellt wird, so zwingt ihn eine starre, unerbittliche Naturnothwendigkeit seine Zuflucht zum Branntwein zu nehmen; er soll arbeiten, aber es fehlt ihm wegen der unzureichenden Nahrung täglich ein gewisses Quantum von seiner Arbeitskraft. Der Branntwein, durch seine Wirkung auf die Nerven, gestattet ihm die fehlende Kraft auf Kosten seines Körpers zu ergänzen, diejenige Menge heute zu verwenden, welche naturgemäß erst den Tag darauf zur Verwendung hätte kommen dürfen; er ist ein Wechsel, ausgestellt auf die Gesundheit, welcher immer prolongirt werden muß, weil er aus Mangel an Mitteln nicht eingelöst werden kann; der Arbeiter verzehrt das Kapital anstatt der Zinsen, daher denn der unvermeidliche Bankerott seines Körpers."
Hier zeigt sich allerdings eine Auffassung aus erweitertem Gesichtspunkt, der weder dem beschränkten gesellschaftlichen Vorurtheil, noch dem Bedürfniß, über die allgemeine menschliche Verderbtheit zu zetern, entspricht. Und so wird man es hoffentlich auch uns nicht als boshafte Absicht auslegen, wenn wir hier eines in unsern Gegenden sich neuerdings mehr einführenden alkoholischen Getränks und seiner Bereitungsweise Erwähnung thun. Es ist dieses der aus Milch bereitete
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