spärliche Baumoasen aufzuweisen. Unser Bild, welches sich am Fuße des Alleghanygebirges, dieses letzten Hortes der Romantik, entfaltet, bestimmt uns zu einer Schilderung desselben. Diese granitne Wasserscheide zwischen dem Atlantischen Ozean und den großen Seen nebst dem Riesenstrome Mississippi , erstreckt sich vom nordöstlichen Theile Alabamas aus in nordöstlicher Richtung über 2200 Kilometer weit durch die mittleren atlantischen Staaten und Massachusetts bis jenseits des Hudson in die Neuenglandstaaten, anfangs im Süden in bedeutender Entfernung von der Ostküste Nordamerikas sich erhebend, dann sich derselben allmälich nähernd und am nördlichen Ende oberhalb Newyork an der Hudsonsmündung nahe an dieselbe herantretend. Es besteht aus langen, parallelen, durch flache Längsthäler getrennten Ketten, deren Zahl an einigen Stellen bis auf zwölf steigt und die so schmal sind, daß sie von der ganzen, 200-300 Kilometer betragenden Breite des Gebirges nur etwa ein Dritttheil einnehmen. Die mittlere Kammhöhe des Gebirges, das von zahlreichen Querthälern durchsetzt wird, ist 900 Meter, und seine höchsten Gipfel steigen nicht viel über 2000 Meter empor. Dessenungeachtet machen die Alleghanyketten, wenigstens auf der Ostseite, wo sie im allgemeinen ihren steileren Abfall haben, einen imposanten Eindruck. In einem dieser tief eingeschnittenen Querthäler der Alleghanys entspringt der Schuylkill, der auf einem furzen, aber schönen Lauf an Philadelphia vorbeigleitet, um in der Bai von Delaware zu münden. Die Szenerie unsres Bildes ist oberhalb Philadelphia . Aus dunkelschattirtem Gestein und lichtem Baumgrün hat die Natur hier einen Dom aufgebaut, den sie mit der azurblauen Himmelskuppel überwölbte. Auf einem verwachsenen, durch Geklipp und Gestrüpp auf- und niedersteigenden Pfade hat unser Wanderer im Morgengrauen sein Lieblingspläßchen im Walde aufgesucht, um den erwachenden Tag zu begrüßen. Lieber Leser, ich rathe dir, wenn du es noch nicht gethan hast, so schnell als möglich dem Beispiel unsres einsamen Wanderers zu folgen. Jeden Menschen, welcher nicht ganz ohne Natursinu ist, wandelt ein zugleich feierliches und frohes Gefühl an, wenn er an einem schönen Sommermorgen in die Stille und Einsamkeit eines weiten Waldes sich verliert. Mit der Andacht weckenden Dämmerung umfängt ihn der fühle Forst. Das Auge badet sich mit Wollust in den harmonisch ineinanderfließenden Schattirungen saftigen Grüns, der frische Harzgeruch schmeichelt den Sinnen wie entzündeter Weihrauch, durch die Kreuzbogendecke der tausendfach verschlungenen Wipfel rieselt verstohlen grüngoldenes Licht herab, rings in Moos und Busch regt sich leise schwirrend zahlloses Insektenleben, ein entzückendes fühles Säuseln macht die Blätter kaum hörbar rauschen; dann hebt dadrüben im schattigsten Dickicht die Drossel ihr schmelzendes Morgenlied an, und dort hämmert der muntere Specht den Takt dazu. Deine Brust hebt und weitet sich, du fühlst dich beglückt, wieder einmal in recht unmittelbaren Verkehr mit der Natur getreten zu sein, und mischest stillselig deinen Odem mit dem ihrigen. Bu solcher Stunde und auf solchem Gange spürest du so deutlich, wie sonst nie, jenes geheimnißvolle Etwas dich anhauchen, was die Menschen Begeisterung, Andacht, Poesie zu nennen pflegen, jenes Emporgehobensein über die Schranken kleinlich konventioneller Verhältnisse in die Sphäre füßbestrickender Naturgewalten, welche nun und nimmer müde werden, fortzudichten an ihrem ewigen Wundermärchen. Auch unsern Wanderer lockte die Phantasie in das romantische Land der Träume, um ihm dort seine kühnsten Wünsche verwirklicht zu zeigen. Da gellt der Pfiff eines Dampfers, der die sonnenglizernde Spiegelfläche des Schuylkill durchschneidet, und das duftige Traumgebilde der Romantik ist am rauhen Fels der Wirklichkeit zerschellt und zerstoben. Der stille, sinnende Wanderer wird zum Raubthier und wirft den Hamen aus, um die muntere Forelle zu ködern. Hat er ein Recht dazu? Fragt den Löwen, warum er kein Pflanzenfresser ist. Der Fischfang ist gleichwie die Jagd ein Eingriff in den Haushalt der Natur. Beide entspringen dem Zerstörungstrieb, der, so parador das auch flingen mag, von dem Erhaltungstrieb hervorgerufen wird. Die Wechselwirkung dieser beiden Pole ist der Hebel jeglicher Arbeit. Sie hat Religionen und Gesetzbücher diktirt, Berg- und Feldbau, Handel und Gewerbe ins Leben gerufen, und wird, von der Wissenschaft unterstützt, den Traum des griechischen Philosophen Plato verwirklichen, insofern es die menschliche Leidenschaft zuläßt. Wo einst auf der Lichtung, die der Orkan in den fast undurchdringlichen Urwald gerissen, der Delaware- Indianer den Spuren des Wapiti- Hirsches folgte, und später der weiße Jäger( Trapper) dem Biber, dem Waschbär und der Moschusratte Fallen stellte, oder der Hinterwäldler( Backwoodsman) mit Wolf und Bär um den Besitz der Wildniß stritt, stampft das Dampfroß auf länderverbindenden Schienen und trägt den Ueberfluß von fünf Welttheilen zum Bedarf der meilengroßen Städte, die in ihren stolzen Mauern Einwohner nach Hunderttausenden beherbergen. Während der unausgesezte Krieg der rothen Ureinwohner selbst die Annäherung der Nachbarstämme verhinderte, eilt der weiße Mann unangefochten auf den Schwingen des Dampfes von Newyork nach San Francisco und liest im Eisenbahncoupé, während der Zug die 6000 Fuß hohe Barre der Felsengebirge auf- und niederdampft, die telegraphischen Berichte aus allen fünf Welttheilen. Und all' diese Wunder hat sein Geist im Laufe von ein paar Generationen bewerkstelligt. Amerika brauchte zu seiner Civilisirung ebensoviel Jahrhunderte, wie China , Indien und Aegypten Jahrtausende. Das ist der freie Antrieb eines freien Volkes. Wer kann heute die Grenzen der menschlichen Thätigkeit bestimmen? Wer kann in die Zukunft sehen und sagen, wie es in hundert oder zweihundert Jahren auf Erden
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aussehen wird, wo jeder Tag neue Erfindungen und zu deren Verwirklichung neue Bauten bringt. Und doch sind die kühnsten Bauten, verglichen mit dem Aufbau der Gestirne, Maulwurfshügel, die dem Bahne der Zeit kaum ein paar Jahrhunderte widerstehen.
Wohl stürzt, was Macht und Kunst erschufen, Wie für die Ewigkeit bestimmt, Doch alle Trümmer werden Stufen, Darauf die Menschheit weiter Klimmt."
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Dr. M. T.
Seltene Thiere.( Bild Seite 57.) Wer kennt sie nicht, jene buntgefiederten, kugelschnäbeligen Geschöpfe, die wegen ihrer Geschwäßigkeit die Lieblinge der Menschen geworden sind, und vielleicht grade weil viele Menschen durch diese Eigenschaft sich mit ihnen verwandt zu fühlen Ursache haben! Soviel steht fest, durch die hochgradige Entwicklung und den Gebrauch der Sinne steht der Papagei mit auf der höchsten Stufe des Thierreichs und, wenn man den Mittheilungen der zahlreichen Beobachter vollen Glauben schenken darf, kann aus ſeinem Betragen mancher Mensch etwas lernen. Wegen ihrer geistigen Entwicklung haben sich mit dem Thierleben eingehend beschäftigende Forscher, wie z. B. der verdienstvolle Brehm, die Papageien ,, befiederte Affen" genannt, die alle guten und schlechten Eigenschaften ihrer Vorbilder besitzen. Andere Vögelzüchter stellen sie wegen ihrer ihnen eigenen verhältnißmäßig bedeutenden Fähigkeit zur Erlernung der verschiedensten Sprachen und der oft gradezu frappirenden geschickten Anwendung von erlernten Redensarten an geeigneter Stelle, hoch über den Affen. Es mag zugleich bemerkt werden, daß sie namentlich in Nordostafrika fast ausschließlich in Gesellschaft dieser ,, Vierhänder" leben. Mit Ausschluß Europas bewohnen die Papageien alle Erdtheile. Von den 355 Arten, die man 1868 fannte, leben 142 in Amerika , 85 auf den Papuinseln und Molukken, 60 in Australien , 30 in Polynesien , 25 in Afrika , 19 in Südasien und auf den Sundainseln. Durch neuere Entdeckungen sind noch einige 20 neue Arten hinzugekommen, doch dürfte das Verhältniß wohl wenig dadurch geändert worden sein. Zumeist leben sie in der heißen Zone und in den Wäldern, doch leben auch einzelne Arten in baumlosen Ebenen und Steppen, andere sogar in den Höhen der Andes ( die unter dem Namen Cordilleren bekannte amerikanische Gebirgskette), über dem Holzgürtel d. h. die Grenze, wo größtentheils infolge der Kälte das Gedeihen der Bäume unmöglich ist, 3500 Meter über dem Meeresspiegel. In den tropischen Wäldern sind sie am zahlreichsten und wie Brehm mittheilt, in Afrika so stark vertreten, wie bei uns die Krähen, ebenso in Australien , wie in Deutschland die Sperlinge. Außer der Brutzeit leben sie meist in Gesellschaften, machen gemeinsame Ausflüge, um Nahrung zu suchen, wobei sie ihre Wachen ausstellen, um sich gegen Ueberfälle zu schüßen, und kehren des Abends wieder nach ihrem Lagerplatz zurück. Ihre täglichen Wanderungen erstrecken sich oft auf 12 bis 20 Kilometer Entfernung. Einzelne Arten hat man beobachtet, wie sie des Morgens ausflogen, des Mittags badeten und sich dann in dem dichten Laub der Bäume vor den Sonnenstrahlen verbargen, des Nachmittags wiederum Nahrung suchten und, nachdem sie des Abends noch ein Bad genommen, wieder nach ihrem Wohnort zurückflogen. Leztere nehmen sie entweder in dichten Laubkronen, durchlöcherten Felsen oder in Baumhöhlen, und zwar auch gemeinschaftlich. Da ihre Zerstörungslust noch ihre große Gefräßigkeit übersteigt, so sind sie in den Maisfeldern und Obstplantagen ungern gesehene Gäste. Sie gehen jedoch bei ihren Räubereien so listig zu Werke, daß ihnen schlecht beizukommen ist. Entweder verhalten sie sich beim Nahen des Angreifers so mäuschenstill was ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit ist daß niemand ihre Anwesenheit merki, oder die Wachen geben ihre Signale und der ganze Schwarm fliegt davon, laut schreiend, wenn er außer Schußweite ist. Dabei ist ihre Anhänglichkeit so groß, daß wenn ja ein über den angerichteten Schaden erboster Landmann mehrere von der Schaar erschießt, die Ueberlebenden immer wieder zu ihren todten Genossen zurückkehren, um schließlich auch den Wirkungen des Feuergewehrs zum Opfer zu fallen. Pflanzenstoffe, wie Früchte, Sämereien, Blüthenhonig und Blüthenstaub sind ihre Nahrung; doch gibt es auch Fleischfresser. Das Geschäft der Fortpflanzung verrichten fie in der Jahreszeit, die in ihrer Heimat unserm Frühling gleichkommt. Einige Arten brüten nur einmal, andre zwei- bis dreimal im Jahre. Zur Brütstätte benußen sie ähnliche Pläße, wie die obengenannten, oder arbeiten sich in Ermanglung deren auch selbst Höhlen vermittels ihres Schnabels in Baumstämme oder auch in die Erde. Die Alten füttern ihre Jungen, pflegen sie in der zärtlichsten Weise und vertheidigen sie hartnäckig gegen etwaige Feinde. Dabei leben sie, wie behauptet wird, auf Lebenszeit in der strengsten Einehe. Verwaiste Junge werden oft von ältern gepflegt und aufgezogen. Verschieden artige treten auch in Freundschafts- und Liebesverhältnisse zu einander, und ein Beobachter erzählt, daß ein Männchen, dem sein einer andern Art angehörendes Weibchen gestorben, einem andern seines Geschlechts die der Art der Verstorbenen angehörende Gattin abspenstig gemacht Theils habe und zwar, indem er den Käfig derselben zerstörte. wegen ihres Fleisches, aber noch öfter wegen ihrer schönen Federn, macht man Jagd auf die Papageien. Um die Jungen zu fangen, fällen die Wilden einfach die Bäume, in denen sich die Nester befinden, und wesentlich auf diese Weise ist die Urbarmachung der heißen Wälder
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