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haben genau wie die katholische Kirche   ihre Fest- und Fasttage,| unwiderleglichen Beweise gegen die christlich- theologische Auf­veranstalten gewaltige Wallfahrten und Prozessionen, senden oder fassung der Beziehungen des Christenthums zum Buddhismus sandten früher wenigstens Missionäre aus, halten Konzilien 2c. mehr sind. Die christlichen Theologen haben allerdings auch diesen That­sachen gegenüber die erstaunliche Kühnheit besessen, welche zu der Behauptung gehörte, dies alles hätte die verbreitetere buddhistische Religion der weniger verbreiteten christlichen, die ältere der jüngeren nachgemacht. Schade nur, daß die Buddhisten nach gewiesenermaßen schon tauften, lange ehe Johannes Jesum im Jordan getauft hat, daß eine wohlgegliederte buddhistische Priester­schaft schon jahrhunderte bestand, bevor an christliche Priester nur gedacht wurde, daß die Buddhisten um das Jahr 250 v. Chr. Missionäre aussandten in ferne Lande, daß das letzte ökumenische Konzil der Buddhisten, das in Kaschmir  , ungefähr 400 Jahre vor dem ersten ökumenischen Konzil der Christen, dem zu Nicäa  im Jahre 325 nach Christus ttfand, und was der ganz

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Schlimmer als das Christenthum ist die geistvollste Richtung der neuesten deutschen Philosophie mit dem Buddhismus   um­gesprungen. Jenes hat Anleihen bei ihm gemacht, diese hat es auch gethan, aber sich damit nicht begnügt, sondern den Darlehns­geber dadurch kompromittirt, daß es das Entliehene in total ent­stellter Form den Blicken des modernen Publikums darbietet. Das Nirwana der Buddhisten hat der schopenhauer  'sche Pessimismus der Welt als ihr Ziel und Zweck präsentirt. Schopenhauer ver­steht aber unter Nirwana nicht die durch völlige Vergeistigung ge­gebene absolute Ruhe und Glückseligkeit, sondern das Nichtsein, die völlige Vernichtung, woran der ursprüngliche, reine Buddhis­ mus   seiner ganzen Anlage nach nicht gedacht haben kann. ( Schluß folgt.)

Mein Freund, der Klopfgeist.

Eine Spiritistengeschichte aus dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts. Von H. E.

( VIII. Im Kampfe mit mir selbst und mit den wissenschaftlichen und thatsächlichen Mysterien des Spiritismus.)

Das Geschwätz des Barbiers hatte mich sehr unangenehm berührt. Mit untergeschlagenen Armen ging ich hastigen Schrittes im Zimmer umher. Ich entsetzte mich beinahe vor mir selber, als mein Blick im Vorübergehen unabsichtlich den hohen, krystall­klaren Wandspiegel streifte.

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Mein Gesicht war blaß, wie das eines schwer Kranken; die Augen lagen tief in ihren Höhlen und schauten so finster in die Welt, wie ich mich selbst noch nie gesehen zu haben erinnerte. Und ich fühlte mich auch krank- krank am Geiste und Gemüthe. Wie war alles so anders gekommen, als ich geglaubt, gehofft hatte zu jener Zeit, da ich diese Wohnung bezog. Wie insbesondere hatte ich mich in meinem Wesen und Treiben ver­ändert seit jener Spiritistensizung, der ersten, der ich beigewohnt. Diejenigen Wissenschaften, denen ich so ganz ergeben gewesen, ließen mich jetzt gleichgiltig, kaum daß ich noch jemals zu der rechten Sammlung kam, ernsthaft etwas anderes zu studiren, als spiritistische Schriften. In meinen Bücherschränken waren sie eingewandert, erst einige wenige, schmächtigen Leibes und in dem bescheidnen Gewande der Broschüre, dann mehr und anspruchs­voll beleibte in dauerhaftem, auch in prunkvollem Bande, schließ­lich dicke Kompendien, mehrere Dutzend kompletter Jahrgänge spiritistischer Zeitschriften in deutscher, französischer und englischer Sprache, ganz lange Reihen wissenschaftlich gehaltener Werke über Magnetismus und Spiritismus, von den sonderbaren Heiligen Swedenborg   und Mesmer an über die großen Naturforscher Nees von Esenbeck   und den Freiherrn von Reichenbach hinweg zu den modernen Spiritisten, zu den nicht weniger glänzenden Sternen am Himmel der Naturwissenschaften Wallace und Crookes, dann zu Hare und Edmonds, und die mehrhundertbändigen Reihen schlossen last not least als letzte, nicht als schlechteste als lezte, nicht als schlechteste, wenigstens nicht als mindestverführerische und leichtest zu durch­schauende die fünf- oder sechsundzwanzigbändigen Werke des sonderbarsten Gelehrten von der Welt, Jacson Davis, des weiland Schuhmacherlehrlings, der nie im Leben ein gelehrtes Buch in der Hand gehabt, nie eine Silbe gelernt haben soll, seit er seine elende Klippschule verlassen hat, und der doch so kolossal viel weiß, folossal viel von dem, was unsre Naturwissenschaften lehren und kolossal viel von dem, was sie nicht lehren, angeblich aber dereinst lehren werden.

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Ja, einen ganzen großen Bücherschrank hatten sie sich allgemach erobert, die wunderseltsamen, erstaunlich geheimnißvollen und er schreckend trotz aller Wissenschaftlichkeit aller Wissenschaft ins Ge­sicht schlagenden Bücher der Spiritisten. Meine ehrlichen alten Freunde in dunkler Leinwanduniform mit dem dauerhaften Leder­rücken hatte die bunte Schaar der Eindringlinge verdrängt, wie die grauen Wanderratten die eingeborenen schwarzen aus Europa  verdrängt haben, und wie jene drohten sie den Samen ihrer Vorgänger in meinem Haupte zum mindesten zu ver=

nichten.

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Ich hatte studirt Tag und Nacht wahrlich ein neuer Faust, nicht blos deshalb mit heißem Bemühen ich war anfangs felsenfest überzeugt gewesen, daß es meinem wissenschaftlich ge­

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schulten, von keinem Vorurtheil geblendeten Verstande bald ge­lingen werde, die schwachen Punkte der falschen Spiritistenwissen­schaft auszuspähen, den irrigen oder betrügerischen Voraussetzungen auf die Spur zu kommen, die widersinnigen Schlüsse und die vagen Spekulationen und Phantastereien in ihrer logischen Blöße und wissenschaftlichen Bedeutungslosigkeit zu enthüllen - nichts von alledem war mir bisher geglückt.

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aber

Wo ich auch die Sonde meiner Kritik einsenkte, überall stieß sie endlich auf das harte, undurchdringliche Erz wissenschaftlich konstatirter Thatsachen, die ebensosehr aller Erklärung spotteten, wie allen Versuchen, sie kritisch zu vernichten, sie in die Elemente des Betruges oder der Sinnentäuschung aufzulösen.

Es waren Gelehrte, Gelehrte von höchstem Range und leuch tendstem Namen, die da nicht ein oder das andere seltsame Er­eigniß beobachtet hatten, sondern tausende dergleichen. Alle Mittel wissenschaftlicher Forschung waren buchstäblich legionenmal erschöpft worden, der menschliche Scharfsinn hatte wieder und wieder sich zu überbieten bemüht, um dem vermeintlichen frechen und unglaublich verschmitten Humbug auf die Spur zu kommen, aber alles, alles war vergeblich gewesen.

Von Rechtswegen hätte ich völlig überzeugt sein müssen von dem, was ich in der üppig emporgewucherten spiritistischen Lite­ratur schwarz auf weiß vorfand. Durfte man der Urtheilskraft oder der wissenschaftlichen Ehrlichkeit hochstehender Gelehrter nicht mehr trauen? Gelehrter, die einen unbeschreiblich mühevoll er­rungenen Weltruf aufs Spiel setzten, just bei derartigen, dem wohlfeilen Spotte der Menge im vorhinein verfallenen Unter­suchungen; die sicher sein konnten, daß ihnen der Lorbeerkranz, für ihre Siege auf dem Schlachtfelde des Gedankens, vom Haupte gerissen würde und daß sie die Dornenkrone der Lächerlichkeit dafür eintauschten, falls es gelänge, ihnen zu beweisen, wie sie sich hätten hintergehen lassen.

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Und ehrlich gestanden! ich wehrte mich auch nur noch schwach gegen den Ansturm spiritistischen Glaubens. Ich fühlte mich geneigt, gezwungen vielmehr, die Segel der Kritik zu streichen; nur wollte ich mich dennoch nur auf dem Wege des Experi­ments ganz gewinnen lassen. Die Gelegenheit war ja so günstig; aber hatte ich nicht Thatsachen selbst zur Uebergenüge erlebt, welche recht gut als Beweise für Spiritismus und Magne­tismus in der Gesammtheit ihrer Wunderphänomene gelten

fonnten?

Nein und abermals nein! Sowohl bei jener Spiritisten­sigung, als bei allem, was ich hier erlebt, war ich im Grunde nur unthätiger Zuschauer gewesen, und nichts weniger als wissen­schaftlicher Beobachter oder gar Experimentator. Und das konnte ich mir auch nicht verhehlen, höchstens mit Ausnahme der öffent­lichen Sizung war ich nicht einmal mehr ein unbefangener Be­obachter gewesen, am wenigsten in der Mitternachtsstunde der Weihnacht, zu der ich fieberische Erregung mitgebracht hatte und von dem Geschehenen völlig überrumpelt worden war. Was da vorgekommen, fonnte also mir, dem wissenschaftlich zum Denken Gewöhnten nicht als Beweis gelten; ich mußte ganz von neuem anfangen, mit äußerster Sorgfalt den Thatsachen nachgehen, sie auf ihre Ursachen zurückzuführen suchen, ihre Bedingungen ein­