gehender Untersuchung unterziehen und sie in den Kreis des mir wissenschaftlich Erklärlichen einzureihen suchen; das war eine Nothwendigkeit, wenn ich nicht irre werden sollte an dem, was ich bisher als mein geistiges Besitzthum, den besten Theil meines Reichthums betrachtet hatte.

Und noch ein Moment trieb mich zu sorgfältigster Unter­suchung der mir zugänglichen spiritistischen Manifestationen und hinderte mich auch, mußte mich hindern, dem gewaltigen Ein­drucke blindlings nachzugeben, welchen Athanasia Cannabäus auf mich ausgeübt, dieses interessanteste aller weiblichen Geschöpfe, denen ich je begegnet: dieses Moment war der Ehrgeiz.

Vor wenigen Jahren noch kümmerte sich kein Mann der Wissenschaft in Deutschland  , soviel ich wußte wenigstens, um Spiritisten und Magnetiseure. Die Nees von Esenbeck   und Reichenbach   waren todt, ihre Jünger längst still geworden und aus der gelehrten Welt des Auslandes hatten die Klopfgeister und ihr phänomenales Gefolge noch nicht das Schlüsselloch gefunden, durch welches sie in die deutschen   Studirstuben ihren Einzug hätten halten können.

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Ließen sich Spiritismus und Magnetismus nun als that­sächlich begründet, vielleicht sogar als neue, nur erstaunlich er­scheinungsfremde und gedankenferne, jungfräuliche Wissensgebäude nachweisen, vermochte ich diesen, für Deutschland   einzigen, epochemachenden Nachweis zu liefern, so war mit einem Schlage erreicht, was mir als weltenentferntes, letztes, höchstes Ziel meiner wissenschaftlichen Mühen vorgeschwebt hatte; ich stand auf den Höhen des gelehrten Forschens meiner Zeit und hatte gewiß­lich Großes, vielleicht Unermeßliches für die Zukunft geleistet.

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Die Haideschenke.( Bild Seite 92-93.) Der Schauplaß unserer Abbildung ist die einförmige, aber in ihrer Art gleichwohl malerische und vom feurigen Volksliede poetisch verklärte Theißniederung. Diese große ungarische Tiefebene ist zweifellos der jüngste Festlandsboden Europas  . Die weiten südrussischen Steppenflächen, sowie die flachen Gestadeländer Norddeutschlands waren längst von den Seefluthen be­freit, als im Stromgebiet der unteren Donau   noch immer Meereswogen jenen Diluvialboden peitschten, auf welchem sich heute wogende Korn­felder mit unermeßlichem Erntesegen breiten könnten, wenn dieser frucht­bare Boden nicht eben in Ungarn   liegen würde. Die meisten der meilenweit auseinanderliegenden Meierhofe dieses Distriktes gehören würtembergischen Bauern, die im letzten Viertel des vorigen Jahrhun­derts eingewandert sind, und von der schier unerschöpflichen Ertrags­fähigkeit des Bodens begünstigt, fast alle zu Wohlstand gelangten. Arpads stolze Söhne, die Magyaren, die sich als Herren des Landes betrachten, sind ebenfalls Einwanderer und haben vor den Schwaben  den einzigen Vorzug, daß sie ein paar Jahrhunderte länger im Lande sind. Die älteste ungarische Tradition, halb Sage, halb geschichtliches Faktum berichtet, daß der magyarische Held Arpad   nach des slavischen Fürsten Swatopluk Tode mit sieben Heerhaufen zu je 30 000 Reitern durch die Gebirgsthore der Karpathen in die Theißniederung ein gedrungen ist und nach einer siegreichen Schlacht Besiz vom Lande nahm. Von diesen 210 000 Reitern, dem Stamme des heute nach Millionen zählenden Magyarenvolkes, hat sich ein Bruchtheil, nämlich die pferde­züchtenden Bewohner der Pußta( Haide), so gut wie gar nicht verändert. Wie alle Ritter vom Stegreif sind sie großmüthig, ja verschwenderisch, aber wegen ihrer unklaren Begriffe über Mein und Dein geschworne Feinde des Gesetzes und seiner Vollstrecker. Die Tanya( Meierhof) liefert auf Requisition die Speise und die Czárda( Wirthshaus) den Wein, der Zigeuner besorgt dem szegeny legeny, dem armen Burschen, wie dieses Mittelding von Hirt und Räuber genannt wird, Tabak und Schießbedarf in der Stadt und der ,, arme Bursche" zahlt auch pünkt­lich, wenn er einen guten Fang gemacht, im andern Falle bleibt er auf unbestimmte Zeit schuldig. Kann man die Theißniederung von dieser Landplage nicht befreien? Nein! Die Comitatspanduren( Be­zirksgensd'armen) sind behäbige, verheiratete Männer, die wenig Luft verspüren, sich mit den wagehalsigen Burschen in einen Kampf einzu­lassen; zudem haben sie schlechtere Pferde, wie ihre Gegner. Bei so bewandten Umständen muß der Bewohner des Flachlandes dem Räuber, der ihn in einem Augenblick, wo ihn die Behörde nicht schüßen kann, wie ein Gewitter heimsucht, um eben so schnell zu verschwinden, Unter­kunft gewähren er muß es thun, wenn er nicht gewärtig sein will, daß ihm der abgewiesene Strolch den rothen Hahn aufs Dach setzt und So viel zur Erklärung süd­wie ein Wolf seine Heerde verwüstet. ungarischer Zustände, damit der Leser uns bei Besprechung des Bildes nicht im Verdachte hat, daß wir ihm Ereignisse aus einem europäischen  Lande erzählen, die man nur bei innerasiatischen Turkmenen oder süd­amerikanischen Gauchos für möglich hält.- Vor der Czárda( Haideschenke), an deren windschiefen Lehmwänden dichtbelaubte Weinstöcke mit ihren weitverzweigten Reben hinaufranken und um deren Schild herbstliche Kletterrosen wie Ampeln schaukeln, geht es hoch her. Die zwei unzer­

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Als ich soweit in meinem Gedankenringen gekommen war, fühlte ich mich weit, weit ruhiger als zuvor. Ich hatte mich selbst wiedergefunden, oder glaubte doch, mich wiedergefunden zu haben, und meinte mich sicher, daß mein Verstand im Kampfe mit der wild emporlohenden und nicht mehr hinwegzuleugnenden oder hinwegzuphilosophirenden Leidenschaft zu dem bezaubernden, hinreißend schönen, Herz und Sinne bethörenden Medium die Oberhand behalten werde.

Um genau zu wissen und stets zu beherrschen, was mir an Thatsachen, Ideen und Schlußfolgerungen das Studium der spiritistischen Literatur eingebracht hatte, wollte ich zunächst die studirten Werke sammt meinen Exzerpten und Notizen noch ein­mal durchsehen und das Bedeutungsvolle zusammenstellen und gruppiren, das war eine Arbeit, mit der ich sehr wohl in vier Tagen angestrengter Thätigkeit zu Rande sein konnte. Dann gedachte ich mich ohne Umschweife an Cannabäus selbst mit der Anfrage zu wenden, ob er mir eine wissenschaftliche, nur im Interesse der Wahrheit geschehende, darum ebenso strenge, als voreingenommenheitsfreie Beobachtung und Untersuchung der unter seinem Einflusse stattfindenden spiritistischen und menschlich­magnetischen Erscheinungen gestatten wolle.

Zu allernächst ging ich flüchtig in Gedanken noch einmal die Reihe des Geschehenen durch; schon wollte ich meine Auf­merksamkeit wieder davon abwenden, da- stieß meine Erin­nerung auf eine Thatsache, bei der mir jetzt schon kaum noch eine Thür für den Verdacht, Irrthum oder Betrug walte vor, offen zu stehen schien. ( Fortseßung folgt.) Bibliothek

der Friedrich- Ebert- Stiftung

trennlichen Freunde, Bolond Miska und Paprika Jánczi sind mit wohl gespickter Börse in der blechernen Nase" eingekehrt und Illonka, des Wirthes schwarzäugige Tochter, hat alle Hände voll zu thun, um den Hunger und Durst der übermüthigen Gäste zu stillen. Ihr Bruder Pista hat gleich die Czutora( große Weinkalebasse) mit Rothwein aus dem Keller heraufgeholt, um das Gelaufe zu vermeiden und sorgt auch für die schweißbedeckten Pferde, die er zur Tränke an den Ziehbrunnen führt. Péti, der Zigeuner, greift behende in den Cymbál( Hackebret) und beflügelt mit seinen ernsten und lustigen Weisen die Füße zum sporenklirrenden Czárdâs. Bolond Miska, den die schöne Illonka mit Schlangenwindungen umkreist, hebt sie von Zeit zu Zeit mit jubeln­dem Zuruf in die Höhe und der ältere Paprika Jánczi klascht den Takt mit seinen Händen zu der Cymbálmusik. Er stürzt ein Glas Wein nach dem andern hinunter und läßt den ungarischen Herrgott, dann den Táblabiro( Bezirksrichter), das tanzende Paar, ja sogar den Juden im Dorfe leben, der ihm seine Beute zu Geld macht. Alles ist eitel Freude und Genuß. Nur der Wolfshund Iglo, der zottige Treuwart des einsamen Wirthshauses, theilt nicht die allgemeine Begeisterung und versieht mit gehobener Schnauze den Späherdienst. Er ist auf Panduren dressirt und weiß ihren Geruch genau von dem anderer Menschenkinder zu unterscheiden. Sollte ihm dieser verhaßte Geruch Stundenweit von dem Winde zugetragen werden? Das ist wohl nicht möglich. Und doch sieht er unverwandt nach einem Punkte hin und nimmt den Schweif zwischen die Beine, aber die Menschen haben zu viel mit sich selbst zu thun, um das auffällige Gebahren des Thieres zu bemerken. Auch die Pferde halten die Ohren gespitzt und stampfen und schnauben am Brunnen. Der Zigeuner, mit einem hingeworfenen Goldstück belohnt, weiß sich vor Freude nicht zu fassen und bearbeitet seinen Cymbál mit einer beharrlichen Schnelligkeit, daß ihm die flinken Tänzer kaum zu folgen vermögen. Aber auch der feurigste Tanz muß ein Ende nehmen und so hat denn auch Bolond Mista seine geliebte Illonka auf den Schoß gezogen, um sich schäkernd mit ihr auszuruhen. Das arme Mädchen durchfuhr ein tödtlicher Schreck, als sie des hin­geworfenen Goldstücks ansichtig wurde. Wie kam der Czikos( Roßhirt) Bolond Miska zu so viel Geld? Sollte das, was sie lange befürchtet, eingetroffen sein? Sollte sich der bisher unbescholtene Bräutigam am fremden Eigenthum vergriffen haben? Sie redet ihm ins Gewissen, doch er beschwichtigt ihre Befürchtung mit leeren Ausflüchten. Der nimmermüde Zecher Paprika Jánczi ist in dem Stadium angelangt, in welchem er selbst mit dem verachteten Zigeuner Bruderschaft trinkt. Da stößt Iglo ein langgezogenes Winseln aus, welches zwischen dem Gebell des Hundes und dem Geheul des Wolfes die Mitte hält. Paprika Janczi ist aufgesprungen und späht in die Ferne. Er hat den Rausch bei der nahenden Gefahr wie ein Kleidungsstück abgeschüttelt. Kein Zweifel! Dort auf der endlos weitausgebreiteten Haide, wo die tiefblaue Glocke des Himmels auf der braunen Fläche zu stehen scheint, geht etwas vor, was nur das Auge eines Pustenbewohners zu unter­scheiden vermag. Als sich der graue Fleck zur Staubwolfe gestaltet, läßt Jánczi einen durchdringenden Pfiff ertönen und die kleinen, un­ansehnlichen Einhufer der Steppe eilen wie Hunde herbei. armen Jllonka droht das Herz stille zu stehen, Panduren kommen und

Der