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Zusammengehörigkeit der Stämme in streitigen Gemeindeangelegenheiten oder bei drohender Kriegsgefahr darzuthun, zu dem Zweck es aber weder Rathäuser noch Marktpläße gab, so wählte man dazu die Opferstätten. Die altgermanische Sitte, eine Volksversammlung mit einem Opfer zu heiligen, ist eines jener Kulturelemente, die keineswegs mit dem Christentum untergingen, sondern vielmehr, mit demselben sich verschmelzend, das eigentliche Wesen des Mittelalters ausmachten. Aus dem Opfer wurde später die Messe und daher heute noch die Messe die Benennung für die Vierteljahrmärkte in Leipzig , Frankfurt und Braunschweig . Aber auch die alten Göttergestalten gehen als Wichteln im Fichtelgebirge , eigentlich Wichtelberg, noch immer um die Opferstätten, wie mancher Köhler und Hirte gesehen haben will. Allenthalben im Fichtelgebirge wiederholt sich die Sage, von goldenen Höhlen, Kapellen, Kirchen u. s. w. im Innern der Berge. Sie tun sich zu gewissen Zeiten auf, meist zur Sommersonnenwende, und Menschenkinder, die in sie geraten waren, angelockt von den Schäßen, die ihnen entgegengestralt, wurden, wenn sie zu lange in der Halle verweilt, einjahrlang eingeschlossen. Eine Mutter vergaß ob der Reichtümer ihr Kind und ließ es zurück; sie fand es am nächsten Sommersonnenwendtag, als der Berg abermals offenstand, unversehrt wieder. Das ist die Sage, in welcher der Kreislauf des Jahres erscheint; die Mutter ist die Natur, das Kind die Fruchtbarkeit, die den Winter über im Erdenschoß schlummert; die Erdgöttin hat das Kind zu sich genommen. Die Menschengestaltung der schaffen den Kraft, der Spenderin aller Gaben und Wohltaten, an denen das Menschengeschlecht sich nährt und labt, ist ein Seitenstück von dem von uns in Nr. 3 d. J. erzählten, durch Loki's Tücke und Verrat herbeigeführten Tod des Baldur, einer Allegorie des Wechsels der Jahreszeiten. Nachdem wir die gewonnenen Ergebnisse der Altertumsforschung, wie sie sich als Gedanken und Empfindungen unserer Vorfahren in dem reichen Schaße der deutschen Sage ausprägen, im allgemeinen angedeutet haben, wollen wir uns den Schauplatz unseres Bildes, den Opferaltar auf dem Nußhardt , ansehen. Unmittelbar am Fuße des höchsten Punktes des Fichtelgebirges, des 1016 Meter hohen Schneebergs, streicht der Centralstock des Fichtelgebirges in mäßiger Erhebung nach Süden. Eine der gewaltigen Steinbildungen, der Nußhardt , ist ein fast unvergängliches Denkmal heidnischen Opferdienstes. Er gehört zu den sogenannten Schalensteinen, Granitblöcken mit einer oder mehreren muldenförmigen Vertiefungen, welche außerdem noch im Spessart , in der Eifel , auf dem Snähättan in Schweden - Norwegen , sowie in den Graniterhebungen Indiens und Nordamerikas vorgefunden werden. Der Nußhardtrücken trägt kahle, gewaltige Felsen, deren Lagerung eine ansehnliche, gegen 30 Schritt lange Höle geschaffen hat und deren Wölbung aus lockeren Steinen so kühn gefügt ist, als hätte sie ein mit der Baukunst Vertrauter aufgerichtet. Den obersten Schalenstein, einen Block von 40 Kubikmetern im Umfang, scheint der Riesenarm eines Himmelsstürmers hinaufgewälzt zu haben, um die Dauerhaftigkeit der Hölenwölbung zu prüfen. Er enthält neue Vertiefungen, welche auf seiner ovalen Platte in der Weise verteilt sind, daß die größte von den übrigen kreis- oder bogenförmig umschlossen wird. Eins dieser Becken endet in einer Auslaufrinne. Daß diese Aushölungen von Menschenhand entstanden sind, kann keinem Zweifel unterliegen. Dieselben sind senkrecht, mit scharfen Rändern in das Gestein eingeschnitten, was die Annahme einer Auswitterung nicht zuläßt, wogegen übrigens schon die wohlberechnete Eintheilung spricht. Da in den Vertiefungen immer Wasser steht, nennt sie das Volk des Teufels Barbierschüsseln. Die Höle und die neun Schüsseln sollen uns zur Erklärung des Götter dienstes auf dem Nußhardt eine Handhabe bieten, denn sie sind die einzigen stummen Zeugen des blutrünstigen Treibens, das die Priester zur Aufrechthaltung ihres Ansehens und zur Ausbeutung des Volkes hier in Szene seßten. Die Vertiefungen auf dem Opferstein des Nuß hardt, sowie die auf den benachbarten sogenannten Teufelsißen von Epprechtſtein, Waldstein, Burgstein und Haberstein lassen ihren Zwed so deutlich erkennen, daß ein Zweifel nicht darüber aufkommen kann, es seien hier Menschenopfer gebracht worden. Die schon oben erwähnte geräumige Höle mit der kühn geschwungenen Wölbung galt als Pforte zur Unterwelt oder als Wohnung der Göttin Hel, woraus später die christlichen Priester das Wort Hölle gebildet haben mögen. Die Vertreterin der Göttin Hel bei der Uebernahme der Seelen der Abgeschiedenen hieß Menglada. Sie waltete ihres Amtes mit neun wohltätigen Jungfrauen. Die Edda , ein isländisches Sagenbuch, die einzige zuverlässige Quelle über die Gebräuche beim Opferdienst bezeichnet Menglada's bergiges Heim als einen Riesensiz, dessen Gürtung aus des Lehmriesen Gliedern, also aus Felsen, erbaut und so stark gestützt ist, daß sie stehen wird, solange Leute leben. Ihre neun Dienerinnen heilten die kranke Menschheit, weshalb ihnen geschlachtet wurde an geweihtem Ort. Ein solcher geweihter Ort, der Hyfiaberg der Edda , war auch der Nußhardt , dessen neun Schüsseln das Blut der den neun Jungfrauen dargebrachten Opfer aufnahm. Von dem heiligen Haine der Semnonen, der heute noch nicht völlig ausgerodet ist, wovon auf unserem Bilde die stattlichen Föhren und Fichten Zeugnis geben, berichtet Tacitus , daß seine Umfriedung blos nur aus einer Schnur bestanden habe, um dünne Haselstäbe gezogen. Nur gefesselt durfte man den geweihten Boden des Haines betreten, weil dem Menschen in der Nähe der Gottheit unbedingte Unterwerfung gezieme. Das Befragen der Götter mag damals ebenso einträglich gewesen sein, wie der spätere Ablaßschwindel. Die Obrigkeit ging mit den Priestern Hand in Hand, denn nur die Abgesandten des Bolles hatten das Recht, sich im heiligen
Haine zu versammeln, um Rat zu pflegen, Recht zu sprechen und Entscheidungen über Krieg und Frieden zu treffen. Reges Leben mag oft den Opferaltar auf dem Nußhardt umflutet haben, als hier noch die Siechen Heilung und die Unterdrückten Rechtsschutz suchten. Heute ist der Altar verödet und in der weiten Waldwildnis ist es still und einsam geworden, nur der Zauber der großartigen Landschaft ist geblieben. Dr. M. T.
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Grottenwohnungen der Zigeuner anf dem Monte sacro in Granada . Unsere heutige Illustration( Seite 117) zeigt uns eine häusliche Niederlassung wenn dieser Ausdruck hier am Platze jener Menschenrace, die den auf ihre Weiterbildung und Vermenschlichung verwandten Scharfsinn ihrer sogenannten civilisirten Mitmenschen bisher nicht minder erfolgreich verspottet hat, als die Rothäute in den Prairien Nordamerikas . Nur ist der Zigeuner denen, die ihn zur Kullur heranziehen wollen, nicht ganz so gefährlich wie der mordlustige Indianer, denn er ist doch meist den Völkern, welche er vorübergehend oder dauernd mit seiner Gegenwart beehrt, nur dadurch lästig, daß er sich meist als unverschämter Bettler und Spizbube zeigt. In einigen Gegenden, wie in Ungarn , Siebenbürgen und Montenegro treibt er sogar leichte Gewerbe, als Roßtäuscher, Vieharzt, Kessel- und Pfannenflicker, verfertigt allerhand Holzgeräte oder übt seine Lieblingsbeschäftigung, das Schmiedehandwerk, aus. Daß es der Zigeuner in der Kultur nicht weiter gebracht, wird auch für ihn aus seinem eigentümlichen Charakter abgeleitet. Doch dürfte der Unverstand, welcher ihm die in Europa übliche Kultur mit Gewalt aufdrängen wollte und der Aberglaube, mit dem er von den verschiedensten Völkern noch heute betrachtet wird, ebenso viel Schuld an der Erfolglosigkeit der Civilisationsbestrebungen haben, die man bisher an dieses allgemein bekannte Nomadenvölkchen verschwendete. Verbreitet sind die Zigeuner über ganz Europa , den größten Teil Asiens und einige Strecken Afrikas . Benannt werden sie sehr verschieden; biblischen Behauptungen folgend, nennt man sie auch Egypter, Pharaonen und in Spanien Gitano's . In Frankreich gelten sie für Böhmen ( Bohémiens). Die Namen, welche sie sich selbst beilegen, lauten in deutscher Uebersetzung auf Menschen, Menschenkinder, Menschenvolk hinaus. Ueber ihren Ursprung hat man lange die verschiedensten Meinungen gehegt, doch ist man heute darin einig, daß ihre Wiege in Indien gestanden. Ihre Sprache hat infolge ihres Lebens unter den verschiedenen Völkerschaften zwar mannichfache Umbildung erfahren, ist aber im Grunde gleichartig. Ueber ihr erstes Vorkommen sind die Meinungen noch getheilt, hingegen wird ihr erstes Auftreten im westlichen und nördlichen Europa allgemein auf 1417 angenommen, wo sie in Ungarn , Böhmen und Deutschland an der Nord- und Ostsee zuerst ankamen. 1418 waren sie in Meißen , Hessen und der Schweiz und 1422 passirten sie Bologna auf einem Zuge nach Rom . In Frankreich tauchten sie gleichfalls 1417 auf; 1419 waren sie in der Provence und 1427 hielten sie ihren feierlichen Einzug in Paris . Hier war es ein Häuptling, der sich Graf nannte, welcher am 17. August genannten Jahres mit 10 Männern und 80 Frauen zu Pferde einrückte, allgemeines Erstaunen hervorrufend. In Italien erschienen, nachdem 1417 in dem sich damals bis an das Schwarze Meer erstreckende Fürstentum Moldau viele tausende angekommen, im nächsten Jahre bereits 18 000. Große Massen wandten sich zugleich nach Polen und Rußland . Wesentliche Unterstützung fand ihr Auftreten in den abergläubischen Anschauungen der damaligen Zeit, die sich die Eindringlinge, schlau wie sie sind, bald zu Nuzen machten, indem sie angaben, sie seien auf mehrjährigen Pilgerfahrten begriffen und Geleitbriefe vom Papst, Kaiser und sonstigen Herren aufzeigten, wofür ihnen die gläubigen Christen bereitwilligst Unterstüßung angedeihen ließen. Die damalige politische und religiöse Zerfahrenheit in Europa fam ihnen zu statten und trug trefflich zu ihrem Bleiben bei. Ein Forscher auf diesem Gebiet, Prof. A. Bolz, schreibt, nachdem er die damaligen Verhältnisse charakterisirt: In diese Zustände schlichen sich die Fremdlinge rasch und fast überall mehr oder weniger fest hinein. Kein Wunder, wenn dieselben vorzugsweise geeignet waren, ihre angebornen schlechten Anlagen zu voller Blüte und Tätigkeit zu entwickeln. Als man sich über die Zigeuner klar wurde, war es, wie gesagt, zu spät." Hat der Herr Professor recht, so ist man sich über die Zigeuner nie recht ,, klar" geworden, denn wenn sie ihre angebornen schlechten Anlagen erst unter den nichts weniger als guten Verhältnissen Europas entwickelten, diese Verhältnisse aber denn doch einigermaßen den Weg zum Besseren eingeschlagen haben, troßdem auch die jetzt auf ihre Kultur so stolzen Nationen, wie allgemein bekannt, von Haus aus mit nicht minder geringfügigen Verstandsanlagen und schlechten Charaktereigenschaften ausgestattet waren, als die Zigeuner, so muß man schlechterdings bei seinen Civilisationsbestrebungen, dem Zigeuner gegenüber, nicht die Mittel angewandt haben, wie sonst üblich. Und man wandte dann auch, als ,, man sich flar wurde", alle jenen Maßregeln an, die damals im Schwange waren, d. h. ,, man hezte sie wie Wild, hing sie zu Massen auf, wo man sie traf, peitschte, folterte, verbrannte sie; kurz, kein Mittel schien zu schlecht, sie zu vertilgen." Freilich war das alles nutzlos, denn ihre Schlauheiten und ihre Widerstandsfähigkeit gegen jedes Klima, ihre Genügsamfeit und endlich ihre schnelle Vermehrungsfähigfeit besiegten doch alle die Verfolgungen. Sie blieben und sind noch, aber sie sind schließlich zu Parias der Gesellschaft geworden, die vorläufig noch viel weniger Hoffnung haben, in ihrer Lebensstellung eine