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vielen Fischen ist auch das Weibchen des Störs um ein bedeutendes| asiatischen Türkei von den Quellen des Tigris bis an den Urmia- un größer wie das Männchen.

Um den Caviar zuzubereiten, werden die Eierstöcke des Fisches mit Ruten gepeitscht und dann durch Siebe gerieben, um so die häu­tige Umhüllung der Eier zu lösen und dieselbe von diesen zu sondern. Hierauf werden sie getrocknet, gut gesalzen, in Tönnchen verpackt und so in den Handel gebracht. Der Caviar wird auf Brod gegessen und ist eine gesuchte Delikatesse, die freilich des großen Preises halber bei dem frugalen Male des armen Mannes nicht zu finden ist, dafür aber von der feinen Welt" mit um so größeren Behagen verzehrt wird.

Auch die Schwimmblaſe des Störs wird verbraucht und zwar wird dieselbe zu feinem Leim, zur Gelatine verarbeitet. Außer ver­schiedenen technischen Zwecken dient diese gleichfalls zur Zubereitung von Speisen, besonders von Saucen, sodaß beinah der gesammte Fisch, Fleisch, Eier und Schwimmblaſe dazu dient, die Bedürfnisse der Menschen, wie deren, durch die Kultur immer mehr verfeinerten, gastro­nomischen Ansprüche zu befriedigen.-

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In Versuchung. Für die kleine Heldin unserer Illustration ( Seite 140) ist der heutige, schon seit Wochen freudig erwartete Tag als ein warer Festtag angebrochen. Sie, das Lieblingstöchterchen Lischen, hatte auch allen Grund, sich im voraus darauf zu freuen, hat er doch keine geringere Bedeutung, als der Geburtstag ihrer wichtigen, höchsteignen Persönlichkeit zu sein, der nun schon zum sechstenmale wiederkehrt! Sie hat sich denn auch in der letzten Zeit der größten Artigkeit befleißigt, ist sie doch nun bereits recht groß und verständig geworden und hat der im allgemeinen ihr gegenüber nicht allzustrengen Mama, als sie ihr kürzlich zum soundsovielten male in einem un­bewachten Augenblick ein Stüd Konfekt weggenascht, unter Beteurung ihrer guten Vorsäge versprochen, daß sie so etwas ganz gewiß nicht wieder tun wolle. Bis zur Stunde hat sie auch redlich Wort gehalten, und wie sich alles Gute in dieser Welt belohnt, namentlich wenn man solche Gönner hat, wie unser Lieschen, denen eine eventuelle Belohnung teine besondern Schmerzen und Schwierigkeiten in der Tageskasse ver­ursacht, so ist auch sie heute reichlicher beschenkt worden, denn je. Erhöht der, von einem, als zerstreut geltenden Junggesellen, em in der Provinz wohnenden reichen Onkel geschickte Elefant, der dem Zuge des Bändchens, an dem sie ihn hat, in würdevoller Haltung ihren Spuren durch die Geburtstagsräume folgt, ihr äußeres Dasein, so nimmt eine von der Großmama gebrachte mächtige Torte, zur Befriedigung ungleich wichtigerer Bedürfnisse, einen noch höheren Rang ein. Sie ist nun ein­mal auf die Süßigkeiten versessen, wie weiland ihre vor Ururzeiten im Paradiese lebende Ahne Eva, die dem eingefleischten Fleischesser von heute freilich nur ein mitleidiges Achselzucken abgewinnt, weil sie in jugendlichem Leichtsinn ihren gottähnlichen, sündlosen Zustand für einen gewöhnlichen Apfel preisgegeben, wäre es noch wenigstens ein Fasan oder ein Rebhuhn gewesen! Das sind jedoch Geschmackssachen, über die sich wol streiten, aber kein endgiltiges Urteil fällen läßt, solange ,, die Geschmäcker" verschieden sind. Item, welchen Zweck haben denn die süßen Früchte, wenn sie nicht genossen werden sollen? So denkt sicher auch unser Geburtstagskind, und es macht sich dadurch noch lange nicht der Vorbereitung einer so sträflichen Handlung schuldig, wie die eine war, bei der ihre über den Unterschied der Begriffe von mein und dein noch wenig aufgeklärte Vorfarin in flagranti ertappt wurde,- sintemalen ja die so gewaltige Anziehungskraft ausübende Torte ihr unveräußerliches Privateigentum ist! Sie hat dieselbe geschenkt be­kommen, und nun hat die freigebige Mama bereits davon verschiedene Stückchen an die Gouvernante und sonstige für dergleichen empfäng­liche Familienglieder verteilt, und außerdem steht für Nachmittag, punkt 3 Uhr, der Besuch von Nachbars Lenchen und deren wilden Brüdern Karl und Hans in sicherer Aussicht, die, laut Erfarung, schon an ganz gewöhnlichen Erdentagen start kommunistische Bestrebungen heraus­stecken, wenn es sich um derartige Bissen handelt. Ist es ein Wunder, wenn der sich allen, und selbst den jungen Menschenkindern aufdrängende meinethalben auch die Eva erwacht und sich ihr ernst­haft der Entschluß aufdrängt, ihr Eigentum in Sicherheit zu bringen!? Ob sie der Versuchung widerstehen wird? Schwerlich, der Moment ist zu günstig, sonst gänzlich unbemerkt, vor dem einzigen Zeugen der Szene, dem Elefanten, vor Verrat sicher, denn hätte sie dessen Folgsam­keit nicht sicher erprobt, so wäre doch sein über allen Klatsch erhabenes Wesen die beste Bürgschaft für sicheres Stillschweigen. Jedenfalls Jedenfalls hat der Künstler den Augenblick, wo das ewig menschliche egoistische Prinzip sich mit dem gesellschaftlichen in dieser Kinderseele im noch un­entschiedenen Kampf befindet, meisterhaft dargestellt, es der Phantasie des Beschauers überlassend, die Lösung zu finden. Unbenommen bleibt es auch deren kühnem Fluge, auszuspüren, ob ein von der launigen Fortuna stiefmütterlicher behandeltes Menschenkind, gleichen Alters mit unsrer Heldin, in ähnliche Versuchungen kommen kann? Da wäre denn auch die Beantwortung der Frage, von wannen denn dieser egoistische Trieb kommt und wo die Grenze seiner Berechtigung zu finden, gar­nicht so übel!

alte Adam

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nrt.

Der Raubzug der Kurden.( Bild Seite 141.) Ein Aufstand, der weithin durch Vorderasien Furcht und Schrecken verbreitet, lenkt gegenwärtig die Blide Europas auf das Kurdenvolk. Diese ebenso frei­heitsmutigen als wilden Nomaden, welche zwischen Persien und der

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Wansee hausen, gehören zu jenen Ueberresten der Völkerwanderung, die wie Granittrümmer aus dem Strome der Jarhunderte empor­ragen. Keine der zallosen politischen Wandlungen, die man in Asien mit Blut und Eisen ins Werk setzt, vermochte die handwerksmäßigen Räuber zu glätten und abzurunden. Was vor Jartausenden der grie­chische Feldherr und Geschichtsschreiber Xenophon von ihren Vorfaren, den Gordyärn, schrieb, paßt heute noch auf die Kurden. Die patri­archalische Verfassung, wenn man von einer solchen reden kann, beruht auf überlieferten Familienrechten, d. h. die zwölftausend Geschlechter der Assireten( Raubritter) drücken und beuten die Kaste der Guranen( Acker­bauer) aus. Im Falle einer Mißernte, die bei der schlechten Bewirtschaftung nicht selten eintritt, üben sie das Gewonheitsrecht bei ihren Nachbarn aus, was so viel besagen will, als, sie quartiren sich mit Kind und Kegel bei den Armeniern und Nestorianern( chaldäischen Christen) ein. Troß­dem sie im 15. Jarhundert den Islam vom sunnitischen Zuschnitt an­genommen haben, zalen sie weder den sunnitischen Türken, noch den schiitischen Persern irgend eine Steuer. Auch Rußland denkt nicht daran, die flinken Reiter mit irgend einem Tribut zu belästigen, weil es die­selben heute gegen Persien und morgen gegen die Türken hetzt. Die Martinigewehre, welche den Kurden in dem gegenwärtigen Raubzug so ersprießliche Dienste leisten, sind allem Anschein nach russisches Fabrikat. Der kurdische Assirete, den die üppigen Wiesen seines Vaterlandes aller Futterkosten entheben, ist vielleicht die Veranlassung zur Entstehung der Sage von den Centauren( Pferdemenschen) gewesen, weil man ihn niemals zu Fuße gehen sieht. Wie schon eingangs erwänt, ist er heute wie vor Jartausenden tapfer, gastfrei und keusch, auch bis zu einem gewissen Grad worttreu; dagegen hat er keinen Sinn für Aderbau, weil der Gurane für Feldfrüchte sorgt. Wie alle Nomaden keiner ge= seßlichen Kontrolle unterworfen, ist er der Blutrache leidenschaftlich er­geben und hält eine Raubtat in gleicher Ehre mit der Heldentat. Die schlechten Seiten seines Charakters wird aber nur der Feind gewar, denn in der Familie herrscht eine auf Sittenreinheit beruhende Innig­keit, die sich mancher Kulturmensch zum Vorbild nemen könnte. Die Stellung der Frauen ist bei Hoch und Gering eine freiere als sonst im Morgenland; von der durch den Islam erlaubten Vielweiberei wird nur selten Gebrauch gemacht. Der Bräutigam, der hier wie überall im Orient die Braut kaufen muß, holt sie schon als zwölf­järiges Mädchen aus dem elterlichen Hause, oder vielmehr aus dem Filzzelt ihrer Angehörigen. Mißhandlung einer Frau wird von den Zur Erklärung unseres Stammesältesten als Verbrechen bestraft. Bildes, welches assiretische Krieger auf einem Raubzug vorstellt, wollen wir die Tracht dieser gefürchteten Steppenbewohner schildern. Ihre Kleidung besteht in weiten Beinkleidern, einem enganliegenden Rock und einem weiten Kaftan. Ueber das Ganze wird bei schlechtem Wetter noch ein Filzmantel geworfen. Dies alles ist eigenes Fabrikat der Frauen, die auch die Kopfbedeckung der Männer, kegelförmige Filzmüßen mit turban­artiger Umhüllung, anfertigen. Unser Bild enthebt uns der Schilde rung der in Kurdistan üblichen Waffen. Wie schon oben erwänt, sind zu den bisher üblichen in neuester Zeit auch Hinterlader hinzugekommen. Die kurdische Sprache ist mit der persischen verwant, woraus sich ihre indogermanische Abtunft sicher ergibt. Auch die Form des Schädels und der Schnitt der Gesichtszüge beweist die Verwantschaft der Kurden mit den arischen Persern und Tscherkessen und hat nichts mit den semi­tischen Arabern und den ugrisch- seldschukischen Türken gemein. Daß sie seit jeher gefürchtete Gäste waren, beweist die noch in Trümmern vor­handene kaukasische Mauer, welche die persischen Menschenschinder Cyrus und Cambyses auffüren ließen, um den verheerenden Zug der Kurden aus der Wiege des menschlichen Geschlechts, dem Kaukasus , aufzuhalten. Auch die Griechen und Römer und später die Kreuzfahrer hatten mit den räuberischen Kurden ihre Not. Alle Unterwerfungs- und Civili­sationsversuche scheiterten an der eigentümlichen Beschaffenheit des Landes. Wärend der südliche Teil Kurdistans eine grasreiche Steppe ist, hat die Oberfläche des nördlichen Teiles den Charakter eines Ketten­gebirgslandes mit ausgedehnten Hochebenen zwischen den Ketten( siehe den Hintergund unseres Bildes), die, für nicht landeskundige Truppen unersteiglich, den Eingeborenen als sicherer- Zufluchtsort dienen. Unter den Römern gab es Straßen, Wasserleitungen und Kastelle, deren Ruinen noch unsere Bewunderung erregen, heute gibt es außer den von Armeniern und Persern bewonten Diarbekir, Bitlis , Mardin und Kirmandschahan teine Ortschaften von Bedeutung, keine gebahnten Wege und keinen Verkehr als feindliche Raubzüge. Obzwar sich ritterliche Züge bei den von Kampf- und Raublust beherrschten Kurden vielfach fundgeben, wird doch der Müssiggang dieser Wanderhorden den seß­haften armenischen, jüdischen und nestorianischen Nachbarn verderblich, weil die Nomaden sehr unklare Begriffe von Mein und Dein haben. Daß der türkische Steuereintreiber bei den Kurden das leere Nachsehen hat, haben wir schon oben angedeutet, der freie Son der Steppe gibt fich aber auch nur in den seltensten Fällen zum türkischen Kriegssöldner her, weil der Haß gegen die Türken einen nationalen, allen Kurden ge­meinsamen Zug bildet. Nur in einer Hinsicht stimmen die geschwo­renen Feinde überein: was der Kurde dem Armenier nicht raubt, nimmt ihm der Türke für wer weiß wie oft schon bezalte, aber niemals quit­tirte Steuern ab. Der arme Bauer muß eben für sich, dann für seinen berittenen Kostgänger und schließlich auch noch für den feisten Faullenzer, den Türken, Steuern bezalen, die in der Regel in der Tasche des letzteren stecken bleiben, ein Schwindel, der den Ruin der