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leiche vielleicht, verstehen Sie Herr Doktor; dann kam aber' mal ein Sachverständiger und sagte, das röch' grade so, als wenn hier im Hause der Schwamm wäre, und ein anderer sagte, das Haus wäre ihm auch schon verdächtig gewesen, als wenn's auch den Mauerfraß hätte, und da haben sie solange geredet, bis der Magistrat eine Baukommission schickte, und nun denken Sie, Herr Doktor, was das für ein Aufsehn gemacht hat. Die Baukommission fam, one daß hier im Hause eine Menschenseele eine Anung da­von hatte, und alle Mieter ließen die Kommission in ihre Wo­nungen hinein, nur na, raten Sie einmal, Herr Doktor, wer absolut nicht leiden mochte, daß die Herren vom Magistrat seine Wonung untersuchten?"-

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,, Cannabäus war's," fur er fast one Unterbrechung fort ,,, und noch einer, der Alte, der grade über dem Magnetiseur wont, und bei dem der Junge, der Kunz, auch die Aufwartung hat. Beide haben erklärt, sie wüßten, daß in ihrer Wonung weder

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Albertus Magnus.  ( Bild Seite 164.) Wir haben bei der Be­schreibung des Kölner Domes in Nr. 6 des laufenden Jargangs der N. W.  " des Mannes erwänt, dem die Sage den Entwurf des Grund­risses des Kölner   Domes zuschreibt, und bringen heute sein Bild, das wie alles, was diesen Mann anget, höchst bemerkenswert ist. Im Kreuzgang von Sanft Markus in Florenz   befindet sich ein von dem Maler Fra Giovanni da Fiesole   herrürendes Freskogemälde, auf wel­chem unter anderen Berühmtheiten auch Albertus Magnus   figurirt. Nach diesem unzweifelhaft waren Porträt wurde unser Holzschnitt im 16. Jarhundert, vor mer als 200 Jaren, hergestellt und wird das Monument von dem Bildhauer Miller modellirt, welches man dem großen Gelerten in seiner Vaterstadt Lauingen   an der Donau er­richten wird. Auch der Büste, welche auf dem Prado della Valle in Padua   den Ruhm des Albertus Magnus   feiert, hat Fiesole's   Bild zum Muster gedient. Gleich den Dichtern Petrarca   und Dante   war Albertus Magnus   Gelerter und Politiker zugleich. Wenn wir die Lebensschicksale desselben in einem Roman lesen würden, so dürften sie uns mindestens unwarscheinlich vorkommen. Wie schon oben erwänt, ist er in dem schwäbischen Donaustädtchen Lauingen   und zwar im Jare 1193 als Sprosse des adeligen Geschlechtes derer von Bollstätt geboren. Ein Glück für die Wissenschaft, daß der Knabe Albert schwäch­lich war. Ungeeignet zu dem rohen Ritterdienste, schickte man ihn in Ermangelung etwas Besseren an die Hochschule zu Padua  . Um dem Leichtsinn, der Ueppigkeit und Genußsucht, welche damals den geist­lichen Stand ergriffen hatten, entgegenzuwirken, trat er in den Do­minifanerorden und suchte die Schlemmer in den Klöstern zu Köln  , Hildesheim  , Freiburg  , Regensburg   und Straßburg   durch Wissenschaft zur Einfachheit zu beferen. Zu diesem Zweck verfaßte er sein ,, Com­pendium der teologischen Warheit", das aber weder Laien noch Pfaffen zu bessern vermochte, denn gerade in diese Zeit fällt die blutige Fede zwischen dem hochfarenden Kölner   Erzbischof von Hochstaden und den Bürgern, welche durch das Ansehen des gelerten Albertus viermal bei­gelegt wurde. Mit seinem berühmten Schüler Thomas   von. Aquino ging er im Jare 1245 an die Universität von Paris, um den Talmud, als ein ,, von Mißbräuchen, Gotteslästerungen und Gottlosigkeit" volles Buch zu bekämpfen, was ihn aber nicht abhielt, gerade diesen ver­pönten Talmud   als Grundlage seiner ,, Scholastik" zu benußen. Nach dreijäriger Abwesenheit ferte er nach Köln   zur Grundsteinlegung des Domes zurück. Wie die Besten seiner Zeit hüllte er seine physikalischen Experimente in mystisches Dunkel. Was seine Zeitgenossen davon nicht zu fassen vermochten, hielten sie für Wunder; deshalb erzält auch die Sage, er habe einen Homunculus verfertigt, der einige Worte sprechen konnte. Warscheinlich war es ein Automat und der mitten im Winter dem König von Holland   gezeigte blühende Garten das Bild einer La­terna magica. In diese Zeit fällt die Verfassung des Werkes ,, Ge­heimnisse der Männer und Weiber", worin er den bis auf unsere Tage wärenden Aberglauben bezüglich des Einflusses der Gestirne, vornem­lich der Kometen, auf das Geschick Einzelner wie der Völker bekämpft, welche Künheit ihm in Anbetracht seiner abergläubischen Zeitgenossen nicht hoch genug angerechnet werden kann. Die Prediger- oder Do­minikanermönche von damals scheinen nicht in dem Maße von heute dem verknöcherten Dogma gehuldigt zu haben, denn sie erwälten den freisinnigen Gelerten zum Provinzial des Ordens für Deutschland  . Jeder andere Duzendpfaffe würde den einträglichen Posten zur eigenen Bereicherung benutzt und das erworbene Vermögen in Ruhe genossen haben. Der unermüdliche Albertus, von der Universität zu Bologna  für sein Werk, die Ethik, zum Doktor universalis ernannt, zog zu den damals noch heidnischen Polen   und Lithauern, um sie nach seiner Weise zum Christentum zu bekeren und kerte nach zweijärigem, mühevollen Umherstreifen in seine Zelle nach Köln   zurück, um seine Naturgeschichte zu verfassen. Mit seiner Erklärung, daß der Mensch das vollkommenste Tier sei, lehnte er sich an den griechischen Naturforscher Aristoteles  ( 384-322 v. Chr. Geb.) an und ist als Vorläufer und Banbrecher der Entwicklungslere des Engländers Darwin   zu betrachten. Im Jare 1259 wurde er an Stelle des wegen Lüderlichkeit entsegten Albert von Böttikau vom Papst Alexander IV.   zum Bischof von Regensburg   er­

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der Hausschwamm noch der Mauerfraß wäre, und solche Unter­suchungen störten ihre häusliche Ruhe, die ließen sie sich nicht gefallen. Die Baukommission bestet aber darauf und wartet blos den Bescheid der Regirung ab auf die Beschwerde des Cannabäus, um dann natürlich doch, und wenn's nicht anders ist, mit Gewalt, seine Wonung und die des Alten oben mal gründlich zu durch­stöbern. Und wissen Sie, Herr Doktor, was nun alle Welt meint, das heißt natürlich nur die, die halt den ganzen Spiri­tismus für Schwindel halten entschuldigen Sie gütigst, Herr Doktor, trotz der Wissenschaft, die nun einmal partout nicht da­hinter kommen kann. Die meinen also, daß der Magnetiseur nur deshalb die Kommission nicht eingelassen hat, weil sie dann verschiedenes entdeckt hätte, was auf die Spiritisterei ein wenig Licht geworfen hätte, wie's gemacht wird; und von dem Alten oben meinen sie, daß er mit dem Magnetiseur unter einer Decke steckt." ( Schluß folgt.)

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nannt. Der üppige Klerus des Stules von Sankt Emmeran hat den einfachen Mann so gründlich gepeinigt, daß er nach zwei Jaren das Weite suchte, nachdem er das wüste Pfaffentreiben in seiner ,, Politik" und ,, Lucas- Evangelium" für alle Zeit gebrandmarkt hat. Hierauf durchzog er zehni Jare als Wanderprediger Deutschland   und Böhmen  . Wie Dante   auf der Landstraße seine ,, Göttliche Komödie  " verfaßte, so stellte Albertus  , immer unterwegs, die Commentare zu der Ethik des Aristoteles   zusammen. Mit diesem Werk und dem darauf folgenden Das Buch von den Pflanzen", hat sich Albertus  , wieder nach Köln  zurückgekert, von der Klerisei vollständig losgesagt. Daß ihn die über den Umfang seines Wissens in der Chemie, Physik und Mechanik er­staunten Zeitgenossen für einen Zauberer hielten, darf uns um so weniger in Erstaunen seßen, als selbst Humboldt in seinem ,, Kosmos" den Scharf­sinn des Albertus   auf dem Gebiete der Naturwissenschaften bewundert. Aus den Grundvesten des Gebäudes, das später Kopernikus  , Galiläi, Kepler   und Newton vollendeten, schoß Albertus wie eine Feuergarbe hervor, die das mittelalterliche Dunkel weithin erhellte und den Weg zur Ver­nunft und Natur zeigte. Jeder gewinnt den Stoff lieb, mit dem er sich lange Zeit ernstlich beschäftigt, so zeigen auch die philosophisch- teo­logischen Werke des Albertus   ihn völlig von dem Griechen Aristoteles  beherrscht, wärend seine naturwissenschaftlichen Forschungen sich an die arabisch- jüdischen Schriftsteller anlehnen. Die aristotelische Definition von Gott als stofflose Form und der Materie als formloser Stoff scheint seine Bibelfestigkeit vollends erschüttert zu haben. Gleich seinem Gewärsmann, dem spanischen Juden Moses Maimonides  ( 1139 1205), versuchte Albertus Magnus   die spekulative Lere durch dialektische Kunst­mittel mit der firchlichen Dogmatik in Verbindung zu bringen, aber Glaube an Ueberweltliches und Wissenschaft sind und bleiben Gegensäge. Der Versuch mißlang, weil er mißlingen mußte. Greisenhaft ge­worden, verzweifelte er an seiner eignen Fassungskraft und verfiel in Trübsinn, widmete er sich der Kunst und griff doch wieder zum Wanderstab. Jm Jare 1274 war er auf dem Concil von Lyon   Gesanter des Kaisers Rudolph von Habsburg und baute 1278 den Chor der Dominikaner­firche in Köln  . Am 15. November 1280 erlöste ihn der Tod von den Plagen eines vielbewegten Lebens. Wenn auch die Pfaffen behaupten, daß ihn der Teufel geholt habe, bleibt er doch für alle Zeit ein Mark­stein auf dem Wege der menschlichen Entwicklung. Die Geschichte läßt ihm insofern Gerechtigkeit widerfaren, als sie ihn gleich dem make­donischen Alexander, dem fränkischen Karl, dem preußischen Friedrich und dem corsischen Napoleon Albertus Magnus, Albert den Großen nennt. Die lateinische Widmung unter dem Bilde des Albertus  : , Mitra pedumque oneri quondam, Alberte, fuerunt, Dulcius est Sophiae delituisse sinu"

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heißt frei ins Deutsche übertragen:

,, Krumstab und Mitra   waren zur Last dir einstens, Albertus  , Süßer doch ist es, fürwar, am Busen der Weisheit zu ruh'n." Der Vers ist ein Spiegelbild von des Albertus Erdenwallen.

Dr. M. T.

Das Kapitol zu Washington.  ( Bild Seite 165.) Hoch und mächtig erhebt sich das Kapitol mit seiner majestätischen Kuppel über die Stadt, welche den Namen des größten Bürgers der Vereinigten Staaten   und eines der größten Menschen der gesammten Welt trägt, dessen Name noch in fernen Zeiten genannt werden wird, wenn von Freiheit und Unabhängigkeit die Rede sein wird. Aber man wird dabei auch nicht jenes mutige Volk unerwänt lassen können, welches für seine Selbständigkeit so manchen heißen Kampf geliefert und dessen tatkräf­tige Unterstützung es ihm erst möglich machte, seine humanen Ideen zur Wirklichkeit werden zu lassen. Gibt doch das hier vorgefürte im­posante Werk monumentaler Kunst einen glänzenden Beweis der natio­nalen Kraft und des Selbstbewußtseins des amerikanischen   Volkes, das sich in ihm einen Tempel seiner Freiheit erbaut, in dem seine Reprä­Das sentanten die letztere zu schüßen und zu fördern berufen sind! auf einem sich leicht über die Stadt erhebenden Plateau erbaute Kapitol, zu dem Washington   am 18. September 1793 den Grundstein legte,

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