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Nr. 97.

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Erscheint täglich außer Montags.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

15. Jahrg.

Die Insertions- Gebühr beträgt für die fechsgespaltene Kolonel­getle oder beren Raum 40 Pfg., für Bereins- und Bersammlungs- Anzeigen, sowie Arbeitsmarkt 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ift an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- und Festtagen bis 8 Uhr vormittags geöffnet.

Mernsprecher: Mmt I, Mr. 1508, Telegramm Adresse: Bozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Parteigenoffinnen! Parteigenoffen!

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Der Tag der Wahlschlacht ist festgesetzt am 16. Juni wird unsere Partei in ganz Deutschland den vereinigten Reaktionsparteien im Rampf gegenüberstehen. Und kämpfen heißt für uns siegen..

Nur noch sieben Wochen trennen uns von dem Tag der Entscheidung.

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Mittwoch, den 27. April 1898.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Die Bedrohung des Reichstags- Wahlrechts.

Die Kreuz- Zeitung " thut entrüftet, weil einige Blätter der kon fervativen Partei ihre Gegnerschaft gegen das jetzt bestehende Reichs. tags- Wahlrecht vorhalten. Das Blatt spricht mit echt Hammerstein' scher Stirne fvon beweislofen Behauptungen und hält es für überflüssig, auf diese Unterstellungen ein Wort zu erwidern." Freilich, jetzt vor der Wahl, da die konservativen Herren durch dieses jezige Reichstags Wahlrecht gewählt werden möchten, paßt das nicht in den Kram, was sie früher, wenn die Gelegenheit ihre Herzenswünsche über ihre Lippen trieb, geäußert haben.

Was dieser Wahlkampf zu bedeuten hat, wie viel von feinem Ausgange abhängt, das wollen wir hier nicht aus einandersehen. Das habt Ihr in dem Aufruf der Fraktion gelesen. Das hat Euch der Vorwärts" wieder und wieder gesagt. Und das habt Ihr Euch selber gesagt. Das allgemeine Wahlrecht ist in Gefahr. Das Koalitionsrecht ist in Gefahr. Die Grundlagen für die gesetzliche Weiterfreuz- Zeitung" selbst. entwickelung der Sozialdemokratie, ja unseres ganzen Staatswesens sind bedroht.

Neben der Organisation, neben der mündlichen Agitation ist die wirksamste Waffe in diesem Kampf die Parteipresse, und für Berlin insbesondere der Vorwärts ", das Zentralorgan der Partei, welches zugleich das Organ der Berliner Genossen ist.

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Der Vorwärts", das geloben wir Euch von neuem, wird in diesem Wahlkampf nach bestem Können seine Schuldig­teit thun.

Aber Ihr müßt auch Eure Schuldigkeit gegen über dem Vorwärts" thun. Und gerade die Wahl­zeit, in welcher der Vorwärts" Euch am nüglichsten ist, ist auch die Zeit, in der Jhr dem Vorwärts" am nüglichsten sein könnt. Die Wogen des Wahlkampfes bringen Kreise in Be­wegung, die in Zeiten der politischen Ruhe oder gar Windstille vom Wellenschlag des politischen Lebens nicht berührt werden. Jetzt werden sie empfänglich und zur Aufnahme unserer Lehre bereit. Dies haben die Genossen zu beherzigen, und in die Furchen, welche die Wahlagitation auf bisher uns ver­schlossenem Boden zieht, haben sie planmäßig das Saatkorn des Sozialismus einzustreuen. Und zur Ausstreuung des Saattorns ist die Parteipresse, ist für Euch, Berliner Genossinnen und Genossen, der, Vorwärts" das geeignetste Werkzeug.

Je verbreiteter der Vorwärts ", desto weiter und tiefer sein Einfluß; je größer sein Leserkreis, desto größer sein Wirkungs kreis .

In je weitere Kreise Ihr den Vorwärts" einführt, desto stärker wird die Partei, desto stärker werdet Ihr selbst.

Laßt Euch den günstigen Augenblick nicht entgehen. Jetzt ist der Moment, den Abonnentenstand des Vor­wärts", was Ihr Alle wollt, beträchtlich zu heben. Reine Versammlung sollte verstreichen ohne Aufforderung zum Abonnement auf den Vorwärts". In keinem Flug blatt sollte die Aufforderung zum Abonnement auf den Vorwärts" fehlen! Und wie unzählige andere Gelegenheiten bietet der Wahlkampf für die Empfehlung, für die Ver­breitung des Vorwärts", unseres und Eures Organs. Was Ihr für den Vorwärts" thut, das thut Ihr für Euch und das thut Ihr für die Partei!

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Auf ans Wert!

Wenn sie jetzt plöglich so arg an Gedächtnißschwund zu leiden vorgeben, so erscheint es für uns doppelt geboten, sofort diesen tonservativen Täuschungsversuchen entgegenzutreten. Und Material giebt es da genug und übergenug. Nur an einiges wollen wir heute erinnern. Wir begnügen uns vorläufig mit Zitaten aus Reden konservativer Parteiführer und aus der- Man höre!

Graf v. Mirbach, der jetzt noch dem Reichstage als einer der Führer der deutsch - konservativen Fraktion angehört, erklärte am 28. März 1895 im preußischen Herrenhause wörtlich:

In allen ländlichen Kreisen und weit über diese hinaus würde es mit Jubel begrüßt werden, wenn die verbündeten Regie­rungen sich dazu entschließen, einen neuen Reichstag auf der Basis eines neuen Wahlrechts ins Leben treten zu lassen.( Sehr richtig. 3uftimmung), und zwar unverzüglich. Die zu lösende Aufgabe ist schwierig, aber auf teinem Gebiete wäre das Wort zu spät!" verhängnißvoller wie hier. Es würde gleichbedeutend sein mit dem Intrümmergehen des Deutschen Reiches . Ich erlaubte mir vorhin zu bemerken: Die Aufgabe sei nicht leicht zu lösen. Alexander der Große stand auch vor einer schweren Aufgabe und löfte fie schnell."

Der verstorbene Graf Fred Frankenberg, der den Freikonservativen näher stand, äußerte sich am 30. März 1895 im Herrenhause nach Ausweis des stenographischen Berichts folgender­maßen:

Wir feiern in diesem Jahre das 25jährige Jubiläum der Entstehung des Deutschen Reiches . Ich hoffe doch, daß dadurch die patriotische Flamme in den deutschen Herzen so angefacht werden kann, daß wir über das Elend des heutigen Reichstags, der hoffentlich nur noch turze Zeit zusammenbleiben wird, hinwegkommen, daß wir dann Neuwahlen bekommen werden, die wieder einen deutschen , wahrhaft deutschen Reichs­tag hier nach Berlin senden, und mit diesem wird dann ver: handelt werden können, um ein anderes Wahlgesetz für das Deutsche Reich zu bekommen. Denn mit dem jetzt geltenden

können wir nicht bestehen."

Aehnlich forderte das tonservative Serrenhausmitglied Graf Pfeil- Burghause in Schlesien im September 1895 die Konfer vativen aller Parteien auf, gegen das geheime Wahlrecht

mobil zu machen.

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Allen solchen Aeußerungen gegenüber wird nun aber die Kreuz­Beitung" erklären und ähnliches ist schon oft von jener Seite erklärt worden: Das sind Privatkundgebungen, die nichts für die Stellung der konservativen Gesammtpartei befagen.

Maße. Eine solche Ausflucht ist natürlich lächerlich im höchsten Denn solche Privatkundgebungen zeigen eben, wie sehr innerhalb der Partei derartige Wünsche vorherrschen. Dazu kommt, daß die Parteifreunde, wie das offizielle stenographische Protokoll ausweist, jene oben zitirten Aeußerungen ihrer Hedner stets mit Beifall und dem Rufe:" Sehr richtig!" begleitet haben. So dumm freilich, um programmmäßig und von Parteiwegen die Bernichtung des Reichtags- Wahlrechts zu fordern, find die Konservativen nicht gewesen. Sie waren schon dumm genug, daß sie vorzeitig ihre Pläne in Privatkundgebungen verriethen.

Aber rücken wir jener Ausflucht noch näher auf den Leib. Es war im Januar dieses Jahres in Erwartung des kon= fervativen Parteitages in Dresden . Ein großer Theil der Konservativen fühlte, daß ihre Stellung zum Reichstags- Wahlrecht

Am 1. Mai 1898 eröffnen wir ein neues Abonnement auf den im Wahlkampfe ziemlich stark würde ausgebeutet werden und eine

Vorwärts

mit der illustrirten Sonntags- Beilage

Im

Die Neue Welt. Unterhaltungs- Blaff

Wie verhielt sich aber der Parteitag zu jener Zuschrift? Die geforderte autoritative Erklärung, daß die konservative Partei teine Gegnerin des Reichstags- Wahlrechtes sei, wurde nicht ab­gegeben. Diese Thatsache beweist sonnentlar die Gegnerschaft der tonservativen Gesammtpartei gegen das Reichs­tags- Wahlrecht. Diese Gegnerschaft wurde aber überdies unter dem lebhaften Beifall des Parteitages durch den ersten Führer der Partei noch besonders festgelegt.

Wir erlauben uns, aus dem offiziellen Berichte der konservativen Korrespondenz die Aeußerungen aus der Rede des Herrn Grafen zu Limburg- Stirum abzudrucken, die sich auf das Reichstags= Wahlrecht beziehen. Graf zu Limburg- Stirum fagte wörtlich:

Meine Herren! Man macht uns den Vorwurf, den ungerecht­fertigten Vorwurf, daß wir, die konservative Partei, das allgemeine geheime Wahlrecht angreifen wollten und daß wir daran gingen, es gewaltsam umzustürzen. Meine Herren! Das ist nicht wahr! Wir stehen auf dem Boden der Verfassung, und auf dem Boden der Verfassung wollen wir weiter kämpfen und weiter arbeiten. Daß das allgemeine und geheime Wahlrecht von uns nicht be­wundert wird, meine Herren, das kann kein Mensch von uns ver­Tangen;( Heiterkeit) denn ein Wahlrecht, welches bie Vertretung der größten Städte der Monarchie in die Hände von Sozialdemokraten Iegt, welche eigentlich nur als Literaten und Agitatoren wirken, ist doch tein erwünschter Zustand. Aber, meine Herren, damit daß man Kritik übt, ist noch nicht gesagt, daß man unter Bruch der Verfassung ein Wahlrecht ge­waltsam aufheben wollte. Ich muß aber in der Beziehung eines fagen. Von unserer Seite ist der Angriff auf das Wahlrecht nicht gefommen; die Angriffe auf das geheime all. gemeine Wahlrecht kommen von der anderen Seite, das heißt von denjenigen, welche immer ver­langen, daß die Diäten eingeführt werden.( Sehr richtig.) Meine Herren! Die Diätenlosigkeit ist ist feinerzeit ein­geführt worden als eine Kompensation gegen die ungeheuer weit­gehenden Eigenschaften des Wahlrechts. Und wenn man nun Diäten einführen will und die Kompensation aufheben, wird es nothwendig sein, das ganze Wahlrecht einer Re­vision zu unterziehen.( Sehr richtig!) Aber, meine Herren, der Antrag auf Revision und auf Veränderung ist vorläufig von unserer Seite nicht geschehen. Ich meine also, daß dieser Vorwurf auch mit Recht zurückgewiesen werden kann."

vor

Unter Bruch der Verfassung wollen also die Konservativen das Wahlrecht nicht beschränken oder gar abschaffen, so sagen sie. Aber fie erklären sich bereit dazu und hoffen sehnlichst auf den Augenblick, wo das Reichstags- Wahlrecht mittelst einer gefügigen Reichstags­Majorität gefegmäßig" geändert werden kann, sowie es in Sachsen bereits geschah? Oder ist die Kreuz- Zeitung " über eine solche Insinuation abermals entrüftet? Sun, so höre sie noch zum Schluß, was auf dem nämlichen Parteitage der Führer der konservativen Partei, Freiherr von Manteuffel, über das Vorgehen der Sachsen unter Zustimmung seiner Zuhörer ausführte: " Nun, meine Herren, da wir hier in Sachsen sind, kann ich nicht unterlassen, die Art und Weise hervorzuheben, wie die königl. fächsische Regierung der Sozialdemokratie zu Leibe gegangen ist und mit welchem Erfolge es ihr gelungen ist, die Bestrebungen der sozialdemokratischen Partei hintanzuhalten und allem ihre Vertretung in den geseßgebenden Körperschaften zu annulliren.( Bravo !) Das, meine ich, ist ein Verdienst der königlich sächsischen Regierung, das wir nicht hoch genug anerkennen tönnen, und deshalb müssen wir unseren ganz besonderen Dank zollen.( Bravo !) Se. Majestät der König Albert von Sachsen und sein Ministerium find zielbewußt vorgegangen, Hand in Hand, und haben es durchgesetzt, mit einer fönigstreu und national gesinnten. Majorität ein Wahlgese zu schaffen, durch das den Umtrieben der Sozialdemokratie, soweit dieselben im Parlamente stattfinden können­und das sind schließlich die gefährlichsten, weil dort die Immunität den betreffenden Abgeordneten zur Seite steht-, Einhalt geboten wird. Meine Herren, ich glaube in Ihrer aller Sinne zu handeln, wenn ich den Herren, die sich verdient gemacht haben um das Zustandekommen jenes Gesezes, unseren gana besonderen Dant ausspreche.( Bravo.)

Buschrist aus Parteitreisen" an die Kreuz- Beitung" hielt es für angezeigt, in autoritativer Form der Behauptung entgegenzutreten, die tonservative Partei sei eine Gegnerin des Reichstags Wahlrechts". Aus der Initiative der Parteileitung ferner müßte daher auf dem Dresdener Partei­tage betont werden, daß man an dem allgemeinen Wahl­recht festhalten wolle. In der nämlichen Zuschrift wird aber sofort wieder das bestehende Wahlrecht in der Kreuz- Zeitung " Was bedarf es noch weiteren Zengnisses angesichts dieser Lobes angegriffen, indem die Abschaffung des geheimen rede auf die sächsische Wahlrechtszerstörung? Die konservative Partei ist Wahlrechts gefordert gefordert wird. Alz ob die Abschaffung eine Gegnerin des bestehenden Wahlrechtes und es ist eitel der geheimen Wahl nicht die Abschaffung des be: Demagogie, wenn ihre Presse jetzt vor den Wahlen das Gegentheil stehenden Wahlrechts bedeutete! Die Kreuz Zeitung " frei- heuchelt. Auf solchen widrigen Stimmenfang werden Wähler, die fich scheint sich dieser Zuschrift nicht mehr zu erinnern, von diesen Sachen Kenntniß haben, sicherlich nicht hereinfallen. obgleich sie kaum drei Monate zurückliegt; sie hat diese ebenso ver- Mit der Stellung der nationalliberalen Partei und geffen wie ihren Ausruf Ende des Jahres 1894: Bieber keinen der offiziösen Presse zum Reichstags.Wahlrecht werden wir Für außerhalb nehmen sämmtliche Postanstalten Abonnements e ich 3 tag als solch einen Reichstag." uns demnächst beschäftigen. zum Preise von

werden wir noch in diesem Quartal mit der Veröffentlichung eines Original- Romans von Robert Schweichel beginnen, der die Zeit des deutschen Bauernkrieges behandelt. Für Berlin nehmen sämmtliche Zeitungsspediteure sowie unsere Expedition, Benthstr. 3, Bestellungen entgegen zum monatlichen Preise von

1 Mark 10 Pfennigen frei ins Haus.

2,20 M. für die Monate Mai und Juni entgegen.( Eingetragen ist der Vorwärts" in der Post- Zeitungsliste für 1898 unter Nummer 7576.)

Die Redaktion des Vorwärts".