die Sorgen des Lebens nicht einmal vom Hörensagen, Schmerz und Kummer sind ihr fremde Dinge, sie kennt nur Freude und Genuß, und sie verheiratet sich, um eine Erhöhung dieser Freuden, eine Erhöhung des Genusses noch zu finden. Einer solchen werdet ihr aber niemals genug davon bieten können. Und was kann sie euch werden in dieser Oberflächlichkeit? Was? Nichts. So get ihr bald gelangweilt und unbefriedigt neben einander her, euch gegenseitig quälend; der Mann greift, um sich zu erfrischen, nach dem Wechsel, und die Frau in ihrer Genußsucht, vielleicht auch aus Revanchegelüften, macht es ihm nach. So, ja so mögen sie beschaffen sein, die Ehen, die Sie vor Augen haben, Herr Baron, die Sie mit Recht fürchten oder vor denen Sie mich warnen wollen. Aber um mich brauchen Aber um mich brauchen Sie nicht besorgt zu sein, mein Mädchen ist kein weichliches Geschöpf, sie ist gesund und mutig, sie ringt und kämpft mit dem Leben, wie ich selbst, und sie ist besser und klüger, wie ich selbst, aber mich demütigt dies nicht, ich sehe darin, sowie in ihrer Liebe, die sie mir ehrlich und offen gestanden hat, die Gewär unsres fünftigen Glücks."

,, Bravo , bravo!" rief der Baron . Es bleibt doch immer was Schönes, um so einen jungen Idealisten. Man möchte es ihm fast glauben, was er da vorbringt, dieser Apostel der Armut und Familienliebe, so überzeugend schildert er sein Glück. Ich fürchte nur, daß nach einigen Jaren schon besonders beim Teater, haha, das ist ein ser schlüpfriger Boden, auf dem Sie Sich mit ihrer erhabenen Tugend schrecklich abplagen werden; nemen Sie Sich in acht, ich muß es Ihnen gestehen, mir wird für Ihr Eheglück ganz ungeheuer bange."

-

Der Baron lachte und Frizz lachte mit. Dann griff er nach seinem Hute.

,, Sie wollen schon fort?" fragte Hellenbach. bleiben Sie noch."

Nicht doch,

,, Ich kann nicht, ich muß in der Messe singen." ,, Wirklich? Und Sie singen da mit einem jungen Mädchen, das ich habe davon gehört das ebenfalls eine hübsche Stimme haben soll?"

-

-

,, Eine herrliche Stimme." ,, Wäre dieses junge Mädchen vielleicht Ihre Braut?" Der Baron tat diese Frage mit auffallender Lebhaftigkeit.

,, Weshalb fragen Sie das?"

Weil ich es erfaren möchte; warum haben Sie auch dem Mädchen ihrer Liebe ein so enthusiastisches Lob gesungen, jezt bin ich neugierig, es kennen zu lernen."

"

Ich wenigstens werde diese Neugierde nicht befriedigen." Sie sind eifersüchtig?"

,, Wie ein Othello."

" Ah, das ist lustig; aber sagen Sie mir doch wenigstens den Namen Ihrer Braut, nur ihren Taufnamen, darum."

-

ich bitte Sie

,, Sie können mich lebendig rädern, von mir erfaren Sie nichts." ,, Sie halten mich also für gefärlich?"

" Ich halte Sie für sehr schädlich; Männer von Ihren lockeren Grundsäßen, dabei mit äußerlichen Vorzügen, können der Un­erfarenheit verderblich werden."

,, Haha, wissen Sie, daß Sie mich durch dies Abweren erst recht aufreizen? Ich werde mich selbst auf Kundschaft legen, und ich werde erfaren, mit wem Sie singen."

,, Das kann ich Ihnen nicht verbieten, sonst täte ich's. Und nun leben Sie wol."

,, Vergessen Sie Ihre Rose nicht."

Es ist war." Frizz entnam sie der Vase. Hellenbach war ebenfalls aufgestanden, er hatte sein Messer hervorgezogen und mit einem Schnit einen Zweig mit mereren Blüten herabgeschnitten.

Diese sind herrlich," sagte er, sie dem Jüngling hinreichend, ,, geben Sie sie Ihrer Braut von mir."

Ich danke, aber meine Braut wird diese Blumen nicht an­

nemen."

,, Sie sind ein reizender Mensch mit Ihrer Eifersucht. Aber einerlei, diese Blumen müssen Sie jezt nemen, geben Sie sie, wem Sie wollen."

,, Sie sollen unsre kleine Schwester schmücken," sagte Frizz, die ihm aufgedrängten Blumen entgegennemend und zur Tür voran­schreitend, wohin ihm Hellenbach folgte.

,, Schmücken?" fragte der leztere, das Wort absichtlich dehnend. Die jungen Damen werden also warscheinlich den heutigen Ball besuchen? Und Sie werden auch dort sein?"

186

,, Ich rette mich vor Ihrer Wißbegirde, Herr Baron ; sie fängt an, mir unheimlich zu werden."

Hellenbach nickte ihm mit scherzender Frölichkeit zu, und die Worte Mephisto's citirend:

Ei, Possen, das ist nur zum Lachen, Sei nur nicht ein so strenger Mann, reichte er ihm die Hand zum Abschied.

Frizz legte die seine hinein, aber nur zu einem kurzen, flüch­tigen Druck. Dann entfernte er sich rasch.

Eugen Hellenbach blieb an der offenen Tür stehen und sah ihm nach. Er lachte in sich hinein und murmelte: Ein prächtiger Bengel, und von einer rürenden Naivetät. Es gibt also wirklich noch so unverdorbene, ursprüngliche Gemüter? Es ist zu ergötz­lich." Jezt verdüsterte sich sein Gesicht ein wenig. Wenn diese kleine, reizende Elvira wirklich seine Braut wäre, ich weiß nicht warum, aber es würde mich verdrießen und weshalb? Wenn ich sie ihm abspenstig machte es wäre zum totlachen! Aber wer weiß, ist sie es auch? Wir werden sehen."

-

Er verließ das Gewächshaus, und den Garten durchschreitend, betrat er die Villa. Ueber einige Stufen kam er in eine Loggia, die mit hübschen Fresken geschmückt war, von da fürte eine Glas­tür in das Rauchzimmer. Er verfügte sich in dasselbe. Es war ein mäßig großes Gemach, das mit geschmackvollem Holzgetäfel versehen war und eine Anzal Divans und niederer Sessel ent­hielt, alle mit orientalischen Teppichen belegt. In der Mitte desselben, auf einem reichgeschnitten Tisch, lagen die Pläne für die neuauszufürenden Gartenanlagen. Die Mama und eine Schwester des Barons wollten, ehe sie in die Bäder reisten, hier einen kurzen Besuch machen, und für diesen Aufenthalt mußten eben einige Vorbereitungen getroffen werden. Der Baron war zu dem Behufe hierher gekommen, er wollte seine Anordnungen treffen und dann wieder in die Residenz zurückkeren. Jezt drückte er auf einen Knopf, der den Telegraphen in Bewegung sezte. Ein Diener one Livree, in einem kleidsamen Civilanzuge, trat herein.

Der Baron sagte, er wolle ausgehen. Dann fragte er, wie im Vorbeigehen:

,, Es ist ja heute hier im Städtchen etwas los, ein Kränzchen, glaube ich, wird veranstaltet oder ein Ball,- haben Sie nicht Savon gehört?"

,, Gewiß, gnädiger Herr, und der Herr Apoteker, ich glaube, er war's, der war ja gestern morgens selbst hier, den Herrn Baron dazu einzuladen, aber der Herr Baron waren nicht zu­hause."

,, So, so, es ist gut, ich werde den Ball besuchen. Haben Sie einen Frack eingepackt?"

,, Ei, freilich, Herr Baron, nie one diesen; man kann ja nicht wissen, selbst auf dem Lande-"

,, Sie sind die Vorsicht selbst, Heinrich." Ich schmeichle mir, Herr Baron ."

Eugen Hellenbach begab sich in das Garderobezimmer. Er betrachtete sich einen Moment in Spiegel,-seine Frisur, sein Anzug waren tadellos; etwas verstaubt fand er den Aermel seines Rockes, das war im Gewächshause geschehen. Der Diener bürstete ihn auf das sorgfältigste, dann schlüpfte er in seinen Baletot und nam Hut und Handschuhe.

,, Werden der Herr Baron zum Mittagessen zuhause sein?" frage der Diener.

Ja, ich gehe nur in die Kirche, ich muß heute dringend eine Messe hören."

Er lachte, und auch der Diener erlaubte sich ein Lächeln. Hierauf verließ der Baron zu Fuß seine reizende Villa und ging nach der Stadt hinunter.

-

Neuntes Kapitel.

Es war abends sieben Ur. Der Tanzsal im goldnen Löwen" erglänzte unter dem soeben angezündeten Lüster in frischer Wichse und in farbenbuntester Dekoration. Von allen Seiten nickten und winkten blaue, rote, grüne Fänchen, bauschten sich Draperien in den kühnsten Windungen oder legten sich in steife Falten, und darüber unendliche Guirlanden von Tannenreisig, denen papierne Rosen in erstaunlicher Ueppigkeit entwuchsen. Zunächst der Ein­gangstür war eine Art Verschlag hergerichtet, den Herr Germanek weiß und rot tapeziren und wie eine Matraße hatte abſteppen laffen. Dahinter sollte das Orchester seinen Blaz nemen, und zwar in der Weise, daß von diesen guten Leuten und schlechten