von einem Teil phosphorsaurem Kali, einem Teil schwefelsaurer Magnesia, zwei Teilen weinsteinsaurem Ammoniat, 10 Teil Chlorkalk in 200 Teilen Wasser, und zweitens frischer normaler Harn", den man solange mit folensaurem Natron versezte, bis das eingetauchte Lackmuspapier eine deutlich blaue Färbung zeigte. Hierauf wurde der Harn zwei Stunden lang gekocht, wobei er sich durch Ausfällung von phosphorsauren Salzen trübte und nun filtrirt werden mußte. Nach wiederholtem Kochen trübte sich der Harn wieder und mußte von neuem filtrirt werden. Wärend des dritten Kochens blieb der Harn in der Regel klar und mußte dann durch weitere sieben Stunden kochend erhalten und das ver­dampfende Wasser unaufhörlich durch kochendes destillirtes Wasser ersetzt werden.

Der so behandelte Harn und die normale Bakterienflüssigkeit bilden im Verein eine Narung für die in neuester Zeit so be­rüchtigt gewordenen mikroskopischen Schmarozer des menschlichen Körpers, in der jede Art derselben gedeiht; kommt eine Art in der einen jener Flüssigkeiten nicht fort, so befindet sie sich bestimt ungemein wol in der andern. Eine bessere Metode in der Unter­suchung, als gleichzeitig mit in der erwänten Weise präparirtem Harn und der Bakterienflüssigkeit war daher in dem vorliegenden interessanten Falle überhaupt nicht anzuwenden.

Um von der außerodentlichen Schwierigkeit und Mühseligkeit solcher wissenschaftlichen Nachforschung einen annähernd zutreffen­den Begriff zu geben, sei auch des weiteren Ganges derselben hier noch Erwänung getan.

Die Züchtungsflüssigkeiten wurden in Glaskolben gegossen und diese mit sicher schließenden gedrehten Wattenpfropfen verschlossen, die vorher zum Zwecke der Befreiung von jeder etwa störenden Verunreinigung im Trockenkasten drei Stunden lang einer Hize von 140 Grad Celsius( gleich 112 Grad Réaumur) ausgesetzt worden waren.

Zu Versuchsgläsern dienten dünnwandige Rören, welche sorg­fältigst ausgewischt und ausgespült und dann in der Gasflamme leicht ausgeglüt worden waren, damit auch hier jeder etwa vor handene tierische oder pflanzliche Keim getötet werde. Darauf wurden auch diese Gläschen mit drei Stunden lang erhitzten und noch heißen Wattepfropfen sorgfältig verschlossen. Alsdann wurden die Züchtungslösungen selbst in den Gläschen noch einmal auf­gekocht und, nachdem sie danach so rasch als möglich mit erhitzter Watte geschlossen worden waren, bis zur Vorname der eigent­lichen Untersuchungsoperationen merere Wochen lang bei einer Temperatur von+35 bis 38 Grad Celsius( gleich 28 bis 31 Gr. Wärme nach Réaumur) beobachtet, ob sich in ihnen etwa doch noch Pilzsporen entwickeln könnten. Erst nachdem sich Professor Frisch

190

überzeugt hatte, daß alle Versuchsgläschen vollkommen klar blieben, wurden die Versuche begonnen. Der mit so mühevoller Sorgfalt beobachteten Vorsicht halber wurden auch die auf Bakteriengehalt zu prüfenden Schwämme und die Seide stets mit eben erst aus­geglüten kleinen Zangen gefaßt und damit in die Versuchsgläschen eingesenkt. Neben diesen, welche beide bakterienverdächtige Gegen­stände enthielten, wurden etliche nur mit Närlösungen, nicht mit Seide und Schwamm, versehene Gläser unter genau denselben Umständen derselben Untersuchung unterzogen.

Der Erfolg dieser nicht minder umständlichen, als umsichtigen und gewissenhaften Nachforschungen war die wissenschaftliche Ueber­zeugung, daß Schwämme und Seidenfäden nur dann vollständig verschont waren von Spaltpilzen, d. h. also von Krankheitskeimen, wenn sie entweder in fünfprozentiger Karbolsäurelösung drei Stunden lang hintereinander im Kochen erhalten wurden, oder wenn sie, eingeschlossen in dickwandige Glasröhren, in einen Trockenkasten gebracht und darin langsam erhitzt worden waren, bis das Termometer eine Viertelstunde hindurch+140 Grad Celsius( gleich 112 Grad Wärme R.) gezeigt hatte.

Für die Chirurgen folgt aus dieser Erkenntnis die Lere, daß sie weder Schwamm noch Seide bei ihren Operationen gebrauchen dürfen, ehe sie dieselben nicht auf die eben angegebene Weise ge= reinigt haben.

-

Im privaten Haushalt kann man überhaupt nicht gut, und am wenigsten vor jedem Schwammgebrauch der Seidenfaden kommt, als mit dem Körper nur selten in allzunahe Berürung kommend, weniger in Betracht, solche langwierige Reinigung nach allen Regeln der Wissenschaft vor sich gehen lassen; man soll sich aber hüten, den Schwamm mit Wunden am menschlichen Körper in Berürung zu bringen und dafür sorgen, daß die kleinen Kinder die unter ungünstigen Verhältnissen gefärliche Liebhaberei, die Schwämme in den Mund zu stecken und daran herumzunutschen, sich abgewönen. Daß die Schwämme nicht weit öfter Unheil anrichten, als es geschiet, kommt wol hauptsächlich daher, daß die beständig im Gebrauche befindlichen Schwämme den Bakterien keinen so günstigen Närboden bieten, als ungebrauchte, und daß außerdem nur die Berürung mit irgendwie bereits krankhaft affizirten Körperstellen empfindlichen Nachteil im Gefolge hat.

Jedenfalls aber ist tunlichste Vorsicht den Schwämmen gegen­über im Haus und besonders in der Kinderstube nicht weniger geboten, als dem Gelde gegenüber.

Bei nächster Gelegenheit wollen wir weitere, garnicht oder nicht genügend beachtete Feinde der menschlichen Gesundheit dem erkenntnisbegierigen Lesepublikum der Neuen Welt" vor die Augen O. Sr. füren.

Ueber die geistigen Geseke , denen der Fortschritt der Civilisation unterworfen ist.

Es darf nicht vergessen werden, daß jede große Reform nicht hauptsächlich darin bestanden hat, etwas Neues zu tun, sondern etwas Altes abzuschaffen. Die wertvollsten Geseze bestanden in der Abschaffung früherer Gesetze. So bestet z. B. die Abname der religiösen Verfolgung, one Zweifel eine ungeheure Woltat, offenbar nur darin, daß die Gesetzgeber ihr eigenes Werk unge­schehen machten und aufhörten, sich in die Meinungsangelegen heiten des Volts einzumischen. Es ist klar, daß wir den Fort­Schritt der Civilisation nicht denen verdanken können, die so viel Unheil gestiftet haben, daß ihre Nachfolger als Woltäter gefeiert werden, blos weil sie das Gegenteil von dem tun, was die frü­here Politik tat und die Dinge wieder zu dem Zustand zurück füren, in dem sie geblieben sein würden, wenn die Politiker ihnen erlaubt hätten, den Verlauf fortzusetzen, welchen das Bedürfniß der Gesellschaft verlangte.

Die Ausdemung, in welcher die regierenden Klassen überall sich eingemischt und die verderblichen Folgen dieser falschen An­fichten von Schuh, den die Völker auf den verschiedenen Ge­bieten der Religion, des Handels und der Industrie nötig haben sollten, haben den Fortschritt der meisten europäischen Länder in hohem Maße verlangsamt. Wiederholt haben die großen christ lichen Regierungen lebhafte Anstrengungen gemacht, die Freiheit der Presse zu zerstören und die Menschen daran zu hindern, ihre Ansichten über die wichtigsten Fragen der Politik und Religion auszusprechen. Fast in jedem Lande hatten sie mit Hülfe der Kirche ein ausgedehntes System literarischer Polizei eingerichtet,

( Schluß.)

deren einziger Zweck es war, das unzweifelhafte Recht jedes Bürgers, seinen Mitbürgern seine Ansicht vorzulegen, abzuschaffen, und wo sie nicht offen die freie Verbreitung des Wissens ver­bieten konnten, haben sie doch alles getan, um sie zu hindern. Auf alle möglichen Mittel, wodurch Wissen gewonnen und ver­breitet wird, wie Papier , Bücher, politische Journale u. dgl. haben sie so schwere Abgaben gelegt, wie wenn sie geschworene Vertreter der Volksunwissenheit gewesen wären, so daß man mit allem Nachdruck behaupten fann: sie haben den menschlichen Geist besteuert; sie haben selbst die Gedanken der Menschen Zoll be­zalen lassen. Es ist warlich traurig, zu sehen, wie das Wissen gehindert und der Ertrag redlicher Arbeit, ausdauernden Den­fens und manchmal tiefen Genies vermindert wurde, damit ein großer Teil dieses armseligen Verdienstes den Prunk eines müs sigen und unwissenden Hofes vermerte, der Laune weniger mäch­tiger Individuen diente und ihnen nur zu oft die Mittel ge= geben wurden, den Reichtum, den das Volk geschaffen, gegen das Volk selbst zu wenden.

Alles in allem genommen, müssen wir uns mit Recht wun­dern, wie so vielen störenden Einflüssen gegenüber die Civili­sation überhaupt fortschreiten konnte. Daß sie unter solchen Um­ständen fortgeschritten ist, beweist entschieden für die außerordent­liche Energie des Menschen und rechtfertigt den zuversichtlichen Glauben, daß der Fortschritt auch fernerhin von statten gehen werde. Aber widersinnig ist es, ja ein Hon gegen alle gesunde Vernunft, der Gesetzgebung irgend einen wesentlichen Anteil an