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schönere und viel ausfürlichere: ,, Den Dauben ein Gefreß zu machen, daß sie wiederkommen." Da unter den Lesern der ,, N. W." aber keine Taubendiebe sich befinden werden, können wir diese Rezepte hier wol verschweigen, umsomer, als alle Ursache vorliegt, anzunemen, daß der Berfasser und die Leser des Fleißigen Herrenauge" die Anweisung zum Taubenstelen garnicht humoristisch, sondern sehr ernst aufgefaßt haben. Zwar nicht grade roh, aber ebenso einfach als albern ist der Spaß, wie man weiße Stahren zuweg bringe. Das wird so gemacht: Nimm Baum- Del| bestreiche die Eyer damit und lasse sie also aus­brüten so werden sie weiß. Geschmackvoll ist auch der Scherz, Fliegen zu ersäufen und sie dann wieder lebendig zu machen. Kunst­stück 686: Ertränke Fliegen in Bier oder Wasser streu geschabte Kreide oder Wasser auf sie| so werden sie wieder lebendig. Biel weniger harmlos dürfte das Rezept 679 benutzt worden sein: Alle Fliegen der Gegend an einem Orte zusammenzubringen. Es schreibt vor: Nimm einen Zweig Rhododaphnes| das ist von Oleander sammt seinen Blättern zerstoß ihn und leg ihn in eine Gruben so versammeln sich alle die Fliegen. Dieser Unterweisung entsprechen eine ganze Reihe anderer, nach denen man beliebig große Maulwurf, Wiesel-, Fisch- und Flohversammlungen veranstalten kann.

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Das letztere wird so gemacht: Mache unten eine Grube oder ein Loch, fülle es aus mit Geiß- Blut| Bärenblut  | Böcken- Unschlitt oder Igelschmalz| so versammeln sich daselbst alle Flöhe und sterben. Wem dies Rezeptchen zu umständlich sein sollte, kanns auch so machen: Nimm ein weißwollen Tuch| bestreichs mit Eselsmilch| legs in das Bett| so werden alle Flöhe, so in dem Bett sind| an das Tuch kommen. Das lette gibt allerdings nur eine Art Bezirksversammlung der Flöhe, wä­rend das erstere eine Massenversammlung des gesammten Flohvolkes in einem ganzen Hause verspricht. Einen gelinden Schreck kann man einer abergläubischen Hausfrau oder Köchin verursachen, wenn man macht, daß sich ein Hering selbst umkehrt auf dem Rost( K. 751). Nimm eine Ganßfeder| und thue Quecksilber darein| stopfe die Feder wol zu und stecke sie in den Hering so wird sich der Hering selbst umkehren. In noch viel ärgeres Entsetzen kann man die Leute, auch das starke Geschlecht, versezen, wenn man bey der Nacht eine Kammer voll Schlangen präsentirt. Pater Christophorus Fischer macht das also: er schlägt eine Schlange zu todt| thuet sie in einen neuen Topff mit neuem Wachs über das Feuer| bis sie eindörret| macht darnach mit demselben Wachs eine Kerze oder Liecht und zündet sie an in einer Kammer so scheint sie voller Schlangen. Schade nur, daß dieser curieuse Scherz einen weniger mit himmlischer Gnade ausgestatteten Menschen als dem Pater Christophorus nicht gelingen dürfte. Zu den obenbezeichneten Rezepten von Viehversammlungen kommt im Kunst­stück 778 noch eines für eine Versammlung aller Hunde eines Dorfes, die warscheinlich auch nur dem Veranstalter, keineswegs aber den Hundebesißern und übrigen Dorfbewonern sonderliches Vergnügen be­reiten möchte. Das Rezept ist nicht reinlich genug, um es hier wieder zugeben. Dafür fann ein Mittel angegeben werden, wie man Hunde so lange im Kreise herumheßen kann, bis sie wie todt auf die Erde fallen. Man hängt nämlich etwas von dem Kraut Hundszunge an den Hals eines Hundes, also daß ers nicht mag anrühren mit dem Maul so lauft er stets ringsweis umb wie ein Kad| bis er auf die Erde niederfällt als wäre er todt. Seinem Nachbar kann man einen ge­wiß lustigen Schabernack spielen, wenn man bewirkt, daß einem die Schweine desselben allenthalben nachlaufen. Die Sache ist sehr einfach und schon der alte Geschichtsschreiber Plinius   gibt, wenn wir unsrem Pater Christophorus glauben dürfen, das Rezept dazu: Man soll den Schweinen im Gespühlicht das Hirn von einem Raben oder ihm solches sonst zu fressen geben| so lauffen sie ihm nach der es ihnen gegeben hat. Mit Rindern kann man dieses Kunststück nicht minder schön exe­tutiren als mit den Schweinen. Laut Christophorus Fischer schreibt Albertus Magnus   in seinem Buche ,, De virtutibus, Herbarum" d. H. ,, Ueber die Tugenden der Kräuter" wie folgt: Man soll das Kraut Taub Nesseln und zwar die mit den weißen Blümchen| an einen Rindeshals hängen| so folgt es einem nach| wo er hin will.| Einen Kuhhirten kann man schier zur Verzweiflung bringen durch das Kunst­stück 837: Zu machen| daß eine Kuhe nicht in ihren Stall gehe| man peitsche und schmeisse sie auch wie man will. Andreas Jesner schreibt in seiner Kunst- kammer| man soll eine Wolffsleber braten mit Kuh­Milch und die Thür am Stall damit reiben so soll man keine Kuh hinein bringen können| es werde dann wieder abgewaschen. Item fann man eine Hausfrau, die buttern will, leichtlich in höchsten Aerger und Wuth versezen. Nämlich: Eine Veration anzustellen| daß eine Frau nicht ausbuttern kann. Wenn man ein Stücklein Zucker in den Rahm oder Milch thut| so kann man teine Butter machen wegen der Subtilität des Zuckers die läffet die Milch nicht zusammen rinnen

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noch zu Butter werden. Balsam- Blätter in süsse Milch gelegt| lässet sie nicht gerinnen. Damit wollen wir für heute genug sein lassen des grausamen Spiels. Die Leser der ,, N. W." können uns glauben, daß wir mit den hier gegebenen Proben lange nicht die schlimmsten, rohsten, widerlichsten, für unsere wolerwürdigen Vorfaren kompromittirendſten C. Ch. ausgewält haben.

Aus allen Winkeln der Zeitliteratur.

Die neueste und erfolgreichste Nordpolexpedition. Ein Kaufmann, Namens Leigh Seuth ließ im Früling des Jares 1880 im schottischen Hafen Peterhead die Yacht The Eira" ausrüsten, um auf Spißbergen, einer Inselgruppe im nördlichen Eismeer unter dem 78. Grad nördlicher Breite Robben zu schlagen. Mit dem Photo­graphen Grant am Bord, verließ die ,, Eira" am 20. Juni den Hafen und nam ihren Kurs nach Spißbergen. Da weit und breit kein Eis zu sehen war, drang man weiter hinaus und wurde von einem wüten­den Sturm gefaßt nach Nordosten getrieben. Am 18. Auguſt ankerte die ,, Eira" unter dem 80. Grad nördlicher Breite im Angesicht des von den österreichischen Nordpolfarern Payer und Weyprecht   entdeckten Franz- Joseph- Landes und zwar zwischen zwei riesigen Eisbergen, die aus dem Meere emporragten, nicht weit von der Stelle, wo das Expe­ditionsschiff Tegetthof" vom Eise zerdrückt, von der Mannschaft unter Payer's und Weyprecht's Kommando verlassen werden mußte. Die von dem ungewönlich warmen Sommer begünstigten Engländer furen noch 105 englische Meilen nördlicher und schildern das Franz- Joseph­Land als eine gebirgige Inselgruppe, die sich unübersehbar nach Nor­den erstreckt, menschenleer, mit spärlichem Pflanzenwuchs; das Meer jedoch wimmelte von Walfischen, Robben und Seevögeln. Der Maler Grant brachte eine reiche Ausbeute photographischer Aufnamen mit. Am 12. Oftober lief die ,, Eira" wolbehalten im Hafen von Peterhead ein. I.

Pennypost schon vor 200 Jaren. Bisher hatte man allge­mein geglaubt, der vor Kurzem verstorbene englische   Postmaster- General Sir Rowland Hill   sei der Erfinder der Penny- Post gewesen. Jezt stellt sich aber heraus, daß man in London   bereits vor 200 Jaren, im Jare 1680 eine Penny- Post hatte und zwar für die Stadt und die Vorstädte. Die Briefe wurden in der innern Stadt 10-12 mal und in den entlegenen Vorstädten 4-5 mal täglich abgeliefert; sie trugen, aufgestempelt, in der Gestalt eines Herzens, die Zeit des Abgangs von der Post und sollten, laut dem noch vorhandenen Prospektus ,,, binnen einer Stunde von der Zeit des Abgangs an gerechnet, wenig früher oder später in den Händen der Adressaten sein", was beiläufig, wenn es gehalten würde, mer ist als, heutzutage durch unsere Stadtposten geleistet wird. Der Preis stempel lautete Penny Post Paid L( Benny Post bezalt London  ), die drei ersten Worte ein Dreieck bildend und in dessen Mitte das L. Jedenfalls hat Sir Rowland Hill  , dessen Ver­dienste dadurch beiläufig um nichts geschmälert werden, von dieser Ein­richtung gewußt.

lb.

Trichinen. Eine ungefäre Vorstellung von der Gefärlichkeit der Trichinenerkrankung kann man sich machen, wenn man sich vergegen­Trichinen- Katechismus von Niemeyer beherbergt eine einzige Mutter­wärtigt, wie zalreich diese kleinen Schmaroßertiere auftreten. Nach dem trichine 3-500 Eier und kann in wenigen Tagen 1000 und mer Junge 20 Stück. Bei einer gewönlichen Malzeit, wo es z. B. Bratwürste gebären. Auf ein stecknadelkopfgroßes Stückchen Muskel kommen circa gibt, können nach den Berechnungen von Leuckart, Vogel und Rup­recht möglicher Weise 20 000 Trichinen und mer mit einigen Bissen verschluckt werden. Absoluten Schutz vor Trichinenerkrankung gewärt nur startes Kochen( 55-600 Reaum.) des Schweinefleisches; nur das nach dem Braten oder Kochen nirgends mer blutig, sondern überall grau erscheinende Fleisch kann also unbedenklich genossen werden.

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Die Gebeine des Christoph Kolumbus  . Wie von San Domingo( einer der Antilleninseln unter dem 19. Grad n. Br.) ge­meldet wird, hat der Kongreß der Republik   San Domingo beschlossen, die am 10. September 1877 in der Katedrale der Hauptstadt auf­gefundenen Gebeine, welche in unzweifelhafter Weise als die des Christoph Kolumbus   identifizirt sein sollen, unter einem zu diesem Zwecke zu er­richtenden Monumente beizusezen. Sämmtliche amerikanische Regirungen sind ersucht worden, sich hieran durch Geldbewilligungen zu beteiligen. Die Regirung von San Domingo selbst hat 10 000 Dollars beigesteuert. In Genua  , der Vaterstadt des Entdeckers von Amerika  , ehrt seit Jaren schon ein Denkmal sein Andenken. T.

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Inhalt. Die Schwestern, Roman von M. Kautsky( Fortsetzung). Allerlei Gesundheitsfeinde in uns und um uns. Ueber die geistigen Geseze, denen der Fortschritt der Civilisation unterworfen ist( Schluß). Ein flandrischer Hund. Aus dem Englischen von Quida. Für die ,, N. W." übersezt von 2. v. d. Wieseck  ( Fortsetzung). Winkelmann in seinem Beruf. Die Feldbestellung in Indien  ( mit Illustr.). Jägerlatein( mit Illustration).- Die Regenwürmer als Träger des Milzbrandgiftes. Etliche Proben des Humors unserer Vorfaren.

Aus allen Winkeln der Zeitliteratur.

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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Südstraße 5). Expedition: Färberstraße 12. II. in Leipzig  . Druck und Verlag von Franz Goldhausen in Leipzig  .

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