abhängen kann von der Erkenntnis der sinnlichen Dinge, von denen ich ja noch gar nicht weiß, daß sie sind und daß nichts von allem dem, was ich vermittelst der Imagination d. i. der sinnlichen Vorstellungen fassen kann, nichts von allen sinnlich vor stellbaren Dingen zum Begriffe des Geistes oder meiner selbst gehöre."„ Der Geist kann daher für sich allein vollständig und deutlich erkannt werden, one irgend eine von den Formen oder Attributen, die zum Körper gehören; sein Begriff enthält nichts von dem, was zum Begriff des Körpers gehört."
Dieser seiner selbst gewisse und in der Abstraktion von allem außer ihm existirende Geist des Cartesius fült sich in seiner luftigen Behausung nicht behaglich; es drängt ihn zu dem, was nicht er selbst, zu den Dingen anßer ihm, zur Natur. Aber wo soll er beginnen? Stehen ihm denn nicht blos die Sinne zu Gebot, um die Eigenschaften der Natur zu ergründen? Und wie so
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trügerisch sind die Sinne! Es ist kein Schritt, wo der Geist nicht strauchelt, wenn er sich auf dieselben verläßt. Auch die Natur also darf nicht mit den Sinnen, sondern nur mit dem Intellekt begriffen werden; warhaft objektiv in ihr kann nur das sein, was von dem objektivsten Prinzip, vom Denken begriffen werden kann. Was für eine Anschauung der Dinge ist nun die dem Verstand, dem reinen Denken angemessenste? Doch nur die, welche von allen qualitativen, greif- und fülbaren Eigenschaften absiet und die Dinge nur quantitativ oder, was dasselbe ist, matema= tisch erfaßt. Das Wesen der Materie," sagt daher Cartesius , oder des Körpers überhaupt, bestet nicht darin, daß er hart, farbig oder gewichtig ist, oder auf andere Weise die Sinne afficirt, sondern allein darin, daß er in die Länge, Breite und Tiefe ausgedent ist. Gewicht oder Schwere, Farbe und alle anderen an der körperlichen Materie warnembaren Qualitäten können
HILDIBRAND
one Verlegung ihres Wesens aufgehoben werden, von keiner Denker, der den Zweifel an allem zum Prinzip seiner Philodieser Qualitäten hängt ihre Natur ab." Alle sinnlichen Eigen- sophie erhoben hat, sollte er nicht von vornherein an der Gottesschaften sind nur gewisse in unserem Bewußtsein vorhandene Ge- idee zweifeln? Sollte er nicht gerade für sie die tiefste, die innerfüle." Das Wesen der Körper ist allein die Ausdenung." Die lichste Begründung fordern? Cartesius hat es zwar versucht, Welt aber, färt Cartefius weiter fort, oder der Jubegriff der seinen Gott zu beweisen( der sogenannte ontologische Beweis für förperlichen Substanz habe keine Grenzen der Ausdenung. Im das Dasein Gottes), tatsächlich aber behilft er sich eben mit ihm ganzen Universum exiſtire blos eine und dieselbe Materie. Alle und zält ihn schließlich zu den sogenannten eingeborenen Ideen. Mannigfaltigkeit derselben oder die Verschiedenheit aller ihrer Was ist nun aber das innerste Prinzip seiner Naturphilosophie? Formen hänge von der Bewegung ab. Die Ursache der Be- Cartesius fült, daß die Materie allein zur Erklärung der Welt wegung sei teils eine allgemeine, teils eine besondere. Die all- nicht ausreiche, nicht einmal im Gebiet der körperlichen d. h. gemeine Ursache," sagt er, ist Gott ." Weil nun Gott," sagt außer seinem Geiste existirenden Dinge. Sie braucht noch ein er weiter ,,, die Teile der Materie bei ihrer Erschaffung verschie- anderes Prinzip- die Bewegung; diese hat sie aber nicht von dentlich bewegte und diese ganze Materie auf dieselbe Weise und sich selbst, dieselbe ist nicht identisch mit ihr, sondern sie ist ihr in demselben Verhältniß, als er sie erschuf, erhält, so ist es ver- von Gott eingepflanzt. Die von Gott bewegte Materie ist also nünftig, anzunemen, daß er auch immer dieselbe Größe der Be- die Natur des Cartesius . Dieser Akt Gottes ist ein ursprüngwegung in ihr erhalte." licher, identischer. Die Folge ist also, daß die tatsächlich bestehende Natur in allen ihren Erscheinungen von der toten unorganischen Welt bis hinauf zum Körper des Menschen Materie und nur Materie ist, die ihre Bewegung von Gott erhalten. Die Naturphilosophie des Cartesius ist sonach innerlich durchaus materialistisch; die Pflanzen, die Tiere, der menschliche Körper sind ihre Automaten, bewegte Maschinen, und entberen eines
Es ist hier nicht der Ort, den Gottesbegriff des Cartesius eingehender zu untersuchen. Wir begnügen uns' mit einigen flüchtigen Bemerkungen. So wichtig und bedeutend die Rolle ist, welche Cartesius seinem Gotte zuteilt, so schwach und schwankend ist die innere, begriffliche Begründung der Gottesidee. Des Car tesius Gott ist ein eigentlicher Deus ex machina. Denn der