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ihm da alle Herrlichkeiten der Welt gezeigt, um ihm zu sagen: Sieh, dies alles will ich dir geben, wenn du mich dafür anbeten willst. Christus hatte den Versucher hinweg gewiesen, sie besaß nicht diese Erhabenheit der Gesinnung, nicht diese fromme Entsagung, sie begehrte nach diesen Reichtümern, sie wollte sie für sich erringen, vermöge ihres Talents, vermöge ihrer Kraft. Mit dem Versucher, der sich an sie herangedrängt und der ihr durchaus kein Grauen einflößte, hoffte sie in dem Mädchenübermut ihrer achtzehn Jare wol fertig zu werden. Die Augenblicke des Zagens, der Unentschlossenheit waren für sie vorüber, und jezt, da sie der Gefar ins Auge blickte, fülte sie eine Art Kampfesfreude in sich entstehen. A die Elastizität ihres Geistes war ihr zurückgekehrt, und damit ihre Fassung. Sie hatte die Situation angenommen, sie wollte sich zum Herrn derselben machen. Dies Fülen und Denken hatte sich blizartig vollzogen; ein wolorganisirtes Gehirn ist ein rasch Noch im arbeitender Apparat. Schauen begriffen, hatte sie ihr BeSie nemen sich schon zurechtgelegt.
harmonischer Wirkung entfaltet, ihr vor Augen trat. Das Gemach, einemmale, daß dieser Effekt ein von ihm in vorhinein wolim reichsten Renaissancestil, war durch sein architektonisches Ar-| berechneter gewesen, daß er sie hierher gefürt mit der Absicht, sie rangement gleichsam in zwei Teile geteilt, von denen der kleinere zu blenden, ihr Verlangen nach den Genüssen des Reichtums zu durch Pilaster und Vorhänge sich fast zu einem Alkoven verengte. erwecken. In blizartiger Eingebung fiel ihr die neutestamenHier war am Plafond und an den Wänden Holzgetäfel mit kleinen tarische Sage ein, wo Satan Christus auf den Berg gefürt und Nischen, in welchen herrliche Gefäße, Nachamungen aus der Zeit des Cinquecento, sich befanden. Das einzige Fenster des Alkovens war mit Glasmalereien geziert und unter demselben befand sich ein breiter, mit weichen Teppichen und Polstern ausgestatteter Divan, ein echtes Haremsmöbel. In diesem Teil herrschte ein sanftes, traumhaftes Dunkel, das, wie der Onkel meinte, die süßen Geständnisse und das Liebesgetändel der Neuvermälten begünstigen sollte; in dem größeren hingegen war alles heller, lachender, voll unbefangener Lieblichkeit. Der Plafond im weißen Stuck mit Gold, die Tapete blau, sammetartig mit einem kleinen Dessin in Gold ; das zierlich gebaute Sopha und die Fauteuils waren mit einem lichten Seidenbrokat überzogen, der mit unendlich zartfarbigen Blumen und Goldfäden durchwebt und an den Seiten mit blauem Sammet montirt war. Aus denselben Stoffen waren auch die Portieren und Fenstervorhänge. Vor dem Sofa stand ein kleiner Tisch mit einem farbenprächtigen Teppich aus Beludschistan, darauf eine breite, silberne Schale mit Reliefs, in welcher eine Menge der herrlichsten Rosen, sorgfältig arran girt, ihren lieblichen Duft ausströmten. Exotische Blüten und Blattpflanzen prangten auch vor den Fenstern, die hier nach dem Walde gingen und durch deren helle Scheiben das Morgenlicht hereinslutete.
Vom Alkoven schief gegen das Fenster zu, war ein Pianino von Erard aufgestellt; es war geöffnet und die Noten aufgeschlagen, als harre es nur der belebenden Hände. Dem Pianino gegenüber und, wie dieses, vom Alkoven gegen das Zimmer zu einen stumpfen Winkel bildend, aufgestellt, befand sich ein kleiner Kamin aus lichtem Marmor, mit Figuren und Nippsachen aller Art beladen, in welchem in diesem Augenblick ein helles Feuer brante und eine sanfte, woltuende Wärme verbreitete.
durfte keine Verblüfftheit zeigen, ihre Begerlichkeit nicht verraten, es mußte scheinen, als ob das sie hier Umgebende ihr altgewonte Dinge wären, oder doch solche, die keinen allzutiefen Einfluß auf sie übten. So suchte sie auch das einmal verratene Entzücken nicht zu verbergen, sondern ihm rasch eine weniger verfängliche Richtung zu geben, und in einem Ton freudiger Munterfeit rief sie:
Ah, diese Blumen, diese Rosen, wie liebe ich ihren Duft, und wie freundlich es hier ist und wie anSie wante genem durchwärmt!"
sich nach dem Kamin. ,, Wie, ein wirkliches Feuer! Ach, Baron, das war ein guter, mildtätiger Gedanke, ich segne Sie dafür." Sie näherte ihre Füße, ihre Hände der Flamme, und halb klagend, halb lachend rief sie: Ich bin wirklich ganz erstarrt."
Eugen hatte schon einen kleinen Fauteuil vor den Kamin gerollt; sie solle sich's darin behaglich machen, bat er, und als sie darin Plaz ge= nommen, schob er den Stul noch näher und zeigte sich nun in der heiter sorglichsten Weise um sie bemüt. Ihre Füßchen müßten vor allem trocken werden, meinte er, und hierauf verwies er ihr mit dem anmutigsten Ton von der Welt diesen unverantwortlichen Leichtsinn, der sich in solchem Wetter one wasserdichte Beschuhung durch den Wald wage.
Draußen rieselte noch immer ein feiner, falter Regen hernieder und die Fensterscheiben überzogen sich mit einem feinen Dunstschleier, als wollten sie all das Rauhe, Unfreundliche, was da draußen lag, ausschließen vor dieser reizenden Behaglichkeit hier innen. Welch' ein Kontrast auch! Und Elvira, die allein und geängstet in dem grauen Morgennebel dahingeeilt, von Feuchtigkeit und Kälte durchdrungen, von unbestimten Vorstellungen gefoltert war, sie atmete auf in dieser ihr plözlich erschlossenen Wunderwelt, in diesem Tempel des Schönen, wo alles, sie umschmeichelnd, zu ihren Sinnen sprach. Sie hatte die Hände vor der Brust gefaltet, von der ein tiefer Atemzug sich löste, und ihre Lippen öffneten sich nun, um dem überwallenden Entzücken Ausdruck zu geben. Da fiel ein Blick in den ihr gegenüber hängenden Spiegel, sie sah darin den Baron, der hinter ihr stand, sie sah sein Lächeln und den lauernden Ausdruck seiner Augen, und sie wußte mit
,, Und was täte ich," scherzte er ,,, wenn diese Stimme, deren Schulung und Bildung ich derzeit als meine vornemste Beschäf tigung ansehe, plözlich dahin wäre, verloren auf Nimmerwiederfinden?"
Sie lachte. Sie wären außer Dienst und müßten Sich pensioniren lassen, aber beruhigen Sie Sich, ein Landmädchen wie ich verträgt dergleichen, one Schaden zu nemen.