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fähig, welches wir künstlich darzustellen wissen! Acnlich liegt auch die Sache in unserm Falle: man mußte erst gelernt haben, wenigstens ein Stückchen Regenbogen künstlich herzustellen, bevor man an eine Anwendung desselben denken durfte.

Fig. 1.

So ein Stückchen Regenbogen ist nun leicht zu erhalten. Wir lassen durch einen Spalt, den wir in einem undurchsichtigen Schirm angebracht haben, Sonnenlicht treten, so sehen wir auf einer gegenüberstehenden weißen Fläche einen hellen Lichtstreifen, das Schattenbild des Spaltes. Nun bringen wir zwischen den Spalt im Schirm und sein Bild auf der Fläche, mit der Kante voran, ein Prisma*), und zwar so, daß die Kante desselben dem Spalt parallel ist. Der weiße Lichtstreifen ist jezt verschwunden; statt dessen sehen wir weiter zur Seite ein prachtvolles Farbenband, das Spektrum. In demselben er­kennen wir sofort die Regenbogen­farben wieder, auch die Reihenfolge der Farben ist dieselbe, wie im Regen­bogen. Wir unterscheiden der Reihe nach und auf dem Ende anfangend, welches dem Orte des ehemaligen direkten Bildes des Spaltes am nächsten liegt, folgende Farben: Rot, Gelb, Grün, Blau, Violett, und zwar in den zartesten Uebergängen.( Fig. 1 zeigt die Anordnung des Versuchs und versinnbildlicht den Gang der Lichtstralen.)

Es würde zu weit füren, wenn wir an dieser Stelle auf die Teorie dieser Erscheinung eingehen wollten. Es mag furz bemerkt werden, daß das weiße Sonnenlicht aus dem eben beobachteten verschiedenfarbigen Licht zusammengesezt ist. Von der Richtig­keit des zulezt Gesagten kann man sich leicht überzeugen, wenn man hin­ter das Prisma eine Sammellinse ( Brenglas) bringt. Im Brenpunkt derselben, dem Vereinigungspunkt aller Stralen, hat man dann wieder Weiß.

S

P

Fig. 2.

finden und den einen oder andern Teil des Spektrums genau bezeichnen können. Entdeckt und auch beschrieben wurden sie zuerst von dem Engländer Wollaston im Jare 1802. Erst zwölf Jare später wurden sie von Frauenhofer noch einmal entdeckt; gleich­wol tragen sie des lezteren Namen: Frauenhofer'sche Linien. Bekant sind gegenwärtig über zweitausend, doch sind sie in ihrer Deutlichkeit ser verschieden. Weitaus die meisten sind wegen ihrer Feinheit nur mit Hülfe besonderer Apparate erkenbar. Uns in­teressiren hier ausschließlich die leichtest erkenbaren, von deren Lage Fig. 2, 9 ein Bild geben mag. Frauenhofer bezeichnete diese Linien mit den aus der Figur ersichtlichen Buchstaben, welche Bezeichnung auch heute noch gilt. So ist D eine gewisse Linie

A B C D E F

5

6

7

8

Teth.

violett

auf der Grenze zwischen Orange und Gelb; E eine Linie im Grünen ; F im Grünblauen u. s. f. In guten Apparaten erkent man, daß viele der Linien nicht einfach sind; so bestet D eigentlich aus zwei Linien; andere, wie G, bestehen aus ganzen Linien­gruppen.

Da wir jezt in den Frauenhofer­schen Linien die notwendigen Orien tirungsmittel erlangt haben, so wollen wir nunmer zu unseren eigentlichen Untersuchungen übergehen. Wir brin­gen vor den Spalt des Apparates ein Stück gewönlichen roten Glases, wie man es allenthalben zur Aus­schmückung von Fenstern u. dgl. ver­wendet: sofort bemerken wir, daß der größte Teil des Spektrums vollstän­dig verschwunden ist. Wir erblicken nämlich nur noch Rot und Orange bis D in ursprünglicher Helligkeit. War das Glas nicht ser dunkel, so bemerkt man auch noch einen schwachen Schimmer im Grün; dagegen ist Gelb­grün, sowie vom Bläulichgrün( Mitte zwischen E und F) an der ganze übrige Teil des Spektrums ausge­Löscht( Fig. 2, 1).

Machen wir denselben Versuch, aber statt des roten nemen wir ein blaues Glasscheibchen: jezt ist das Gelb vollständig ausgelöscht, ebenso die Gegend von C im Rot; ver­dunkelt ist das Grün in der Gegend von E, sowie das Orange. Dagegen ist ein gewisses Hellgrün, der ganze übrige Teil des Spektrums vom Blaugrün an, sowie das Rot vor B, vollständig sichtbar( Fig. 2, 2). Die Sichtbarkeit des leztern ist besonders interessant, da man es für gewönlich garnicht bemerkt; vielmer scheint das Spektrum, in seiner Gesamtheit be­trachtet, erst bei C zu beginnen. Es rürt das daher, daß einesteils das erwänte Rot von Natur ser dunkel ist( unsre Sehnerven nur schwach er­regt), andernteils aber durch das in der Nähe befindliche Gelb, welches mit seinen Abtönungen in Rot und Grün den hellsten Teil des Spektrums bildet, gewissermaßen überschrien wird. Durch blaues Glas werden aber grade diese hellsten Stralen zurück­gehalten, und so geschiet es, daß wir die dunkleren, soweit sie durchgelassen werden, umſobesser sehen.

9

Ruth Orange Gelb Grün

Blau

Violett

c A

ε

F

G

Für die folgenden Untersuchungen bedient man sich nun nicht so ein­facher Hülfsmittel; teils wäre die ganze Einrichtung zu unhandlich, teils ist auch das so erzeugte Spektrum zu lichtschwach und undeutlich. Man hat vielmer besondre Apparate, sogenante Spektroskope, welche das Spektrum gleich auf die Nezhaut des beobach­tenden Auges bringen. Siet man in einen solchen Apparat hinein, so erblickt man ein Spektrum von vor­züglicher Klarheit und Schärfe. Hier bemerkt man auch, daß das Licht­band nicht kontinuirlich**) ist, son­dern an gewissen Stellen der Quere nach, parallel dem Spalte, durch feine, schwarze Linien unterbrochen wird. Diese Linien finden sich nur im Spektrum des Sonnen-| lichtes und natürlich auch in dem des Mondes und der Planeten, die ja nur Sonnenlicht reflektiren; sie bezeichnen das Felen ge­wiffer Stralengattungen im Sonnenlichte und sind somit gewisser­maßen Lücken, die ihrem Ursprunge nach stets zwischen denselben Farben liegen. Im Spektrum des elektrische Lichts, sowie des Lichts der Lampen, Gaslaternen und der glühenden Körper sind sie nicht. Für uns haben sie die größte Wichtigkeit, denn bei ihrer unveränderlichen Lage bieten sie die einzige Möglichkeit, daß wir uns in den sanften Farbenübergängen leicht zurecht

*) Ein Prisma heißt in der Lehre vom Licht( der Optik) eine grade, dreiseitige Säule, gewönlich aus Glas; doch hat man auch solche aus andern Stoffen, z. B. Quarzprismen. Auch gibt es Holprismen; diese sind zur Aufname von Flüssigkeiten bestimmt. Die Basis ist ge­wönlich ein gleichseitiges Dreieck.

**) Nicht kontinuirlich heißt soviel als nicht völlig zusammen­hängend, nicht ungetrent.

Die Erscheinungen bleiben dieselben, ob wir das Licht vor dem Eintritt in das Prisma durch das Glas gehen lassen, oder ob wir das fertige Spektrum durch das Glas betrachten. In beiden Fällen bemerken wir dieselben Streifen oder Dunkelheiten an den entsprechenden Stellen. Wir ersehen also, daß, allgemein gesprochen, farbig durchsichtige Körper ihre Gefärbtheit dem Um­stande verdanken, daß sie für gewisse Stralengattungen undurch­dringlich sind, gewisse Stralen verschlucken oder, nach dem gebräuchlichen wissenschaftlichen Ausdruck, absorbiren. Untersuchung der Körper auf ihre Durchdringbarkeit oder Un­durchdringbarkeit für gewisse Stralengattungen oder Farben nent

Die