304
auch beweisen, daß dieser Dichter nicht in der Frauenliebe aufging. Trozdem, oder vielmer deswegen sind seine lyrischen Gedichte die schönsten aus jener Zeit, und wir verweisen nur auf die Abhandlung in Nummern 18 und 19 dieses Bl. über ein reizendes Tanzlied von ihm. Wie Wolfram, so dachte auch Walther sehr tolerant und stellte alle, Heiden und Christen, in eine Linie: der beste und untrüglichste Beweis, daß er über seiner Zeit stand. Trozdem er nach langem Bitten und Wandern ein eignes Heim geschenkt bekam, so blieb er doch bis gegen sein Lebensende der arme wandernde Sänger, ein Verkünder und Verfechter des Waren und Guten und ein Förderer des Schönen. Er starb hoch betagt in Würzburg , wo er begraben liegt. Schon bei seinen Lebzeiten war der Minnesang im Entarten, sodaß er Gelegenheit nam, darob zu flagen, und nach Scheerer waren es vor allem Ulrich von Lichtenstein , Neidhart von Reuenthal und Tannhäuser, die wesentlich beitrugen, ihn zu untergraben. Durch den zweiten der Genanten war aber, angeregt durch die Dichtungen Walthers, die ritterliche Poesie fast ganz wieder zur Volksdichtung geworden, indem derselbe eine Anzal volkstümlicher Tanzlieder verfaßte. So hatte auch andrerseits der Minnesang, abge sehen von dem Nuzen, den er der Volkssprache gebracht, insofern auf die Volkspoesie gewirkt, daß deren Träger, gleich den Rittern, von Ort zu Ort zogen, um ihre Weisen zum Vortrag zu bringen, weswegen man sie farende Leute" nante. Und ihnen haben wir es wol auch wesentlich zu danken, daß uns so manches Denkmal des Gemüts- und Geisteslebens im Volfe aus jener Zeit erhalten blieb.
Aus allen Winkeln der Beifliferatur.
nrt.
Eine neue phönizische Inschrift ist jüngst auf der Insel Cypern aufgefunden worden. Die Schrift stammt aus der Zeit der Regierung von Pumiathan, 320 vor Christi Geburt. Bis vor einem Jarzehnt galt die phönizische für die älteste Buchstabenschrift, welche existirte; erst vor einigen Jaren hat man in dem ehemaligen Lande Moab , bei Dhiban, auf einer dem König Mesa, Son des Kamos, aus Anlaß seines mit den Juden gefürten Krieges im Jare 896 v. Chr. errichteten Siegessäule eine Inschrift aufgefunden, welche älter ist als die bis dahin bekanten phönizischen. Faulmann( in seiner Geschichte der Schrift) nent diese älteste Buchstabenschrift die moabitische.
-Z
Ein unterirdischer Fluß und eine unterirdische Stadt sind soeben im Süden Algiers entdeckt worden. Der Fluß soll so bedeutend sein, daß er zur Erhaltung von 100,000 Balmenbäumen genügen würde und die Stadt beweist durch ihre zalreichen und schönen mit Inschriften versehenen Bauwerke und Denkmäler, von denen bis jezt eine Moschee und 9 Häuser vom Sande freigelegt sind, daß sie von einer großen Vergangenheit zu erzälen hat.
Literarische Umschau.
XZ.
Das Fleisch. Gemeinverständliches Handbuch der wissenschaftlichen und praktischen Fleischkunde, von Carl Philipp Fald, Dr. und ord. Prof. der Medizin, Direktor des pharmakologischen Instituts in Marburg . Mit zwölf litographirten Tafeln. Marburg , N. G. Elwert'sche Verlagsbuchhandlung, 1880." Der Verfasser wurde bei der Abfassung feines umfang und inhaltreichen Werkes von der Absicht geleitet, das Fundament zu einem Lehrsystem der Fleischkunde zu legen und damit einem Mangel abzuhelfen, der jedem fülbar geworden ist, welcher sich in wissenschaftlicher Weise mit der Frage der Ernärung beschäftigen wollte. Es hat sich ihm daher darum gehandelt, die Natur des Fleisches und die Wirkung der Fleischnarung nach allen Richtungen hin genau zu er gründen und wissenschaftlich darzustellen, und da sein Gegenstand mit dem öffentlichen Interesse in intimster und unmittelbarster Beziehung stet, so ist er bestrebt gewesen, die Darstellung nicht allein auf das Verständnis von Naturwissenschaftern einzurichten, sondern auch dem des großen Publikums nahezubringen. Das ganze Werk bestet aus vier Büchern, dessen erstes von der Kentnis der Tiere handelt, die eßbares Fleisch liefern, und ziet die Raubtiere, von der Hauskaze bis zum Eisbär, die Ruderfüßer der Seehunde und Walroffe, die Nagetiere vom Kaninchen bis zum Murmeltier, die Wiederkäuer vom gemeinen Rind bis zum Elenn, die Fischsäugetiere aller Art, unter den Dickhäutern das Schwein, ferner die Vögel aller bezüglichen Gattungen, als Singvögel, Klettervögel, Hünervögel, Waldvögel, Schwimvögel, von Amphibien die Schildkröten und Frösche, die Fische von den Barschen bis zu den Haifischen, dann die Krebse, Schnecken, Muscheln, Austern, und zum Schlusse auch noch die Seeigel in den weitgespanten Kreis seiner Betrachtung. Das zweite Buch handelt von den Knochen und Muskeln der diätetisch- wichtigen Wirbeltiere; das dritte von der Chemie der Muskeln und des Fleisches, und das vierte von der Hygiene der Fleischwaren, und zwar zunächst liber die Zubereitung des Fleisches in der Küche und die Fleischkonservirung, des weiteren über die physiologische Wirkung des Fleisches, d. i. über die Wirkung der in normalem Bustande befindlichen Fleischnarung, ferner über die patogenetische Wirkung des Fleisches, d. i. des in frankhaftem Zustande befindlichen, mit Parasiten oder Ansteckungsstoffen ausgestatteten, gleichwie des in Fäulnis übergehenden Fleisches, und der vierte und lezte Abschnitt des vierten Buches stellt eine Teorie der Fleischwarenpolizei auf, wie sie unsre über diesen Teil ihrer Aufgabe noch fer im dunkeln tappenden Behörden auf das beste gebrauchen können. Die Ausstattung des Werkes ist dem Zwecke desselben durchaus angemessen. Die litographirten Tafeln find trefflich ausgefürt und tragen in hervorragender Weise bazu bei, das Verständnis nichtfachwissenschaftlicher Leser zu fördern. Die Etappenstraße der Wissenschaft dürfte durch das Buch um ein bedeutsames Stück in das Gebiet des praktischen Lebens hinein vorgeschoben sein.
-
XZ
Wissenschaftlicher Ratgeber.
Berlin . Frau S. P. Ihr Trinkwasser können Sie auf seine Unschädlichkeit prüfen, indem Sie von einer Tanninlösung einen Eßlöffel voll zu einem Glase Wasser von gewönlicher Größe hinzusezen. Jede dadurch entstehende Trübung des Wassers, gleichviel, ob sie sofort eintritt oder erst nachdem das Wasser noch eine zeitlang gestanden hat, beweist, daß dasselbe zum Trinken nicht verwendet werden sollte. Sie erhalten die hierzu nötige Tanninlösung, indem Sie zu einem Teil des in jeder Apoteke und Droguen handlung fäuflichen Tannin( Galläpfelgerbsäure) einen Teil Weingeist und vier Teile Wasser hinzusezen und die nicht klare Lösung filtriren.
Gelenau . 8. R. Vor solchem Zeuge, wie es die von einem Dr. D. Retau ,, um gearbeiteten" ,, Geheimnisse der Zeugung" enthalten, warnen wir Sie und jedermann auf bas dringendste. 22 Hefte zu je 50 Pfg. zu kaufen, also im ganzen 11 Mark dafür auszugeben, wäre schlimmer, als wenn Sie Ihr Gelb einfach zum Fenster hinauswerfen wollten. Auch die ,, Wunder der Urwelt" sind für Sie die 7 Mark nicht wert, die sie in der Ihnen angebotenen Lieferungsausgabe kosten. Dagegen ist Meners Handlegi ton durchaus empfelenswert, ebenso Klente's Hauslegiton der Gesundheitspflege für Leib und Seele". Bezüglich des lezterwänten Werkes raten wir Ihnen jedoch, Sich lieber Klente's ,, Katechismus der Makrobiotik oder die Lehre, gesund und lange zu leben" auzuschaffen. Derselbe genügt für Ihre Zwecke in jedem Falle und kostet nur zwei Mart, wärend Sie jenes Hauslegifon auf 122 Mart zu stehen kommen würde.
Redaktionskorrespondenz.
Hannover . Friz L. Gewiß ist das, was Sie wiederholt beobachtet zu haben glauben, strafbar, und zwar laut§§ 331, 332 und 333 des Reichsstrafgesezbuchs. Dieselben lauten nach M. Reymond, der sinnigerweise das ganze Strafgesezbuch von A bis 8 in Gedächtnisverse gesezt hat, folgendermaßen:
§ 331.
Beamte, die sich ,, schmieren" lassen, Sind strafgerichtlich abzufassen, Auch, wenn die Gegenleistung nicht Zuwiderläuft der Amtespflicht, Gefängnis zwei Duartälerchen, Bönale hundert Tälerchen, Das höchste Maß der Strafe sei Für solche simple Schmiererei, Doch straflos bleibt in diesem Fall Der edle Geber allemal.
§ 332. Beamte, welche sich hingegen Der vorgedachten Schmiere wegen Zu Taten willig finden lassen, Die zu der Amtespflicht nicht passen, Sind schuldig der Bestechlichkeit, Und sollen, falls nicht ausweit Durch Milviungsgründe auf Gefängnis Sia reduzirt das Strafverhängnis, In einem Zuchthaus in Berwar Genommen werden bis fünf Jar.
§ 833. Wer Amts- und Militärpersonen Für Pflichtverlezung will belonen, Indem er Ihnen ein Präsent Und sonst'gen Borteil zuerkent, Anbietet oder blos verspricht, Verfällt dem hohen Strafgericht Und hat Gefängnis zu ristiren, Kann auch die Bürgerehr' verlieren. Erfenbar ist im Mildrungsfall
Bis 1500 Mark Bönal.
Seien Sie übrigens Spaß und Strafgesezbuch beiseite! recht vorsichtig mit Ihren Beschuldigungen und bedenken Sie, wie leicht man sich in solchen Fällen irren, wie leicht man harmlosen Vorgängen eine bedenkliche Deutung geben kann.
Cincinnati . Frau T. Erhalten. Bescheid bald. Frdl. Dank für Ihr frdl. Urteil. Magdeburg . Einer der ältesten Abonnenten. Wir könten ser gut, meinen Sie, einmal das Porträt und die Biographie Ihres alten Lehrers bringen, denn der Mann hätte sich um ade Wissenschaften und um das Volk verbient gemacht, wie nur einer! Ser schön das. Wollen Sie uns da aber nicht wenigstens verraten, wer dieser Ihr alter Lehrer ist? In Ihrem Brise stet nämlich nicht eine Silbe davon.
Bergen. H. M. So gefärlich, wie Sie glauben, stet es mit Ihrem Vater warscheinlich noch lange nicht, wenn auch sein Körpergewicht von zwei Gentner 40 Bfd. ein recht bedeutendes ist; zumal Ihr Vater nahe an 6 Fuß groß ist, wie Sie hinzufügen, und sich eines riesigen Appetites, guter Gesundheit und heiterer Stimmung erfreut. Nicht blos die ,, Riesendamen" auf den Messen und Jarmärkten sind Ihrem Vater an Fett und Gewicht noch weit über, sondern eine ganze Reihe bekanter Menschen haben es auf mer als das doppelte von dem Körpergewicht Ihres Vaters gebracht. So der Engländer Bright, der in seinem zehnten Lebensjare schon 140 Pfd. und bei seinem Tode 616 Bfd. wog; ferner ein von dem Arzte v. Gräfe gesehener Holländer, der 503 Bfd. aufzuweisen hatte. Dabei sind das immer noch nicht die schwersten Leute, von denen berichtet wird. In einer Samlung medizinischer Warnemungen wird von einem 800 pfündigen Manne erzält, und der Engländer Wadd schreibt in seinem Buche ,, Die Korpulenz als Krankheit zc." von einem seiner Landsleute, der sich gar 908 Pfd. erworben hatte!
Sprechsaal für jedermann.
Der Bierbrauer Johann Michael Weiss von Kaitenzell, Königreich Bayern, ist im J. 1844 in Milwaukee , Staat Wiskonsin , Nordamerika , eingewandert, und hat daselbst mit seinem Bruder eine Brauerei gepachtet, laut Nachricht von 1846. Seit dieser Zeit ist keine Nachricht mer von ihm eingegangen. Wenn derselbe noch am Leben sein sollte, wird er gebeten, seinem Sone Johann Pommer, Drechsler, Nürnberg , Fürtherstraße Nr. 37, Königreich Bayern, seine Adresse an zugeben. Alle befreundeten Blätter werden um Abdruck gebeten.
-
-
Inhalt. Die Schwestern, Roman von M. Kautsky( Fortsezung).-Jris als Schuzgöttin. Eine physikalische Stizze von Dr. Frang Ferdinand Schmidt( mit Jllustration). Ein Lorbeerkranz. Das Ende eines Dichterlebens( Fortsetzung). Wie soll man für das Volk schreiben? Eine Erörterung pro domo. Gymnastik und Turnen. Ein Prairiebrand( mit Illustration). Farende Sänger( Schluß). Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Eine neue phönizische Inschrift. Ein unterirdischer Fluß und eine unterirdische Stadt. Literarische Umschau. Wissenschaftlicher Ratgeber. Redaktionskorrespondenz.-- Sprechsaal für jedermann.
-