Begleitern, die alles Gepäck, Lebensmittel 2c. mitgenommen hätten, verlassen worden und bald darauf gestorben, wärend er, Claßen, von Wilden gefunden und gefangen, sonst aber gut behandelt worden sei.
Die Erzälung wurde anfangs von niemand geglaubt; jedoch Dr. Lang, der Chronist von Neu Sud Wales, der sich mit Hume unterhielt, gelangte zu der Ueberzeugung, daß dieser nicht gelogen habe. Man wollte nun Hume mit einigen Begleitern zu Claßen schicken, allein leider starb Hume .
Jm vorigen Jare erhielten nun die australischen Behörden von Eingebornen Mitteilungen, welche die Angaben Hume's bestätigten und durchaus glaubhaft schienen. Es wurde beschlossen, einen zuverlässigen Mann auszusenden, der die Sache prüfen solle. Die Wal fiel auf Stulthorpe, dessen Mission, wie jezt von Sydney aus gemeldet wird, mit dem vollständigsten Erfolge gekrönt sein soll. Claßen, so heißt es, sei nicht mer am Leben, er sei vor kurzem, mit Hinterlassung von zwei Kindern, gestorben; das Grab Leichardts aber sei von Skult horpe gefunden worden, ebenso das Tagebuch des Entdeckers, das die Eingebornen aufbewart, und ferner viele mündliche Ueberlieferungen, betreffend das Ende Leichardts. In wie weit dies richtig, wird ja bald festgestellt werden. Jedenfalls würde es, angesichts der vorstehend verzeichneten Tatsachen, nicht berechtigt sein, wollte man sich den NachX. richten aus Sydney gegenüber unbedingt skeptisch verhalten.
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Harun al Raschid . Wer kent nicht den Großen Kalifen" der über alle mohamedanischen Monarchen hoch emporragt, den Zeitgenossen Karl des Großen, der in der orientalischen Welt ungefär die selbe Rolle spielt, wie dieser in der occidentalen? Harun al Raschid , den Allmächtigen, der so gern als unerfanter Gott unter den Menschen wandelte, die Armen und Elenden aufrichtend, die Stolzen und Bösen demütigend und hier und da auch durch einen Scherz beweisend, daß er nicht blos Gott? Aber zwischen Harun al Raschid , welchen wir, namentlich aus ,, Tausend und eine Nacht", kennen, und Harun al Raschid , wie er war, ist ein ebenso großer Unterschied, als zwischen dem Karl dem Großen der Legende und dem Karl dem Großen der Geschichte. Ein Engländer, Mr. Palmer, Professor des Arabischen an der Uni versität Cambridge , hat vor kurzem auf Grund von Quellenstudien eine Biographie Harun al Raschids veröffentlicht, die allerdings unsere Vorstellungen von ihm stark verändert und herabstimt. Ein großer Monarch war er one Zweifel, wenn die Ausübung absoluter Macht und die rücksichtslose Geltendmachung des persönlichen Willens für Größe zu halten ist aber ein großer Mensch war er entschieden nicht. Das gutmütige, schalthafte Wesen, welches die Legende ihm zugeteilt hat, findet sich bei dem wirklichen Harun al Ruschid nicht. Derselbe war ein orientalischer Despot im vollsten Sinne des Worts: er hat unzweifelhaft manchen Unglücklichen gerettet, manchem Unterdrückten zu seinem Rechte verholfen jedoch nur, wenn er gerade bei guter Laune war. Und er war nicht immer bei guter Laune, ja ziemlich selten; und wenn er bei schlechter Laune war, hat er sich die abscheulichsten Grausamkeiten zu Schulden kommen lassen. Gleich allen orientalischen Despoten litt Harun al Raschid an Langweile, und dazu kam noch das Leiden der Schlaflosigkeit bei gewönlichen Menschen schon fatal, bei gewönlichen Menschen schon fatal, bei Despoten aber gefärlich, wovon verschiedene Völker ein Liedchen fingen können. Langweile und Schlaflosigkeit veranlaßten Harun al Raschid zu jenen nächtlichen Wanderungen und jenen Versuchen, sich zu unterhalten, welche den Stoff zu so vielen Sagen gebildet haben. Professor Palmer erzält viele dieser Anekdoten, in denen Dichtung und Warheit in einander verfließen. Wie entseßlich Harun von der Langweile geplagt war, erhellt u. a. aus nachstehendem Gespräch:
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In einer Nacht, da er keinen Schlaf sand, schickte der Kalif zu Jaafer dem Barmeciden und sagte:
Du sollst den Trübsinn und die Langeweile verscheuchen, die mich quälen. Allah hat Leute geschaffen, welche Traurige zu erheitern wissen, vielleicht bist du einer von diesen."
Sagte Jaafer: Laß uns auf das Dach des Palastes gehen und die Myriaden Sterne beobachten, wie sie verschlungen und erhaben am Himmel wandeln, und den Mond, der aufsteigt wie das Antliz eines Menschen, den wir lieben, o Beherrscher der Gläubigen!"
Nein," sagte der Kalif ,,, dazu habe ich keine Lust." Sagte Jaafer: Dann öffne das Fenster des Balastes, welches nach dem Garten sieht, und betrachte die im Blätterschmuck prangenden Bäume, und lausche dem Gesang der Vögel und dem Plätschern des Wassers; rieche den süßen Duft der Blumen, und höre das Summen des Wasserrades, das im Umdrehen stönt wie ein Liebender, der die Geliebte verloren hat; oder schlafe, Beherrscher der Gläubigen, bis der Tag dämmert."
Nein," sagte der Kalif ,,, dazu habe ich keine Lust." Sagte Jaafer: Dann öffne das Fenster, das auf den Tigris get, und schaue nach den Schiffen und nach den Matrosen, die da singen und arbeiten und sich unterhalten, o Beherrscher der Gläubigen." ,, Nein," sagte der Kalif ,,, dazu habe ich keine Lust." Sagte Jaafer: Dann, o Beherrscher der Gläubigen, erhebe dich und laß uns zu den Ställen wandern und deine arabischen Rosse betrachten die herrlichen Geschöpfe in allen Farben Grauschimmel in und Goldfüchse, Rappen und Falben, Milchweiße und Scheckige allen Farben, und alle von blendender Schönheit."
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,, Nein," sagte der Kalif ,,, dazu habe ich keine Luft." Sagte Jaafer: ,, Dann, o Beherrscher der Gläubigen, hast du dreihundert Mädchen, die singen und tanzen und spielen lasse sie alle kommen, vielleicht verscheuchen sie den Trübsinn, der auf deinem Herzen lastet."
Nein," sagte der Kalif ,,, dazu habe ich keine Lust."
Sagte Jaafer: ,, Dann schlage deinem Knecht Jaafer den Kopf ab, denn er fan seines Herrn Kummer nicht stillen."
Zum Glück war die Langweile, welche den großen Kalifen bedrängte, so stark, daß sie ihn verhinderte, seinem getreuen Knecht den Kopf abschlagen zu lassen. Auch dazu hatte er ,, keine Lust".
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Harun al Raschid hatte merere Hofpoeten. Der berümteste derselben, der zugleich wie das ja auch abendländische Mode war die Rolle des Hofnarren mit versah, war Abu Nawevahs. Von ihm ließ der Kalif sich vieles gefallen. Eines Tags verteidigte Abu Nawevahs den Saz, daß eine Entschuldigung oft schlimmer sei als ein Verbrechen. Der Kalif erklärte dies für Unsinn, und wurde zulezt, da der Poet nicht nachgab, so zornig, daß er diesem, falls er seinen Saz nicht beweise, beim Barte des Propheten den Tod ankündigte. Kurz darauf ging Harun, in übler Laune, nach seinem Harem; kaum war er eingetreten, so wurde er von hinten umfaßt und in der Dunkelheit von bärtigen Lippen geküßt. Wütend rief er nach einem Licht und einem Scharfrichter. Beides kam, und vor dem Kalifen stand Nawevahs.
,, Was in aller Welt soll diese Tollheit bedeuten?" fragte der Kalif in voller Wut.
Ich bitte dich, o Beherrscher der Gläubigen, tausendmal um Verzeihung. Nicht dich wollte ich füssen, sondern dein Lieblingsweib." ,, Was," schrie Harun ,,, die Entschuldigung ist schlimmer als das Verbrechen."
,, Genau was ich dem Beherrscher der Gläubigen beweisen wollte!" erwiderte Abu Nawevahs und entfernte sich rasch, jedoch nicht rasch genug, um dem Pantoffel zu entgehen, welchen der Beherrscher aller Gläubigen ihm nachwarf.
Ein Mann, den Harun al Raschid zum Tode verurteilte, weinte, als der Scharfrichter herantrat.
,, Wie kannst du so feig sein, zu weinen!" sagte höhnend der Kalif . ,, Ich weine nicht aus Furcht vor dem Tode, sondern weil du mir zürnst."
Der Kalif fülte fich durch diese Antwort so geschmeichelt, daß er dem Verurteilten das Leben schenkte.
Das Palmer'sche Buch, welches von der ,, Saturday Review" ser gelobt lb. wurde, dürfte eine Uebersezung ins Deutsche wol verdienen.
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Die Urmenschen der Auvergne. Es ist eine befante Tatsache, daß die verschiedenen Kulturstufen, welche die geschichtliche Menschheit durchgemacht hat, gleichzeitig nebeneinander durch verschiedene Völker und Völkerschaften, die mit uns zusammen die Erde bewonen, vertreten werden. Die sogenanten ,, Wilden", in ihren zalreichen Abstufungen, vertreten das erste Dämmern menschlicher Kultur, und so aufwärts bis hinauf zu den eigentlichen, höchstentwickelten Kulturmenschen. Ein französischer Gelehrter, Mr. Roujou, Professor in Clermont, der sich hauptsächlich paläontologischen Forschungen widmet, hat nun die Entdeckung gemacht, daß sogar der vorgeschichtliche Mensch noch heute lebt, nicht in Gestalt vereinzelter atavistischer Exemplare, sondern in Stämmen zusammen und nicht durch weite Entfernungen räumlich von uns getrent, sondern mitten unter uns, d. h. mitten in demjenigen Land, welches sich für das Kulturland par excellence hält, mit an der Spize der Civilisation marschirt: in Frankreich . In einer Abhandlung über die menschlichen Rassen des Centralplateaus und besonders der Auvergne und der benachbarten Berggegenden"( im ,, Bulletin historique et archaeologique de la Corrèze") fürt er aus, daß sich in den Bergen der Auvergne, die offenbar den ältesten Rassen als Zufluchtsort gegen die neu einwandernden stärkeren Rassen gedient haben, die ,, liguröidische" Urbevölkerung der quaternären schichtlichen Periode erhalten hat. In gewissen Dörfern bei Riom : in Thuret, Sarde, Cournon- les- Marais u. s. w., befindet sich unter der normalen civilisirten Bevölkerung eine große Anzal sogenanter ,, schlech= ter Familien"( mauvaises familles), welche den Typus einer außerordentlich untergeordneten Raffe haben: ungeheure Knochenvorsprünge ( arcades sourcillières) über den Augen, sehr prognates( affenartig vorstehendes) Gebiß, lange Arme, kurze Schenkel, dickes schlichtes Har, fleine rollende Augen mit wildem, boshaften Ausdruck. Man findet Individuen mit plattem mongolischen Gesicht, kleinen Schlizaugen und gelblicher Haut. In den tiefen Schluchten der höchsten Berge hat man sehr beharte Weiber gefunden, fast so bärtig wie Männer. Leute mit sechs Fingern und Behen sind nicht selten; und außerdem hat man an den Knochen und überhaupt der Körperbildung noch allerhand Eigentümlichkeiten entdeckt, welche den Menschen der vorgeschichtlichen Beit fenzeichnen. Die Sprache dieser schlechten Familien" enthält viele Worte, die weder lateinischen, noch zeltischen, noch überhaupt arischen Ursprungs sind. Der niederen physischen Organisation entspricht die moralische. Lüge, Gewalttat, Diebstal, Totschlag, Mord, Kindesmord sind im Schwang. Das Verbrecherkontingent, welches die Dörfer mit den schlechten Familien" stellen, ist geradezu enorm. Dr. Roujou
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