beide one Wissen den genanten Trank zu sich genommen. Eine heftige Leidenschaft zu einander bemächtigt sich beider und noch ehe sie den Mann gesehen, für den sie zum Weibe bestimt war, ist sie die Geliebte dessen, der sie sich wirklich erorbert. ( Schluß folgt.)
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Aus dem Leben Gabelsbergers. Der Erfinder der deutschen Stenographie hatte mit außerordentlich großen Widerwärtigkeiten zu fämpfen, ehe es ihm gelang, seiner Schöpfung Anerkenung zu verschaffen. Obgleich selbst im Staatsdienst stehend, wurde er namentlich regierungsseitig feindlich behandelt und ihm alle nur möglichen Hinder nisse in den Weg gelegt. Doch, er überwand alle Schwierigkeiten. Einmal gelang es ihm durch einen Zufall, eine große Anzal seiner Gegner zum Schweigen zu bringen und Beifall zu erwerben. Obwol er fast nie seine Studirstube verließ, hatte er einst der Einladung eines Freundes nachgegeben und war demselben in eine geschlossene Gesellschaft gefolgt, wo merere höhere Staatsbeamte beisammen waren. Darunter befanden sich einige, die ihn wol kanten, die ihn aber nicht zu kennen schienen und auch solche, die ihm bei jeder Gelegenheit ein Bein stellten. Er kümmerte sich wenig um diese Herren und vertiefte sich in ein Gespräch mit seinem Freunde. Sein Nachbar zur Rechten, ein Ministerialrat, blickte mit vornemer Miene auf Gabelsberger herab, one ihn eines Wortes zu würdigen. Da wurden zufällig von einem Sänger einige hübsche Lieder vorgetragen. Eins gefiel so, daß es wiederholt werden mußte. Auch Gabelsberger der sich bekanntlich in seiner Jugend längere Zeit Gesangsstudien hingegeben hatte gefiel das Lied, so daß er sich, als es zum zweiten Male gesungen wurde, mit Hilfe seiner Kurzschrift den Text desselben notirte. Als er das Blättchen Papier wieder zu sich stecken wollte, fragte ihn sein bis dahin stummer vornemer Nachbar mit herablassender Neugierde: ,, Nun, was haben Sie denn da gemacht?"" Das hübsche Lied," erwiderte Gabelsberger ,, habe ich mir ein wenig notirt. Das wird heute noch zu Hause gesungen." Mit einem trocknen ,, Erlauben Sie mir doch" nam darauf der Herr Ministerialrat Gabelsberger das Blatt one Weiteres aus der Hand und one daß der leztere es verhindern konte, machte das Stenogramm um die ganze Tafel die Runde, um überall mit Kopfschütteln oder mit lächelnder Miene betrachtet zu werden. Mittlerweile hatte der Sänger das Lokal verlassen und es fiel Einem aus der Gesellschaft ein, vorzuschlagen: jezt könte uns wol Herr Gabelsberger noch einmal das Lied zum Besten geben. Dieser protestirte, erklärte, daß er nicht zur Gesellschaft gehöre 2c., allein das half alles nichts, er wurde solange bestürmt, bis er schließlich, unter Guitarrebegleitung, das Lied vortrug. Lassen wir ihn über die Wirkung, die sein Gesang hervorbrachte, selbst reden. Er sagt in einem Briefe ich an seinen Freund und Schüler, Professor Heger in Wien : mußte das Lied singen und sang es vielleicht auch nicht schlechter, als es der andere vorgetragen hatte. Da war nun ein Spektakel. Jezt ging es auf ein Lob, jezt war die Stenographie eine herrliche Kunst, und ich habe mir an diesem Abende eine größere Ehre und Celebrität erworben, als in einer neunmonatlichen Ständeversammlung. Alle diese Herren hatte ich für meine Sache eingenommen, ich mußte den Nächsten in meiner Umgebung förmlich Lektion über das Wesen der Stenographie geben." Ein so kleiner, unbedeutender Umstand wobei dem Zufall, daß Meister Gabelsberger auch in der edlen Gesangskunst wol beschlagen war, vielleicht die Hauptwirkung zuzuschreiben ist trug also mehr zum Bekantwerden der gabelsbergerischen Erfindung bei, als alle Ankündigungen und Vorstellungen, verhalf ihm mehr zur Anerkennung, als seine Eingaben an die Regierung, welche den im Geruche der Freisinigkeit stehenden Gabelsberger, wo es nur anging, fülen ließ, daß er von fortschrittlichen Abgeordneten unterstützt worden war.
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Aus allen Winkeln der Beitliteratur.
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Zur Charakteristik des gegenwärtigen Kulturkampfs wider das Judentum eignet sich besser als irgend sonst ein Vorkomnis ein Prozeß, der jüngst dem Reichsgericht zur endgiltigen Entscheidung vorlag. Am 9. April v. J. brachte die katolische Schlesische Volkszeitung", redigirt von einem frommen Christen namens Nowack, einen Judenpassah und Christenblut" überschriebenen Artikel, worin mit gradezu verblüffender Keckheit die uralte Lüge aufgewärmt wurde, daß bei den ,, talmudischen Ceremonien des jüdischen Bassahfestes auch Christenblut in Anwendung komme". Es sei das ein ,, betantes Geheimnis", oft genug" seien Beweise dafür gegeben und der gerechte Unwille der Christen in Aufregung gebracht worden". Um den verbrecherischen Späßen, welche sich das fromme Blatt mit den Juden und seinem gutgläubigen Lesepublikum erlaubt, die Krone aufzusezen, wird dann aus
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allerneuester Zeit ein Beispiel für solche Christenschlächterei durch Juden aufgefürt. Am Abend des 27. März v. J. habe ein 13järiger griechischer Knabe zu Alexandrien in Aegypten die Wonung seiner Eltern verlassen und sei nicht wieder zurückgekehrt; am Morgen des 28. März sei vor der Synagoge seine blutentleerte Leiche gefunden worden, die Adern an beiden Handgelenken seien durchschnitten gewesen, aber von Blut sei da, wo man den Leichnam fand, nichts zu entdecken gewesen. Das alexandrinische Volt, besonders der griechische Teil desselben, sei darüber einig, daß hier ein Verbrechen von Seiten der Juden vorliege, und nur die größte Energie seitens des Stadtpräfekten hätte die Ausübung der Boltsjustiz verhindern können. Als besonders belastendes Moment wurde noch hinzugefügt, daß reiche alexandrinische Juden den Zeitungen ihrer Stadt hohe Geldsummen geboten hätten, damit sie den Schauerfall totschweigen sollten. Der Vorstand der jüdischen Gemeinde in Breslau erhob eine Klage gegen den verantwortlichen Christen von der Schlesischen Volkszeitung", obbemeldeten Nowack, der natürlich auch nicht die Spur eines Beweises für seine harsträubenden Behauptungen erbringen fonte und durch alle Instanzen zu acht Tagen Gefängnis verurteilt wurde, weil er über einen traurigen, aber die Juden nicht im mindesten belastenden Vorfall höhnisch entstellend berichtet hatte in der unverkennbaren Absicht, das deutsche Judentum zu beschimpfen. Durch die amtlichen Erhebungen des deutschen Konsulats in Alexandrien war übrigens erwiesen worden, daß der Knabe, um den es sich handelte, einfach durch einen Sturz, mit dem die Juden und ihr Passahfest nicht das geringste zu tun hatten, um sein Leben gekommen war.
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Kolenproduktion und Kolenpreise. Produzirt wurde 1860 auf der ganzen Erde an Kolen: 136 millionen metrische Tonnen; 1866 185,1; 1872 260; 1874 274,3; 1876 287,4; 1877 294; 1878 290 millionen Tonnen. Die Preise der Steinkolen betrugen in Deutschland 1870 5,92 Mark, 1871 7,04, 1872 8,64, 1873 10,94, 1874 10,56, 1875 7,62, 1876 6,58, 1877 5,70, 1878 5,26 Mart für die Tonne. Alles in allem närt der Kolenbergbau mer als 1000 000 Arbeiter, in England 514 500, in Deutschland 210 000, Frankreich 97 000, Belgien 101 000, Amerika 100 000 und in Desterreich 63 000.
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Wie Nordlichter entstehen ist bislang wissenschaftlich noch nicht festgestellt gewesen. Gegenwärtig gibt sich Professor Dr. Zehfuß Mühe, seiner Teorie, das Nordlicht entstehe durch den Fall verhältnismäßig fleiner Meteormassen, Auerkennung zu verschaffen.
Wissenschaftlicher Ratgeber.
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Hamburg. Frau T. M. Bei Ihnen ist infolge des chronischen Kehlkopfkatarrhs eine Stimmbandlähmung( Aphonie) eingetreten, die durch die begleitenden Um stände, insbesondere durch den Umstand, daß Sie nur in Fistellauten Sich verständlich machen können, als eine halbseitige vollkommne Lähmung charakterisirt wird. Zu Ihrer Stimme können Sie einfach dadurch wieder kommen, daß der chronische Katarrh gehoben wird, aber auch nur dadurch. Die Spezialärzte für Kehlkopfleiden wenden in der Regel entweder Aezungen der Kehlkopfschleimhaut mittels einer 20prozentigen wässerigen Höllensteinlösung an oder Inhalationen von Tannin( im Verhältnis von 1:15), Alaun( 1: 4) oder einer ähnlichen, ziemlich konzentrirten Salzlösung. Auf eigne Faust, one die An weisung seitens eines sorgsamen Arztes, der Ihren Kehlkopf vorher mittels des Kehlkopfspiegels zu untersuchen haben wird, raten wir Ihnen jedoch nicht, eine dieser Behandlungsweisen anzuwenden. Dagegen können Sie getrost ein befantes und probates Hausmittel probiren, nämlich Aufbinden von rohem Speck( Speckpflaster) auf die Kehlkopfgegend oder Speckeinreibungen. In jedem Falle müssen Sie sehr diät leben, alle scharfen, salzigen Speisen und spirituösen Getränke meiden, ebenso auch das Tabak-- ah, entschuldigen Sie, wir haben es ja diesmal mit einer Dame zu tun, welche das Tabakrauchen onehin hübsch bleiben läßt. Von Vorteil find gleichfalls one Zweifel Dampfbäder oder sogenant irisch römische Bäder, an deren Stelle auch die allmorgendliche Abreibung des ganzen Körpers mit einem in kaltes Wasser getauchten Handtuch treten kann, worauf Frottiren ( tüchtiges Reiben) mit trodnem Handtuch und etwa halbstündige Einwicklung in wollene Decken, oder auch ein Spaziergang, zu folgen hat.
Sprechsal für jedermann.
Der Gärtner Hermann Schüße aus. Paderborn in Westphalen, geboren 1850, wonte im Jare 1876 in New- York oder Newark , und hat später nichts mehr von sich hören lassen. Leser der ,, Neuen Welt" in Amerika , welche in der Lage sein sollten, über den Verbleib des Genanten Auskunft zu geben, wollen diese gelangen lassen an
Frau Therese Schaars,
Linden vor Hannover , Sandstraße Nr. 4, I.
Joachim Scharmer, gebürtig aus Elmshorn , welcher das Schiffszimmerhandwerk in Spickerhöre bei Elmshorn , Kreis Pinneberg in Holstein, erlernt hat, seit 30 Jaren von der Heimat entfernt, wird hiermit gebeten, seinem unterzeichneten Schwager G. H. Hofmann, sowie seiner Schwester Anna Magdalena Hofmann, geb. Scharmer, die immer noch auf ein Wiedersehn hoffen, über seinen Aufenthalt in Kentnis zu ſezen. G. Heinrich Hofmann , zu Klostersand per Elmshorn , Holstein.
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Ein
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Aus dem
Inhalt. Herrschen oder dienen? Roman von M. Kautsky. Die Spinn- und Webindustrie. Stizze von Dr. Max Vogler. Verfolgter, von Eduard Sack. Eine Jdylle im Erdbeben. Zum Studium der Sprachen. Tristans Tod( mit Illustration). Leben Gabelsbergers. Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Zur Charakteristit des gegenwärtigen Kulturkampfs wider das Judentum. Kolenproduktion und Kolenpreise. Wie Nordlichter entstehen. Wissenschaftlicher Ratgeber.- Sprechsal für jedermann.
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