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dient, die Insekten immer und immer wieder zu neuen Besuchen bei den Blumen einzuladen. In der Tat hat sich ergeben, daß die honig­saugenden Insekten die größten Woltäter der Blumenwelt sind; denn indem sie von Blume zu Blume eilen, tragen sie von Blüte zu Blüte den befruchtenden Stoff, die Blütenstaubkörner( Pollenkörner). Es hat sich herausgestellt, daß auch die meisten Zwitterblumen nicht im stande sind, durch ihren eigenen Blütenstaub die kräftigsten Nachkommen zu erzeugen, sondern daß auch die Zwitterblumen fremder Pollenkörner Es ist somit bedürfen, um die kräftigsten Samen bilden zu können. flar, daß die Uebertragung des Blütenstaubes aus einer Blume hinüber zu einer andern Blume für das Gedeihen und Fortexistiren der ver­Da nun aber schiedenen Blütenpflanzen zur Grundbedingung wird. die Blütenstaubkörner nicht selbstbewegliche Körper sind, sondern nur durch den Wind oder die Schwerkraft oder auch durch Insekten, Schnecken, Bögel 2c. von ihrer Geburtsstätte weggetragen werden können, so leuchtet ein, daß die Samenbildung bei denjenigen Blumen am gesichertsten er­scheint, wo sich die zuverlässigsten Liebesboten zur Uebertragung des " Postillons d'amour" Blütenstaubes einfinden. Diese zuverlässigsten Postillons d'amour" sind in der Tat die Insekten: Bienen, Hummeln, Schmetterlinge, Fliegen u. s. w. Im Verlaufe der Entwicklung unsres Pflanzenreiches haben sich denn auch die Blumen so sehr den Insekten angepaßt, daß zallose Pflanzen ganz ausschließlich nur von diesen oder jenen Kerb­tieren befruchtet werden können. Die Zal und Anordnung, die Form und Größe der einzelnen Teile, welche die Blüte zusammensezen, Farbe und Duft, Pollenkörner und Honigsaft alles dient dem einen großen Zwecke der Fortpflanzung durch kräftige Samenbildung, welch' leztere eben nur durch die Fremdbestäubung mittels der Insekten zustande tomt. Die Lehre von der Fortpflanzung der Gewächse siet sich also plözlich der Notwendigkeit gegenüber, auch die Insekten und ihre Ge wonheiten in den Kreis der Darstellung zu ziehen. Wir verstehen nämlich den Bau einer Blume erst dann, wenn wir wissen, wer ihren Honig zu suchen gewont ist und wie sich der Honignäscher bei seinem süßen Geschäft benimt. Ein Beispiel wird dies klar machen: Wir haben in unsrer Abbildung den Inhalt einer der großen Wandtafeln meines Atlas der Botanik für Hoch- und Mittelschulen" vor uns und sehen in Fig. 1 die schlanke Türkenbundlilie( Lilium Martapon) in verschiedenen Stadien des Blütenöffnens dargestellt. Fig. 2 zeigt die einzelne geöffnete Blüte mit dem schwebenden, honigsaugenden Schmetterling( Macroglossa stellatarum), der seinen langen Rüssel in den honigenthaltenden Kanal am untern Teil eines Blumenblattes schiebt und saugend Nektar trinkend eine Woltat empfängt, wärend er selbst der honigspendenden Blume die Woltat der Fremdbestäubung erweist, denn dieser Schmetterling kam eben von einer andern Lilien­blüte, wo er wärend des Saugens sein hariges Kleid mit dem gelben Blütenstaub beschmuzt hatte; hier an dieser zweiten Blume streift er nun mit demselben Körperteil die empfängnisfähige Narbe und bestäubt sie mit dem Pollen der vorher besuchten Blume, gleichzeitig Blüten­staub aus dieser zweiten Blume für eine dritte Blüte mitnemend ( aa Staubbeutel am Ende der Staubfäden ff; p die Narbe am obern Ende des Griffels). Fig. 3 stellt ein einzelnes Staubblatt dar; Fig. 4 ein Teil des Staubbeutels quer durchschnitten und vergrößert; Fig. 5 stark vergrößerte Blütenstaubkörner, die mit kleinen Deltröpfchen ol bedeckt sind und daher lange feucht bleiben. Die Türkenbundlilie ist speziell der Fremdbestäubung durch große, langrüsselige Insekten angepaßt. Die detaillirte Begründung erfordert weit mehr Raum, als wir in unsrer Zeitschrift zur Verfügung haben. Wir verweisen daher auf das neueste Werk des Verfassers: Illustrirtes Pflanzenleben"( Zürich  , bei Cäs. Schmidt), wo nebst der Berglilie eine Menge andrer Blütenpflanzen zur einläßlichen Besprechung gelangen und die ganze neueste Blumenteorie Prof. Dr. A. D.-P. reich illustrirt zur Darstellung komt.

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Aus allen Winkeln der Beitliteratur.

Eine Stadt auf Diamanten gebaut ist Kimberley, der Siz der Regierung von West- Griqualand und der Zentralpunkt der südafrikani­schen Diamantengräberei. Jezt wonen dort, wo vor 11 Jaren keine Hütte stand, 16 000 Menschen mit einem Handel von 40 Mill. Mark pro Jar. Diese Stadt, die eine der blühendsten Gemeinden des afri­tanischen Festlandes zeigt, entstand, seitdem man in ihrer Nachbarschaft die Diamantenlager entdeckte und nach diesen werthvollen Steinen zu graben begann. Neuerdings hat man nun gefunden, daß der Boden, auf dem die Stadt stet, ebenfalls reich an Diamanten ist, und so wird Kimberley wol oder übel der ürsache, welcher sie ihre Entstehung ver­dankt, auch wieder zum Opfer fallen.

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Eine Tropfsteinhöle ist auf dem Wege vom Stifte   Kremsmünster nach Kirchberg beim Arbeiten in einem Steinbruche entdeckt worden. Sie soll ungefär mit allen ihren Abzweigungen den Flächenraum eines größeren Sales einnemen, aber so niedrig sein, daß man nur in wenigen Sie enthält zalreiche Tropfstein­Teilen aufrecht zu stehen vermag. gebilde von bedeutender Stärke und interessantester Form, an den Wänden Drusen von Kalkspatkrystallen, auf dem Boden Knochen von Hölenbären und am Eingange eine Feuerstelle mit Kolen, zerbrochenen Tongefäßen und ein menschlicher Unterkiefer mit wolerhaltenen Zänen. Damit ist von neuem eine der Wonstätten unsrer urweltlichen Vor­faren aus der Zeit, in welcher sie sich in ihrer geistigen Entwicklung eben erst von der übrigen Tierwelt losgerungen hatten, aufgedeckt

worden.

XZ.

Eine internationale Ausstellung der graphischen Künste und des Buchgewerbes soll statfinden im J. 1882 in   Leipzig, der Haupt­stadt im Welthandel mit Büchern und Musikalien und zugleich der­jenigen Stadt, welche im Buchdruck, Notenstecherei und Buchbinderei in   Deutschland die erste Stelle einnimt. Die Ausstellung wird auch alle für die Buchdruckerpresse schaffenden Künste und Kunstgewerbe umfassen, als da sind Xylographie, Stereotypie, Hochäzung, Galvano­plastik, Litographie, Kupferstechkunst, Farbendruck, die photographischen Druckmetoden und andere vervielfältigende Künste. Auch die Neben­gewerbe der Buchdruckerei, die Fabrikation von Maschinen, Werkzeugen,  Papier und Farbe sollen vertreten sein. Alle die verschiedenen Drud­und Buchbindeverfaren, die uns fremden, z. B. die der asiatischen Kultur­völker, eingeschlossen, sollen den Besuchern vor Augen gefürt und in einer historischen Abteilung die Fortschritte aller dieser Gewerbe von 1450 bis zur allerneuesten Zeit dargestellt werden.

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XZ.

Ein Mittel gegen Zahnschmerz geben die ,, Wiener medizinischen Blätter" an, welches in allen Fällen helfen soll, in denen die Zahn­fäule Ursache des Schmerzes ist. Man neme 3 bis 4 Körnchen Chloralhydrat, wickle diese, um sie d. s. ungefär 5 Centigramm zusammenzuhalten, in ein Wattepfröpfchen, lege es in die Hölung des schmerzenden Zahnes oder halte es, wenn dieser im Oberkiefer sizt, mit der Fingerspize drin fest, bis das Chloralhydrat aufgelöst ist. Den sich ansammelnden Speichel speie man aus. Auch der heftigste Zahnschmerz soll diesem Verfaren nach wenigen Minuten weichen.

XZ.

Bei Typhuskranken sollen sich laue Bäder von 31 Grad Celsius. vorzüglich eignen zu der so notwendigen Erniedrigung der Körper­temperatur. In hängemattenartig ausgebreiteten Laken werden die Kranken eine längere Reihe von Tagen hindurch in die Badewanne gelegt und nur herausgenommen, wenn ihre Körperwärme unter 37,5 Grad fällt, aber sofort von neuem hineingelegt, wenn sie wieder über 38,5 Gr. steigt.

Redaktionskorrespondenz.

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XZ.

H. Abonnent. Sie fragen, ob Herr Edmund Bühligen ,,, Verfasser des Original meisterwerks(!!) der, Harschwund und Direktor der Poliklinik für Har- und Kopf­hautfranke", ein erfarener Hararzt sei oder nicht? Nun, Herr Edmund Bühligen ist, soviel wir wissen, seines Zeichens Friseur oder Raseur und ein Mensch, dem es ge lungen ist, sich an den   Haren seiner Mitmenschen aus der Niederung des Handwerker lebens in die wenigstens scheinbar höheren Regionen" des auch scheinbar wissen schaftlich gebildeten Spezialarztes, Poliklinikoirektors und Originalmeisterwerk- Verfassers hinaufzuziehen. Daß bei dieser Operation die Patienten des Herrn Bühligen Hare Tassen mußten, ist unzweifelhaft, vielleicht hat sich auch mancher nachträglich ein graues Har wachsen lassen aus Aerger darüber, daß er auf die Harschwündelei des Herrn hineingefallen ist; daß aber je einer gesunde Hare mit Hülfe des Herrn Direktors be tommen hat, die er nicht one diese für jenen allezeit wertvolle Hülfe auch bekommen hätte, darüber ist nie etwas Glaubbaftes verlautet. Wir würden Ihnen gern die Adresse eines wirklich wissenschaftlichen Haripezialisten Ihrer Gegend mitteilen, wenn Sie nicht vergessen hätten, Ihrem Brife hinzuzufügen, wo diese Gegend eigentlich ist.

Schweidnik. Privatier S. Ihr Bestreben ist durchaus löblich. Da Sie erst vor wenigen Jaren aus der Unterprima des Gymnasiums abgegangen sind und noch nicht viel ,, verschwizt" haben, so wird es Ihnen nicht allzu schwer fallen, den Borlesungen, die zur Erweiterung und Vertiefung Ihrer Bildung beizutragen geeignet sind, nuzbringend zu folgen. Da Sie nach   Heidelberg zu gehen gebenken, so tönnen Sie im eben begon nenen Sommersemester wälen zwischen folgenden Borlesungen: Bluntschli ,, über Bölter recht mit Erläuterung und Kritit auserwälter völkerrechtlicher Fälle der Gegenwart", Cohn über ,, die Börse und die Börsengeschäfte", Bartsch ,,, Geschichte der   deutschen Lite ratur im 19. Jarhundert", Erdmannsdörffer ,,, Geschichte des 19. Jarhunderts von den Wiener Verträgen an", Laur, Teorie des deutschen Stils", Gädede ,,, Geschichte der   französischen Revolution und des napoleonischen Kaiserreichs", oder desselben Ent stehung und Entwicklung der englischen Verfassung", Rostmann ,,, Gemeinverständliche Darstellung der darwin'schen Teorie", Gaspari, Binchologie", oder dessen über die Probleme der Erkentnistätigkeit, oder desselben ,, Geschichte und Stritif des Materialismus mit Rücksicht auf die Naturwissenschaften", dann Scherrer, Deutiche Verfassungs geschichte", oder desselben Gesellschatswissenschaft". Quälen Sie Sich mit dem Wälen nicht zu sehr. Sie sind ja einer von den Glücklichen, denen weder Zeit noch Geld felt, drum probiren Sie's mur mit diesem und jenem der gelehrten Herren im herrlichen Heidel berg frisch drauflos!

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Von

Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Fortsezung). Ein Verfolgter, von Eduard Sack( Fortsezung). einem Steinchen, das die Wissenschaft vom Tempelbau des Aberglaubens abgetragen hat, von Rothberg- Lindener. Opernterte unter der Loupe, von Theodor Drobisch. Tristans Tod( Schluß). Das Moorbrennen im Oldenburgischen( mit Illustration). Befruchtung der Türkenbund- oder Berglilie durch einen honigsaugenden Schmetterling( mit Illustration). Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Eine Stadt auf Diamanten gebaut. Eine Tropfsteinhöle. Eine internationale Ausstellung der graphischen Künste und des Buchgewerbes. Ein Mittel gegen Zahnschmerz. Bei Typhuskranken.- Redaktionskorrespondenz.

Verantwortlicher Redakteur: Bruno   Geiser in   Gohlis-   Leipzig( Möckern'sche Straße 30 d). Expedition: Färberstr. 12. II. in   Leipzig.

Drud und Verlag von Franz Goldhausen in   Leipzig.