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doch gewünscht, daß dieser Begriff nun wenigstens mit aller möglichen, nnd in andern physikalischen Werken bereits erreichten logischen Schärfe aufgestellt und gebraucht worden wäre; besonders auch wäre es angezeigt gewesen, in derselben Weise die Unbestimtheiten hervorzuheben, die dem Begriff der potentiellen Energie der Lage anhaften, indem die Bage durchaus nicht Ursache, sondern nur Bedingung für die Möglichkeit einer Arbeitsleistung durch einen Körper ist, worin doch wol ein erheblicher Unterschied liegt!
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Daneben begegnen wir Bequemlichkeiten, Ungenauigkeiten, ja selbst logischen Widersprüchen im Ausdrud, und zwar recht argen, garuicht selten, sodaß nicht nur daraus ungenügende Aufklärung über den zu erläuternden Gegenstand, sondern sogar starkes Misverstehen bei solchen Lesern hervorgerufen werden kann, welche über dem Eifer, neues zu lernen, die kritische Aufmerksamkeit etwas mehr hintansezen. So finden wir( S. 31) mit Befremden: ,, hebung, freie Bewegung, Lage( one weitere Bestimmung!), Schall, Wärme" als Formen der Energie eingefürt! Noch bedenklicher ist der Ausdruck ,, Energie in Bewegung" für Energie der Bewegung; man verwandelt nicht ungestraft fehung des Aufklärungszwecks das Abstraktum Energie in ein Konkretum, denn nur ein solches kann Bewegung befizen; die Verschiebung, ja Umkehrung des Sinnes ist hier ganz offenbar! One entschiedne Absicht, in dem Büchlein des Herrn Dr. Ruths nur richtiges finden zu wollen, und one schon mitgebrachte flare Anschauung der Vorgänge, würde man durch Aeußerungen, wie: ,, Auch die Schallbewegungen der Körper sezen sich häufig sofort in Wärme um, wie man daran erkent, daß sich Glocken beim Läuten er wärmen", und auf Seite 30: ,, Aus diesem Grunde( weil Wärme in mechanische Arbeit überget) wird unter dem Kessel einer Dampfmaschine weniger Wärme frei(!), wenn die Maschine arbeitet, als wenn sie stillstet", sicherlich zu ganz irrigen Vorstellungen vers leitet werden. Ebensowenig hat uns Seite 19 nach des Verfassers Absicht die daselbst zu findende Erläuterung der Bewegung der Uhr durch ein aufgehobenes Gewicht zu irgendeiner deutlichen Anschauung verholfen; wir können unmöglich glauben, daß das bekantlich doch gleichmäßig schnell( oder langsam) fallende Gewicht keine Geschwindigkeit" erhält und dafür das Räderwerk bewegt werde 2c. Wir möchten grade hier bemerken, baß wie wir denn die schärfste Logik und äußerste Präzision im Ausdruck für Volks schriften grade gut genug erachten! wir es ganz besonders angezeigt halten, bei Er läuterung von mechanischen oder sonstigen Apparaten, die sich zum praktischen Gebrauch in den Händen des Volkes finden, keine Undeutlichkeit, feine nur irgend mißzuverstehende Wendung einfließen zu lassen, mag das auch sonst den Aufwand einiger Gedanken und Saze mehr kosten. Denn wenn sich manche Naturgeseze an solchen mehr oder weniger Tomplizirten Apparaten auch ganz gut erläutern lassen, so kann das doch in der Regel nicht so einfach geschehen, als an wissenschaftlichen Apparaten, die speziell zum Zwecke eines Beweises für irgendein Naturgesez hergestellt sind.
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Entschiednen Widerspruch müssen wir ferner erheben gegen die vollständige Gleich oder Aenlichsezung der chemischen Affinität mit Energie der Lage, und der Wärme und Lichtentwicklung bei chemischen Verbindungen mit dem Beispiel eines Meteorsteinfalles, welches beides in mehr als einem Sinne falsch ist. Eine Schilderung, wie S. 39: ,, Die Sauerstoffteilchen stürzen auf die Zunderteilchen los, sie verlieren bei der Annäherung ihre Geschwindigkeit und es entstet, wie bei dem fallenden Meteorstein, eine Bewegung der Moleküle, welche wir Wärme und Licht nennen," ist zwar sehr drastisch, aber ebenso widerspruchsvoll.
Außer durch diese Unbestimtheiten und Ungenauigkeiten der Darstellung, wofür wir noch viele Stellen anfüren fönten, leidet das hochinteressante Tema in gewissem Grade unter einer oft zu weit gehenden Schwunghaftigkeit der Darstellung. Mit Maß angewant, fann eine solche wol dazu dienen, dem trocknen Wissen zu leichterer Aufname in bas Berständnis zu verhelfen; eine überwuchernde Phantasie aber verliert zu leicht den realen Boden unter den Füßen. Wir fragen vergebens, auf welche unzweifelhaften geschichtlichen Tatsachen Herr Dr. Ruths sich beziehe, wenn er gleich im ersten Abschnitt sagt: Alte Flammen sind am Verglühen. Naturwissenschaft und Industrie und mit ihnen die heiße Sonne schaffender Arbeitskraft sind in der Menschheit emporgestiegen. Die Träume, die Baradiese der Kindheit sind hinter ihr geschlossen, und sie vernimt das alte Wort: Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen."" Die harte Arbeit im Zustande der Sklaverei, der Leibeigenschaft, des Zunftgesellentums; der Verluft der Früchte derselben durch beständige Raub und dynastische Kriege: in solchem Paradiese hat sich doch wol das Volk groß und, wie man meinen sollte, mündig gearbeitet? Und warlich, nicht vom Träumen hat es seine Narben und Schwielen erworben und befindet es sich in seiner bekanten Lage! Wenn es nun doch, in Einsehung der fortbauernden Notwendigkeit der Arbeit, dieselbe manhaft und one Zögern fortsezt, so müffen doch wol andre Motive und Ziele in Frage kommen, als etwa eine unmögliche, fentimentale Erinnerung glücklich verträumter Kindheit oder auch eine unmotivirte Dant barkeit gegen diejenigen, die ihm das geschilderte Paradies der Kindheit" bereitet haben!
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Ebenso unfruchtbar und zum Teil phantastisch erscheinen uns die Betrichtungen über unsern Verbrauch und den zukünftigen Ersaz der Steinkolen. Die Mitteilung, man habe ,, auch amtlich in England bereits festgestellt, daß Europa nur für 400 Jare mit Steins folen versorgt sei", fann uns nicht erschrecken; denn nicht einmal die Lager in England, geschweige denn die andern europäischen und die der Nachbarschaft können ,, amtlich" gezwungen werden, ihre Eristenz und Mächtigkeit genau anzumelden, und so sind denn auch derartige amtliche Feststellungen oft recht falsch. Wichtiger als der Entwurf eines Phantasiegemäldes, wie sich unsere armen Nachkommen zwölfter Generation nach Erschöpfung der Kolenlager werden durchschlagen müssen, scheint uns einiges Kopfzerbrechen, über die einfachste Art, wie in der Gegenwart jeder Haushalt und jede Werkstatt mit dem benötigten Quantum dieses für uns unentbehrlichen Feurungsmaterials zu versorgen und wie eine ökonomische Verwendung desselben allgemein durchzufüren sei! Das leztere aus dem einzigen Grunde, weil jede, sei es von einzelnen Personen oder ganzen Klassen, veranlaßte Verschwendung menschlichen Arbeitsprodukts als gegen die Menschheit unverantwortlich anzusehen ist, und wir es als einen Gewinn ansehen müssen, wenn der allgemeine Bedarf an Kole durch Aufopferung von weniger Menschen in den gefärlichen, unterirdischen Kolenminen gedeckt werden kann.
Noch weniger aber können wir uns mit der Anschauung in Uebereinstimmung er flären, daß wir ,, gleich einem durch Erbschaft reich gewordenen Manne im vollen wirts schaften oder verschwenden", das ,, ererbte Kapital nicht für dauernde Anlagen verwenden" und dadurch ein bitteres Unrecht an den fünftigen Geschlechtern" begehen, soweit sich diese Vorwürfe auf den Kolenverbrauch beziehen. Wir können die Steinkolenlager zu nächst als fein Kapital, am wenigsten gegenwärtig als Boltskapital" ansehen; ererbt haben wir auch keine Kolenvorräte, denn unsre Boreltern haben sie weder erspart, noch bergraben, noch überhaupt etwas damit zu tun gehabt; eine andre Verwendung, alé Verbrennung oder Vergasung der Steinkolen, kennen wir nicht, und solche geschiet eben teils zur Dedang eines augenblicklichen und vergänglichen Bedürfnisses( wie Heizung), ober aber zum Zweck der Herstellung mehr oder minder dauerhafter Arbeitsprodukte, sollen wir nun vielleicht späteren Generationen zuliebe frieren, unser Erz unverhüttet, unser Eisen ungeschmiedet lassen? Mag auch, nach Ruths, schon im vorigen Jarzehnt ein englischer Nationalökonom gesagt haben:„ Wenn wir das Stamfapital( an Stein tolen) unsrer Nachkommen aufzehren, dürfen wir ihnen nicht unsre Schulden vermachen," so finden wir diesen Ausspruch taum citirenswert, da wir für die behauptete providentielle Ausrüstung grade unserer Nachkommen mit einem Stamtapital von Steinkolen keine Ueberzeugung gewinnen tönnen und überdies vermuten, daß sie sich mit unsern Staatsschulden sehr glatt auseinandersezen und blos nicht begreifen werden, weshalb wir
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unter deren Last solange geseufzt haben. Endlich ist in derselben Angelegenheit die Warnung an unser Volk", die Erfüllung jener( nicht genauer bezeichneten) hohen Kultur aufgabe, welche der deutschen Nation zugefallen ist, nicht später zu erschweren, indem ,, unser Volk, der Versuchung augenblicklichen Vorteils und Wollebens" erliegend, eine starke Einfur von Kolen aus Deutschland nach anderen Ländern gestattet, an die falsche Adresse gerichtet; ,, unser Volt" fürt überhaupt weder Steintolen aus, noch genießt es Wolleben davon, und die Rücksicht auf allgemeine Kulturaufgaben käme bei Ausfur von Getreide, Kartoffeln, Vieh, Knochen u. s. w. nach unserm Erachten wol noch mehr in Frage.
Zum Schluß noch ein Wort über die der Abhandlung über Sonnenstral und Arbeitskraft der Menschheit" beigegebene Schlußbetrachtung. Verfasser verspricht hier noch einige Andeutungen über die späteste Zukunft von Weltall , Sonne, Erde und Menschheit zu geben. Er belehrt uns, daß ,, auch das Weltall , oder derjenige Teil( fo?!). der Welt, der aus Stoff und Energie bestet", uns nicht als Berpetuum mobile erscheine, daß sich vielmehr alle Energie der Körper allmälich in gleichmäßige Wärme zu vers wandeln strebe ,,, daß Wärme wieder vollständig in mechanische Arbeit nicht zurüc berwandelt werden kann und daß auch Wärme von einem tältern zu einem wärmern Körper nicht von selbst überget". Hieraus soll einleuchten, daß sich die jezt ungleiche Energie der Naturkörper immer mehr ausgleiche, ihre Temperatur gleich werde, schließlich teine Energie mehr von einem zum andern übergehe und so das uns jezt bekante Leben Nun ist aufhören oder, besser gesagt, sich in gleichmäßige Wärme verwandeln werde. zwar war, daß Clausius , ein Repräsentant der neuern Wissenschaft( nicht ,, bie neuere Wissenschaft", wie Ruths meint), dieselben Ideen in der Formel ausgesprochen hat: ,, Die Entropie der Welt strebt einem Maximum zu." Das ist aber nichts, als ein Vermutungs saz von Claufius, der Anhänger gefunden hat, obgleich, oder grade weil er mehr aus einem unausrottbaren Bedürfnis, uns mit einem Welt oder doch allgemeinen Lebens ende Gruseln zu machen, entsprungen ist, als daß er auf wirklichen Erfarungen berut. Die auch von Ruths vorgebrachte Behauptung, daß Wärme nicht pollständig in mecha nische Arbeit umwandelbar sei, ist nur eine Verwechslung von menschlich nüzlicher, be zweckter Arbeit mit dem physikalischen Begriff Arbeit überhaupt, denn die bei der Dampfteffelheizung, im Abdampf und bei vielen andern Gelegenheiten verlorengehende Wärme ist doch nur für unsre beabsichtigten Zwede verloren, wärend Bewegung von Luft, Hebung von Wasserdampf, das Hin- und Widereilen der termometrisch nicht meßbaren Wärmestralen durch den Weltäter von Stern zu Stern und deren mechanische Arbeit die be= ständig wiederkehrenden mechanischen Äequivalente der angeblich verlornen gemeinen Wärme sind.
Wenn aber Herr Ruths hinterher vorsichtigerweise noch bemerkt: ,, borausgesezt, daß nicht ein uns noch unbekanter Umstand erneute Ungleichheit in der Energieverteilung be wirft," und weiter unten: ,, Es braucht wol kaum hinzugefügt werden, daß jene vorausfichtliche Temperaturgleichheit aller Weltkörper noch um einen Zeitraum entfernt ist, gegen welchen billionen von Jaren nur Augenblicke sind," so hätte er die folgende Ueberlegung doch wol vorher anstellen sollen, ehe er die Entropie so ernsthaft auseinandersezte: wenn das felende Teilchen zu dem mechanischen Aequivalent der Wärme so ungeheuer klein ist, daß wir in irgendeiner vorstellbaren Beobachtungszeit garnichts merken tönnen, so genügt eben ein ungeheuer kleiner Schäzungsfeler, um als möglich erscheinen zu lassen, daß Wärme doch ganz vollständig in mechanische Arbeit sich umwandle, daß das Weltall also doch ein und zwar das einzig mögliche und notwendig existirende Berpetuum mobile sei, sodaß die seit eisgrauer Ewigkeit in einem Kreislauf der Erscheinungen zwischen den mannichfaltigen Körpern bestehende Welt die Entropie, welche aus ihr schließlich doch einmal die Spottexistenz eines ledernen, lauwarmen Einerlei machen soll, längst verbaut R.-2. und überwunden hat und ihrerseits dieses Hirngespinstes spottet.
Redaktionskorrespondenz.
Berlin . 2. 2. Professor Hirt in Breslau hat die Gewerbes und Fabrit betriebe übersichtlich zusammengestellt, die für den Arbeiter gesundheitsschädlich find. Danach rangirt Ihre Arbeit unter die gefärlichsten Beschäftigungen von allen denen, welche auf die Gewinnung und Verarbeitung gesundheitsschädlicher Stoffe gerichtet find. Diese bestehen nämlich in den Gewerben der Feuervergolder, Feuerberjilberer, Gürtler, Spiegelarbeiter. Ferner gehören dazu die Arbeiten in Arsenit, Blei und Quecksilberhütten und das Auftragen bleihaltiger Glasuren mittels Einstäubens. Dann das Auspressen der zum Versenden des Quecksilbers gebrauchten Beutel; die Contreoxydation des Eisens, das Einstäuben von brüsseler Spizen, sowie weißer Glacéhandschuhe mit Bleiweiß ; das Entfilbern des Werkbleis; die Herstellung der Zündmasse für Phosphor zündhölzer; das Platinsoniren; das Verpacken der fertigen Chromfarben; die Fabrikation bon arsenhaltigen Anilinfarben, Buntpapier, künstlichen Blumen, Baumwollenstoffen und Tapeten; die Fabrikation von Blattwert, von Blumenblättern, die mit Cyankaliumlösung besprizt werden, von Kupferarsenfarben, von Schweinfurtergrün und von Zündhütchen. Dabei ist die lange Reihe der weniger gefarvollen, aber immer noch schädlichen Berufsarten, 3. B. der Anstreicher, Maler, Ladirer, Färber, Photographen, Bingießer, Buchdrucker 2c. noch übergangen, ebenso alle die meist sehr schädlichen Staubgewerbebetriebe und viele von denen, welche mit der Entwicklung von Gajen verbunden, aber nicht direkt auf die Herstellung und Verarbeitung gesundheitsschädlicher Stoffe gerichtet sind. Zum Schuze gegen die Vergiftungsgefar werden in neuster Zeit vielfach die Löbjchen Respirations apparate empfolen, welche der Fabrikant Wilhelm Fels in Barmen herstellt. Ein Apparat, wie Sie ihn brauchten, würde Sie allerdings auf ungefär 40 Mark zu stehen tommen und für die Füllung noch järlich etwa 3 Mart beanspruchen.
Frankenberg . B., Berlin . W. T., Hamburg . Kaufmann S. und Coblenz. 2. M. 3. Die eingesanten Arbeiten sind leider allesamt nicht verwendbar. D. Frl. A. Sch. Ihre kleine Arbeit ist recht hübsch und wird warscheinlich gelegentlich in der ,, N. W. " Plaz finden.
Sprechsal für jedermann.
Wilhelmine Höfer, geboren in Wolfsgefärth bei Weida , Groß herzogtum Weimar , welche im Jare 1848 mit dem Kunsttischler Särgel, Sergel oder Sörgel nach New- York , Amerika , auswanderte, sich daselbst mit ihm verehelichte und laut der lezten vor nunmehr 30 Jaren eingetroffenen Nachricht 3 Kinder hatte, wird gebeten, ihrer Schwester Christiane verw. Kurzhals geb. Höfer Dresden Neustadt, Schönbrunnenstraße 13. II. Nachricht zu geben. Im Falle des Verstorbenseins der Gesuchten ist diese Bitte gerichtet an alle ihre Verwanten oder Bekanten. Alle befreundeten Blätter in Amerika werden um Abdruck dieses Gesuchs gebeten.
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Der Unabhängigkeits
Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Fortsezung). Ehe und Hochzeitsgebräuche. Kulturgeschichtliche Stizze von H. Schl.( Schluß). Harmlose Plaudereien und Geschichten. Der Glaube an Heren, von Dr. Valentin M- y. kampf der Boeren. Die verräterische Studie( mit Illustration). Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Ueber die Nachteile zu starker Zimmerwärme. Entstehung des Nebels.- Literarische Umschau. Redaktionskorrespondenz.
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