Lucile ist stärker.

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Es ist kein Moment mehr zu verlieren. Am 1. April wurde Camille in die Conciergerie übergefürt und der Prozeß begann, dessen Ausgang nicht zweifelhaft. Es gab nur noch eine Rettung ein Voltsaufstand. Lucile sprach mit General Dillon, einem Freunde ihres Man­nes, von der Notwendigkeit, die Hinrichtung Camille's, Danton's und der Mitangeklagten zu verhindern. Dillon war im Gefäng­nis die Gefangenen, mit Ausname der vor das Revolutions­tribunal verwiesenen, verkerten damals aber ganz frei mit der Außenwelt er sprach mit anderen von der Sache.

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Ein gewiffer Laflotte, warscheinlich ein Spion Robespierres, hörte Andeutungen und zeigte dem Wolfartsausschuß an, es be­stünde eine große Verschwörung des Auslands" zum Sturze der Republik .

Der Prozeß der Dantonisten wurde beschleunigt. Robespierre , der Angst bekam, ließ die Verteidigung abschneiden. Am 5. April wurden die Verhandlungen geschlossen und die Angeklagten zum Tot verurteilt.

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Camille hatte sich vor den Richtern tapfer benommen und auf die Frage nach seinem Alter die bekante Antwort gegeben: " So alt wie der Sanskulotte Jesus als er starb."-Als das Todesurteil verkündet ward, brach er in Tränen aus, und rief händeringend: ,, meine Frau, mein Kind! O mein unglückliches

Weib!"

Er war mehr für die Idylle gemacht, als für die Tragödie. Am Tage der Urteilsverkündung wurde das Urteil vollstreckt. Camille, der auf dem Weg zum Blutgerüst seiner Verzweif lung freien Lauf gelassen hatte, raffte sich im lezten Moment zusammen und starb mutig.

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Er ahnte nicht, daß das geliebte Weib ihm bald nachfolgen würde.

Die Denunziation Laflotte's fürte zu zalreichen Verhaftungen. Unglücklicherweise war ein Zettel Dillon's an Lucile aufgefangen worden; es stand durchaus nichts darin, was auch nur entfernt auf eine Verschwörung hindeutete, der Bettel reichte aber aus, Lucile ins Gefängnis und auf die Bank der Angeklagten zn bringen.

Lucile verteidigte sich nicht. Keine Roland, die bis unter das Messer der Guillotine schauspielerte, war sie nur Weib, einfach, natürlich, und hatte sie nur einen Gedanken: Camille. Und Camille war tot. Welchen Wert hatte das Leben noch? Sogar die Mutter trat hinter dem Weib zurück; der kleine Horace wurde vergessen. Sie wollte sterben.

Lucile, schreibt ein Augenzeuge, schlug die Augen nicht auf; sie verriet keine Hoffnung, keine Furcht, antwortete bescheiden auf die Fragen der Richter, erwartete bescheiden ihr Urteil." Ihr Wunsch wurde erfüllt.

Sie wurde am 13. April zum Tot verurteilt.

Heiter nam sie den Spruch hin, one Schmerzensäußerung, one erzwungene Gleichgültigkeit.

In der Eile schrieb sie an ihre Mutter:" Gute Nacht, liebe Mutter. Eine Träne entschlüpft meinen Augen; sie ist für dich. Ich werde in der Ruhe der Unschuld einschlafen."( Je vais m'endormir dans le calme de l'innocence).

sagt.

Wie ein Kind vor dem Schlafengehen der Mutter gute Nacht Und so ging fie aufs Schaffot 8 Tage nach ihrem Ca­mille. Drei Monate und einige Tage später fiel Robespierre's Haupt.

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Poetische ehrenlese.

Frülingseinzug.

Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde!

Der alte Winter will heraus,

Er trippelt ängstlich durch das Haus, Er windet bang sich in der Brust Und kramt zusammen seinen Wuſt Geschwinde, geschwinde.

Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde!

Er spürt den Früling vor dem Tor, Der will ihn zupfen bei dem Or, Ihn zausen bei dem weißen Bart, Nach solcher wilden Buben Art, Geschwinde, geschwinde.

Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde!

Der Früling pocht und klopft ja schon- Horcht, horcht, es ist sein lieber Ton!

Er pocht und klopfet was er kann Mit kleinen Blütenknospen an, Geschwinde, geschwinde.

Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde!

Und wenn ihr noch nicht öffnen wollt, Er hat viel Dienerschaft im Sold, Die ruft er sich zur Hülfe her Und pocht und klopfet immer mehr, Geschwinde, geschwinde.

Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde!

Es komt der Junker Morgenwind, Ein bausebackig rotes Kind,

Und bläst, daß alles klingt und klirrt, Bis seinem Herrn geöffnet wird, Geschwinde, geschwinde.

Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde!

Es komt der Ritter Sonnenschein, Der bricht mit goldnen Lanzen ein, Der sanfte Schmeichler Blütenhauch Schleicht durch die engsten Rizen auch, Geschwinde, geschwinde.

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Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde!

Zum Angriff schlägt die Nachtigall, Und horch, und horch, ein Wiederhall, Ein Wiederhall aus meiner Bruſt!

Herein, herein du Frülingslust, Geschwinde, geschwinde.

Wilhelm Müller .

Die Schlacht von Majuba.

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Der Majubaberg oder ,, Spizkop", wie die Boeren ihn nennen, ist am 27. Februar des Jares 1881 durch eine denkwürdige Waffentat für ewige Zeiten berühmt gemacht worden. Für ewige Zeiten, das heißt natürlich für die Menschengeschichte; und das ist feine Uebertreibung, denn der Sieg, den die tapferen Boeren, die würdigen Nachfolger der alten Friesen, der Stadinger und der schweizerischen Bauern hier er­fochten haben, war nicht blos eine glänzende Waffentat deren gibt's leider nur zu viele, obgleich wenige, die ganz an diese heranreichen er galt auch dem guten Recht, und er bedeutet obendrein einen Wendepunkt in der Geschichte des ,, dunkelen Kontinents". Und der dunkele Kontinent wird dereinst in der Geschichte der Menschheit so gut seine Rolle spielen, wie jezt schon Amerika . Die Engländer, dies­mal großmütig, haben den Versuch nicht gemacht, ihre Sieger durch Uebermacht zu erdrücken, sie haben den Sieg des guten Rechts aner­fant, und damit tatsächlich anerkant, daß die vollständige Unabhängig keit der südafrikanischen Kolonien nur noch eine Frage der Zeit ist, und zwar einer furzen Zeit.

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Die Boerenrepublik das begreift jeder Engländer ist der Kern, um den die Vereinigten Staaten von Südafrika sich kry­stalliſiren werden.

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Die Vereinigten Staaten von Südafrika werden aber dereinst den Vereinigten Staaten von Nordamerika würdig zur Seite stehen. Nachfolgend teilen wir in möglichst getreuer Original- Uebersezung die in Deutschland noch nicht veröffentlicht- Schilderung mit, welche ein englischer Offizier für den Londoner ,, Standard" entworfen hat, eine Schilderung, die sich durch lebendige Anschaulichkeit ebenso aus zeichnet wie durch natürliche Unparteilichkeit, und unbedingt die beste vorhandene Beschreibung der Schlacht am Majuba ist. Man wird sehen, daß der Engländer, welcher die Schlacht von Anfang bis zu Ende mit­gemacht hat und nach der Katastrophe gefangen wurde, den Boeren nach jeder Richtung hin gerecht ist.

In der Nacht des 26.( Februar) war die lezte Feldpost gerade ab gegangen. Die meisten unserer kleinen Gesellschaften im Lager waren auf gebrochen und bereiteten sich zum Heimgang vor in Erwartung des Hornsignals zum Lichtauslöschen( lights ont bugle), als Oberst Ste­wart, General Colley's Stabschef, in mein Zelt hereinsah, und mir leise mitteilte, ich solle mich zum Abmarsch bereit machen, ein gutes Par